SPL Crecendo Duo
Autor Andrew Levine | Fotos: Peter Kaminski, Andrew Levine (1)
2018 hatte ich die Gelegenheit das erste Seriengerät des SPL Crescendo, eines achtkanaligen Mikrofonvorverstärker mit der 120-Volt-Technologie, einzusetzen und nun konnte ich mich auch mit der zweikanaligen Variante, dem, Crescendo Duo, beschäftigen und in der Praxis testen.
Konzept
Die Idee hinter der 120-V-Technologie ist es, mittels der eigens von SPL entwickelten SUPRA-Verstärker-Modulen, die gegenüber den besten diskreten Operationsverstärkern mit der doppelten Betriebsspannung, bzw. dem vierfachen von IC-basierten Halbleiter-Operationsverstärkern arbeiten, den Klang möglichst transparent zu übertragen. Das macht sich in einem Zuwachs an Dynamikumfang, Rauschabstand und Übersteuerungsfestigkeit bemerkbar. Mühelos werden die feinsten Details aufgezeichnet, was bei den klanglich anspruchsvollen Projekten unerlässlich ist.
Zunächst ein Blick in das aufgeräumte Innenleben. Auf einer speziell für den Crescendo Duo entwickelten Platine sind rechts die Spannungsversorgung und links die beiden komplett eigenständigen Ein- und Ausgangskanäle zu sehen. Ich hatte erwartet mehrere Boards vorzufinden, so wie im achtkanaligen Crescendo, wo jeder Kanal in einem Steckplatz auf der Hauptplatine sitzt. Im Gespräch mit Wolfgang Neumann wurde mir klar, dass diese Lösung produktionstechnisch vorzuziehen ist. Ein eher Qualitäts-kompromissloser Ansatz.
Eine Frage ist auch, warum der Trafo des Netzteils sich nicht wie bei der großen Schwester hinter einer zusätzlichen Mu-Metall-Trennscheibe versteckt. Zum einen ist der Trafo selber geschirmt, zum anderen sitzt er beim Crescendo Duo weit genug von den potentiell durch elektromagnetische Einstreuungen gefährdeten Ein- und Ausgängen entfernt. Senkrecht montiert ist er aus Platzgründen.
Die beiden hintereinander montierten kleinen Platine sind zwei SUPRA Opamps. Eine dahinterliegende doppelt so lange Platine enthält eine aufwändig aufgebaute Schaltung zur elektronischen Symmetrierung.
Auf der Gehäuserückseite finden sich neben Kaltgerätebuchse und Netzschalter pro Kanal je ein Eingang als XLR-Buchse sowie zwei parallel geschaltete Line-Ausgänge als XLR-Stecker. Sehr praktisch für ein Backup. Die Einmgangsimpedanz beträgt zehn Kiloohm und die Ausgangsimpedanz 75 Ohm. Der maximale Ausgangspegel kann bis zu 32,5 dBu betragen. Die 48-Volt-Phantomspeisung liefert einen Strom von bis zu 35 mA pro Kanal.
Per Druckknopf lässt sich der Ground-Lift aktivieren, um Brummschleifen zu vermeiden. Im Studiobetrieb wird man dies in der Regel nicht nutzen aber für den portablen Betrieb wichtig. Der Crescendo Duo wird übrigens mit 19’’-Rack-Winkeln und einem Kaltgeräte-Netzkabel geliefert.
Bedienung
Der Crescendo Duo verfügt über zwei Kanäle mit bis zu 70 dB Gain Verstärkung und zwei Ausgänge pro Kanal, deren Gain über den zuschaltbaren "Output"-Schalter unabhängig vom Eingangspegel um 10 dB angehoben, bzw. abgesenkt werden kann. So kann der Rest der Kette mit einem optimalen Pegel versorgt werden. Der große Drehknopf ist gerastert und schaltet intern die Verstärkung um zunehmend größere Beträge, von +1 über +4 bis hin zu +7 dB. Der Ausgangspegel-Regler ist stufenlos.
Neben der für jeden Kanal unabhängig zuschaltbare 48-Volt-Phantomspeisung ist eine Umkehrung der Polarität, eine Abschwächung (PAD) um 20 dB und ein 100-Hz-Hochpass-Filter schaltbar. Die Kontrolle der beiden Eingangspegels erfolgt mittels zweier großer und beleuchteter VU-Meter, deren Eingangspegel sich optional um -10 dB abschwächen lässt. Eine Schraube unter den VU-Metern erlaubt deren Kalibrierung.
Praxis
Vorab, der Crescendo Duo ist kein Fliegengewicht. Ich hatte mir für den großen Bruder schon ein Roll-Case besorgt und das kam auch jetzt zum Einsatz. Mit drei Höheneinheiten ist die Front mit den gut ablesbaren VU-Metern und griffigen Drehreglern auch eher im Studio als “On the Road” zu Hause, andererseits hat man sich einmal an die Transparenz des Klangs gewöhnt verzichtet man ungern auch im mobilen Betrieb darauf.
Ich hatte mich bei meinem ersten Job mit dem Crescendo an die Pegelkontrolle gewöhnt. VU ist schon etwas ganz anderes als Peak-Metering, aber wenn satte Klangereignisse vor den Mikrofonen stattfinden durchaus reizvoll.
Mit dem achtkanaligen Crecendo hatte ich schon einige Zeit Praxiserfahrung. Der erste Einsatz des kleinen Bruder Crecendo Duo fand bei einem Streaming-Konzert in Berlin statt. Mit “box full of waves” habe ich ein Konzertprogramm mit Duos und Trios neuer, improvisierter Musik ins Leben gerufen, und die ersten beiden Veranstaltungen fanden Ende April im Berliner Club “World Wide Window” statt.
Am 28. und 29. April 2020 fanden die beiden letzten Konzerte in der kultigen Location statt. Neben meiner Arbeit als Tonmeister spielte ich auch selber im Duo mit Theremin/Synth und Haken Audio Continuum Fingerboard. Am Dienstag-Abend mit dem Posaunisten Davide Piersanti und am Mittwoch-Abend mit dem Tubaspieler Jack Adler-McKean.
Die Mikrofonierung war puristisch. Ein AB-Paar von United Minorities Browny Mikrofonen, entwickelt und gefertigt von Attila Czirja’k war für das Gesamtpanorama inkl. Raumklang zuständig. Das fütterte den Crescendo Duo. Als AD-Wandler fungierten ein Metric Halo ULN-8 und 2882 parallel. Die Option mittels des Crescendo Duo zwei Geräte zu versorgen war hierbei sehr hilfreich. Die Line-Signale schleifte ich per Send von der ULN-8 in die 2882 durch.
Wie zu erwarten lieferte mir der Crescendo Duo eine wunderbar transparente Abbildung der akustischen Ereignisse. Die Brownies haben nur minimales Eigenrauschen, denen von seitens des Mic-Preamps auch nichts hinzugefügt wurde, so dass wirklich nur der reine Klang auf die Platte kam.
Bei Interesse können natürlich beide Sets bei YouTube angesehen und -gehört werden:
Messungen
Die technischen Daten können sich sehen lassen. Der Frequenzgang von 20 Hz bis 70 kHz mit einer maximalen Abweichung von -3 dB, ein E.I.N. von 131,2 dB bei 63 dB Gain und einer Last von 150 Ohm sowie einer THD von 0,001 % bei 63 dB Gain. Das Rauschen FFT liegt dort bei -97 dBu. Es gab auch die Möglichkeit zu Messungen des Testgerätes. Wir möchten hier die wichtigsten Messungen aufzeigen um die Herstellerangaben zu präzisieren.
Eine solch lineare Verstärkung über alle Frequenzen von 20 Hz bis 60 kHz mit nur minimalem Abfall unter 1 dB habe ich selten gesehen.
Die Betätigung des Hochpass führt zu einer Absenkung, -3 dB bei 100 Hz (s. Abb. oben).
Hier noch der Plot des THD+N - ebenfalls mustergültig (s. Abb. oben).
Rauschen auf diesem niedrigen Niveau sieht man gerne und hört man nicht (s. Abb. oben FFT-Analyse).
Fazit
Wenn ich nicht schon einen Crescendo mein Eigen nennen würde, könnte es gut der Crescendo Duo sein. Andererseits, wenn ich schon mit einem Rollkoffer losziehe, dann habe ich gerne acht Kanäle dieser Qualität dabei. Meiner Ansicht nach ist er eine sehr gute Option für Produzenten die auf der Suche nach einem oder zwei Kanälen mit optimaler Vorverstärkung mit höchsten Ansprüchen sind. “Wire with Gain” in seiner reinsten Form.
Für ca. 2.000 Euro ist der Crescendo Duo entweder direkt bei SPL oder bei jedem gut sortierten Fachhändler zu bestellen. Ich empfehle ihn sich nur anzuhören, wenn man das Budget fest einkalkuliert hat, denn das Zurücksenden wird einem das Herz brechen.