SSL 611EQ - 500er Equalizer-Modul
Parametrischer Vierband-Equalizer für das API-500-System
Autor: Holger Claßen | Fotos: Peter Kaminski
SSL hat in den letzten 20 Jahren den Weg weg von der monolithischen Großkonsole und hin zu kleineren Geräten beschritten. Damit hat man sich auch für neue Zielgruppen attraktiver gemacht. Ein guter Schritt war hier sicherlich die Öffnung hin zum doch recht populären API 500 Format. Das API 500 System ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, sich gezielt spezielle Funktionsgruppen ins Studio zu holen. Zur aktuellen SSL 500er-Reihe gehören unter anderem der hier beschriebene EQ, ein Preamp, ein Dynamikmodul sowie der legendäre Bus-Kompressor.
Auf dem Lieferkarton schreibt SSL recht selbstbewusst von der unsterblichen SSL 4000 E Schaltung. Sie liegen hier wohl nicht ganz falsch denn die Pop-Hits der 80er und 90er gingen wohl alle durch SSL EQs. Wir schauen uns hier den SSL 611EQ im 500er-Format einmal genauer an.
Das Modul
Das Modul ist größtenteils mit SMD-Komponenten bestückt, hier und da werden Hochvolt-Kondensatoren in Durchstecktechnik verwendet. Die unten an der Platine vorhandenen Steckkontakte sind zur Verwendung in SSL-eigenen Umgebungen gedacht, sie sind nicht zum API- System kompatibel, stören hier aber auch nicht. Das Modul ist offen, also nicht mit einem vollständig umschließenden Gehäuse versehen.
Der Nominalpegel wird für Input und Output mit 4 dBu angegeben. Man sollte also nicht mit brachial hohen Pegeln in den EQ gehen und dann noch kräftig anhebt. Irgendwann ist einfach aufgrund der Format-bedingten Versorgungsspannung der 500er-Module Schluss.
Die Verarbeitungsqualität des Moduls ist hoch. Als Beispiel: die Potentiometer sind mit geschwärzten/brünierten Schlitzmuttern anstatt den üblichen Sechskantmuttern verschraubt. Keine Poti-Achse hat Spiel und alles macht einen wertigen Eindruck.
Bedienung
Insgesamt sind zehn Potentiometer und vier Schalter auf der recht kleinen Oberfläche untergebracht. Es gibt insgesamt vier Frequenzbänder, Low, Low Mid, Hi Mid und High. Allen Frequenzbändern ist eigen, dass die Knöpfe für die Anhebung, beziehungsweise Absenkung, zwar mit „dB“ gekennzeichnet sind, auf die Angabe eines Zahlenwertes jedoch verzichtet wurde. Dieses ist der Tatsache geschuldet, dass der EQ zwei Modi kennt, den Default-Modus „Brown“ sowie den Modus „Black“, der mittels eines kleinen Schalters in der Mitte des Gerätes aktiviert wird. In den jeweiligen Modi gibt es unterschiedliche maximale Verstärkungs- und Absenkungswerte.
Der Regelbereich beträgt im Brown-Modus +/-15 dB, im Black-Modus +/-18 dB. Die Angaben konnten wir durch Messungen bestätigen. Das obere, semiparametrische Frequenzband, deckt den Bereich zwischen 1,5 und 16 kHz ab. Ein mit „Bell“ beschrifteter Schalter schaltet die Filtercharakteristik von Kuhschwanz auf Glocke um.
Der obere Mittenband geht von 600 Hz bis 7 kHz. Wie auch das untere Mittenband hat dieses Frequenzband einen Güte-Regler (Q), der die Regelung zwischen schmal- und breitbandigem Ansatz stufenlos ermöglicht, diese Bänder sind also vollparametrisch. Das untere Mittenband hat den Regelbereich zwischen 200 Hz und 2,5 kHz. Der LF-Bereich ist zwischen 30 Hz und 450 Hz einstellbar. Auch hier ist, wie im HF-Bereich, eine Umschaltung zwischen Glocke und Kuhschwanz möglich.
Praxis
Die Knöpfe im klassischen SSL-Look mit einem Durchmesser von acht Millimeter sind recht fummelig zu bedienen. Eine An/Aus-Status-LED ist leider nicht vorhanden, man kann aus der Entfernung nicht erkennen, ob der EQ aktiv ist.
Die Beschriftung der Frequenzen der einzelnen Bänder weicht ein wenig von dem tatsächlichen Arbeitspunkt ab. Bei verschiedenen Messungen wurde die auf der Frontplatte angegebene Frequenz nicht getroffen. Dieses ist aber allen durchstimmbaren parametrischen Equalizern eigen und sollte nicht überbewertet werden. Im Beispiel (Abb. unten) 300 Hz laut Frontplatte, maximale Absenkung bei schmaler Filtergüte:
Hier liegt der maximale Absenkungspunkt eher bei 180 Hz, beide Modi bearbeiten aber die annähernd gleiche Frequenz. Man sollte also beim Einsatz doch eher den Ohren vertrauen, die Frequenzangaben auf der Frontplatte sind nur Näherungswerte.
In den Mittenbändern gibt es zwischen Black- und Brown-Modus Unterschiede. Exemplarisch hier das HiMid-Band (s. Abb. unten). Laut Frontplatten-Beschriftung, 6 KHz, narrow, maximale Absenkung.
Hier liegt die maximale Absenkung bei der Brown-Schaltung bei ca. 5,5 KHz, die Black-Schaltung senkt bei ca. 7 KHz maximal ab. Der Punkt maximaler Absenkung und auch Anhebung von Black und Brown ist in den beiden Mittenbändern also nicht gleich.
Der EQ macht eigentlich alles richtig. Es ist ein Arbeitstier im besten Sinne. Ob Stimmen oder Bass Drum, man kann eigentlich alle Signale ausgezeichnet damit bearbeiten. Der EQ wurde mit den üblichen Monosignalen getestet: Bass, Kick, Snare, Vocals. Ich konnte mit dem EQ schnell zu guten Ergebnissen kommen, etwas, was mir mit Software-EQs nicht so schnell gelingt. Der EQ funktioniert über weite Bereiche sehr schön, irgendwann ist es natürlich zu viel, insbesondere bei der Anhebung von bestimmten Frequenzen. Es gibt passive induktivitätsbasierte (Röhren)EQs, die schmeichlerischer arbeiten, insbesondere auf Stimmen. Aber der SSL schlägt sich sehr gut.
Die Umschaltmöglichkeit zwischen Black- und Brown-Modus ist prima, Black greift eben etwas schmalbandiger, aber dafür kräftiger zu. Die leichte Frequenzverschiebung zwischen den beiden Modi kann manchmal irritieren. Ich hatte eine Kick im Brown-Modus schön „schmatzend“ eingestellt, beim Umschalten auf den Black-Modus konnte ich eigentlich noch mal anfangen. Gut, ist zwar ein Spezialfall aber nicht praxisfremd. Beim Umschalten der beiden Modi ist leider ein Schaltgeräusch zu vernehmen. Der In/Out-Schalter arbeitet dagegen geräuschlos.
Fazit
Man kann mit diesem EQ korrigierend, aber eben auch drastisch in das Audiomaterial eingreifen. Nichts macht er schlecht, das meiste sogar sehr gut. Im Vergleich mit einem deutlich günstigeren parametrischen EQ in meinem Rack waren die Unterschiede schnell klar. Der SSL 611EQ spielt ziemlich weit oben mit und hat ein eigenes Standing.
An SSLs Eigenwerbung von der „unsterblichen Schaltung“ ist schon was dran. Er ist und bleibt ein Universal-Konsolen-EQ mit Geschichte. Wer schon ein API 500er-Rack hat und noch einen wirklich vielseitig einsetzbaren parametrischen EQ sucht, sollte den SSL 611EQ unbedingt ausprobieren.
Der Preis des 611EQ 500er-Moduls liegt laut dem deutschen Vertrieb Audio Pro Heilbronnn bei etwas unter 1.000 Euro.