Smyth Research Realiser A8
Autor und Fotos: Peter Kaminski
Die Marktdurchdrängung von Surround Sound ist leider immer noch sehr gering. Ursache hierfür ist u. a., das dass Einrichten einer brauchbaren Abhöreinrichtung für den Konsumer häufig kaum realisierbar ist. Selbst wir als Profis stehen häufig vor dem gleichen Problem, besonders im mobilen Aufnahmebetrieb oder im Ü-Wagen. Auch die meisten Studios sind für Surround Sound nicht ausgerüstet und lassen sich auch nicht optimal nachrüsten.
Eine Alternative ist der Kopfhörerbetrieb mit einer Surround-Simulation des Raumes und der individuellen Außerohrübertragungsfunktion des Abhörenden unter Einbeziehung der Übertragungsfunktion des verwendeten Kopfhörers. Hier gibt es auch schon vereinzelne Lösungen sehr unterschiedlicher Qualität. Auch das amerikanische Unternehmen Smyth Research hat sich diesem Problem angenommen und ein interessantes Produkt mit einer Simulation entwickelt, was wir getestet haben und Ihnen hier vorstellen möchten.
Konzept
Ein großer Unterschied des Realiser A8 und den anderen aktuell am Markt befindlichen Produkten ist, dass der Smyth Realiser A8 auch die individuellen Bedingungen was Raumakustik, Kopfhörer und Außenohr-Übertragungsfunktion über mehrere Messungen ermittelt und bei der Simulation berücksichtigt. Durch die Einbeziehung dieser individuellen Größen sollte das Endergebniss der Surround-Simulation, zumindest theoretisch, deutlich besser werden. Die interne Firmware lässt sich übrigens über eine Specherkarte aktuallisieren.
Das Produkt trägt den Namen A8, da es in der Lage ist bis zu acht Kanäle in der Simulation zu berücksichtigen, also nicht nur 5.0 und 5.1 sondern auch Mehrkanalton im Format 7.0 oder 7.1 - auch dass eine weitere Besonderheit des Gerätes. Natürlich werden auch die Stereoformate mit und ohne Subwoofer sowie Mono unterstützt, um unter jeder Abhörbedingung auch die Formatkompatibilität überprüfen zu können. Da die Messung der Lautsprecher diskret erfolgt - also jeder einzeln gemessen wird - ist die Kompatibilität in Richtung Formate mit weniger Lautsprecher eben gewährleistet.
Das System wird gebildet aus dem Prozessor mit exernem Netzteil, einer dazugehörigen Fernbedienung, den Komponenten für das Headtracking, also einem Sensor für den Kopfhörer sowie ein Empfänger, ein Stereo-In-Ear-Messmikrofon sowie diverse Kabel. Als Kopfhörer wird entweder ein elektrostatischer Kopfhörer vom Typ Stax SRS-2050 II (Verstärker plus Hörer) mitgeliefert oder man benutzt seinen eigenen Hörer, der ja mit vermessen wird.
Anschlüsse
Die analogen Ein- und Ausgänge sind alle unsymmetrisch ausgeführt und der Anschluss erfolgt über Cinch-Buchsen. Das am Eingang liegende Signal wird auch an den achtkanaligen Ausgängen durchgeschliffen. Weiter lässt sich über den Stereo-Ausgang Tactile ein Seat Shaker oder Subwoofer anschließen. Damit habe ich übrigens persönlich bei solchen Surround-Simulationen sehr gute Erfahrungen gemacht. Weitere Anschlüsse sind einmal ein analoger Ausgang für einen Kopfhörer sowie ein SPDIF-Digital-Ausgang, z. B. für einen digitalen Kopfhörerverstärker. Bei IR REF wird der Headtracker-Empänger angeschlossen. Die Speisung des Prozessors erfolgt über ein externes 9-Volt-Netzteil, welches sich im Lieferumfang befindet.
Auf der Gerätefront sind noch Anschlüsse für Kopfhörer (Klinkenbuchse), Messmikrofon und ein USB-Anschluß für das Laden des Headtracker-Kopfhörer-Senders vorhanden. Über den USB-Anschluß auf der Geräterückseite wird sich der A8 in Zukunft auch via Software einstellen und kontrollieren lassen.
Headtracking
Der A8 unterstützt auch das Nachführen des Surround-Sound-Schallfeldes bei Bewegen des Kopfes. Diese Funktion lässt sich aber auch deaktivieren. Grundsätzlich muss man sagen, dass diese Nachführung hilft, sich schneller an das virtuelle Surround-Feld zu gewöhnen. Im Bereich des Ü-Wagens, kann es aber auch hinderlich sein, wenn man sich z. B. umdreht und mit einem Kollegen spricht und das Schallfeld sich dann mit dreht und man es dann nicht mehr beurteilen kann oder das Head-Tracking u. U. sogar abreißt. Daher ist die Deaktivierung z. B. für diesen Fall durchaus sinnvoll.
Das Headtracking wird einmal durch einen Sender am Kopfhörer und einem Empfänger (s. unten), der z. B. an einem Bildschirm befestigt wird, realisiert. Die Messung erfolgt über Infrarot. Durch die sehr hohe Wellenlänge gegenüber z. B. Ultraschall sind die Messungen sehr präzise. Dazu später mehr.
Die gemessene Kopfstellung zur Mittenposition wird übrigens durch ein LED-Bargrafanzeige im Empfängerteil ausgegeben. Der Empfänger ist mit einer Halterung versehen, um ihn problemlos an einem Bildschirm zu befestigen.
Einmessvorgang
Vor der Nutzung des Gerätes steht der individuelle Einmessvorgang. Die Messung und auch die Speicherung teilt sich auf in die Messung des Raumes und der individuellen Außenohrübertragungsfunktion (HRTF), sowie in die Messung der Kopfhörerübertragungsfunktion (HPEQ).
Dem System liegen ein Stereo-In-Ear-Mikrofone mit Kugelcharakteristik bei. Diese werden bündig in den Gehörgang eingesetzt. Nach Start der Messung werden ggf. Ansagen gemacht, wenn man den Kopf auf einen bestimmten Lautsprecher richten soll. Für die zweite Hälfte der Messung wird dann der Kopfhörer zusätzlich aufgesetzt. Die Messungen werden ebenfalls in zwei Dateien gespeichert, eine für Raum- und Außenohrübertragungsfunkion und eine weitere für die Kopfhörerübertragungsfunktion. Für jede dieser Daten stehen je 64 Speicherplätze im Gerät bereit.
Bedienung
Da auf der Gerätefront keine Tasten vorhanden sind erfolgt dier Bedienung über das im Frontpanel integriertre Display und eine Infrarot-Fernbedienung als Eingabemedium.
Neben der Eingabe von Texten über die alphanumerischen-Tasten, Auswahl von Menüpunkten mittels Cursor-Tasten und Veränderung von Parameters, gibt es im unteren Bereich auch zwei Reihen von Funktionstasten, mit denen sich z. B. das Headtracking Ein- und Ausschalten lässt etc.
Praxis
Nun einmal zur Praxis. Ich muss dazu anmerken, dass ich persönlich mit allen am Markt verfügbaren Produkte vertraut bin und auch viele Systeme die in Entwicklung waren, aber nicht zu einem käuflichen Produkt zu Ende entwickelt wurden.
Der Messvorgang ist, wenn man ihn wie beschrieben vornimmt, reproduzierbar und nicht kompliziert. Es ist hilfreich eine Person mit hin zu zu ziehen, die Bedieneung übernimmt und auch, ganz wichtig für die Messung, den korrekten Sitz der In-Ear-Mikrofone überprüft. Das Gerät teilt einem auch mit, ob die Pegel ausreichend sind und ob die Messungen erfolgreich waren.
Ein wichtiger Punkt ist, dass wenn man eine 5.1-Messung durchführt, man auchmit diesem Setup maximal eine 5.1-Simulation durchführen kann. Für 7.1-Simulation bedarf es also auch eines 7.1-Setups. Im Gegensatz zu anderen Geräten ist die Raumimpulsantwort und die HRTF in einer Datei, bzw. in einem Speicher/Setup enthalten. Bei Systemen mit vorgegebenen HRTFs hat man in der Regel die Möglichkeit die Parameter für die Simulation der Raumakustik getrennt auszuwählen. Dies ist hier aber nicht als Nachteil anzusehen, denn das Konzept ist ja eindeutig auf den Schwerpunkt der Berücksichtigung der individuellen akustischen Parameter ausgelegt - sozusagen "my studio acoustics in a black box".
Nun zur klanglichen Beurteilung des Systems. Diese fällt ausgesprochen gut aus. Man hat Lautsprecher-Felling und die Ortung der einzelnen Schallquellen ist, sowohl was Richtung und Entfernung angeht, ausgezeichnet. Wenn man den Hörer abnimmt und die realen Lautsprecher gegenhört, ist die Differenz erstaunlich gering. Auch ein "Mittenloch" in der Wahrnehmung ließ sich bei Realiser A8 nicht detektieren. Ein Signal von der Mitte wird auch als ein solches frontal wahrgenommen und nicht als eine Phantomschallquelle. Als Kopfhörer kam bei unserem Test übrigens ein Sennheiser HD 650 zum Einsatz. Bei der Raumsimulation traten leichte, so möchte ich das einmal nennen, "Late Reflections" je nach Quellenmaterial auf, was aber nur temporär bei Transienten wahrgenommen wurde. Das ist aber auch schon der einige nennenswerte Punkt denn auch die Simulation des Raumes ist durchaus gelungen.
Was bei dem äußerst positiven Eindruck der Anteil der individuellen Außenohrübertragungsfunktion hat, wird einem schnell klar, wenn man einmal die PRIR-Messung einer anderen Person aufruft. Man nimmt dann zwar auch einen virtuelle Surround-Simulation war, dessen Qualität aber in der Wahrnehmung deutlich schlechter ausfält. Im Crosscheck konnten das auch alle an dem Test beteiligten Personen bestätigen. Das ist aber nicht das erste mal, dass ich diese Erfahrung gemacht habe, die durch die Theorie auch gestützt wird. Es gibt eigentlich bei einer Simulation nur eine korrekte HRTF - nämlich die eigene. Selbst kleinste Abweichungen werden vom Gehirn entsprechend quittiert. Kein Wunder denn es liegen jahrelange Hörerfahrungen mit dem eigenen Außenohr vor.
Was auch ausgezeichnet funktioniert ist der Headtracker: er ist schnell, ohne Verzögerung und zu dem sehr präzise. Wenn man den Kopf über eine gewisse Grenze hinaus dreht oder der Tracker, weil man z. B. den Hörer abgenommen hat, nicht mehr die Kopfstellung detektieren kann, dann lässt sich das Gerät so einstellen, dass automatisch auf den durchgeschliffenen Ausgang umgeschaltet wird. Eine praktische Funktion, die ein manuelles Umschalten zwischen Prozessor und durchgeschliffenem Signal an die Lautsprecher nicht mehr erforderlich macht.
Die Bedienung über das Display und die Fernbedienung ist etwas gewöhnungsbedürftig. Aber zum Glück muss man, wenn der Einmessvorgang erfolgt ist, nicht all zu viel an der Geräteeinstellung verändern, so dass man mit den Funktionstasten auskommt. Die angekündigte Software, mit der man den Realiser A8 dann via USB steuern kann, wird sicherlich dazu beitragen, die Bedienung entscheidend zu vereinfachen.
Fazit
Der Smyth Research Realiser A8 ermöglicht Dank seiner hochqualitativen Simulation einer virtuellen Abhörumgebung auch eine Surround- und Stereo-Mischung rein über Kopfhörer. In schwierigen Abhörumgebungen, wie z. B. im Ü-Wagen oder mobil direkt in einem Saal, ist der Realiser A8 nicht lediglich eine Abhöralternative sondern eine Abhörsystem, das eine korrekte Beurteilung einer Mischung erst ermöglicht. Die Stärke des A8 liegt dabei in der Personalisierung der akustischen Parameter - also der eines Studios mit seinen Lautsprechern, dem eigenen Gehör und denen des verwendeten Kopfhörers.
Ein kleines Manko sind die verwendeten Cinch-Buchsen statt symmetrische aber bei kompakten mobilen Geräten ja auch nicht unüblich. Ein Punkt, den man bei den immensen Vorteilen die der Realiser A8 bietet, verschmerzen kann.
Der Preis des Gerätes liegt komplett mit den Messmikrofonen, aber ohne Kopfhörer, bei ca. 2.900 Euro. Für die äußerst respektable Klangqualität ein angemessener Preis, der auch gerade noch für die Studios mit nicht optimaler Surround-Abhörmöglichket, erschwinglich ist.