GForce Oberheim SEM und OB-E v2

Simulation und mehr des Oberheim Synthesizer Expansion Moduls sowie des Eight Voice

Autor: Peter Kaminski

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Wir haben ja schon einige virtuelle Instrumente von GForce Software vorgestellt, wie M-Tron Pro und M-Tron MkII und Oddity3. Anfang des Jahres 2022 wurde die Version 2 des Oberheim OB-E und im Sommer 2022 dann das Oberheim SEM-Modul als virtuelles Instrument vorgestellt. Auch diese beiden interessanten Instrumente möchten wir bei und einmal genauer Vorstellen.

Das virtuelle Instrument OB-E gibt es schon seit einiger Zeit von GForce. Für die Version 2 konnte man jedoch Tom Oberheim selbst und Marcus Ryle - Oberheim-Mitgründer und Entwicklungsingenieur bei Oberheim, für die Mitarbeit an dem Projekt gewinnen. Auch bei dem dann später erschienenen virtuellen Instrument GForce Oberheim SEM war dies der Fall.

Geschichte

Ein Rückblick auf die Originale ist bei virtuellen Instrumenten die historische Vorbildern simulieren unerlässlich. Gegründet wurde Oberheim 1969. Es wurde zunächst im Auftrag Effektgeräte von Maestro hergestellt und man war kurzzeitig auch als Händler von Produkten des Herstellers ARP aktiv. Schon das erste eigene Produkt war aber revolutionär, denn das war der erste digitale Sequenzer Oberheim DS-2.

Es folgte das Synthesizer-Modul SEM, was eigentlich als Ergänzung zum Mini Moog gedacht war (daher auch der Name "Synthesizer Expansion Module") aber natürlich auch hervorragend den DS-2 ergänzte. Später wurden mehrere SEM in ein Produkt mit Klaviatur kombiniert und so zum zwei, vier und auch achtstimmigen Synthesizern (Two Voice, Four Voice, Eight Voice). Bei der Version mit acht SEM wurden die Module in zwei Reihen angeordnet.

Wichtig zu erwähnen, dass man diese Synthesizer mit dem Wort polyphon falsch beschreibt, denn es war ja auch möglich jede Voice mit einem anderen Sound zu versehen oder Sounds auf bestimmte Keyboard-Bereich zu legen. Neben den SEM kamen bei den mehrstimmigen Synthesizern noch Audiomischer zum Einsatz sowie ein Modul für die Speicherung und den Aufruf von Presets und bei einigen Modellen auch ein Sequenzer. Berühmte Anwender der SEM und der mehrstimmigen Synthesizer gab es viele wie Supertramp, 808 State und Rush.

Aus den SEM Modulen wurden dann bei den folgenden Synthesizern von Oberheim Voice-Karten, die auf den SEM basierten wie OB-X und OB-8. Neben den Oszillatoren prägte besonders das Filter (Hoch-, Tief, Bandpass und Bandsperre) mit 12 dB/Okt. Filtersteilheit im SEM den typische Oberheim Sound. Es kling deutlich anders, als das Moog Filter im Mini Moog. Das Filter fand daher viele Nachahmer und findet sich daher konzeptionell in einigen Produkten anderer Hersteller wieder, wie zum Beispiel im Doepfer Eurorack-Modul 106-5 SEM.

Reissue in Hard- und Software

1985 war Oberheim Electronics dann insolvent und wurde dann zunächst als Oberheim ECC fortgeführt und 1988 dann von Gibson übernommen. Die weitere Firmengeschichte wollen wir hier nicht verfolgen sondern auf die Neuauflagen von Oberheim's SEM in Hard- und Software eingehen. 2010 wurde dann das SEM in einer technisch aktualisierten Version wieder aufgelegt, welche auch über ein MIDI-Interface verfügte. 2016 wurde dann auch der Two Voice als TVS Pro neu aufgelegt. Im ersten Quartal 2022 kündigte Behringer einen Clone des Two Voice an, welches bisher (Stand Anfang 2023)  aber noch nicht erschienen ist.

Als virtuelles Instrument wird der Eight Voice seit 2021 auch von Cherry Audio angeboten. Arturia bietet mit dem SEM V auch ein virtuelles Instrument an, welches auch Bestandteil der V Collection ist und von der Bedienoberfläche her ein SEM darstellt, sich aber polyphon spielen lässt.  

Voraussetzungen und Installation

Und nun wieder zurück zum GForce OB-E und Oberheim SEM. Beide virtuellen Instrumente stehen in den Plug-In-Formaten VST, VST3 und AAX für Windows-PCs (Ab Windows 7) und macOS (Intel/Apple Silicon Rechner, ab Version 10.13) Plug-In zur Verfügung und auf letzterem auch noch als AU-Plug-In. Zudem gibt es auch eine Stand-Alone-Software. Die erste Version des GForce OB-E gab es übrigens ausschließlich für macOS. Das hat sich also geändert.

1 Install

Die Installation erfolgt über ein Software-Installer und die Formate lassen sich auch individuell Installieren (s. Abb. oben).

1 Freischaltung

Die Freischaltung der Lizenz erfolgt nach erstmaligem Aufruf des Plug-Ins oder der Stand-Alone-Software. Hier muss man den Registration Code eingeben.

Oberheim SEM

Kommen wir als erstes zu dem neueren virtuellen Instrument, dem Oberheim SEM von GForce.

SEM R

Schauen wir uns als erstes das Oberheim SEM Plug-In an. Es bietet zunächst alle Funktionen des Originals: also zwei VCOs, ein VCF mit stufenloser Filtertyp-Einstellung (Tiefpass über Bandpass/Bandsperre bis Hochpass) und zwei Hüllkurvengeneratoren sowie ein LFO.

SEM

Weitere Zusatzfunktionen erreicht man durch Aufklappen der Optionssektion "REAR PANEL SEM" (s. Abb. oben) über Anklicken des "EXTEND" Icons oben rechts.

SEM R

Hier steht dann sogar ein dritter VCO, beeinflussbares Filter-Keyboard-Tracking, Wirkung der Velocioty auf elf verschiedene Parameter sowie auch noch Modulationsmöglichkeit über Aftertouch. Weiter lässt sich der Referenzton, sowie der Pitchbend-Bereich, einstellen. Auch eine Effektsektion darf nicht fehlen, die hier aus einem klassischen Delay, mit aktivierbarer DAW-Tempo-Sync-Funktion sowie einem Hall besteht. Was die Parameter angeht, so sind hier lediglich Basisfunktionen einstellbar.

SEM SEQ

Gegenüber dem Original-SEM-Einzelmodul bietet das GForce Oberheim SEM noch Zusatzfunktionen, die zum Teil auch bei Versionen des Two Voice, Four Voice oder Eight Voice zu finden sind. Diese Zusatzfunktionen beim GForce SEM sind: ein Arpeggiator, Portamento-Kontrolle und Vibrato mit einem zusätzlichen LFO zur Frequenzmodulation der Oszillatoren und auch eine Keyboard-Kontrolle mit Oktav-Selektion, Mono/Legato-Mode sowie für diese Modes auch eine Funktion welche Note zur Auswahl ggf. bevorzugt werden soll (s. Abb. oben).

Der Arpeggiator bietet über den Schalter STATE vier verschiedene Statusmodi: Ein/Aus, Hold, DAW-Start-Sync. Über RATE lässt sich der Notenwert einstellen (1/1 bis 1/16), über OCTAVES den genutzen Oktavebereich (-3 ... +3) und über MODE lässt die die Abspielbetriebsart wählen: Play (Reihenfolge wie gespielt), vorwärts, rückwärts, vor/rückwärts, rück/vorwärts, Zufall und Wiedergabe von Sequenz 1 oder 2. Über ein Dreiecks-Icon lässt sich nämlich eine Zusatzfunktionsseite aufklappen, worüber dann zwei Step-Sequenzer und eine Swing-Funktion bereitstehen. Sie Sequenzen lassen sich über ein MIDI-Keyboard Step-by-Step aufzeichnen.

SEM Preset

Oben im Kopf lässt sich ein  Preset auswählen oder speichern. Es stehen Factory- und User-Speicherplätze bereit (s. Abb. oben). Bei Aufruf des Preset-Browsers sind die Presets über Kategorien klanglich geordnet. Nach Installation des GForce Oberheim SEM stehen über 400 Presets bereit.

OB-E

OBE

Das grundsätzliche Layout des GForce OB-E ist so wie beim Oberheim Eight Voice-Original. Im Gegensatz zum SEM wird daher auch eine Klaviatur geboten. Über Taster in den einzelnen SEM lassen sich die Parameter auch auf andere SEM übertragen. Die Größe der GUI lässt sich, wie übrigens auch beim Oberheim SEM, stufenlos einstellen. Über das Dreieck unten rechts in der Ecke lässt sich die Optionsseite individuell aufrufen.

OBE seq zoom

Über den Zoom-Taster wird das selektierte SEM groß dargestellt (s. Abb. oben). Man sieht, das ein SEM im Oberheim OB-E über die gleichen Möglichkeiten verfügt wie im GForce Oberheim SEM Plug-In, also auch ein zusätzlicher VCO, optionale LFO-Möglichkeiten, Filtertracking, Velocity- und Aftertouch-Möglichkeiten.  

OBE port vib tune

Viele Funktionen die das GForce Oberheim SEM bietet, sind hier wieder zu finden, aber manchmal an etwas anderer Stelle. Links neben dem Keyboard befindet sich eine Sektion für globale Parameter. Über Regler lassen sich hier die VCO-1/2-Frequenzen für alle SEM einstellen. Auch Pitchband-Bereich und Referenztoneinstellungen sind hier platziert. Eine Transponierung um je eine Oktave noch oben oder unten ist möglich und ein globales Oszillator-Detune. Der Parameter VINTAGE taucht auch bei anderen virtuellen Instrumenten von GForce auf. Mit ihm soll ein Vintage-Feeling umgesetzt werden und künstlich werden Toleranzen implementiert. Am deutlichsten hört man den Effekt noch bei den Oszillatorfrequenzen, die dann wegdriften.   

OBE keyboard modes

Der OB-E lässt sich ja in diversen Betriebsarten spielen, was über die Keyboard-Sektion einstellbar ist. Hier lassen sich monophone, polyphone aber auch Split-Betrieb und oktophone Spielweisen aktivieren. 

OBE preset load

Die Preset-Anwahl und Speicherung ist sehr ähnlich wie beim GForce SEM (s. Abb. oben). Nach Installation sind über 700 Presets om OB-E abrufbar.

OBE preset tags

Um dieser Menge von Presets Herr zu werden hat man dem Preset-Browser auch noch die Möglichkeit gegeben, Presets nach Sound-Charakter-Gruppen über Tags zu ordnen (s. Abb. oben).  

OBE 2nd

Wie beim Original Eight Voice gibt es jeweils für eine Vierergruppe einen Audiomischer mit Pegel- und Panorama-Einstellung (s. Abb. oben).

OBE seq fx

Wenn man auf das kleine Icon mit der Bezeichnung SEQFX klick, dann wird statt dem Keyboard in der GUI eine Sektion für die Einstellung des Step-Sequenzer und der Effektsektion dargestellt (s. Abb. oben).

OBE seq zoom

Wenn man im Sequenzer die Zoom-Funktion aktiviert, dann wird nur der Sequenzer in einer Detaildarstellung ausgegeben (s. Abb. oben). Der Step-Sequencer des OB-E v2 geht über die Möglichkeiten des GForce SEM noch hinausgeht. Neben Tonhöhe lassen sich auch Gate-Länge und Velocity pro Step einstellen.

OBE seq.scales

Der OB-E v2 Step-Sequenzer gestattet auch die Auswahl einer Skala. Über ein Klick mit rechter Maustaste auf die Scale-Anzeige geht ein Auswahlmenü mit allen verfügbaren Skalen auf (s. Abb. oben). Ein einzelner Klick mit linker Maustaste inkrementiert die Skala innerhalb der Liste.

OBE fx

Die Effektsektion bietet auch hier Delay und Hall, wie beim GForce SEM (s. Abb. oben). Die grundsätzliche Funktionalität ist sehr ähnlich, bietet aber ein paar Möglichkeiten mehr, wie beim Delay für links/rechts getrennte Delay-Zeiten, Cross-Feed und ein Hochpass und beim Hall fünf Standard-Presets, einstellbares Pre-Delay, eine Modulationsmöglichkeit, Filter und eine Selektion auf eine vierer SEM-Gruppe (1 bis 4, 5 bis 8, beide).

Praxis

Zunächst einmal zur Bedienung. Die ist, wie auch bei den Originalen, schnell intuitiv zu erlernen. Man muss eigentlich nur über die Zusatzfunktionen Bescheid wissen aber auch diese Seiten erklären sich von selbst. Beim Step-Sequenzer des GForce Oberheim SEM muss man mal das eine oder andere probieren aber der noch komplexeren Step-Sequenzer des OB-E ist da schon wieder ohne Einschränkungen komplett intuitiv bedienbar. Für den OB-E gibt dazu noch ein umfangreiches, englischsprachiges PDF-Handbuch. Beim Oberheim SEM hat GForce dagegen auf ein reines Online-Handbuch gesetzt, wie auch bei allen neueren danach folgenden Produkten des Herstellers.

Um einmal aufzuzeigen, wieviel Resourcen die virtuellen Instrumente benötigen hier einmal die Auslastung unter Windows 10 in Nuendo 12 unter VST3 auf einer Xi-Machines X2 Audio-DAW (2017) bei 48 kHz Abtastrate.

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Als Erstes sieht man die Last ohne Plug-Ins in Stopp-Betrieb, dann das Oberheim SEM Plug-In und als letztes unten dann die Last im Betrieb mit dem OB-E beim Spielen. Wie man sieht kann es durchaus sehr von Vorteil sein das GForce Oberheim SEM statt dem GForce OB-E zu nutzen wenn man Mehrstimmigkeit, bzw. Oktophone-Nutzung und den komplexeren Sequenzer nicht benötigt. Die Resourcen-Nutzung beim OB-E ist mehr als doppelt so hoch wie beim Oberheim SEM Plug-In.

Die Angebote von Presets sind bei beiden Plug-Ins sehr umfangreich und mit sehr guter Sound-Qualität. Da sind wirklich sehr viele überzeugende Presets dabei. Das interessante ist, dass sich Presets vom GForce SEM auch in den GForce OB-E v2 laden lassen. Beim OB-E gibt es auch zehn reine Drum-Presets (mit acht Instrumenten - da ja auch acht SEMs) mit entsprechender Keyboard-Zuordnung. Aber die einfache und intuitive Bedienoberfläche gestattet auch in kürzester Zeit seine eigenen Ideen umzusetzen.

Und wie klingen die Plug-Ins denn nun? Zum Original muss man glaube ich hier nicht mehr sagen. Wer den nicht kennt hat die Synthesizer-Welt verpennt.  Ich kenne sowohl das Original SEM als auch die am Markt verfügbaren virtuellen Instrumente und zusammenfassend muss man sagen, dass GForce Oberheim SEM und OB-E v2 dem Original am nächsten kommt. Die anderen Simulationen sind auch nah dran aber zum  Beispiel beim Cherry Audio Eight Voice ist der Sound immer leicht etwas weicher als beim Original. Beim GForce Oberheim SEM und OB-E v2 lassen sich auch brutale Bässe und Solo-Sounds exakt so umsetzen, wie beim Original SEM. Da dürfte sich die Zusammenarbeit mit Tom Oberheim und Marcus Ryle positiv bemerkbar gemacht. Beim Arturia SEM V ist es so, dass es eben ein Unterschied ist, ob man nun dem SEM einfach Polyphonie verleiht oder den konzeptionell oktophonen Ansatz des Original Eight Voice umsetzt, wie eben beim GForce OB-E v2. Pro SEM leicht unterschiedliche oder sogar gänzlich unterschiedliche Sounds einzustellen hat nämlich aus so seinen Reiz, besonders im Zusammenhang mit dem Step-Sequenzer. Sollte man unbedingt mal ausprobieren.

Der OB-E hat im Stereo-Bereich dank seiner acht SEMs noch ein paar mehr Möglichkeiten mehr als das Oberheim SEM Plug-In und zudem auch mehr Funktionen bei den Effekten. Die Effekte sind zwar Standard-Niveau - wie auch bei den meisten virtuellen Instrumenten - auch schon um die benötigten Resourcen in Grenzen zu halten, aber sie sind durchaus in Zusammenhang mit dem GForce OB-E v2 und auch dem GForce Oberheim SEM absolut brauchbar.

Fazit

Die beiden virtuellen Instrumente sind sowohl direkt über den Hersteller GForce aus England als auch über Fachhändler zu beziehen. Das Oberheim SEM kostet ca. 70 Euro und der OB-E v2 ca. 200 Euro. Es wird auch ein Bundle von beiden virtuellen Instrumenten angeboten, welches für ca. 240 Euro zu haben ist. Aus Gründen der besseren Resourcen-Nutzung kann man jedem Interessenten eigentlich das Bundle empfehlen.

Das Bundle ist sicherlich die flexibelste verfügbare SEM-Emulation in Form eines virtuellen Instrumentes und kommt auch klanglich dem Original am nächsten. Gegenüber der Original-Hardware werden doch einige interessante Erweiterungen geboten, wie der Sequenzer und die erweiterte Voice-Funktionen, die einen noch fetteren Sound garantieren als beim Original.

www.gforcesoftware.com