Tone2 Warlock
Autor: Peter Kaminski
Im April 2021 stellte der deutsche Hersteller Tone2 das virtuelle Instrument Warlock vor, ein Synthesizer, der in Sachen Bedienung und auch Sound einen etwas anderen Weg einschlägt, als die meisten Synthesizern am Markt.
Voraussetzungen
Der Tone2 Warlock wird sowohl für Windows (ab Windows 7) als auch für macOS angeboten und zwar ab Version 10.11 und ist dabei auch tauglich für macOS 11 und läuft dabei sowohl auf Rechnern mit Intel-Prozessoren als auch Apple M1 (Native Support). Warlock ist sowohl als Stand-Alone-Applikation, also auch als Plug-In verfügbar und zwar auf Windows in den Plug-In-Formaten VST2.4 und VST3.7 ausschließlich in 64-Bit und auf macOS ausschließlich als VST 3.7. Ein Audio Unit-Plug-In wird nicht angeboten.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Herstellern verfolgt Tone2 einen anderen Weg, denn es wird als Kopierschutz kein Dongle oder Response Code genutzt sondern man bekommt eine Freischaltungscode mit dem Kauf den man einträgt und das war es auch schon. Es erfolgt auch keine Online-Abfrage. Das nenne ich doch mal kundenfreundlich.
Konzept
Bei der Entwicklung von Warlock war das Ziel einen einfach zu bedienenden Synthesizer zu entwickeln der trotzdem eine hohe Klangvielfalt bietet. Statt der üblichen Wellenformen gibt es bei Warlock ein sogenanntes Harmonic Morphing. Dabei wurde das Spektrum von Instrumenten, seien es natürliche oder synthetische, aufgenommen und in eine Tabelle, bestehend aus 256 Spektrum-Snapshots, abgelegt - ähnlich wie bei der Wavetable-Synthese. Bei dem Harmonic Morphing-Konzept ist es so, dass sich diese Spektren über Algorithmen auch noch verändert werden können. Dazu mehr im Abschnitt Bedienung wenn es um die Oszillatoren geht.
Bedienung
Die Stand-Alone-Software (S. Abb. oben) unterschiedet sich von den Plug-Ins lediglich durch die Einstellmöglichkeiten. Auch ASIO-Interfaces werden von Warlock unterstützt. Interessant ist auch, dass ein Recorder in der Stand-Alone-Version integriert ist. Nach Beendigung des Aufnahmevorgangs lassen sich die Aufnahmen als WAV-Dateien speichern.
Presets und Voicing
Die Pesets in Warlock sind in Bänke abgelegt. Ganz oben in der GUI lässt sich das Preset über die Pfeiltasten innerhalb einer Bank dekrementieren, bzw. inkrementieren. Über ein Anklicken auf Bank- oder Preset-Name geht ein Menü mit den verfügbaren Bänken, bzw. Preset einer Bank zur Auswahl auf. Unten in der GUI gibt es noch eine Tastenreihe um Presets zu speichern, ein Preset zu initialisieren, ein Zufalls-Preset (wer es den braucht ...) zu erzeugen und die Bildschirmgröße lässt sich auch hier über ein Menü verändern und zwar in sehr großem Umfang.
Rechts daneben lassen sich Einstellungen für die Stimmenanzahl (bis zu 32 in acht Stufen anwählbar) vornehmen und eine Glide-Funktion (glide oder legato) kann aktiviert werden.
Oszillatoren
Nun zu den Oszillatoren, von denen es pro Stimme zwei gibt. Beide Oszillatoren sind funktionell absolut identisch und die Oszillatoren sind in Stereo ausgeführt.
Es gibt 84 der zuvor schon erwähnten Spektrum-Tabellen (s. Abb. unten). Man sieht, im Menü, das hier auch Standard-Wellenformen aufrufbar sind aber eben auch Spektrum-Tabellen mit viel komplexerer Struktur, bzw. Verlauf.
Diese lassen sich wiederum über 24 Algorithmen klanglich verändern (s. Abb. unten).
Über den Parameter LOOPMODE wird definiert, wie die Spektrum-Tabelle ausgegeben wird (Abspielrichtung, bzw. Verfahren) und mit dem Parameter LOOPSPEED wird die Geschwindigkeit definiert. neben einem Automatikmodus gibt es hier die Möglichkeit die Tabelle mit einer festen Rate, Host-synchron oder auch Tastatur-, bzw. Tonhöhen-abhängig auszugeben. Über den Regler PARTIALS kann der Anwender Einfluss darauf nehmen wie viele Partielle im Spektrum vorhanden sein sollen.
Weitere Einstellmöglichkeiten sind ein Ringmodulator pro Oszillator und Stimmungsmöglichkeiten, ein dazu mischbarer Sub-Oszillator sowie eine Hypersaw-Funktion, die beim Warlock phasenoptimiert ist.
Filter und Amp
Warlock bietet ein Filter pro Voice (s. Abb. oben) mit 38 anwählbaren Filtertypen (s. Abb. unten). Der Hüllkurven-Generator (ADSR) für das Filter ist mit in die Sektion integriert. Nicht überall werden bei Warlock die Parameterwerte auch als Zahlen angezeigt aber bei Parametern wo der Wert wichtig ist, wie bei der Filterfrequenz oder den Zeiten der einzelnen Hüllkurvenphasen, jedoch schon.
Auch beim Amp ist die Einstellung der Hüllkurvenparameter in der Sektion integriert (s. Abb. unten).
Modulation
Für Modulationen steht auch ein LFO zur Verfügung (s. Abb. unten), der sich über den Routing-Parameter auf ein Ziel schaltet lässt. Es stehen ca. 20 verschiedene Modulations-Wellenformen zur Auswahl bereit.
Des Weiteren gibt es noch ein Hüllkurvengenerator (s. Abb. unten) für Modulationszwecke.
Auch beim ADSR-Envelope-Hüllkurven-Generator lassen sich wie beim LFO einer von über 20 Parametern modulieren.
Effekte
Es gibt auch zwei in Serie geschaltete Effektprozessoren mit diversen auswählbaren Effekten (s. Abb. oben).
Arpeggiator
Auch ein Arpeggiator darf nicht fehlen. Der ist sicherlich nicht so komplex wie bei anderen Synthis aber man hat ja beim Warlock auf einfache Bedienung wert gelegt.
Insofern lassen sich beim Arpeggiator zwei Parameter einstellen und zwar der Arpeggiator-Modus (Richtung) sowie ein rhythmisches-Muster (s. Abb. unten)
Mit diesem Konzept kommt man sehr schnell zu brauchbaren Ergebnissen.
Praxis
Wir haben die Version 1.0.0 auf einer Windows 10 DAW unter Nuendo 11.0.41 sowie als Stand-Alone-Plug-In getestet. Probleme gab es dabei nicht. Die benötigte Prozessor-Leistung kann man bei einer aktuellen Workstation fast vernachlässigen. Durch Reduzieren der Stimmen lässt sich gegebenenfalls die Last noch weiter reduzieren.
Die virtuellen Synthesizer warten ja mit immer mehr Leistungsmerkmalen und Parametern auf. Der Warlock ist da eher im Gegensatz aufgestellt, denn die Bedienung ist sehr direkt und ohne Untermenüs, große Routing-Tabellen etc. Dank der vielen Spektral-Tabellen sind die Sounds zum Teil sehr komplex. Die Anzahl der Presets ist ja mit weit über 2.000 gigantisch. Es gibt hier klangliche Schwerpunkte bei den Presets in Richtung EDM, Hip-Hop, Techno und House etc. Aber auch Sound Designer werden sehr viele interessante Effekt-Sound vorfinden. Es gibt auch sehr gute und kraftvolle Analog-Sound-Presets sowie interessante, komplexe Pads. Sicherlich werden bei der vom Hersteller anvisierten Zielgruppe viele auch auf die Presets zurückgreifen und eher vorhandenes modifizieren als eigene Preset zu erstellen. Da ist es gut soviele Presets zu haben.
Einen Punkt möchte ich noch anmerken. Ändert man ein Parameter bei einem Setup, so wird dieser sofort gespeichert. Möchte man also mal etwas ausprobieren, so empfiehlt es sich, das Preset erst mal in eine User-Preset-Bank abzulegen und dann diese zu modifizieren. Für mich ist dies Herangehensweise etwas ungewohnt.
Fazit
Der Preis des Warlock von Tone2 liegt bei 59 Euro. Das ist für einen Synthesizer mit der Klang- und Preset-Vielfalt äußerst günstig. Mit dem Warlock hat man eindeutig Anwender im Blick, die schnell ohne großen Aufwand zum Ziel kommen möchten. Warlock richtet sich nicht an die "Schrauber", die am liebsten auch noch ihre eigenen Wellenformen bastelt etc. Der Kompromiss zwischen möglichst einfacher Bedienoberfläche und hochwertigen Sounds ist dabei sehr gut gelungen und es sind auch in den Presets großartige musikalisch klingende Sounds aber auch viele Effekte dabei.