Synapse Audio The Legend HZ
Die Legende und noch viel mehr ...
Autor: Peter Kaminski
Synapse Audio hatte schon seit einiger Zeit eine bemerkenswerte Simulation einer Legende im Programm, nämlich mit "The Legend" eine Simulation des Moog Minimoogs, einer der Synthesizer-Klassiker. Auch wenn der Name nicht unmittelbar darauf schließen lässt, so tut es ein Blick auf die Bedienoberfläche und die prinzipiellen Leitungsmerkmale.
Im Laufe des Jahres 2024 hat man nun mit "The Legend HZ" eine Version vorgestellt, die über eine Minimoog-Simulation funktionell deutlich hinausgeht. Diese ist in Zusammenarbeit mit Hans Zimmer - daher auch die Initialen "HZ" - und Kevin Schroeder entstanden. Mehr dazu in einem Interview, welches auch in diesem Test zu lesen ist.
Installation und Voraussetzung
Zunächst aber zu den Basics. Das virtuelle Instrument gibt es für Windows (ab Windows 7) und macOS (ab Version 10.14) und erfordert eine 64-Bit-Host-Software. Als Plug-In-Formate stehen VST 2 , VST 3 und AAX sowie AudioUnit (nur macOS) zur Verfügung. Auch für M1- bis M3-Prozessoren ist das virtuelle Instrument bereit und für AAX ist mindestens ProTools 11 erforderlich. Auch NKS wird unterstützt.
Die Installation erfolgt über einen Installer mit dem man die einzelnen Plug-In-Typen individuell installieren kann. Wenn man das Plug-In kauft, gibt es einen Code und einen Link mit dem man auf der Synapse Audio-Web-Site einen User Account anlegen kann, über den auch die Lizenzierung erfolgt. Beim Plug-In muss man den Code nochmals eingeben. Wichtig bei dem Code ist, dass man überprüft, ob sich ggf. Leerzeichen im Code befinden. Die werden nach dem Copy/Paste zwar im Plug-In nicht angezeigt aber (zumindest in unserer Testversion) berücksichtigt und dann kann die Lizenzierung scheitern. Also am besten ggf. erst mal den Code in ein Texteditor kopieren, die Leerzeichen entfernen und dann im Installations- und Lizenzierungsprozess verwenden.
Bedienung
Die Bedienoberfläche ist auf zwei Seiten verteilt, die über ein Icon oben rechts umschaltbar sind. Der untere Bereich für die Modulationsmatrix und Sequenzer bleibt davon unberührt und ist auf beiden Seiten sichtbar.
Die Einstellung der Größe ist sowohl über ein Menü in Stufen möglich als auch stufenlos mit der Maus. Globale Helligkeit, virtuelle LED-Intensität sowie der Hintergrund sind über Regler einstellbar (s. Abb. oben).
Oben lässt sich ein Preset über ein Menü anwählen, wobei die Presets hier nach Kategorien aufgeteilt sind (s. Abb. oben).
Komfortabler geht es über den integrierten Preset Browser, quasi die dritte Bedienseite, bei dem man nach Soundbanks und weiteren Kategoriebeschreibungen suche kann.
Oben links sind dann Pitch Bend und Modulation Wheel virtualisiert. Unter Control kann man Glide einstellen sowie den Pegel zwischen Oszillator 3 Wellenform-Ausgang und Rauschen - so wie beim Vorbild auch.
Und schon jetzt kommen wir zu einem wesentlichen Unterschied zum Vorbild. Links sieht noch alles Original aus aber statt drei hat die Version The Legend HZ nun erfreulicherweise sechs Oszillatoren. Die Oszillatoren 1 bis 3 sind also funktionell zweimal vorhanden. Bei den Oszillatoren 3 und 6 lässt sich das Keyboard-Tracking ausschalten. Bei den Wellenformen ist "Sharktooth" gegenüber dem Vorbild noch hinzugekommen - eine Mischung aus Sägezahn beim ansteigenden und einem Dreieckwellenform beim abfallenden Verlauf.
Entsprechend aufgebohrt ist dann auch der Mixer mit sechs Reglern für die Oszillatoren und dem Rauschgenerator (White/Pink Noise). Es gibt einen Drive-Regler um bewusst Sättigungsverhalten zu provozieren und einen Feedback-Regler der den Ausgang wieder über einen ABschwächer auf den Eingang führt.
Beim Filter lassen sich entgegen dem Original auch die Filtersteilheit (12 oder 24 dB/Okt.) sowie der Filtertyp wählen (Tiefpass/Hochpass) und die Hüllkurvengeneratoren bieten ein vierphasige ADSR.
In der Sektion OUTPUT lassen sich diverse Polyphonie-Betriebsarten einstellen, von MONO über UNISON (vier Stimmen werden gleichzeitig ausgelöst) bis hin zu Polyphonie mit vier, acht oder zwölf Stimmen. Mit DETUNE lassen sich die Stimmen gegeneinander verstimmen und mit SPREAD kann man die Stimmen mehr oder weniger auf die beiden Stereoausgänge verteilen.
The Legend HZ bietet vier zusätzliche grafische Hüllkurven (MSEG - Multiple Segment Envelope Generators), deren Verlaufsform man mit der Maus anpassen kann und zudem gibt es verschiedene Trigger-Modi wie: Note on, Note off, Loop. Key on und Trigger. Letzerer Mode ist erklärungsbedürftig denn der Generator startet in dem Fall nur wenn auch Modulationsdaten von der Modulationsquelle empfangen werden., Als Beispiel: bei Aftertouch als Modulationsquelle startet der Generator erst wenn auch MIDI-Daten vom Controller eingehen. Für jeden der vier MSEG lässt sich eine individuelle Synchronisation mit dem DAW-Host-Tempo aktivieren.
Im unteren Bereich lässt sich die Modulationsmatrix bedienen. Hier lassen sich zwölf Modulationsquellen auf Modulationsziele aufschalten und im Modulationsindex variieren. Über das Icon DESTINATION kann man Modulationsziele auch mit der Maus verknüpfen.
Das waren soweit die Basiseinstellungen. Auf der zweiten Bedienseite der GUI - Rear Panel genannt - geht aber noch mehr.
Hier lassen sich verschiedene Sync/Trigger-Modi einstellen sowie zwei verschiedene Model-Revisionen mit leicht unterschiedlichen Oszillator- und Filter-Toleranzen. Dazu noch Grob- und Feinstimmung, Pitchbend-Bereichsgrenzen (bis +/- sieben Halbtöne) sowie drei Parameter für den MIDI Polyphonic Expression-Betrieb denn The Legend HZ unterstützt auch MPE.
Unter MODULATION kann der Anwender den Modulations-Wheel-Bereich einschränken, die Wirkung des Wheels auf die Filterfrequenz anpassen und stufenlos zwischen einem linearen und exponentiellen Ansprechverhalten des Wheels wechseln. Auch das Keyboard-Tracking lässt sich zu höheren oder niedrigeren Frequenzen hin in der Linearität verschieben. Mit DRIFT hat man noch eine einstellbare Zufallsgröße und mit dem Schalter "Oszillator 3 Low-Sync" kann man diesen mit dem DAW-Host-Tempo synchronisieren.
In der Sektion OSCILLATORS lassen sich die Phasen-Startpunkt einstellen von frei bis zu einem fixen einstellbaren Wert. Bei FILTER kann der Anwender Grenzfrequenz und Resonanzpunkt sowie die Filtersymmetrie, mit der man den nicht-harmonischen Anteil an Oberwellen stufenlos einstellen kann. Zum Abschluss bietet die Sektion AMP noch eine einstellbare Sättigungsstufe.
Ja und dann gibt es noch ein Schmankerl aus dem 5 HU Moog-Modularsystem, nämlich eine virtuelle Moog 914 Filterbank mit zwölf Bandpassfiltern sowie einem Tief- und einem Hochpassfilter. Mit den Reglern lassen sich die entsprechenden Filterbänder anheben oder abschwächen.
Und auch Effekte sind in dem The Legend HZ direkt integriert wie ein Phaser, Chorus, Hall, Delay mit einstellbarer Bandsättigung und justierbare Tonhöhenschwankung (Wow) sowie einem klassischen Kompressor mit zweistufiger Zeitkonstanten-Einstellung, Einsatzschwellwert und Kompressionsverhältnis sowie einer Gain-Reduction-Bargraf-Anzeige.
Der untere Bereich lässt siuch übrigens von der Modulationsmatrix auch noch auf eine Arpeggiator/Sequenzer-Seite umschalten. Hier wird ein 32-Step-Sequenzer geboten, wobei auch schon 20 Werks-Pattern abrufbar sind. Es gibt auch ein MIDI-Modus wo man Standard-MIDI-Dateien für die Patterns laden kann. Anzahl der Steps, Oktavnutzung, Geschwindigkeit bzw. Host-Sync, relative Gate-Zeit sowie Swing-Parameter lassen sich für ein Pattern einstellen. Neben der Velocity hat man pro Step lassen sich auch noch vier Modulationsparameterwerte einstellen, die in der Modulationsmatrix als Quellen bereitstehen.
Der Arpeggiator/Sequenzer bietet zwölf verschiedene Betriebsarten (s. Abb. oben).
Interview
Wir hatten noch die Gelegenheit mit Kevin Schroeder zu sprechen, der an der Entwicklung beteiligt war und auch als Synthesizer Sound Designer tätig ist.
proaudio.de: Vielleicht ein paar Worte zu Synapse Audio und seinen Mitstreiter.
Kevin Schroeder: Synapse Audio macht VST-Plug-ins für alle gängigen DAWs, sowie Rack Extensions für ReasonStudios Reason. Derzeit besteht Synapse Audio im Kern aus drei Personen, neben dem Gründer Richard Hoffmann bin ich und der Software-Entwickler Marcin Lezak mit an Bord. Dazu kommen noch weitere Sound Designer, Beta-Tester sowie freiberufliche Mitarbeiter, die hier und dort an Projekten mitarbeiten. Bekannt sind von Synapse Audio neben den Analog-Emulationen "The Legend" und "Obsession" vor allem der Synthesizer "DUNE 3", der gern von Produzenten im EDM-Bereich eingesetzt wird, aber auch im filmischen Bereich.
proaudio.de: Es gab ja schon den The Legend als virtuelles Instrument von Synapse Audio. Hattest Du da auch schon an der Konzeption mitgearbeitet?
Kevin Schroeder: Für The Legend 2016 habe ich viele Factory Sounds programmiert, unter anderem auch ein zusätzliches Sound Set namens ,,Modern Analog", außerdem habe ich ein Vergleichsvideo zwischen dem originalen Minimoog, den ich mir von Hans ausgeliehen hatte, und dem The Legend gemacht.
proaudio.de: Wie kam es denn nun zum Update und der Zusammenarbeit mit Hans Zimmer?
Kevin Schroeder: Ich habe Hans Zimmer über Facebook kennengelernt. Irgendwann hat er meine Beiträge über meine Arbeit geliked. Eines Tages fragte er mich, ob ich nicht Lust hätte, ein paar Sounds für Wonder Woman 1984 zu machen. Also flog ich 2019 zu ihm nach Los Angeles und dann folgten die nächsten Filme, Top Gun Maverick, Dune Part 1 und James Bond 007.
Als Hans damals von The Legend hörte, war er total begeistert. Hans nahm Kontakt zu Synapse Audio auf. Hans hatte schnell die Idee, dass sechs Oszillatoren auch etwas Tolles wären und dazu noch eine Filterbank. Ich fügte hinzu, dass wir auch einen Sequenzer und MSEGs und eine größere Modulations-Matrix einbauen könnten. Richard Hoffmann von Synapse Audio war von der Idee begeistert und machte sich an die Arbeit. Auch die Effektsektion wurde verbessert. Am Ende entstand so "The Legend HZ".
proaudio.de: Was war Euch denn sonst noch besonders wichtig bei The Legend HZ?
Kevin Schroeder: Wichtig war uns, den Monster-Sound des alten The Legend zu verdoppeln. Das ist uns mit den drei zusätzlichen Oszillatoren sehr gut gelungen. Auch die Filterbank ist dem Original sehr ähnlich. Beim Sequenzer war uns wichtig, dass er vielseitiger ist als andere Sequenzer. Das ist uns mit den vier ARP-Parametern gut gelungen. Man kann sozusagen diese ARP-Parameter mit allen Reglern verknüpfen und sogar die Oszillatoren unabhängig voneinander eine Melodie spielen lassen.
proaudio.de: Ist The Legend HZ auch bei Produktionen von Hans Zimmer schon im Einsatz gewesen?
Kevin Schroeder: The Legend HZ wurde bereits mehrfach eingesetzt, unter anderem in Dune Part 1 und Dune Part 2, Top Gun Maverick, James Bond 007 und The Creator. Wir haben The Legend HZ also lange vor der Veröffentlichung ausgiebig getestet und eingesetzt.
Praxis
Getestet haben wir das virtuelle Instrument The Lengend HZ auf einer AudioKern B14 Workstation von D.A.S. unter Windows 11 Betriebssystem mit Steinberg Nuendo 13 als Host-Applikation. Die Prozessor-Last liegt im Maximum bei der Performance-Anzeige im Nuendo bei ca. 25 Prozent im Poly 12-Modus mit Effekten und Vierton-Akkorden. Viel höher kriegt man die Auslastung auch nicht. Über 30 Prozent haben wir es nicht geschafft.
Ich muss sagen, dass ich mich mit der Vorgängerversion "The Legend" vorher gar nicht beschäftigt hatte. Der Unterschied ist aber schon deutlich. Es sind nicht nur die doppelte Anzahl an Oszillatoren, sondern auch viele weitere Funktionen hinzugekommen. Die Modi POLY-8 und POLY-12 gab es beim The Legend HZ-Vorgänger auch nicht. Weiter sind MSEG, die Effekte Phaser und Chorus neu sowie auch der Kompressor und vor allem der Arpeggiator/-Step-Sequenzer und die flexible Modulationsmatrix. Das Ganze ist doch bezogen auf den Vorgänger eher ein ausgewachsenes Upgrade als ein kosmetisches Update.
Klanglich kommt man dem Mini Moog schon sehr nah. Ich bezweifele ob man im Blindtest einen Unterschied hören würde. Die Sound Engine mit achtfachem Oversampling macht hier einen guten Job bei gleichzeitig noch akzeptabler CPU-Resourcen-Nutzung.
The Legend HZ ist aber keinesfalls einfach nur eine Simulation eines Minimoog, sondern vielmehr eine virtuelle Erweitung des Minimoog um eine ganze Palette von Funktionen. Klanglich sei da zum Beispiel die 914-Filterbank zu erwähnen, die dem einen oder anderen Sound erst den letzten Schliff gibt. Auch der Sequenzer ist eine hilfreiche Erweiterung. Der The Legenz HZ geht da schon Funktionell mehr in Richtung Moog-Modularsystem. Durch die Modulationsmatrix und die MSEGs ist man da ohne Patchkabel schon sehr flexibel in den Möglichkeiten. Beim Sequenzer würde ich mir für ein Update vielleicht noch ein Ratcheting wünschen, um auch alle Berlin School Ambient Nerds zufriedenzustellen.
Die über 200 werkseitigen Presets sind weit gestreut und von kräftigen monophonen Solo- und Bass-Sounds bis zu polyphonen Soundteppichen. Wenn man die Presets so hört, dann muss man auch sagen, dass The Legend HZ schon seine Wurzeln beim Minimoog hat aber klanglich auch in ganz andere Regionen vorstößt.
Fazit
Der Preis für The Legend HZ beträgt 179 US$ und ist direkt über die Web-Site von Synapse Audio erhältlich. Das ist absolut angemessen. The Legend HZ bietet gegenüber dem Vorgänger deutlich mehr Funktionalität - ein riesen Schritt. Klanglich liegt der The Legend HZ in Bezug auf Minimoog-Sound-Simulationen ganz weit vorne aber eigentlich ist das schon banalste am Instrument denn erst in Zusammenhang mit den vielen Funktionen die über die des Minimoog hinausgehen wird The Legend HZ interessant. Man merkt deutlich schon die Beeinflussung durch die Moog-Modularsysteme. Klanglich geht es in diese Richtung und dann auch noch Polyphon mit bis zu 12 Stimmen. The Legend HZ ist schon ein gewaltiges Instrument, was aber von der Bedienoberfläche leicht zu beherrschen ist.