Sennheiser XS Wireless Digital für E-Gitarre und Bass
Instrument Base Set und Pedalboard Set
Autor und Fotos: Peter Kaminski
Sennheiser bietet für die Instrumentenübertragung für E-Gitarre und Bass neben den klassischen analogen UHF-Systemen ew 100 G4-Ci-1 (siehe Test Ende Juni 2019) und ew 500 G4-Ci-1 mit der Serie XS Wireles Digital auch ein digitales Drahtlossysteme an, welches wir hier vorstellen möchten.
Technik
Bei der XS Wireless Digital erfolgt die Übertragung nicht im UHF-Band sondern im 2,4-GHz-ISM-Band von 2.400 bis 2.483,5 MHz. Hier tummeln sich neben WLAN, Bluetooth und ZigBee auch Mikrowellenherde und andere Funkdienste. Die meisten davon sind sehr breitbandige Übertragungen. Eine WLAN-Übertragung im 2,4-GHz-Band belegt eine Bandbreite von 20 oder auch 40 MHz. Die Geräte der Sennheiser XSW-D-Serie arbeiten als sogenannte Short Range Devices mit einer Leistung von 10 mW. Diese Anwendungen sind nach der Norm EN 300 440 standardisiert. Die Nutzung ist ohne Lizenz möglich und das in der Praxis weltweit.
Die Bandbreite beträgt ca. 2 MHz und es werden zwei gleichzeitige Frequenzen für die Übertragung eingesetzt (siehe unsere Messung, Abb. oben). Ist die Übertragungsfrequenz gestört, so werden die Daten von der alternativen Strecke genutzt. Es kommt kein Frequenzsprungverfahren zum Einsatz. Die genutzten Übertragungsfrequenzen sind also immer an der gleichen Stelle solange keine Störungen auftreten. Die Frequenzwahl selbst erfolgt vom System vollautomatisch. Das heißt, es gibt keine manuelle Kanalwahlmöglichkeit. Bis zu fünf XSW-D-Systeme lassen an einem Ort maximal parallel betreiben.
Ein zweiter wichtiger Faktor bei digitalen Audioübertragungen ist der eingesetzte Codec, der die Audioqualität und Parameter wie Latenz und Fehleranfälligkeit maßgeblich mitbestimmt. Bei der Sennheiser XSW-D Serie wird der aptX Live Codec genutzt, der speziell für die Anwendung bei Drahtlosmikrofonen und ähnlichem entwickelt wurde. Er bietet eine Datenkompression von 8:1 bei einer Auflösung von 24 Bit. Die Systemlatenz - also die Zeit um die ein Signal vom Ein- zum Ausgang verzögert wird - beträgt beim XSW-D ca. vier Millisekunden. Der AptX Live Codec hat auch den Vorteil, dass er mit sehr fehlerbehafteten Signalen noch gut klar kommt. Die XSW-D Übertragungssysteme bieten einen Übertragungsbereich von 10 Hz bis 18 kHz mit einem Signal-Störabstand von größer als 106 dB. Der Ausgangspegel beträgt maximal 12 dBu.
XSW-D Sets
Die XSW-S-Serie bietet eine ganze Reihe von verschiedensten Sets wie ENG Set, Vocal Set, Lavalier Set etc. Für die Übertragung von E-Gitarre gibt es zwei Sets und zwar einmal das "Instrument Base Set" und einmal das "Pedalboard Set". Die Senderkomponenten sind bei diesen beiden Sets immer die gleichen. Lediglich die Empfänger unterscheiden sich sowie die sonstige Ausstattung.
Die Audio Ein- und Ausgangspegel sind fest voreingestellt und lassen sich nicht verändern. Die Sender und Empfänger sind bereits ab Werk gebunden und lassen sich nach dem Einschalten direkt einsetzen. Es ist auch ein nachträgliches Binden zwischen Empfänger und Sender möglich. Es lassen sich bis zu vier Sender mit einem Empfänger binden, es darf aber immer ein Sender in Betrieb sein.
Nach dem Einschalten wird zunächst der Batteriestatus über die LED Farbe angezeigt (grün über 75 %, gelb untern 75 % und rot untern 5 %). Dann blinkt die LED bis zum erfolgten Verbindungsaufbau und leuchtet dann dauerhaft. Während des Betriebs fängt die LED zwischen rot und grün zyklisch zu wechseln wenn 15 % Akkukapazität erreicht sind und wenn die LED schnell nur rot blinkt sind 5 % Restkapazität erreicht.
Durch ein kurzes Antippen auf den kleinen Schalter am Sender wird das Audiosignal stummgeschaltet. Die LEDs an Sender und Empfänger wechseln dann von grün auf gelb. Durch erneutes Drücken lässt sich die Stummschaltung wieder rückgängig machen. Wenn die maximale Reichweite überschritten wurde und keine Funkverbindung mehr aufgebaut werden kann leuchtet die LED rot. Wenn die Reichweite eine Verbindung wieder zulässt wird sofort wieder eine Verbindung aufgebaut.
Instrument Base Set
Kommen wir nun einmal zum Instrument Base Set. Es bestehen aus einem Sender und Empfänger im exakt gleichen Gehäuse (Abmessungen: 122 x 24 x 28 mm, Gewicht: 77 Gramm). Der 6,3-mm-Klinkenstecker ist im Gehäuse integriert und lässt sich im Bereich um 90 Grad drehen. Sender und Empfänger verfügen intern über einzellige Li-Ion-Akkus, die sich über einen USB-C-Anschluss laden lassen. Die maximale Betriebszeit beträgt ca. fünf Stunden und die Komponenten lassen sich innerhalb drei Stunden wieder voll aufladen.
Damit man Sender und Empfänger auseinander halten kann, sind nahe am Stecker ein Gitarrensymbol für den Sender und ein Amp-Symbol für den Empfänger aufgebracht (s. Abb. oben).
Dem Set liegt noch ein Gürtelhalter mit einem Adapterkabel bei, um gegebenenfalls den Sender nicht direkt in die Gitarrenbuchse stecken zu müssen (s. Abb. oben), zum Beispiel wenn sich der Sender nicht direkt in die Gitarrenbuchse stecken lässt oder das Gehäuse im Weg ist.
Das Instrument Base Set besteht also komplett aus (s. Abb. oben) Sender, Empfänger, Gürtelhalter, Adapterkabel sowie ein Kabel USB-A auf USB-C zum Laden von Sender oder Empfänger sowie Markierungsaufkleber für den Betrieb mit mehreren Funkstrecken.
Pedalboard Set
Neben dem Instrument Base Set gibt es seit Juli 2019 noch das Pedalboard Set mit einem Empfänger im Bodengehäuse mit Trittschalter und LC-Display.
Der Pedalboard-Empfänger verfügt über einen eingebauten Gitarren-Tuner. Aktiviert wird dieser über den Fußtaster. Dieser schaltet Audio stumm und das Tuner-Display wird angezeigt. Über ein oder zwei Pfeile links und rechts wird die aktuelle Stimmung gegenüber der Sollstimmung angezeigt (s. Abb. unten). Bei je einem Pfeil links und rechts ist die Sollstimmung erreicht.
In dem Pedalboard ist kein Akku eingebaut sondern es lässt sich sowohl über den USB-C mit Betriebsspannung versorgen als auch über ein Buchse mit 9 bis 15 Volt Gleichspannung (500 mA Strom). Es verfügt auf der Rückseite weiter sowohl über einen elektronisch symmetrierten Ausgang (XLR-Buchse) für den Anschluß an ein Mischpult oder Stagebox etc., als auch über ein unsymmetrischen Ausgang (6,3 mm Klinkenbuchse) für den Anschluss an einen Amp oder Effektgerät. Beide Ausgänge haben eine Impedamz von 600 Ohm und bieten eine maximalen Ausgangspegel von +12 dBu. Der USB-C-Anschluss dient ausschließlich der Spannungsversorgung. Es ist also kein USB-Audiointerface in das Pedalboard eingebaut.
Neben einem Sender und dem Pedalboard-Empfänger wird noch ein Steckernetzteil mit diversen länderspezifischen Adaptern mitgeliefert (s. Abb. oben) sowie Gürtelhalter mit Adapterkabel und zwei USB-Kabel (USB-A/USB-C und USB-C/USB-C) für das Laden des Senders. Weiter liegen auch hier Farbmarkierungen zum Aufkleben bei.
Praxis
Die Sender und Empfänger sind bereits ab Werk gebunden und lassen sich nach dem Einschalten direkt einsetzen. Die Reichweite liegt etwas unterhalb der von WLAN mit 20 MHz Kanalbandbreite im 2,4 GHz Band. Bei freier Sicht lassen sich durchaus 80 Meter erreichen, wobei aber die Reichweite durch die Körperabschattung je nach Befestigung des Senders sich auch reduzieren kann. Bei normalen Bühnengrößen ist daher auf jeden Fall ein problemfreier Betrieb gewährleistet. Wir haben drei parallele XSW-D Systeme mit zwei WLAN-Netzen und massiven Blutooth-Einsatz getestet und konnten beim Betrieb auch bei sehr HF-belasteten Umgebungen keine Verbindungsprobleme feststellen.
Wenn eine Verbindung verloren geht dann ohne Störgeräusche. Verlässt z. B. ein Musiker die Bühne ohne den Sender auszuschalten, so ist das auch kein Problem. Bricht eine Verbindung wegen des Erreichens der maximal Reichweite ab, so baut sich die Verbindung sofort wieder auf, wenn wieder eine Verbindung möglich ist. Aber wie gesagt, dass ist eher eine theoretische Betrachtung. Bei Entfernungen jenseits der 25 Meter zum Amp handelt es sich um Bühnenaufbauten, bei denen dann sowieso andere Systeme zum Einsatz kommen.
Das Pedalboard Set hat noch den Vorteil, dass es in der Nähe des Musikers steht und die Entfernung noch näher ist als zum Gitarren-Amp. Reichweitenprobleme kann man in diesem Fall deshalb in der Praxis ganz ausschließen. Die Verbindung zum Amp erfolgt ja niederohmig und entkoppelt vom Gitarrentonabnehmer wobei dann die Kabellänge zum Amp auch keine bedeutende Rolle spielt.
Der AptXM Live Codec macht im XSW-D System eine gute Figur. Es geht keine Attack verloren und sowohl die Übertragung von Transienten als auch das dynamische Verhalten überzeugt. Was die Klangqualität angeht muss man etwas ausholen. Wir haben ja schon beim analogen Sennheiser ew 100-G4-Ci Test auch einen Vergleich mit einem hochwertigen Gitarrenkabel durchgeführt. Dazu erst mal zur Problematik.
Im obrigen Bild ist die Schaltung als sogenanntes Ersatzschaltbild des Tonabnehmers (L, Ri und Cp), des Kabels (Ck und Rv) und des Gitarrenverstärkers aufgezeigt. Der ohmsche Widerstand des Kabels (Rv) ist unerheblich und die eigentliche Spannungsquelle selbst auch. Was bleibt ist links ein Schwingkreis bestehend aus der Tonabnehmerspule und der Kapazizät des Tonabnehmers und der Gitarrenschaltung. Dessen Resonanzfrequenz wird durch die Kapazität des Kabels in Frequenzbereich nach unten Verschoben womit sich auch die Höhenwiedergabe des abgenommenen Signals verschlechtert. Die Kapazität eines Kabels ist abhängig von dessen Qualität und dessen Länge. Daher geben viele Kabelhersteller ja auch die Kapazität von Gitarrenkabeln absolut oder in Picofarad pro Meter an. Zwischen einem 3 Meter und einem 10 Meter Kabel liegen Welten und man kann den Unterschied sehr gut im Vergleich wahrnehmen. Ist ein Kabel länger so werden durch die Resonanzverschiebung, verursacht durch die Kabelkapazität, die Höhen eben gedämpft. Soweit die Theorie.
Wir haben mal ein hochwertiges Kabel (Fender FG10BSL, 3 m, gemessen ca. 250 pF Kabelkapazität) verglichen mit den Funkübertagungen von XSW-D und ew 100 G4. Als Gitarre kam eine Steinberger Spirit mit Originaltonnehmern und Tone und Volume-Regler auf Maximalanschlag zum Einsatz. Die Höhenwiedergabe beim Einsatz des XSW-D ist dabei im Vergleich zum ew 100 G4 noch etwas gedämpfter aber noch im absoluten Rahmen. Wenn man ein Standardkabel verwendet, so sollte bei spätestens zehn Meter die XSW-D Funkstrecke im Vorteil sein. Wenn man den Tonregler ca. 45 Grad herunterregelt, dann ist der Unterschied selbst beim drei Meter Kabel kaum noch hörbar. Der leichte Verlust an Höhen lässt sich in der Praxis meistens sowieso durch den Tonregler kompensieren, denn bei vielen Pickups und gewünschten Sounds ist es ja erforderlich die Höhen mit dem Tonregler etwas abzudämpfen. Da muss man jetzt eben etwas mehr aufdrehen. In der Praxis ist das bei XSW-D völlig akzeptabel.
Auch wenn es im direkten Vergleich zum ew 100 G4 etwas mehr Höhendämpfung aufweist, so ist es einmal im Vergleich zu anderen digitalen Systemen im gleichen Preisbereich vom Klang her noch sehr gut und wenn man dann die kabellose Freiheit noch mit in die Waagschale legt dann ist das XSW-D eine sehr empfehlenswertes System. Für große Bühnen oder sehr hohe Ansprüche würde ich natürlich eher ein ew 100 G4 oder ew 500 G4 empfehlen, aber das liegt ja auch in einer ganz anderen Preisklasse. Die Latenz von 4 Millisekunden beim XSW-D spricht zunächst auch einmal für das teurere analoge Evolution Wireless G4-System ohne Latenz aber diese kurze Latenz dürfte wohl kaum für die meisten überhaupt spürbar sein.
Der Gitarrentuner arbeitet einwandfrei und das Display ist sehr gut ablesbar und zwar unter allen erdenklichen Umständen. Ich hätte es begrüßt, wenn noch eine etwas detailliertere Skala zu sehen wäre und nicht nur die fünf Stufen aber in der Praxis kann man damit trotzdem eine schnelle Stimmung erreichen.
Fazit
Das Instrument Base Set (Artikel-Nr. 508493) wird für 299 Euro angeboten und das Pedalboard Set (Artikel-Nr. 508486) für 399 Euro. Die Bedienung ist kinderleicht und völlig problemfrei. Das System arbeitet im weltweit nutzbaren 2,4-GHz-ISM-Band und ist ohne kostenpflichtige Lizenz für den Betrieb nutzbar.
Die Sound-Qualität ist unter den beschriebenen Aspekten in dem Preisbereich als sehr gut zu bewerten. Wer im Studio das letzte an Höhen herausholen möchte, der wird ggf. zu einem kurzen, hochwertigen Kabel greifen und nicht zu einer Drahtloslösung - egal welche. Für alle, die aber Live spielen und preisbewusst sind, für die ist das XSW-D ohne Frage eine ausgezeichnete Wahl und nach meiner Einschätzung erfüllt es in der Praxis auch den Einsatz der meisten Studioapplikationen. Besonders das Set mit dem Pedalboard und eingebautem Tuner ist eine praxisnahe Lösung. Wer den eingebauten Tuner, den symmetrischen Ausgang nicht benötigt, der kann sich die 100 Euro Preisunterschied dann auch sparen und zum Instrument Base Set greifen. Zu beachten ist aber, das in der Praxis der Empfänger beim Pedalboard Set sich näher am Sender befindet.
Alles in Allem ein völlig unkompliziertes und sehr praxistaugliches System mit guter Audioqualität zu einem dazu auch noch bezahlbaren Preis.