SOMA COSMOS
Drifting Memory Station
Autor und Fotos: Peter Kaminski
Den COSMOS von SOMA Laboratory gibt es schon seit 2021 am Markt, aber ich finde, man soll nicht nur immer auf Neues schauen, denn es gibt auch genügend Produkte, die länger im Markt, aber deswegen nicht minder interessant sind. Das Wort "Looper" fällt einem zum COSMOS vielleicht als erstes ein, aber es beschreibt das Gerät nur unzureichend. Die SOMA-eigene Bezeichnung "Drifting Memory Station" definiert dessen Funktion schon besser.
SOMA Laboratory ist ja ein Hersteller, der verschiedensten elektronische Instrumenten entwickelt, die alle irgendwie organisch wirken und vor allem auch Live-tauglich sind. Immer mit einem Hauch von Experimentellem und Besonderen. Auszugweise sei hier die PULSAR-23 Drum Machine, der Lyra-8 Synthesizer oder The Pipe - ein Voice Controlled Synthesizer erwähnt. Der Entwickler Vlad Kreimer ist selber ein Elektronik-Musik-Komponist und das merkt man den Produkten auch an. SOMA wurde 2016 von Vlad Kreimer gegründet. SOMA hat russische Wurzeln, aber schon seit einiger Zeit werden die Produkte in Polen entwickelt und auch gefertigt.
Frippertronics
Zunächst wagen wir einmal einen zeitlichen Blick zurück in das letzte Jahrtausend. Robert Fripp, ein Gitarrist der unter anderem bei King Crimson konstantes Bandmitglied war und von dem Magazin Rolling Stone als einer der hundert besten Gitarristen aller Zeiten gesehen wird, experimentierte ab 1972 an einem bestimmten Effekt, den er selber "Frippertronics" nannte. Kein geringerer als Brian Eno beteiligte sich mit an den Experimenten, die mit zwei Revox A77 Tonbändern. Digital Delays oder Digitalspeicher gab es zu der Zeit ja noch nicht. Das erste Tonbandgerät zeichnete das Signal auf und das zweite gab es wieder. Das Band wurde so verlegt, dass es vom Gerät 1 abgespult und auf Gerät 2 wieder aufgespult wurde. Dadurch ergab sich ein großer Zeitversatz bei der Wiedergabe. Das verzögerte Signal wurde nun über einen Mischer neben dem vorhandenen Eingangssignal wieder auf den Eingang der ersten Bandmaschine zurückgeführt. Diese Technik kam dann auf mehreren Gitarren-Ambient-Alben mit Robert Fripp zum Einsatz und war auch ein Markenzeichen seiner Ambient-Kompositionen. Heute lässt sich dieser Workflow digital natürlich problemlos mit geringerem Aufwand und zudem flexibler realisieren.
Dieses Konzept, das ein Signal mit einer festen Verzögerungszeit gelooped wird, deren Länge also nicht Taktgebunden oder irgendwie synchron ist, findet man auch bei COSMOS in der Main Firmware. Prinzipiell findet sich das Frippertronics-Konzept auch bei einer ganzen Reihe von anderen Loppern und Effektgeräten wieder, aber beim COSMOS wurde dieses Konzept noch erweitert und zudem gibt es auch noch andere Algorithmen als die, die auf Frippertronics basieren. Das werden wir im Einzelnen noch später genauer sehen.
Anschlüsse
Schauen wir uns zunächst einmal die Hardware genauer an. Das Gehäuse des COSMOS ist aus lackiertem Stahlblech (342 x 153 x 68 mm, 2,2 kg) in Form eines Boden-Pedal-Gerätes. Man kann aber auch gut als Desktop-Gerät betreiben. Versorgt wird das Gerät mit einem externen Netzteil (12 Volt Gleichspannung, Stromaufnahme 0,25 A). Der Spannungsversorgungs-Anschluss (Hohlbuchse) befindet sich auf der Rückseite neben dem Einschalter, den es zum Glück noch gibt. Viele Bodenpedale verzichten leider darauf.
Das Gerät ist basiert auf DSP-Technik und die Abtastrate liegt bei 48 kHz. Es kommen 24-Bit-A/D- und D/A-Wandler von Cirrus Logic zum Einsatz. Die interne DSP-Berechnung erfolgt mit 32-Bit-Fließkomma-Wortbreite.
Das COSMOS ist stereophon aufgebaut und verfügt über jeweils zwei Klinkenstecker Ein- und Ausgänge. Wenn man nur ein Eingang einsteckt - also im Monobetrieb nutzt - wird das Signal dann auf beide internen Eingänge gelegt. Die minimale Eingangsspannung gibt der Hersteller mit 0,35 Vpp (ca. -16 dBu) und die maximale Ausgangsspannung mit 11,3 Vpp (ca. 14,3 dBu) an. Die Impedanz der Eingänge beträgt 50 Kiloohm.
Es gibt auch einen Kopfhörerausgang in Form einer 6,3-mm-Stereoklinkenbuchse mit maximal 10,4 Vpp Ausgangsspannung.
Über eine USB 2.0 Buchse lässt sich ein FAT32-formatierter USB-Stick anschließen, um so eine Firmware zu laden. Das muss nicht unbedingt ein Update sein, sondern es gibt vielmehr unterschiedliche Firmware-Versionen, für unterschiedliche Einsatzszenarien. Befindet sich eine Firmware-Datei im Hauptverzeichnis des eingesteckten USB-Stick, so wird es nach Drücken des Tasters RECORD und Einschalten des Gerätes geladen.
Bedienung
Nun zur Bedienung. Über den großen, zwölfstufigen Drehschalter in der Mitte, wird der Algorithmus eingestellt. Dazu aber später mehr in Details. Links und rechts oben sind Regler für Eingangsempfindlichkeit (In) und Ausgangspegel (Out). Der LED-Indikator neben dem In-Regler leuchtet in den Spitzen grün. Ist er rot, dann ist der Eingangswandler übersteuert. Die LED beim Out-Regler signalisiert ausschließlich den Betrieb des Gerätes und hat keine Pegel-Indikator-Funktion. Der Pegel in der Looper-Schleife wird über eine fünfstufige LED-Bargraf-Anzeige ausgegeben. Wenn der Bargraf rot signalisiert, dann wird intern ein Limiter aktiviert.
Unten sind fünf Taster für ein Hochpass- und ein Tiefpass-Filter, zum Löschen von Aufgenommenem, zum Rückwärtsabspielen und zum Aufnahmestart, bzw. Stopp. Die Filter lassen sich mit drei verschiedenen Grenzfrequenzen betreiben. Ein Umschalten erfolgt über die Taste REVERSE/SELECT und Bestätigung des entsprechenden Filter-Tasters. Ein einfacher Druck auf einen der Taster schaltet den jeweiligen Filter ein oder aus. Mit dem ERASE-Taster lassen sich temporäre Bereiche löschen. Bei gleichzeitigem Drücken von ERASE und RECORD wird der gesamte Speicher gelöscht.
Es gibt auch noch die Möglichkeit die beiden Eingänge zu einem Mono-Signal zusammen zumischen und dann beiden Eingangskanälen zuzuführen. Das erreicht man temporär durch gleichzeitiges Drücken der Taster HPF, ERASE und RECORD. Für das Eingangssignal ist auch ein Noise Gate aktiv. Der Schwellwert lässt sich temporär empfindlicher machen, in dem man HPF, LPF und ERASE gleichzeitig drückt.
Auf der rechten Seite befindet sich der Regler MIX, der das Pegel-Verhältnis zwischen Eingangssignal und Loop-Signal festlegt. Mit FB lässt sich der Feedback-Grad einstellen. Im COSMOS gibt es auch noch eine Dynamikbearbeitung über zwei Funktionen. Mit dem sogenannten Suppressor werden schon aufgezeichnete Signale gegenüber neu eingehender Signale gedämpft und es gibt auch noch einen klassischen Kompressor, um laute Signale anzugleichen. Je nach Reglerstellung SUP|COM wird der Supprerssor (links von 12-Uhr-Stellung oder der Kompressor (rechts von 12-Uhr-Stellung) mit entsprechendem Effektgrad aktiviert.
Die drei Regler auf der linken Seite des COSMOS haben je nach Algorithmus unterschiedliche oder zum Teil auch gar keine Funktion. Mit dem Regler DRIVE lässt sich eine gezielte Sättigung, bzw. Übersteuerung erreichen, bei dem das Signal leicht komprimiert und angezerrt wird. Aber auch dieser Regler hat in bestimmten Firmware-Varianten eine andere Funktion.
Firmware-Versionen
Es gibt zurzeit fünf verschiedene Firmware-Versionen:
- Standardversion,
- Standardversion mit Pitch-Shift-Funktion,
- Rythm-Version,
- Rythm-Version mit Pitch-Shift-Funktion,
- Quadrophonic-Version für den Betrieb mit zwei COSMOS.
Die Quadrophonic-Version ist im Zusammenhang mit einer Vierkanalanwendung und zwei COSMOS, einen für die Front und einen für die hinteren Rear-Kanäle. Die Standard-Version wird dabei für die Frontkanäle und die spezielle Quad-Firmware für den COSMOS der beiden hinteren Kanäle eingesetzt. Bei den Firmware-Versionen mit Pitch-Shift-Funktion lässt sich mit dem Regler DRIVE die Tonhöhe des aufgezeichneten, bzw. wiedergegebenen Signals im Bereich um bis zu einer halben Oktave herunterstimmen. Dabei verändert sich auch der Klang zunehmend in Richtung LoFi.
Standard Firmware
Bei der Standard (Main) Firmware-Version gibt es vier Algorithmentypen mit jeweils drei verschiedenen Stufen oder Ausprägungen und zwar:
- 2 Delay Lines,
- 4 Delay Lines,
- Gigant Reverb,
- Granular Delay.
Wir sind ja schon Eingangs auf den Effekt "Frippertronics" eingegangen. Genau das tut der erste Algorithmus mit zwei Delay Lines, die eine feste, vorgegebene Zeit haben, also nicht taktbezogen sind, sondern so wie bei dem Einsatz mit den beiden Bandmaschinen. Über die drei Varianten lassen sich feste Verzögerungszeiten von 2,5 und 9,5 sowie 22 Sekunden einstellen. Mit dem Regler BLUR kann ein Crossfeed zwischen den beiden Delay Lines eingestellt werden. Mit dem Regler DRIFT lässt sich hier das Panorama mit einem asynchronen LFO modulieren. Die LFO-Frequenz wird dabei mit einem Zufallssignal moduliert.
Der zweite Algorithmus besteht aus vier statt nur zwei Delay Lines. Die drei Varianten bieten feste Verzögerungszeiten von 2,5 und 8,5 sowie 11,5 Sekunden.
Bei dem Gigant Reverb wird eine virtuelle Halle von mehreren Kilometern Größe simuliert. Die Early-Refelections klingen daher wie Einzelreflexionen und das Signal nimmt dann langsam an Dichte zu. Über die drei Varianten lassen sich unterschiedlich große Hallen simulieren. Die Regler BLUR und DRIFT haben hier keine Funktion.
Der vierte Algorithmus ist ein asynchrones Ganular Stereo-Delay. Die drei Varianten bieten unterschiedliche Grains-Größen und Delay-Zeiten. Bei der dritten Variante gibt es noch ein zusätzliches Granular-Delay. Über den Regler BLUR lässt sich die Positon des Grains mit einem Rauschen, bzw. Zufallssignal modulieren und mit dem Regler DRIFT auch mit einem asynchronen LFO.
Rhythmic Firmware
Die Rhythmic-Firmware ist eine alternative und bietet unter anderem Algorithmen, die mehr auf Takt-basierende Looper-Funktionen, das heißt, dass man mit der Taste RECORD nicht nur auf Aufnahme schaltet, sondern auch die Loop-Punkte definiert. Programm 1 verhält sich wie ein Standard Looper. Bei Programm 2 und 3 gibt es ein Längenunterschied zwischen linkem und rechtem Kanal (8/7 bzw. 4/3). Programme 4 bis 8 sind Mangler. Das aufgenommene wird also rhythmisch unterbrochen. Programm 9 ist ein fraktaler Shift Pitcher. Die Programme 10 bis 12 sind sozusagen best of Main Firmware und bilden die Main Programme 4 (4 Delay Lines, kurzes Delay), 8 (Reverb mit mittlerem Delay) und 12 (3 Stage Granular Delay) ab.
Mit dem Regler BLUR lässt sich in den Programmen 1 bis 9 Hall hinzufügen. Mit dem Regler DRIFT lassen sich in den Programmen 7 und 8 Octave Down Random Shift hinzufügen und in Programm 9 kann der Pitch Shift selbst eingestellt werden.
Praxis
Die Bedienung ist mit der Main-Firmware übersichtlich und einfach. Die Rhythmic-Version ist mit ihren verschiedenen Funktionen schon etwas komplexer aber auch das hat man schnell drauf. Besonders bemerkenswert ist, dass es zum COSMOS auch eine deutsche Bedienungsanleitung gibt.
Bei Loopern ist besonders der Feeedback-Parameter ein wichtiger Parameter. Der Grad des Feedbacks lässt sich beim COSMOS über den Regler sehr fein einstellen. Der wichtige Feedback-1-Punkt ist lässt sich zudem prüfen und auch nachjustieren.
Die Klänge die man mit den verschiedenen Algorithmen erzielen kann sind schon beeindruckend. Durch die Rhythmic-Firmware wird das Anwendungsspektrum spezieller aber auch nochmal flexibler. Die Programme 7 bis 9 bei Rhythmic-Firmware sind schon spezieller.
Es gibt ja, wie schon zuvor angedeutet, auch andere Looper oder Effektmodule mit Frippertronics-Effekt aber der COSMOS geht einfach noch ein paar Schritte weiter und ist flexibler als die mir bekannten Looper mit solchen oder ähnlichen Funktionen. Dabei ist der Wechsel von einer zur anderen Firmware schnell und zuverlässig erledigt. Ich habe immer ein paar USB-Sticks mit den genutzten Firmware-Versionen parat und kann dann zügig in ein paar Sekunden umrüsten.
Durch die feste, nicht an einen Rhythmus gebundene Looping-Zeit der Main-Firmware, ergeben sich sehr interessante polyrhythmische Muster. Man kann COSMOS mit den verschiedensten Quellen nutzen ob Modular-Synthesizer oder Keyboards, E-Gitarre aber auch sehr gut Stimme in Form von Sprache und Gesang. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass auch über Mikrofon abgenommene und entsprechend verstärkte Blas- und Streichinstrumente sehr gut funktionieren. Bei der Rhythmic-Firmware ist die Anwendungspalette nochmal größer, denn dann lassen sich in Verbindung mit dem COSMOS auch Perkussive-Instrumente, Schlagwerk etc. sehr gut einsetzten. Das Ergebnis sind dann extrem komplexe Polyrhythmen.
Cosmos ist sowohl für den Live-Betrieb als auch für Studio-Anwendungen einsetzbar. Eine Umschaltung der Algorithmen führt nicht zu Knacksern oder Tonaussetzern. Man hört den Übergang leicht aber es geht relativ smooth, so dass man es im Live-Betrieb auch mal wagen kann, den Algorithmus in einem Konzert zu verändern und damit herumzuspielen, ohne das Instrument am Mixer stummzuschalten zu müssen. Die Taster haben ebenfalls eine hohe Qualität und sind leicht auslösbar. Auch der Desktop-Einsatz im Studio funktioniert daher genauso praktikabel wie der Einsatz als Fußpedal.
Übrigens gibt es von SOMA für den COSMOS eine passende Abdeckhaube, bei der die Anschlüsse weiterhin zugänglich sind. Man kann zum Aufsetzen der Haube das Gerät angeschlossen lassen. Es wird auch noch eine Transporttasche sowie eine Baumwoll-Textil-Hülle als Zubehör angeboten.
Fazit
Der Preis beträgt ca. 700 Euro. Seit Sommer 2023 ist COSMOS auch in verschiedenen Farben erhältlich, die ich mal wie folgt beschreiben würde: Weiß, Rot/Orange, Pink, Hellgrün, Himmelblau.
Die Verarbeitung ist top und die Möglichkeiten gehen über die der normalen Looper hinaus und COSMOS bietet ganz andere Arbeitsweisen. Speziell Sound Designer und Musiker im Bereich Ambient oder Filmkomponisten werden am COSMOS ihre Freude haben und wer Freude an Klangexperimenten hat, der wird sowieso begeistert sein. Die Ergebnisse sind wirklich toll. Der COSMOS ist dabei sehr vielseitig von Klangteppich und Texturen über Effekte bis hin zur Generierung von komplexen Polyrhythmen. Wie auch andere Instrumente und Produkte von SOMA einmal speziell aber auch besonders im positiven Sinne. Ich wüsste nicht, mit welchen anderen Produkten ich diese Sounds kreieren könnte.