xils lab KaoX Synthesizer
FM Synthesizer mit Vorbild
Autor: Peter Kaminski
Der französische Hersteller xils lab stellte im April 2021 seinen KaoX Synthesizer vor. Nicht nur optisch ist er an den ersten Yamaha FM-Synthesizer GS1 angelehnt aber wie wir sehen werden kann er deutlich mehr als nur die Legende simulieren.
Yamaha GS1
Beschäftigen wir uns doch gleich einmal mit dem Vorbild. Im Jahr 1973 veröffentlichte der Musiker und Mathematiker Max Mathews sein Paper "The Synthesis of Complex Audio Spectra by Means of Frequency Modulation" und die FM-Synthese war geboren. Das Syntheseverfahren wurde kommerziell erstmals 1978 im Synclavier von New England Digital implementiert. Aber auch Yamaha begann damit zu experimentieren und entwickelte mit dem GS1, der 1981 vorgestellt wurde, seinen ersten FM-Synthesizer, der rein äußerlich das Flair eines Pianos vermittelte.
Für die meisten dürfte der GS1 unerschwinglich gewesen sein. Es wurden auch gerade mal um die 100 Exemplare gebaut. Er war aber Wegbereiter der DX-Serie von Yamaha FM-Synthesizern, die bekanntlich den Weg der FM-Synthese in den Massenmarkt einläuteten. Was sich damals nur mit speziellen Halbleiter-Chips realisieren ließ, lässt sich heute mit einem Standard-PC in Echtzeit realisieren und so gibt es eine ganze Reihe von Synthesizern, die auch FM-Synthese bieten, aber meines Wissens ist der KaoX der erste, der sich den Yamaha GS1 als Vorbild nimmt.
Die Yamaha-FM-Synthesizer sind ja ohne Zweifel auch ein Stück Musikgeschichte. Wer mehr über die FM-Synthesizer von Yamaha erfahren möchte, dem sei das Buch "Die DX Story: FM Synthese – die magische Formel für den Sound der 80er" von Klaus P. Rausch (ISBN: 9783750289444), empfohlen. Auf 190 Seiten wird im Detail die Geschichte und die Hintergründe beschrieben. Das Buch geht dabei mehr auf die Entwicklung der DX-Serie als auf das Syntheseverfahren selbst ein. Jeder der vielen Synthesizer und Expander der DX-Serie wird dabei vorgestellt und auch auf den Einfluss der DX-Serie auf die Musik, bzw. Musikindustrie wird eingegangen. Dabei werden auf die beteiligten Entwickler und Musiker vorgstellt. Besonders interessant für diejenigen, die nicht mit den DX-Serie-Synths aufgewachsen sind.
Systemvoraussetzungen und Installation
KaoX gibt es als VST 2 (32 und 64 Bit) sowie als AAX (64 Bit) und für macOS auch als AU-Plug-In. Eine Stand-Alone-Software gibt es nicht. Ggf. muss also eine VST-Host-Software bemühen.
Installieren lässt sich KaoX unter Windows 7, 8 und 10 sowie ab macOS Version 10.8. Als Kopierschutz wird eLicencer oder iLok angeboten.
Konzept
Werfen wir einmal einen Blick auf den Audiosignalweg, der Aufschlüsse über das Konzept von KaoX gibt (s. Abb. unten).
Neben zwei klassischen Oszillatoren nach analogem Vorbild inklusive Rauschgenerator gibt es noch zwei sogenannte "Chaotic Oscillators", die über verschiedene Algorithmen natürliche Klänge generieren sollen, von rauschhaftem über Vokal-artiges, bis hin zur Oberwellengenerierung. Der mit FM bezeichnete Block bietet zwei Bänke mit jeweils vier Oszillatoren. Diese lassen sich als acht FM-Operatoren oder eben in zwei Gruppen für einen Stereo-Sound nutzen. Dahinter folgen im Stereopfad zwei Filter und zwei virtuelle VCAs, die jeweils von Hüllkurvengeneratoren angesteuert werden.
Einstellungen
Über das Zahnrad-Symbol ruft man das Einstellungsmenü auf. Hier lässt sich unter anderem die Plug-In-Darstellungsgröße einstellen sowie die GUI-Update-Geschwindigkeit und Pop-Up-Informationen ein- und ausschalten.
Weiter lassen sich auch die MIDI Controller anpassen. Neue Controller lassen sich auch anlernen.
Preset-Verwaltung
Presets lassen sich über Plus/Minus-Tasten (Pfeile) oder über Anklicken auf den Preset-Namen über eine Menüliste auswählen. Die über 500 User-Presets lassen sich aber auch über einen Preset-Manager nach bestimmten Kriterien auflisten und aufrufen.
Hier lassen sich auch Favoriten definieren und aus der Preset-Liste ausschließen.
Bedienung
Die Bedienung erfolgt quasi in drei Stufen. Wichtige Parameter lassen sich über Regler und Taster über der Klaviatur einstellen. Diese Anordnung ähnelt zwar dem GS1 aber die Parameter unterscheiden sich, zumal das Original über viele Funktionen gar nicht verfügte.
Da wären zum Beispiel Tune, Glide und Modulationsparameter (s. Abb. oben) sowie Layer-Anwahl und Effekt-Aktivierung.
KaoX bietet zwei Layer die sich übereinander oder im Keyboard-Split-Modus betreiben lassen.
Editor
Die zweite Stufe, bzw. Tiefe der Bedienung erfolgt durch Aufklappen des Editors, der im oberen Bereich sichtbar wird.
Unten im Editor lassen sich die Keyboard-Betriebsarten anwählen und für beide Layer lässt sich auf jeder Seite des Editors ein virtueller Oszillograph aufrufen, dessen Quellsignal sich einstellen lässt. Sagen wir mal so: ein nettes Add-On.
Auf der Editor-Oberfläche kann man auf die wichtigsten Parameter direkt zugreifen (s. Abb. oben).
Klickt man eine der Sektionen an erscheint links im Editor eine Sektion mit erweiterten Parametern des angewählten Blocks (s. oben zum Beispiel FM Operatoren). rechts daneben ist immer die Modulationsmatrix der Operatoren sichtbar. Wichtig hier auch zu erwähnen, dass die analogen Oszillatoren und die Chaotic Oscillators auch FM-Quellen für die Operatoren sein können.
Bei der Sektion mit den analogen Oszillatoren lässt sich zum Beispiel die Oktavelage wählen sowie eine Oszillator-Synchronisation zuschalten.
Bei den LFOs (s. Abb. oben) sind wird schon deutlich mehr als in der Übersicht geboten.
Bei den Filtern stehen Tiefpass mit 12 und 24 dB, Bandpass mit 6 und 12 dB sowie Hochpass mit 12 dB Steilheit zur Auswahl bereit.
Die Hüllkurvengeneratoren bieten klassische ADSR-Hüllkurven mit einstellbarer Einsatzverzögerungszeit.
Es lassen sich über eine Modulationsmatrix acht Quellen auf acht Ziele routen (s. Abb. oben).
Des Weiteren gibt es eine zweite Modulationsmatrix für Tastatur-Velocity und After Touch (s. Abb. oben).
Das System bietet auch einen Arpeggiator (s. Abb. oben) mit den üblichen Richtungsmodi.
Auch ein einfacher Vierspur-Sequenzer mit jeweils bis zu 127 Schritten (kein Schreibfehler) ist an Bord (s. Abb. oben).
KaoX bietet vier interne, parallel nutzbare Effekte und zwar Delay, Chorus, Phaser und auch Reverb. Die Verschaltung lässt sich über das Eingangs-Routing (INPUT) definieren.
Praxis
Wir haben den KaoX Version 1.0.1 auf einer Xi-Machines X2 Workstation unter Windows 10 getestet. Im Gegensatz zur 1.0, die einige Bugs aufwies, läuft die Version 1.0.1 sehr stabil. Einen Absturz konnten wir im Testzeitraum nicht feststellen. Lediglich bei der Modulationsmatrix werden zum Teil falsche Quellen angezeigt.
Auch hat man mit der Version 1.0.1 die Performance verbessert. Auf der DAW war bei geöffnetem Nuendo 11 ca. fünf Prozent CPU-Last und bei geladenem und Polyphon gespieltem KaoX lediglich um die zwei Prozent mehr festzustellen. KaoX benötigt also nicht sonderlich viel CPU-Resourcen.
Auch wenn der Yamaha GS1 als Vorbild für den KaoX diente, so geht er deutlich über die Funktionalitäten des Klassikers hinaus. Die erweiterten Möglichkeit durch die beiden analogen und die beiden Chaotic Oscillators sowie die Effekte und vielseitigen Modulationsmöglichkeiten heben den FM-Synth in eine ganz andere Klasse und das ist auch gut so. Klanglich ist Kaox für ein FM-Synthesizer breit aufgestellt. Gerade die Kombination der FM-Sound mit den zusätzlichen Oszillatoren schaffen interessante Sounds. Die Werk-Presets bieten eine ganze Reihe von tollen Sound. Neben den FM-typischen glockenartigen Sounds auch viele komplexe Ambient Sounds.
Klar ist aber auch, dass der KaoX kein universeller Synth ist, sondern schon etwas spezieller - aber genau hier liegt auch der Reiz. Es gibt nicht so viele virtuelle Instrumente mit solchen FM-Synthesemöglichkeiten. Dadurch ist der KaoX sicherlich eine Bereicherung im Sound-Portfolio für viele Anwender von virtuellen Instrumenten.
Fazit
Der Preis des KaoX iegt bei 179 Euro. Das ist für ein virtuelles Instrument nicht wenig. Unter der Berücksichtigung der Möglichkeiten würde ich das noch als gerade so akzeptabel ansehen.
Der KaoX dürfte seine potentiellen Anwender in den verschiedensten Bereichen finden, vom klassischen Keyboarder über Sound Designer bis hin zur elektronischen Musik und auch im Bereich der Filmmusik.