Baby Audio IHNY-2

Parallelkompressor New York Style die Zweite

Autor: Peter Kaminski

3

Das erste Plug-In was Baby Audio veröffentlichte war das I Heart NY New York Style Parallel-Kompressor Plug-In (s. Abb. oben links), welches wir ja 2019 auch schon getestet hatten. Zum dreijährigen Bestehen von BABY AUDIO gibt es nun die Version 2 des Plug-Ins (s. oben rechts) mit deutlicher Erweiterung und völlig neuer GUI. Baby Audio hat mittlerweile seinen Sitz in der Heimat von Inhaber Caspar Bock, nämlich in Dänemark.

Voraussetzung und Installation

Das Plug-In lässt sich sowohl auf Windows-basierenden PCs ab Windows 7, als auch auf macOS ab 10.7 - inkl. nativer M1-Prozessor-Unterstützung, betreiben.

1

Über einen Installer (s. Abb. oben) lassen sich die gewünschten Plug-In-Formate auswählen und auch die Presets installieren.

2

Nach dem ersten Aufruf in der DAW-Software erfolgt die Abfrage des Freischaltungs-Code, den der Hersteller bereitstellt. Das installierte Plug-In lässt sich auch als Trial-Version installieren, die dann alle 60 Sekunden den Ausgang für fünf Sekunden stummschaltet.

Bedienung

0

Bei der ersten Version des I Heart New York Plug-Ins wurde Wert auf einfachste Bedienung gelegt. Die Version 2 ist da in Ihrer Funktionalität deutlich komplexer und kommt auch mit einer komplett neuen Bedienoberfläche daher. Wer etwas über die Parallel-Kompression und einige Ansätze zu den verwendeten Algorithmen erfahren möchte, der sollte doch einmal in den Test der ersten Version des I Heart New York Plug-Ins reinschauen. Die Version 2 ersetzt die erste Version und wird daher nicht mehr angeboten.

5

Oben im Kopf lässt sich das Plug-In über einen Klick auf das Logo "BABY AUDIO." in den Bypass-Modus und über das Symbol "S" auf Solo schalten, das heißt, man hört ausschließlich den Kompressor-Pfad, was besonders im Zusammenhang mit den Feineinstellungen sinnvoll ist. Über weitere Icons lassen sich Tool-Tipps aktivieren und die Einstellungen auf Default-Werte zurücksetzen.

Eine neue und ganz wichtige Möglichkeit befindet sich links davon. Hier hat man über ein kleines Menü die Möglichkeit einen von drei Oversampling-Modes anzuwählen, also 1x für kein Oversampling und x2, bzw. x4 für doppeltes und vierfaches Oversampling. Dadurch wird die Berechnung genauer und die Antialiasing-Artefakte werden verringert. 

4

Es lassen sich über zwei Icons auch Presets speichern und laden. Über ein Menü (s. Abb. oben) kann der Anwender sich die Presets aus einer Liste aufrufen, wobei diese in Gruppen geordnet sind. Es gibt auch eine User-Gruppe für eigene Presets.

6

Was man bei der ersten Version über Regler einstellen musste erfolgt bei der Version 2 über ein virtuelles XY-Pad. Hier lässt sich durch Bewegen das Verhältnis zwischen Originalsignal (Dry) und Kompressorsignal (Wet) und es lässt sich der Kompressionsgrad (min/max) einstellen. In dem Pad wird die Gain-Reduction visualisiert.

7

Der Kompressor-Algorithmus basiert auf Autogain und analysiert das Eingangssignal ständig und regelt es entsprechend, so dass immer der gleiche Pegel ausgegeben wird, unabhängig von der Pad-Position. Über den Regler "autogain" lässt sich aber auch manuell Einfluss darauf nehmen, wenn man das Gefühl hat, das der Pegel zu gering oder zu hoch ist. Ganz rechts lässt sich auch der absolute Ausgangspegel noch über den Regler "output" anpassen. 

Die größte Erweiterung ist eigentlich die Tweak-Sektion, in der sich neun Parameter anpassen lassen. Auf Klick von "tweak" öffnet sich das Tweak Panel und mit "close" schließt es sich wieder. Die Funktionen sind grafisch symbolisiert.

Ganz links lässt sich Attack- und Release-Zeit anpassen. Mit dem zweiten Parameter stellt man das Kompressionsverhältnis ein und mit dem nächsten den sogenannten Punch. Dieser Parameter bietet die Möglichkeit Transienten so zu forcieren, dass sie selbst bei hohen Kompressionsgraden nicht "verschluckt" werden. Mit dem mittleren Icon "Harmonics" kann man die Oberwellen verändern und zwar so, dass ein Sättigungsverhalten auftritt und das mehr oder weniger in Abhängigkeit von der Kompression. Über den Parameter "Shape" kann man die Höhen und Bässe anheben oder auch absenken. Mit dem Parameter "Tilt" lässt sich eine Frequenzwichtung des Kompressionsgrad einstellen (zu Bässen oder Höhen)  und die beiden letzten Parameter ganz rechts Frequenz-begrenzt den zu komprimierenden Frequenzraum (Low/High-Cutoff).

Praxis

Wir haben das Plug-In unter verschiedenen DAWs unter Windows 10 betrieben, hauptsächlich unter Nuendo 12 und Pyramix 12. Probleme konnten wir nicht feststellen. In der Größe lässt es sich über Ziehen mit der Maus stufenlos einstellen.

Auf einer Xi-Machines X2 Workstation (2017) zeigte sich unter Windows 10 und Nuendo 12 folgende System-Belastung mit Audio auf einer Spur ...

x0Belastung ohne Plug-Ins

x v1Belastung mit IHNY Version 1

x1 v2Belastung mit IHNY-2 ohne Oversampling

x2 v2Belastung mit IHNY-2 2x Oversampling

x4 v2Belastung mit IHNY-2 4x Oversampling

Man sieht, dass die Systembelastung sich ohne Oversampling sehr in Grenzen hält. Mit Oversampling nimmt die Last aber deutlich zu. Im Mix mit vielen Spuren sollte man daher das Oversampling nicht aktivieren und man muss sagen, dass es hier klanglich auch nicht unbedingt erforderlich ist, so dass das Oversampling in der Regel dem Mastering vorbehalten sein wird.

Ich selber bin ja ein großer Fan der Parallelkompression. Sicher kann man das auch mit jedem anderen Kompressor-Plug-In und Routing erledigen, aber eben nicht so komfortabel. Der Vorteil der IHNY Version 1 war die Einfachheit in der Bedienung und Effizienz in der Wirkung. Der Basisalgorithmus bei der Version 2 ist eigentlich der gleiche wie bei der Version 1. Der Code wurde laut Aussage des Entwicklers aber etwas aufgeräumt, leicht optimiert und eben um die neuen Regelmöglichkeiten erweitert. Diese Optionen vergrößern allerdings die Anwendungsmöglichkeiten des Plug-Ins deutlich, weil man die Regelung viel feinfühliger einstellen kann, besonders was die Transienten angeht. Hier verschlucken viele Kompressoren genau das, was man eigentlich mit dem Kompressor forcieren möchte. Das ist beim IHNY-2 unter anderem dank des Parameters Punch deutlich besser gelöst. Aber IHNY-2 eignet sich nicht nur für Drum, Perkussion und Bassläufe sondern, wie schon erwähnt, das Spektrum ist deutlich größer.

Beim IHNY-2 macht es auf Grund der viel größeren Parameteranzahl auch Sinn Presets anzubieten, um in der Praxis nicht beim Punkt null anfangen zu müssen. Ich bin eigentlich gerade bei Kompressor und EQs kein großer Freund von Presets aber die 156 Presets Werks-Presets, die von bekannten und vor allem erfahrenen Engineers erstellt wurden, helfen wirklich weiter, um auch nicht ganz so erfahrenen Usern eine schnelle Lösung zu bieten. Mit dem Tweaking kann man sich je nach Sound nämlich schon ganz schön lange aufhalten, aber dafür wird man auch mit sehr guten Resultaten belohnt. Vierleicht wäre es noch eine Idee mit einem Button die Tweak-Parameter zu deaktivieren und die IHNY Version 1 zu simulieren. Viele suchen ja gerade auch nach schnellen Lösungen.

Was ich etwas vermisse sind beim IHNY klassische Bargraf-Meter-Anzeigen für Ein- und Ausgangspegel sowie für Gain-Reduction. Die Grafik im XY-Pad sieht zwar stylisch aus, aber genaue Werte lassen sich da nicht erkennen und wenn man mehrere Plug-Ins in einem Kanal anwendet ist es immer gut den Ein- und Ausgangspegel zu sehen und auch wann die Gain-Reduction genau einsetzt.

Fazit

Der Normalpreis für IHNY-2 beträgt 69 US$ und wer schon die Vorgängerversion besitzt, der bekommt das Upgrade schon für 25 US$. Anwendern der erste Version kann man wirklich absolut empfehlen auf die Version 2 upzugraden, die so viel mehr Möglichkeiten bietet und man deutlich adaptiver arbeiten kann. Wenn man schon im Besitz der ersten Version ist, dann würde ich empfehlen diese Version nicht zu deinstallieren. Manchmal sind ja auch einfache und schnelle Lösungen gesucht.

Sound-mäßig ist IHNY-2 absolut überzeugend. Dank der Tweak-Parameter lassen sich auch Detailarbeiten im Dynamikbereich sehr gut erledigen, wie zum Beispiel die klangliche Bearbeitung von Attacks von Synthi-Sounds oder ähnliches. Da kam man bei der Version 1 schnell an die Grenzen. Bei mir wird IHNY-2 in so mancher Spur eines Songs vertreten sein. Ein exzellentes Dynamikwerkzeug, welches einzelnen Instrumenten und der gesamten Produktion mehr Druck verleihen kann, ohne dabei den eigentlichen Klang zu zerstören oder gar ungewollt in die Sättigung zu gehen und Verzerrungen zu erzeugen.

www.babyaud.io