Violectric HPA V550 / HPA V550 PRO
Autor und Fotos: Peter Kaminski
Das Hören mit Kopfhörer kann wie eine akustische Lupe sein - man hört Dinge, die man über Lautsprecher einfach nicht wahrnehmen kann. Voraussetzung für das optimale Hören mit Kopfhörer ist die Verwendung eines hochwertigen Kopfhörers und - was man nicht vergessen darf - eines hochwertigen Kopfhörerverstärkers. In diesem Test möchten wir uns einmal mit einem Kopfhörerverstärker der Oberklasse beschäftigen und zwar dem HPA V550 von Violectric - der HiFi-Marke von Lake People, die bei den Kopfhörerverstärkern die Referenzklasse aus dem Hause bietet.
Technik und Konzept
Die Elektronik des Violectric HPA 550 ist in einem schwarzem Alu-Gehäuse (290 x 80 x 248 mm) untergebracht. Den Violectric HPA V550 gibt es in zwei Versionen und zwar einmal in einer Variante mit einem hochwertigen Poti für die Lautstärkeregelung und zwar einem Alps RK 27 und einmal mit einer Pegelregelung über eine 256-stufige Widerstandsmatrix mit 0,4 dB-Schritten, die über Reed-Relais geschaltet werden. Diese Version trägt den Zusatz "PRO" im Modellnamen.
Weiter gibt es noch neben dem HPA V550 und HPA V550 PRO die DHA V590, bzw. DHA V590 PRO, in einem ähnlichem Gehäuseformat, die zusätzlich noch über hochwertige, integrierte 32-Bit-D/A-Wandler mit Re-Sampler und Re-Clocker verfügen und über eine USB-Schnittstelle angesprochen werden können. Diese richten sich sicherlich mehr an Kunden im HiFi-Segment, denn im Studio hat man ja seine analogen Ausgänge oder Wandler parat.
Der Kopfhörerverstärker ist völlig komplett diskret aufgebaut und wird handbestückt in Deutschland gefertigt. Auf der einen Seite ist das Produkt sehr puristisch, es bietet aber, wenn man sich das Gerät ansieht, gerade für den Einsatz im professionellen Bereich äußerst interessante Leistungsmerkmale.
Es gibt für die beiden Kanäle links/rechts zwei komplett getrennte Netzteile, was man direkt an den beiden Ringkern-Transformatoren erkennt, mit Netzspannungs-Umschaltungsmöglichkeit im Inneren des Gehäuses. Die Glättungskondensatoren sind üppig bemessen und kommen auf eine Gesamtkapazität von 35.000 Mikrofarad.
Die Verstärker sind symmetrisch aufgebaut. Es gibt also quasi für jeden Kanal zwei A/B-Klasse-Verstärker mit 16 Transistoren pro Kanal, die von einer +/-25 Volt Betriebsspannung versorgt werden. Der Innenwiderstand eines Kanalverstärkers beträgt 0,3 Ohm symmetrisch, bzw. 0,15 Ohm unsymmetrisch. Die Dynamic wird vom Hersteller mit 131 dB (A-gewichtet) und der Rauschpegel mit größer als 103 dB (A-gewichtet) angegeben. Die nominale Eingangsempfindlichkeit beträgt +6 dBu.
Anschlüsse
Die beiden Kopfhörerbuchsen für den unsymmetrischen Anschluss (6,3-mm-Klinkenbuchsen) auf der Geräte-Front werden einmal von dem In-Phase- und einmal von dem Out-Of-Phase-Verstärker gespeisst und sind also völlig entkoppelt. Die beiden Ausgänge der Verstärker gehen parallel auf den vierpoligen Anschluss (XLR-4) für symmetrische Kopfhörerbeschaltung. Der Normalbetrieb ist also entweder maximal zwei unsymmetrisch beschaltete oder ein symmetrisch beschalteter Kopfhörer.
Auf der Rückseite befinden sich als Eingange zwei XLR-Buchsen (symmetrisch) sowie zwei mal zwei Cinch-Buchsen (unsymmetrisch). Die Eingangsimpedanz für die Eingänge beträgt zehn Kiloohm und die maximale Eingangsspannung +21 dBu. Besonders interessant ist, dass sich die Eingangsverstärkung über zweimal vier DIP-Schalter im Bereich von +/- 18 dB in 6-dB-Schritten anpassen lässt.
Auf der Rückseite gibt es auch zwei Stereo-Ausgänge und zwar einmal über zwei XLR-Buchsen (symmetrisch) und einmal über zwei Cinch-Buchen (unsymmetrisch). Damit lässt sich das Signal zum Beispiel an die Lautsprecher-Monitore weiterleiten. Über einen Pre/Post-Schalter kann man dies mit oder ohne Regelung - also mit festem Pegel unabhängig von der Stellung des Lautstärkereglers auf der Front - tun. Auch der Ausgangspegel lässt sich über zweimal vier DIP-Schalter im Pegel um bis zu +/- 18 dB anpassen. Der maximale Pegel an den Line-Ausgängen beträgt +21 dBu.
Interview mit Entwickler Fried Reim
Wir hatten die Gelegenheit mit dem Entwickler von Lake People und Violectric, Fried Reim, über die technischen Details der Violectroc V5xx-Serie zu sprechen. Fried Reim baut schon seit vielen Jahren Kopfhörerverstärker. In diesem Zusammenhang möchten wir nochmal auf sein Kopfhörerverstärker Kochbuch aufmerksam machen, welches wir an anderer Stelle schon einmal vorgestellt haben.
proaudio.de: Wie ist denn die V5xx-Serie in der Vielfalt der Kopfhörer von Lake People und Violectric einzuordnen?
Fried Reim: V5xx Serie ist der Nachfolger unseres berühmten V281 Kopfhörerverstärker, der ab 2014 gebaut wurde. 2018 haben wir unsere Spitzenmodelle der Nimbus-Serie gebaut und die 5xx Serie in evolutionär betrachtet über dem V281 und unter den Nimbus-Geräten einzuordnen. Die ganzen Erfahrungen die wir mit der Flaggschiff-Serie Nimbus gemacht haben sind quasi auch in die V5xx-Serie eingeflossen. Ein Punkt ist zum Beispiel das doppelte Netzteil mit 50 Watt Leistung. Ob man so viel für einen Kopfhörerverstärker überhaupt braucht, sei einmal dahingestellt aber es sind eben üppige Reserven vorhanden.
proaudio.de: Wie hoch ist die intern die Betriebsspannung beim Violectric V550?
Fried Reim: Wir haben die Betriebsspannung auch auf +/- 25 Volt festgelegt. Früher hatten wir mit höheren Spannungen gearbeitet, aber die Tendenz bei den Kopfhörern ist so, dass sie von der Impedanz her immer niederohmiger werden und daher ist eine höhere Spannung nicht mehr nötig. Je mehr Spannung man hat umso mehr muss man bei niederohmigen Kopfhörern "verbraten". Die Spannung ist aber noch so hoch, dass sie auch mit hochohmigen Kopfhörern einwandfrei arbeiten. Zudem bieten unsere Verstärker einen extrem niedrigen Innenwiderstand, was besonders für niederohmige Kopfhörer wichtig ist. Der Innenwiderstand sollte mindestens Faktor 20 niedriger sein, als die Anschlussimpedanz. Besonders die Linearität bei der Basswidergabe profitiert davon.
proaudio.de: Welche Besonderheiten bietet die Verstärkerschaltung die bei der V5xx-Serie eingesetzt wird?
Fried Riem: Die Verstärkerschaltung haben wir schon zur Jahrtausendwende entwickelt aber diese war so kostenaufwendig, dass sie sich nicht in die Lake People Geräte nutzen ließ. 2009 wurde dann die Marke Violectric ins Leben gerufen. Es wurden damals die Kopfhörerverstärker V90, V100 und V200 vorgestellt. Gerade der teuerste Kopfhörerverstärker der V200 hatte sich zum Renner entwickelt. Genau dieses Schaltungskonzept haben wir auch in der 5xx-Serie aber modifiziert und leistungsfähiger gemacht, das heißt noch weniger Klirrfaktor und weniger Verstärkung in der Gegenkopplung. Diese Schaltung ist dann vier Mal vorhanden. Sie ist so ausgelegt, dass sie Konzeptbedingt mehr harmonische Verzerrungen machen als unharmonische. Der Anteil der K2 ist also höher als der von K3. Man hat also eine abfallende Kurve der Verzerrungsanteile - ganz im Gegensatz zu anderen Transistorverstärkern.
Eine weitere Besonderheit ist die Grundverstärkung. Unsere frühen Kopfhörerverstärker hatten eine Grundverstärkung von 25 dB da nur hochohmige Kopfhörer bedient werden mussten. Das ist ja heute ja anders. Der V281 hatte eine Grundverstärkung von 8, bzw. 14 dB Verstärkung im symmetrischen Betrieb. Da die Kopfhörer immer niederohmiger werden und somit auch empfindlicher, gab es da schon Kopfhörer, bei denen man das Verstärkergrundrauschen wahrnehmen konnte. Bei der V5xx-Serie waren wir daher bemüht die Verstärkung zu verringern. Der V550 hat nun eine Grundverstärkung von 0 dB im unsymmetrischen und 6 dB im symmetrischen Betrieb. Um das Gerät nun den verschiedenen Anforderungen im Studio mit sehr hohen oder im Heimbereich mit eher niedrigen Pegeln anpassbar zu machen, haben wir ein Pre-Gain, welches sich über DIP-Schalter einstellen lässt, um so das Signal zu verstärken oder abzuschwächen. Damit lassen sich selbst sehr empfindliche In-Ear-Kopfhörer entsprechend so anpassen, dass man mit dem Pegelregler noch nominal in der Mittelstellung liegt. Die meisten anderen Kopfhörerverstärker werden von der Verstärkung her eher auf ein Worst-Case-Szenario ausgelegt, wodurch das Grundrauschen deutlicher hörbarer wird und der Regelbereich des Lautstärkereglers eingeschränkt werden kann.
proaudio.de: Beim V550 Pro habt Ihr ja die Pegelregelung über eine Widerstandsmatrix und Reed-Relais realisiert. Warum wurde dieser Aufwand betrieben?
Fried Reim: Ja genau. Am Ausgang eines Potis hat man eine variable Impedanz. Dadurch hat man deutlich größere Gefahr des Übersprechens je nach Poti-Stellung. Das ist auch der Grund warum viele Hersteller die Übersprechdämpfung bei Poti-Rechtsanschlag im Datenblatt angeben und nicht in der Mittelstellung zum Beispiel, wo eine deutlich höheres Übersprechen festzustellen wäre. Bei einer Regelung per Relais, bzw. Widerstandsmatrix kann man die Kanäle räumlich getrennt aufbauen, was die Übersprechdämpfung erhöht. Ein weiterer Schwachpunkt herkömmlicher Potis sind Kanalungleichheiten, die in Richtung Linksanschlag deutlich zunehmen. Per Relais werden Widerstände sehr mit niedriger Toleranz geschaltet und somit ist dieses Problem praktisch nicht vorhanden.
Viele Fragen uns übrigens auch immer, wozu eigentlich einen Balance-Regler vorgesehen haben? Es ist so, dass die Kopfhörer eine Toleranz von bis zu +/- 2 dB aufweisen können. Dazu lässt sich über den Balance-Regler auch eine Anpassung an das individuelle Gehör einstellen. Der Regelbereich ist mit +/- 6 dB bewusst klein gewählt um eine exakte Einstellung vornehmen zu können.
proaudio.de: Die V5xx-Serie bietet ja sowohl unsymmetrische als auch symmetrischen Betrieb. Wieso habt ihr Euch für den deutlich höheren technischen Aufwand entschlossen? Letztendlich ist ja alles in der Verstärkersektion doppelt vorhanden.
Fried Reim: Bei einer unsymmetrischen Beschaltung des Kopfhörers hat man je eine Leitung für einen Stereo-Kanal und eine gemeinsame Masseleitung. Gegenüber dem eigentlichen Massepunkt im Gerät hat die gemeinsame Masseleitung einen Widerstand, an dem eine Spannung abfällt, nämlich das Monosignal von Links/Rechts - und verunreinigt sozusagen die Masse. Bei einem symmetrisch aufgebauten Push-Pull-Verstärker entfällt dieses Problem, weil die Last als Bezugspunkt nicht die Masse, sondern die Versorgungs-Spannung hat. Deshalb bauen wir symmetrische Kopfhörerverstärker bereits seit 2011. Es ist erstaunlich, welchen Unterschied ein symmetrischer Kopfhörerverstärker klanglich ausmacht.
Bedienung
Die Bedienung auf der Gerätefrontplatte beschränkt sich auf wenige Bedienelemente. Da wäre einmal neben einem Ein-/Ausschalter ein Taster zur Anwahl der Eingangsquelle, wobei die angewählte Quelle über eine von drei LEDs signalisiert wird. Zwei weitere Taster aktivieren, bzw. deaktivieren individuell die Kopfhörerausgänge (HEAD) auf der Front oder die Line-Ausgänge auf der Geräterückseite.
Als Regler gibt es den großen Pegelregler sowie eine kleineren Balance-Regler mit Mittelrasterung, der eine feinfüllige Wichtung auf den linken oder rechten Kanal gestattet. Hierzu wird der Pegel des rechten Kanal um bis zu sechs Dezibel abgesenkt, bzw. angehoben.
Im Lieferumfang befindet sich auch eine Infrarot-Fernbedienung. Mit ihr kann man die Eingangsquelle anwählen, die Ausgänge aktivieren, bzw. auch ein Mute vornehmen, und die Lautstärke mit den Plus/Minus-Tasten regeln. Die Lautstärkeregelung erfolgt dabei am Kopfhörerverstärker motorisch.
Messungen
Um den Test und auch das Gesagte im Interview zu belegen, haben wir hier noch einige Messungen, die mit einem Prism Sound D-Scope gemessen wurden.
Als erstes eine Messung wo man einmal den Gleichlauf, bzw. Abweichung Pegelregler-Position zum Pegel ablesen kann (s. Abb. oben). Man sieht hier deutlich, dass bei der Pro-Version des V550 (blaue Linie) durch die mit Reed-Relais geschaltete Widerstandsmatrix eine deutlich höhere Präzision bei Reglerstellung im Bereich 7 bis 12 Uhr erreicht wird.
Die nächste Messung (s. Grafik oben) stellt den Übertragungsbereich, also den Pegel über die Frequenz dar. +/- 0,1 dB im Bereich 5 Hz bis 50 kHz spricht für sich und muss nicht weiter kommentiert werden. Die beiden Linien sind hier und in den noch folgenden Messungen jeweils der rechte und linke Kanal.
Nun folgen drei eine THD+N Messungen jeweils an einem 50 Ohm Abschlusswiderstand bei 100 mW, 1 Watt und 5 Watt Ausgangsleistung. Bei der ersten Messung mit 100 mW spielt noch das frequenzabhängige Eigenrauschen des Verstärkers bei dem THD+N eine größere Rolle als bei den Messungen mit höherer Leistung.
Der THD+N beträgt bei 1 Watt -100 dB und bei 5 Watt ca. -102 dB. Insgesamt kann man messtechnisch dem V550 / V550 PRO absolute Bestnoten vergeben.
Praxis
Zunächst einmal zur Verarbeitungsqualität. Die ist auf einem, dem Preisniveau entsprechend, hoch zu beurteilen und das sowohl vom äußeren als auch von den Komponenten her. Ein Detailblick in das Innere offenbart auch hier einen hohen und entsprechend Kostenintensiven Materialeinsatz.
Die Bedienung ist sehr puristisch mit nur wenigen aber allen notwendigen Bedienelementen. Das möchte ich durchaus als positiv bewerten, denn viele Spielereien die so manches anderes Produkt offenbart sind für den professionellen Einsatz oft weniger sinnvoll. Hier hat man sich auf das erforderliche konzentriert und das perfekt umgesetzt. Ein Kopfhörerverstärker soll meiner Meinung nach möglichst hochqualitativ das eingehende Audio verstärken und das für verschiedenste Kopfhörertypen ohne Sound-Processing zu machen.
Wir haben den Violectric HPA V550 an diversen Kopfhörer getestet und zwar unter anderem mit dem AKG K702, dem Audeze LCD-2 Classic - unserem Redaktions-Referenzkopfhörer - und dem Focal Clear mg Professional. Wir können dem HPA 550 absolute Bestnoten geben. Der Sound ist absolut neutral und im Vergleich zu anderen Kopfhörerverstärkern vielleicht ein Hauch wärmer in den Höhen, wobei das nicht die Neutralität negativ beeinflusst denn der V550 schönt nichts.
Den LCD-2 Classic haben wir auch symmetrisch mit einem Silberkabel betrieben. Im Betrieb stellen wir fest, dass im Bassbereich der Klang stabiler wirkt und noch etwas mehr in den Vordergrund rückt ohne dabei den Eindruck zu vermitteln das der Bass forciert wird. In der Praxis machen sich hier die Verluste auf der Masseleitung im unsymmetrischen Betrieb bemerkbarer als vermutet. Das spricht auf jeden Fall für den symmetrischen Betrieb. Hier kann man dann mit so einem hochwertigen Produkt wie den V550 noch das letzte an Klangqualität herausholen.
Für professionelle Anwender empfehle ich den V550 PRO, auch wenn die Reed-Relais-Schaltung Nachteil kleine Störgeräusche beim Regeln verursacht, was sich bei der Schaltung einer Matrix kaum verhindern lässt, aber dafür wird ein exakter Gleichlauf und maximal Übersprechdämpfung geboten, was mir persönlich viel wichtiger ist, wenn man häufig mal an der akustischen Wahrnehmungsgrenze arbeitet, wie zum Beispiel beim Mastering.
Fazit
Der Preis des Violectric HPA V550 liegt bei ca. 2.400 und der des HPA V550 PRO bei ca. 3.000 Euro. Das ist für ein Kopfhörerverstärker schon ein nicht unbeträchtlicher Betrag. Ob man so viel für einen Kopfhörerverstärker ausgeben möchte und sollte hängt sicherlich vom Tätigkeitsumfeld ab. Wer höchste Ansprüche beim Monitoring mit Kopfhörerhören erreichen will und auch einen sehr hochwertigen Kopfhörer nutzt, dem kann man den HPA V550, bzw. im professionellen Umfeld eher den V550 PRO, uneingeschränkt empfehlen - trotz des hohen Preisniveaus. Belohnt wird man durch ein ähnlich hohes Qualitätsniveau. Besonders Anwender die eine symmetrische Beschaltung nutzen möchten werden an dem HPA 550 Ihre Freude haben. Hören auf höchstem Niveau.