Sony C-100 Hi-Resolution Studio-Mikrofon mit Doppelmembrankapsel

Autor: Peter Kaminski | Fotos: Peter Kaminski u. Archiv

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Es gibt sicherlich einige Tonschaffende, die Sony nicht unbedingt mit Studio-Mikrofone in Verbindung bringt, aber es ist so, dass Sony viele Jahrzehnte Erfahrung mit Mikrofonen hat. Eines der ersten Mikrofone mit dem Sony Furore machte war in den fünfziger Jahren das C37A Röhrenmikrofon mit mechanischer Umschaltung der Richtcharakteristik. Legendär ist sicherlich das in USA beliebte C-800G Großmembran-Röhrenmikrofon, das das Know-How von Sony auf dem Gebiet der Mikrofontechnik eindrucksvoll darbietet. Da es aber nicht den RoHS-Bestimmungen entspricht, findet man es in Europa eher selten. Sicherlich dürfte auch der Preis von ca. 10.000 Euro die Verbreitung des Mikrofons im Markt etwas einschränken.

Sony hat aber schon immer im Bereich High-End-Audio mitgespielt. Ein Beispiel ist sicherlich das Sony Oxford OXF-R3 Digital-Konsole. Sony Music hat mit anderen Firmen der Musikindustrie eine Hi-Res Audio Allianz gegründet. Auf der Web-Site von Sony gibt es eine ganze Reihe von Titeln, die in Hi-Res Audio verfügbar sind. Mit Hi-Res - also hohe Auflösung - meint man einmal die Abtastung bei der Aufnahme mit einer hohen Wortbreite und einer hohen Abtastrate mit 96 kHz und mehr. Letzteres erfordert bei den Mikrofonen auch einen großen Übertragungsbereich und schon sind wir beim eigentlichen Thema, den Hi-Res Audio Mikrofonen von Sony.

Konzept

Das Sony C-100 Mikrofon bietet vom Kapselkonzept her eine Besonderheit, denn es kommen zwei übereinander angeordnete Kapseln zum Einsatz (s. Abb. unten). Die unterste Kapsel mit 25 mm Durchmesser ist eine klassische Kondensator-Doppelmembrankapsel mit umschaltbarer Richtcharakteristik. Eine zweite Kapsel mit einem Durchmesser von 17 mm ist eine Back-Elektretkapsel für die Aufnahme sehr hohen Frequenzen. Die Kapseln sind parallel geschaltet. Die Summe der Frequenzgänge der einzelnen Kapseln sorgen also für den Gesamtübertragungsbereich von 20 Hz bis 50 kHz. Mikrofone mit einem größeren Übertragungsbereich gibt es auch einige andere aber keines dieser Mikrofone nutzt zwei Kapseln.

C 100 capsules

Der Übergang der Einzelübertragungsbereiche zwischen den Kondensator und Elektret-Kapsel liegt bei ca. 25 kHz, also schon außerhalb des Wahrnehmungsbereichs des menschlichen Gehörs. Auf den Punkt der Wahrnehmung kommen wir noch einmal später zu sprechen.

Technik

Bei der mechanische Konstruktion und Ausführung des C-100 hat in vielen Punkten das schon zuvor erwähnte C-800G Pate gestanden, besonders beim Konzept der akustischen Entkopplung von Kapsel und Gehäuse. Auch optisch sind die Ähnlichkeiten nicht zu übersehen.

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Vorne (s. Abb. oben) bietet das C-100 die Umschaltung zwischen den drei Richtcharakteristiken Kugel, Niere und Acht. Auf der Gegenseite (s. Abb. unten) lässt sich ein 10-dB-Dämpfungsglied sowie ein Hochpassfilter mit einer Grenzfrequenz von 70 Hz zuschalten.

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Das Mikrofon wird über 48-Volt-Phantomspeisung gespeist (Betriebsstrom <4,5 mA). Am unteren Ende ist eine üblicher XLR-3-M-Buchse verbaut. Die Ausgangsimpedanz beträgt 90 Ohm. Die sonstigen technischen Daten sind abhängig von der gewählten Richtcharakteristik Der maximale Schalldruck (@ 1 kHz, 1 % THD) beträgt daher 132 dB SPL (Niere) bis 136 dB SPL (Acht) und der Dynamikumfang 113 dB (Niere), bzw. 114 dB (Kugel und Acht).

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Das Mikrofon wird in einem Kunststoff-Transportkoffer geliefert und zwar mit einer elastischen Mikrofonaufhängung (s. Abb. unten), einem Adapter 3/8 auf 5/8 Zoll und einem Windschutz.

C 100 spinne

Zur Mikrofonaufhängung muss man sagen, dass wir auf den Aufnahmen im Studio noch eine Prototypvariante sehen, die sich leicht von dem Serienmuster, was in der Abbildung oben zu sehen ist, unterscheidet.

Praxis

Getestet haben wir das Mikrofon unter anderem im Studio The Marmelade in Hamburg, wo uns wieder Herbert Böhme (s. Foto unten) tatkräftig unterstützte. Wir haben das C-100 im Wesentlichen mit Gesang/Stimme und akustischer Gitarre getestet. 

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Das C-100 hinterlässt schon beim ersten Hören einen bleibenden Eindruck, denn es kling definitiv anders als andere Mikrofone. Bei vielen Studiomikrofonen ergibt sich eine Anhebung von 2 ... 3 dB bei 8 bis 9 kHz. Jedes Mikrofon weißt im Frequenzgang eine gewisse Welligkeit auf. So auch beim C-100. Es ist aber bis 10 kHz relativ linear und die erste Anhebung liegt bei der Kugelrichtcharakteristik so bei ca. 12 kHz und eine zweite bei ca. 30 kHz. Bei Nierenrichtcharalteristik sind die beiden Anhebungen etwas unterhalb. Bei Acht rutschen sie noch weiter nach unten aber fallen auch weniger stark aus und die erste Anhebung bei 7 kHz ist sehr breit. Bei allen Richtcharakteristiken ist der Frequenzgang bei 50 kHz immer noch bei ca. 0 dB. Der Übertragungsbereich ist also von Sony mit etwas Understatement angegeben.

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Durch den hohen Übertragungsbereich werden die Transienten wirklich exzellent wiedergegeben. Gegenüber klassischen Kondensatormikrofonen mit auf ca. 20 kHz begrenzten Frequenzgang hört man einen deutlichen Unterschied und im Vergleich hat man manchmal den Eindruck, dass in den Höhen vielleicht zu viel Energie da ist aber nach etwas Eingewöhnungszeit ohne den Vergleich zu anderen klassischen Mikrofonen relativiert sich das sehr schnell.

Stimme und Gesang wirken sehr energiereich ohne eine empfundene Überhöhung der hohen Frequenzen. Gesang mit C-100 lässt sich prima in einem Mix mit einer ordentlichen Portion Durchsetzungsvermögen platzieren. Was uns auffiel war, dass die Nierenrichtcharakteristik deutlich mehr Pegel erzeugte als die Kugel oder Acht und man beim Umschalten der Richtcharakteristik den Pegel anpassen musste. Klanglich waren die drei Richtcharakteristiken aber näher zusammen als man das von klassischen Mikrofonen gewohnt ist. Auch die Aufnahme der Akustikgitarre ist beeindruckend. Jede Nuance wird mit einer unglaublichen Natürlichkeit erfasst. Wir haben bisher eher die Höhen beurteilt aber auch der Bass und die Mitten sind sehr ausgewogen und überzeugen. Insgesamt ein sehr lineares Klangverhalten.

Es gibt auch noch andere Punkte auf die man aufmerksam machen muss. So sind bei allen Richtcharakteristiken - also auch bei Kugel und Acht - beim rückwärtigen Einsprechen (also 180 Grad) Veränderungen des Pegels bei Frequenzen über 20 kHz auf einem Analyzer feststellbar. Auch akustisch ist das wahrnehmbar, wenn auch nicht so deutlich, wie man es auf einem Analyzer sieht - Dank des eingeschränkten Frequenzumfangs des menschlichen Gehörs. Besonders positiv würde ich die Klangqualität mit Nierenrichtcharakteristik beurteilen. Bei klassischen Mikrofonen muss man da zwischen Kugel und Niere größere Abstriche machen als beim Sony C-100.

Selten hat mich ein Mikrofon so überzeugt was die Wiedergabe der Transienten anging. Man spürt auch die Energie im oberen Frequenzbereich ohne das man das Gefühlt hat das dort zu viel Pegel ist. Ich würde gerne auch das Mikrofon in einem Percussion Setup mal ausprobieren. Die einzelnen Schlaginstrumente die ich aufgenommen hatte ware absolut überzeugend. Auch als Hauptmikrofon in Orchester kann ich mir das C-100 sehr gut vorstellen. Wenn man die Transienten einfangen will kommt man natürlich um die Aufnahme mit hohen Abtastraten nicht herum, am besten mit 192 kHz. Die "Knackigkeit" und Pulstreue ist nach der Aufnahme selbst bei einer Abtastratenwandlung auf niedrigere Frequenzen noch sehr gut wahrnehmbar.

Die elastische Aufhängung erfüllt auf jeden Fall ihren Zweck und das Mikrofon ist im eingebauten Zustand auch sehr unempfindlich gegenüber Körperschallübertragung. Die Haptik bei der Montage des Mikrofons ist befriedigend. Aber das ist auch schon der einziger Kritikpunkt den man überhaupt anführen kann. 

Fazit

Der Preis des C-100 liegt laut deutschen Vertrieb HL Audio bei ca. 1.523 Euro. Das ist ein absolut akzeptabler Preis für ein Mikrofon mit solchen klanglichen Eigenschaften. Wer ein Hauptmikrofon oder ein Mikrofon für Stimme und Gesang oder kritische Instrumente was die Obertonstruktur und das Transientenverhalten angeht (wie Gitarre oder Flügel) sucht, der sollte unbedingt einmal das Sony C-100 Hi-Res Audio Mikrofon ausprobieren.

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