Sennheiser MK 4
Großmembran-Kondensatormikrofon mit Nierenrichtcharakteristik
Autor: Peter Kaminski
Fotos: Peter Kaminski und Sennheiser
Seit März 2011 liefert Sennheiser ein neues Großmembranmikrofon aus, welches auf der NAMM Anfang des Jahres erstmalig vorgestellt wurde. Es ist bewusst einfach gehalten, aber man hat einen hohen Anspruch an das klangliche Niveau des Mikrofons. Wir gehen der Sache nach und prüfen, ob man mit dem MK4 diesem Anspruch auch gerecht wird.
Konzept und Technik
Beim Design hat man Wert auf Wiedererkennung gelegt und das mit der an das Logo angepassten S-Linie unterstützt. Aber Design ist ja nicht alles. Die Farbe des Korpus ist Nickel mit einer matten, optisch reflexionsarmen Oberfläche. Mit 160 mm Länge, maximal 57 mm Durchmesser sowie 485 Gramm Gewicht, kommt das Mikrofon sehr erwachsen daher.
Eine wichtige Vorgabe bei der Entwicklung des Sennheiser MK 4 war, alles in Deutschland zu fertigen. Das erforderte eine Konstruktion, die eine effiziente Fertigung ermöglicht, um den Preis des Produktes in Grenzen zu halten.
Fangen wir bei der Vorstellung des technischen Konzepts bei der Kapsel an. Das Mikrofon wird über 48-Volt-Phantomspeisung betrieben. Sennheiser hat die Doppelmembrankapsel des bekannten und allgemein sehr geschätzten e965 modifiziert. Sie hat einen Durchmesser von einem Zoll, also 25,4 mm, und ist goldbeschichtet.
Im Prinzip hat man eine Membran weggelassen und eine spezielle Gegenelektrode eingesetzt. Ein Nebeneffekt der Bauart der Gegenelektrode ist, dass der Impedanzwandler direkt an der Kapsel befindet und so kürzeste elektrische Wege realisiert werden konnten. Die Kapsel wird übrigens unter den bei Sennheiser üblichen Reinraumbedingungen gefertigt, wie auch die High-End-Mikrofone der MKH-Serien.
Weiter hat man auf jegliche Schalter, wie Pad oder schaltbares Hochpassfilter, verzichtet und damit Komplexität reduziert. Mit diesem "native" Prinzip besteht auch eine realistische Chance, dass angestrebte, klanglich hohe Nevau zu ereichen.
Technische Daten
Der Grenzschalldruck liegt bei 140 dB SPL und das Rauschen liegt bei 10 dB (A), bzw. 20 dB (CCIR) bei einem Dynamikbereich von 130 dB.
Der Frequenzgang lässt eine Moderate Erhöhung der Höhen im Bereich von vier bis 12 kHz erkennen, die maximal 2,5 dB beträgt. Den Frequenzgang gibt der Hersteller mit 20 Hz bis 20 kHz an. Die Empfindlichkeit beträgt 25 mV/PA.
Der Strom beträgt übrigens ca. drei Milliampere und somit gibt es auch keine Probleme mit etwas schwachbrüstigen P48-Speisungen.
Zubehör
Geliefert wird das MK 4 in einem Textilbeutel mit einer Mikrofonklammer, die auf die Unterseite des Mikrofons aufgeschraubt wird.
Das Kapsel ist im Mikrofon elastisch gelagert aber es wird in Zukunft mit der MKS 4 auch eine spezielle Spinne angeboten (siehe Foto oben), die zu einem Viertel offen ist. Damit kommt man mit dem Mikrofon bei Bedarf, auch mit der elastischen Aufhängung, nah genug an die Schallquelle heran. Das sind so fast drei Zentimeter näher als bei einer Schwinghalterung, die das Mikrofon komplett umfasst.
Mit dem MKW 4 wird auch ein Windschutz sowie mit dem MZP 40 ein Pop-Schutz als Option angeboten.
Praxis
Das Metallgehäuse ist sehr robust und auch bedenkenlos Bühnen/Road-tauglich. Die Einsprechrichtung ist üblicherweise da wo auch das Sennheiserlogo auf dem Mikrofon prangert.
Nun zum Kernthema. Der Hörtest fand im Aufnahmeraum des Studio 1 der Boogie Park Studios, mit freundlicher Unterstützung von Herbert Böhme und Frank Sieben statt. Als Vergleichsmikrofone dienten andere Großmembran-Kondensatormikrofone mit fester Nierencharakteristik.
Relativ schnell stellte sich der Klangcharakter heraus. Das niedrige Eigenrauschen konnte akustisch bestätigt werden. Es ist immer schwer den Klang eines Mikrofons verbal zu beschreiben. Ich würde ihn neutral und schlank, besonders in den Bässen, bezeichnen. Ausgewogene Mitten und dezente Präsenz in den Höhen schaffen die Neutralität. Es hat etwas weniger Bassbetonung als viele Mikrofone im unteren Frequenzbereich. Aber gerade im Mix, ergibt sich hier bei vielen Instrumenten eine sehr gute Balance und eine gute Regelmöglichkeit mittels Equalizer.
Besonders geeignet finde ich das MK 4 neben der Abnahme von Vocals - auch für Sprache wegen einer exzellenten Sprachverständlichkeit - für Akustikgitarre, nahe Abnahme von E-Gitarren-Amps, auch als Overhead für Toms sowie Perkussion. Bei Klavier und Flügel kommt es auf den Musikstil an. Für Pop und Jazz finde ich es auch gut einsatzbar aber für den Klassikbereich fehlt mir unten etwas der "akustische Bauch". Dafür lässt es sich gut für Violine und auch Cello einsetzen. Blasinstrumente gehen ebenfalls gut, wenn man sie im Mix auch etwas akzentuieren möchte.
Auffallend ist auch die relativ frequenzunabhängige Richtwirkung, was ein Blick auf das Polardiagramm dann auch bestätigt.
Fazit
Der Preis für das MK 4 beläuft sich auf ca. 350 Euro. Für den Windschutz MKW 4 muss man noch ca. 30 Euro drauflegen. Das ist, um das mal so salopp zu formulieren, ein Hammerpreis für das was man da klanglich und auch von der Verarbeitung angeboten bekommt. Das MK 4 dürfte mit sicherlich in den Studios mit schmalen Budget der Renner werden.Aber auch für größere Studios ist das MK 4 sicherlich ein Alternativmikrofon. Nicht alles was preiswert ist muss ja bekanntlich auch schlecht sein und so wird das MK 4 auch sehr anspruchsvolle Anwender ansprechen. Hauptzielgruppe sind aber ganz klar Projektstudios und der Home-Recording-Bereich aber auch Bühnenanwendungen im Low-Budget-Bereich.