Sound Particles inDelay
Delay für immersive Audioproduktionen
Autor: Peter Kaminski
Sound Particles aus Portugal hat sich ganz dem Thema 3D-Audio verschrieben und eine ganze Menge von Audio-Software-Produkten entwickelt wie: Sound Particles, was ich als Kernprodukt bezeichnen würde, von dem viele Funktionen in anderen Produkten des Herstellers wiederzufinden sind, wie das Plug-In Density, den Synthesizer SkyDust, das praktische Hilfswerkzeug Matrix und den Space Controller OSC, die wir zum Teil auch schon getestet haben.
Neu ist seit Juli 2024 "inDelay", ein komplexes Delay-Effekt-Plug-In, speziell für die Anwendung in 3D-Audio-Produktionen, welches auch eine Platzierung der Echo-Signale im virtuellen 3D-Audio-Schallfeld ermöglicht und das auch dynamisch. Dabei werden Format Mono, Stereo, LCR, Quadrophonie und bis zu 11.1.8 als diskrete Audiokanäle (mit und ohne Subwoofer-Kanal), IMAX 12.0, Auro 13.1, NHK 22.2 sowie Sony 360 unterstützt. Bei den Ausgangsformaten ist auch Ambisonics bis zu sechster Ordnung möglich, insofern die DAW-Software dies gestattet.
Voraussetzung und Installation
inDelay lässt sich als AAX-, VST3- sowie AU-Plug-In (nur macOS) unter Windows-Betriebssystem ab Windows 10 sowie macOS ab Version 10.15 betreiben. Die Systemvoraussetzungen hierfür sind gering (min. 2 Core CPU und 4 GB RAM).
Die Installation erfolgt über eine Installer-Software und ein beim Kauf bereitgestellter Code ist im User Account von Sound Particles einzugeben. Hier werden dann auch die Rechner angezeigt auf denen die Software installiert und lizenziert ist. Bis zu zwei Rechner lassen sich freischalten.
Bedienung
Bevor es ins Detail geht möchten wir einen globalen Überblick über die Bedienung des Plug-Ins geben.
Ganz unten lässt sich über HELP ein Dialog aufrufen, über den man Zugriff auf weitergehende Informationen wie Video-Tutorials, einem Manual und einem Forum hat und wo man eine Überprüfung auf eine neue Version durchführen kann (s. Abb. oben).
Ganz oben lassen sich die möglichen Ein- und Ausgangsformate anwählen und über ein Menü kann der Anwender gespeicherte Presets und eine Preset-Verwaltung aufrufen. Hier sind nach der Installation 50 Werk-Presets abrufbar. Neben dem Feld wo der aktuelle Preset-Name angegeben ist, befindet sich noch ein Würfel-Icon. Wenn man darauf klickt wird ein neues Preset mit Zufallseinstellungen geöffnet.
Auf der rechten Seite befindet sich Bargraf-Meter für die Ausgangspegel sowie jeweils einen Regler für das Direkt- und das Effekt-Signal sowie ein Master-Pegel-Regler.
Im Effektpfad lassen sich verschiedene Filter einschleifen und zwar ein parametrischer Filter, ein Dreiband-EQ sowie ein Air-Filter um den Dämpfungsverlauf des Mediums Luft zu simulieren sowie den Effekt CRAZINESS, mit dem sich sehr diffuse Delays generieren lassen, die im Resultat einem Halleffekt ähneln. Letzteres steht aber nicht im Particles Mode (dazu später mehr) zur Verfügung.
Eine interessante Funktion ist der Feedback Modifier. Hier lassen sich Feedback-Muster mit aus einer Liste auswählen. "Classic" bedeutet, dass die Delays bis zum Ende an der gleichen Position wiedergegeben werden. Die anderen anwählbaren Werte lassen es zu das das Delay nach 1 bis 4 Wiederholungen an den Positionen der Handlern 1 bis 4 endet. Bei den anderen Werten in der Liste bewegt sich das Delay zwischen den Delay-Handler-Positionen hin und her.
Unten im Plug-In befindet sich der Time Editor. Dort sieht man die einzelnen Delays und kann diese auch mit der Maus auf der Timeline verschieben und auch die Stärke und den Verlauf verändern.
Die einzelnen Delay-Handler lassen sich auch dynamisch bewegen und zwar können die einzelnen gesetzten Delays-Handler selbst rotieren, durch Zufall an Positionen gesetzt werden, hoch/runter oder fließend bewegt werden. Die Geschwindigkeit der Bewegung lässt sich über den Regler SPEED (bis zu vier Sekunden pro Zyklus) unter der Grafik einstellen.
Modes
Es gibt drei Betriebsarten in dem inDelay betrieben werden kann und zwar CHANNELS, TAPS und PARTICLES Mode.
In welcher Betriebsart gearbeitet wird lässt sich über drei Taster oben im Plug-In auswählen. Wir wollen nun auf die Besonderheiten und Unterschiede der einzelnen Betriebsarten eingehen.
Channels Mode
Beim Channels Mode lässt sich für jeden Eingangskanal die Position der Delay-Handler im virtuellen 3D-Schallfeld im oberen Teil und im zeitlichen Verlauf unten im Time Editor festlegen. Die verschiedenen Eingangskanäle sind farblich gekennzeichnet um sie in der jeweiligen Grafik lokalisieren zu können. Die einzelnen Delay-Handler sind mit den Nummern 1 bis 4 beschriftet. Das Delay-Tempo lässt sich manuell einstellen oder auf das DAW-Tempo synchronisieren. Dann läst sich mit dem Regler TEMPO der Notenbezugswert einstellen. Über den virtuellen Taster TAP lässt sich das Tempo auch durch Anklicken mit der Maus festlegen. Die Tempoeinstellungen sind auch in den anderen beiden Modes identisch verfügbar. Über einen Taster lassen sich auch alle Kanäle im Channels Mode verlinken und so die Einstellung auf alle Kanäle gleich anwenden.
Taps Mode
Der Taps Mode ähnelt sehr vom Prinzip her dem Channels Mode aber man kann bis zu 16 Taps auf jeden der Input Kanäle aktivieren. Ein Tap kann also auch auf mehreren Eingangskanälen parallel aktiv sein. Die Vorgehensweise ist so, dass man einen der 16 Taps anwählt und dann für diesen Tap die jeweiligen Eingangskanäle festlegt.
Particles Mode
Der Particles Mode ist etwas an die Software Sound Particles angelehnt. Man kann die Anzahl der Particles einstellen und mit den Divergenz-Parametern die Verteilung in der zeitlichen Position, im Panorama und in der Amplitude.
Praxis
Wir haben die inDelay Version 1.01 unter Windows 11 als VST3-Plug-In getestet und zwar auf einer AudioKern B14 von Digital Audio Service in Nuendo 13 als Host Software. Die benötigte Rechner-Resourcen sind je nach Einstellung im mittleren bis hohen Bereich. Statt mehrerer inDelay Plug-Ins in den Kanälen zu nutzen würde ich ggf. in Delay direkt in einem Bed bei einer Dolby Atmos-Produktion einsetzen oder überlegen mit Effekt-Sends zu arbeiten und einem Effekt-Bed. Beim Verwenden von mehreren inDelay kann man sonst schnell in den Spitzen an die Grenzen der Systemleistung kommen.
Bei der Standard-Plug-In-Größe ist die Lesbarkeit zum Teil etwas schwierig und als Grundeinstellung eignet sich eher die Größe 125 %. Die vorhandenen Presets sind breit gestreut und stellen auch eine gute Basis für eigene Presets dar. Es ist aber auf Grund der doch relativ einfachen Bedienung des eigentlich komplexen Plug-Ins auch möglich schnell auf Basis des Default-Presets ein Preset nach eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen zu kreieren. Das Bedienkonzept ist als wirklich gelungen zu bezeichnen. Bei der Preset-Verwaltung hätte ich mir statt einem einfachen Menü aber etwas mehr Komfort gewünscht wie Favoriten-Management und Kategorien die man Presets zuordnen kann.
Um sich am Anfang mit den vielen Möglichkeiten vertraut zu machen sollte man mit dem Channels Mode im Linked-Modus mal anfangen und dann etwas herumprobieren um ein Gefühl für die Auswirkungen der einzelnen Parameter zu bekommen. Schnell wird man dann vertrauter und kann sich dem Taps Mode und dann dem Particles Mode widmen.
Mit inDelay lassen sich grob beschrieben zwei Effekte erzielen. Im Channels und Taps Mode lassen sich bei nur wenigen Delay-Handler die einzelnen Echos sehr gut orten und ggf. über die Feedback Modifier versetzen oder über die Movement-Modifiers-Funktion dynamisch bewegen. Mit zunehmender Anzahl der Delay-Handler und Feedback-Niveau verliert sich diese wahrnehmbare Einzelordnung und geht dann mehr in einen gesamt Hall-ähnlichen Klang über. Wenn man das exzessiv haben möchte empfiehlt sich dann auch der Einsatz des Particles Mode. Beides, also sowohl die Wahrnehmung von einzelnen Echos, als auch ein komplexer Ambient-Sound sind interessant. Letzteres klingt dann auch etwas anders als ein Hall-Effekt.
Anwenden lassen sich die Effekte auf alles Mögliche von Stimme, bzw. Gesang über virtuelle Instrumente oder Drums und Perkussion und auch Harfe - sei es virtuell oder als Aufnahme - oder E-Gitarre. Da sind keine Grenzen gesetzt und lediglich eine entsprechende Anpassung der Parameter ist erforderlich. Auch bei den musikalischen Genres möchte ich keine großen Einschränkungen machen wollen. Bei einer Musikproduktion mit klassischen Instrumenten oder einem Orchester würde das Plug-In aber wohl eher fehl am Platze sein aber bei modernen Musikproduktionen kann man da seinen Spieltrieb ausleben.
Fazit
Der Preis des Sound Particles inDelay liegt bei 180 Euro und lässt sich über Händler als auch direkt über die Sound Particles Web-Site erwerben.
Ich muss sagen, dass ich lange auf ein solches Delay-Plug-In gewartet habe, was so konsequent und zudem nutzerfreundlich die Möglichkeiten von 3D-Audio umsetzt. Viele mit Plug-Ins, die als 3D-Audio-fähig benannt werden sind nichts anderes als die Stereoversion mit mehr Kanälen. Aber 3D-Audio, bzw. immersives Audio ist ja eben nicht nur eine höhere Kanalanzahl, sondern die Möglichkeit Objekte im virtuellen 3D-Raum zu platzieren und genau diesem Konzept folgt inDealy.