Tascam Portacapture X6/X8
Multitrack Field Recorder
Autor und Fotos: Erol Ergün
Es gibt eine Vielzahl von mobilen Recordern für jeden Einsatzzweck auf dem Markt. Neben kompakten Stereo-Versionen haben sich mittlerweile zahlreiche mobile Geräte mit vier bis acht Audiospuren für professionelle Einsatzzwecke wie Live-Recording und Filmton etabliert. Tascam erweitert mit den Geräten Portacapture X6 und X8 sein Angebot an mobilen Mehrspur-Recordern, die speziell für letztgenannte Aufnahmesituationen entwickelt wurden. Im Test konzentrieren wir uns auf das Modell X8.
Konzept und Technik
Der Portacapture X8 ist ein kompakter Mehrspur-Audiorekorder in einem stabilen Kunststoffgehäuse mit den Maßen 206 mm x 83 mm x 41,5 mm (B x H x T) inklusive zweier abnehmbarer Kondensatormikrofone mit 14,6 mm-Membran und einem Gewicht von rund 480 Gramm inklusive Batterien. Er verfügt über ein Farb-Touchscreen mit 89 mm Bildschirmdiagonale zur Bedienung der integrierten Apps mit Presets für unterschiedliche Tonaufnahmesituationen und einen eingebauten Mono-Lautsprecher (Ansteuerleistung 0,4 Watt) zur akustischen Kontrolle.
Das Gerät kann gleichzeitig bis zu sechs Audiospuren und eine Stereomischung verarbeiten, wobei Auflösungen von bis zu 192 kHz und 32-Bit-Wortbreiten unterstützt werden: WAV (BWF) mit Abtastraten 44,1/48/96/192 kHz sowie Auflösungen von 16/24 Bit oder 32-Bit-Gleitkomma oder MP3-Dateien mit Abtastraten von 44,1/48 kHz und Bitraten von 128/192/256/320 kBit/s.
Ebenfalls an Bord sind zuschaltbare Effekte wie Filter, Kompressor/Limiter, Noise Gate, Auto Gain, Hall sowie eine zuschaltbare Phantomspeisung für externe Kondensatormikrofone mit 24 oder 48 Volt. Der Dynamikumfang bei aktivierter App „Feld“ beträgt laut Hersteller ca. 113 dB bei 48, 96 und 192 kHz (20-kHz-SPCL-Tiefpassfilter, A-bewertet). Ferner ist der Portacapture X8 auch als USB-Audiointerface mit acht Ein- und zwei Ausgänge unter Windows- und Apple-Betriebssystemen einsetzbar, wobei aktuell unter Microsoft Windows die Versionen 11 (Stand 22H1 und 22H2) und 10 (November 2021, 21H2 und Mai 2021, 21H1) unterstützt werden. Apple Systeme werden unterstützt für macOS Ventura (13.0), Montenery (12.0), Big Sur (1,0), Catalina (10.15) sowie iOS 16/iPad 16, 14/iPad 14 und 13/iPad 13. Die für Android nutzbare Version der im Google Play Store kostenlos herunterladbaren App ist lauffähig ab Android 10.
Als Aufnahmemedium werden Karten unterstützt in den Formaten Micro-SD (64 MB – 2 GB), Micro-SDHC (4–32 GB), Micro-SDXC (48-512 GB). Eine aktualisierte Liste unterstützter Speichermedien ist lobenswerter Weise auf der Homepage des Herstellers als PDF-Dokument auf Deutsch herunterladbar. Darüber hinaus ist die Tablet-/Smartphone-Fernsteuerung sowie die Timecode-Synchronisation kompatibler Geräte mittels optional erhältlichem Bluetooth-Dongle AK-BT1 möglich. Alternativ lässt sich die Bild/Ton-Synchronisation über setz- und suchbare Marker von Klappensignalen durchführen.
Anschlüsse
Der Portacapture X8 bietet insgesamt sechs analoge Audioeingänge für Aufnahmen: die Eingänge 3 – 6 verfügen über vier symmetrische Mikrofon-/Line-Eingänge (MIC/LINE), die in Form von Kombi-Buchsen realisiert sind. So lassen sich sowohl XLR-Kabel als auch 6,3-mm-Klinkenstecker je nach Einsatzzweck für Mikrofone mit zuschaltbarer Phantomspeisung von 24 oder 48 Volt sowie Instrumente nutzen. Im Gegensatz dazu verfügt der kleine Bruder X6 nur über zwei XLR-Eingänge.
Die Mikrofoneinänge 1 - 2 des Portacapture X8 sind unsymmetrisch ausgelegt und eignen sich aufgrund der 3,5-mm-Klinkenbuchsen für Lavalier-Mikrofone, falls das mitgelieferte Mikrofonset nicht eingesetzt werden soll.
Darüber hinaus steht noch ein unsymmetrischer Line-Eingang (EXT IN) mit 3,5-mm-Stereoklinkenbuchse für Kameraton-Signale zum Monitoring zur Verfügung.
Ausgangsseitig werden ein unsymmetrischer Line-Ausgang (LINE OUT) mit 3,5-mm-Stereoklinkenbuchse, ein Kopfhöreranschluss mit identischer Buchsenausstattung, sowie ein integrierter Mono-Lautsprecher zum Abhören getätigter Aufnahmen geboten.
Weitere Anschlüsse werden digital über den USB-C-Anschluss (USB 2.0) und über den optional erhältlichen Bluetooth-Adapter AK-BT1 realisiert, wobei letztgenannter Adapter nur für die Fernsteuerung mittels Android oder iOS-App sowie der Timecode-Synchronisation mit dem ebenfalls optional erhältlichen Ultrasync Blue-Modul von Timecode Systems einsetzbar ist, dass wiederum für mobile Video-Recorder von Atomos die Frame-genauen Audiosynchronisation sicherstellen soll.
Das Gehäuse des Portacapture X8 verfügt auf der Unterseite über einen Blitzschuhadapter und ein Gewinde für die stabile Montage auf einem Stativ oder an einem Kamera-Rig. Die Stromversorgung wird wahlweise über vier AA-Zellen (Alkaline-Batterien, NiMH-Akkus oder Lithium-Batterien)sowie einer USB-Verbindung mit einem Apple- oder Windowssystem sichergestellt. Alternativ kann auch ein optional erhältlicher Wechselstromadapter PS-P520U genutzt werden.
Bedienung
Der Portacapture X8 bietet sechs Apps für unterschiedliche Aufnahmesituationen für das einfache Einstellen von Pegeln und Effekten an. Fünf Presets mit vordefinierten Einstellungen stehen für Solo und Multitrack-Session bereit: Die App „ASMR“ stellt übersichtlich den anliegende Pegel visuell dar, um unkompliziert die Lautstärke für des Eingangssignals zu definieren.
Mit der App „Stimme“ lassen sich übersichtlich und schnell alle notwendigen Voreinstellungen für die Aufnahme beispielsweise von Interviews oder Diktaten einrichten.
Audio-Podcasts lassen sich für vier Teilnehmer unkompliziert mit der gleichnamigen App „Podcast“ einstellen.
Mit der App „Musik“ werden Instrumental- und Gesangsaufnahmen für Mehrspuraufnahmen inklusive einem Halleffekt definiert. Hierfür stehen sechs unterschiedliche Presets für Raum- und Konzerthall zur Verfügung, die bei der Aufnahme Bestandteil des Recordings sein können.
Für Außenaufnahmen bietet sich die App „Feld“ an, mit der sich schnell Aufnahmen von Geräuscheffekten wie Wetter und Tiere realisieren lassen. Entsprechende Voreinstellungen beispielsweise für Mikrofone 1 - 2, Kompressor und Noise Gate ermöglichen einen schnellen Aufnahmestart.
Hinter der sechsten App „Manuell“ verbirgt sich offenkundig die manuelle Einstellung aller Parameter für Aufnahmen von maximal sechs Audiospuren und einer Stereomischung. Hierbei lassen sich bis zu drei Presets für individuelle Einstellungen konfigurieren und im Hauptmenü für einen schnellen Zugriff abspeichern.
Die Menüführung ist übersichtlich gehalten mit mehrsprachiger Unterstützung (Deutsch, Englisch, Italienisch, Spanisch, Französisch, Japanisch, Russisch, Koreanisch, Chinesisch). Neben den genannten sechs Apps verfügt das Portacapture X8 über insbesondere für Musiker praktische Funktionen wie ein Metronom mit drei verschiedenen Klicksounds (Klick, Stock, Glocke), sowie eine chromatische Stimmfunktion, die neben der Stimmanzeige auch entsprechende Stimmtöne wiedergeben kann.
Praxis
Grundsätzlich ließ sich der Portacapture X8 während des Tests wie ein auf Audioaufnahmen optimiertes Smartphone bedienen, wobei die Reaktionsgeschwindigkeit innerhalb des Systems sowie während der Nutzung einzelner Apps im positivem Sinne keinen Anlass zum Meckern gab. Das kontrastreiche Display ist hell und stellt in knackigen Farben alle Parameter wie Regler, Fader und Pegelanzeigen gut ablesbar dar. Das Menü ist nahezu selbsterklärend und auf das Wesentlich reduziert. Die online beim Hersteller kostenlos herunterladbare Bedienungsanleitung leistete bei den Voreinstellungen darüber hinaus auf Deutsch sehr gute Dienste und glänzt durch ausführliche Anleitungshilfen. Alle Apps zeigten übersichtlich die jeweiligen Parameter und Pegelanzeigen an, wobei der Touchscreen schnell und präzise Controller-Werte wie Fader und Buttons selbst mit großen Fingern umsetzte. Feine Pegeleinstellungen waren darüber hinaus mit dem ergonomisch, mittig angeordnetem Drehgeber schnell und genau durchführbar.
Die mechanische Qualität der aufsteckbaren Kondensatormikrofone ist für einen häufigen Auf- und Abbau nicht ausgelegt. Das ebenfalls in Kunststoff ausgeführte Gewinde zur XY- oder AB-Ausrichtung passt nicht ganz zum sonst soliden und hochwertigen Gehäuse. Dieses ließ sich Dank des praktischen Blitzschuhadapters und 4/3-Gewindes unkompliziert und sicher auf einem Kamerastativ befestigen.
Aufnahmen ließen sich schnell und problemlos aktivieren, wobei die Apps nicht nur für Einsteiger eine praktische Hilfe sind. So ist die Stimm-App übersichtlich gehalten und bildet mit gut erkennbarer Anzeige in Form eines grünen Kreises den Pegel gut ab. Mittels Fingertipp auf die Kreismitte ließen sich Pegelanpassungen schnell durchführen und die Aufnahme entsprechend schnell beginnen. Die Musik-App bildet sowohl Eingangssignale als auch Effekte ab. So waren linksseitig Eingangssignale wie Gitarre, Klavier oder Trompete in Form von Presets mit entsprechend voreingestellten Effekten wie EQ und Kompressor zur schnellen Einrichtung auswählbar. Rechtsseitig ließ sich der Effektanteil - beispielsweise vom Hall - pro Aufnahme einstellen. So waren Mehrspuraufnahmen wahlweise mit Hallanteil schnell umsetzbar.
Praktisch war auch die Konfiguration eigener Parametereinstellungen für Eingangssignale mit bis zu drei unterschiedlichen Presets. Einmal gespeichert ließen sich diese komfortabel im Launcher durch simples Antippen aufrufen. Die Bluetooth-Verbindung mittels des zur Verfügung gestellten Dongles AK-BT1 gelang mit unserem Android-Smartphone Samsung S10 erst nach mehrfachen Scan-Anläufen mit der im Google Play Store kostenlos heruntergeladener Portacapture Tascam App. Befremdlich war hierbei die Notwendigkeit, den GPS-Standort-Datendienst aktivieren zu müssen, ohne die die App keine Bluetooth-Verbindung mit dem Portacapture 8X aufnehmen wollte. Ansonsten spiegelte die App die Geräte-Menüführung nebst App-Funktionalität des Geräts stabil wieder und reagierte auf Eingaben präzise und zügig im Verlauf des Tests beispielsweise bei Vogelaufnahmen mit ca. 14 m Entfernung ohne Verbindungsabbrüche.
Der eingebaute Lautsprecher war bei unserem Testgerät standardmäßig deaktiviert und ließ sich nur Software-seitig im Einstellungsmenü aktivieren. So ist eine zufällige Betätigung eines Schalters im Betrieb nicht möglich. Die Wiedergabe über den internen Lautsprecher ist mit seinen 0,4 Watt Leistung ohne Frage eine Option für bestimmte Applikationen. In der Regel empfiehlt sich eine Abhörkontrolle besser mit einem Kopfhörer. Das Audiosignal liegt ohnehin permanent am Kopfhörerausgang an und ließ sich via analogem Pegelregler in ausreichender Lautstärke leicht anpassen.
Ganz im Trend aktueller mobiler Recorder sind 32-Bit-Floatingpoint-Aufnahmen für verzerrungsfreie Aufnahmen selbst bei großen Pegelsprüngen. Auch der Portacapture X8 gab sich hierbei keine Blöße und zeichnete Schlagwerk und dynamische Sprachaufnahmen ohne Signal-Übersteuerung auf. Die integrierten Effekte wie Auto Gain, Kompressor/Limiter arbeiten selbst mit eingeschränkten Parametern effektiv. Der Halleffekt ist bei Aufnahmen wie immer Geschmackssache: die Einen nutzen den Effekt bei der Aufnahme gar nicht, die Anderen erfreuen sich an einem räumlichen Mitschnitt.
Während der Portacapture X8 auf Apple-Systemen als Audiointerface sofort erkannt wird, ist bei Windows-Systemen die Installation eines ASIO-Treibers erforderlich, wobei diese nach dem Herunterladen von der Herstellerseite schnell durchgeführt werden konnte. Interessant ist, dass das Gerät als USB-Mikrofon für Online Streamings genutzt werden kann. Die Latenz waren auf unserem Windows 10 Testrechner unter Blackmagic Davinci Resolve 18.5.1 mit 2,7 Millisekunden bei 128 Samples erfreulich gering für einen Mobil-Recorder dieser Geräteklasse.
Fazit
Mit der Portacapture-Reihe gelingt Tascam der Spagat, Mehrspuraufnahmen in hoher Qualität und simple Bedienung in einem mobilen Gerät zu vereinen. Die gebotenen Apps bieten praktische Voreinstellungen mit individueller Preset-Speicherung für aktuelle Aufnahmeformate wie Podcasts und Interviews sowie durchdachte Hilfen für Videoton durch einen externen Kameraton-Eingang (X8). Die Menüführung beschränkt sich auf das Wesentliche und alle Parameter lassen sich im kontrastreichen Touchscreen schnell und komfortabel einstellen. Ein Lob muss an dieser Stelle für die auf Deutsch online erhältliche und ausführliche Bedienungsanleitung ausgesprochen werden, die neben der reinen Funktionsbeschreibung auch grafisch verständliche Hilfen anbietet und alle wichtigen Parameter erläutert.
Funktionen wie beispielsweise Punch-In bei Mehrspuraufnahmen, automatische Pegelaussteuerung, Auflösungen von bis zu 192 kHz und 32-Bit-Wortbreiten sowie parallele Aufnahmen mit unterschiedlichen Pegeln unterstreichen die hohe Praxistauglichkeit des kompakten Geräts, dass sich sogar als USB-Audiointerface für mobile Apple- oder Windows-Systeme einsetzen lässt. Mit dem optional erhältlichen Bluetooth-Modul ist eine Fernsteuerung des Portacpapture 8X möglich, wobei die Control App kostenfrei im Apple oder Google App Store für Android und Apple IOS-Geräte herunterladbar ist.
Der Portacapture X8 kostet rund 490 Euro, der kleine Bruder X6 ist für ca. 380 Euro im Fachhandel erhältlich.