Sennheiser Digital 6000
Autor und Fotos: Peter Kaminski
Seit April 2017 ist nun das Digital 6000 Drahtlossystem, von Sennheiser verfügbar, welches viele Leistungsmerkmale des großen Bruders Digital 9000 beinhaltet und auf das sicherlich viele gewartet haben. Wir hatten das System im Test und möchten über unsere Erfahrungen berichten und wie es sich zwischen dem Digital 9000 und dem analogem 3000er-, bzw. 5000er-System von Sennheiser einreiht.
Codec, Übertragung, Kompatibilität
Zunächst aber erst einmal etwas zu den digitalen Übertragungsverfahren die Sennheiser bei seinen Professional-Wireless-Range-Produkten einsetzt. Eine Herausforderung bei digitalen Systemen ist mit der zur Verfügung stehenden Bandbreite von maximal 200 kHz klarzukommen, die von der ETSI für Drahtlosmikrofone vorgegeben ist. Bei Sennheiser hat man einen eigenen Audiocodec entwickelt. Der SeDAC arbeitet mit 19 Bit Auflösung und bietet eine Bandbreite von 20 kHz. Die Implementation gestattet bei der Übertragung zwei Betriebsarten und zwar den High Definition Mode und den Long Range Mode. Bei Ersterem wird die Übertragung nicht datenkomprimiert und bei dem Long Range Modus ungefähr im Verhältnis 1:3,8. Wie die Namen schon vermuten lassen setzt der High Definition Mode den Focus auf Qualität zu Lasten der Funkreichweite. Während im Flaggschiff Sennheiser Digital 9000 beide Modi implementiert sind ist es beim Sennheiser Digital 6000 ausschließlich der Long Range Mode. Es ist so, dass Sennheiser Digital 9000 Komponenten die im Long Range Modus betrieben werden, sowie der Sennheiser Kameraempfänger EK 6042, kompatibel mit den Komponenten des Digital 6000 sind.
Empfänger EM 6000
Das Herz des System ist der Empfänger EM 6000, der oben als Aufmacher-Foto zu sehen ist. Er wird in Versionen für Europa, UK und USA angeboten. Es handelt sich um einen zweikanaligen Empfänger in 19-Zoll-Bauweise (1 HE, 373 mm Tiefe).
Der Empfänger ist als Doppelsuperhet aufgebaut. Eingangsfilter sorgen für eine entsprechende Selektion. Wie beim EM 9046 des Sennheiser Digital 9000 Systems erfolgt die Wandlung in die digitale Ebene direkt nach der ersten Zwischenfrequenz. Beim EM 6000 handelt sich um einen Empfänger mit digitalen Diversity-Verfahren, was Sennheiser True Bit Diversity nennt. Bei analogen Diversity-Verfahren wird immer eines der beiden Signal als Ausgangssignal gewählt. Nun kann es in schwierigen Empfangssituationen aber dazu kommen, dass am Empfängerort beide Übertragungsstrecken gestört sind. Beim True Bit Diversity wird dagegen nicht einfach der qualitativ höherwertige als Quelle aufgeschaltet, sondern es werden beiden Datenströme ausgewertet, um schon an dieser Stelle des Signalweges Übertragungsfehler zu kompensieren. Bei trotzdem auftretenden Fehlern wird dann eine Fehlerkorrektur und schließlich ggf. dann eine Fehlerverschleierung eingesetzt.
Der Empfänger deckt eine Schaltbandbreite von 470 MHz bis 714 MHz ab - das ist also eine Schaltbandbreite von 244 MHz. Die Latenz vom Sender zum Empfängerausgang beträgt übrigens beim Digital 6000, wie auch beim Digital 9000, lediglich drei Millisekunden (analog oder AES/EBU-Ausgang). Die Übertragung kann auch mit einer 256 Bit-AES-Verschlüsselung erfolgen. Dies beeinflusst die Systemlatenz aber nicht. Auf der Geräterückseite befinden sich je zwei BNC-Buchsen für die Antennen und zwei Ausgänge zum durchschleifen, denn der EM 6000 verfügt über integrierte Antennensplitter. Es lassen sich bis zu acht EM 6000 in Serie schalten.
Der EM 6000 ist für den Betrieb von 90 bis 240 V, 50/60 Hz ausgelegt. Das Netzkabel ist verriegelbar. Im Gegensatz zum Digital 9000 ist der Empfänger, was die Audio-Schnittstellen angeht, nicht modular aufgebaut ab. Es stehen zwei trafosymmetrierte analoge Line-Ausgänge in Form von XLR- und Klinkenbuchsen und ein AES/EBU-Digitalausgang (XLR-Buchse) sowie weiter noch ein Word-Clock-Ein- und Ausgang (BNC-Buchsen) bereit. Sennheiser bietet zwei verschiedene EM 6000-Varianten und zwar eine ohne und eine mit Dante-Schnittstelle. Die Abtastrate für AES/EBU und Dante lässt sich auf 48 oder 96 kHz, bei 24-Bit-Wortbreite, einstellen. Für die Einbindung in ein Netzwerk steht auch noch eine Ethernet-Schnittstelle bereit. Eine aktualisierte Version der Sennheiser Wireless System Manager in der das Digital 6000 unterstützt wird, gibt es ebenfalls seit der Verfügbarkeit des Digital 6000-Systems.
Werfen wir nun einen Blick auf die Bedienung des EM 6000. Das Bedienkonzept ist, auch wenn die Bedienelemente-Anordnung etwas anders ist, sehr ähnlich dem Sennheiser Empfänger EM 3732. Ganz links befindet sich noch ein im Ausgangspegel regelbarer Kopfhörerausgang (6,3-mm-Stereoklinkenstecker). Der Kopfhörerverstärker bietet 100 mW Leistung pro Kanal an 32 Ohm Last.
Die beiden Sektionen für die Bedienung der Kanäle sind identisch. Ein dreieckiger LED-Indikator zeigt ggf. an, wenn kein Sender empfangen wird. Über den Kopfhörertaster kann ein Kanal, oder auch beide, auf den Kopfhörerausgang geschaltet werden und mit dem Sync-Taster wird eine Synchronisation mit einem Sender initiiert. Über den Drehgeber mit Tastenfunktion erfolgt die Menüanwahl und das Einstellen der angewählten Parameter. Mit dem ESC-Taster verlässt man eine Menüebene und mit dem SAVE-Taster werden getätigte Einstellungen bestätigt und gespeichert.
In dem Haupt-Display (s. Abb. oben) wird über drei Bargrafen die Empfangsfeldstärke, eine Qualitätsbewertung (Link Quality Indicator) und der NF-Pegel sowie bei Empfang der Batteriestatus des Senders ausgegeben. Daneben wird noch Kanalname und Frequenz angezeigt. Durch Drehen des Drehgebers werden weitere Informationen aufgerufen, wie z. B. die Einstellungen des Senders. Durch Drücken auf den Drehgeber gelangt man in das Menü.
Es werden folgende Menüs geboten (s. Abb. oben): Frequenz, Kanalname, Sync Setting, Encryption, Scan & Autosetup, Walktest, AF Output, Test Tone, Bank Edit und System. Die Im System-Menü lassen sich Abtastrate, Netzwerk-IP, Gerätename, Dante-Setting, Booster-Feed (Verstärkerfernspeisung), Display-Helligkeit ändern und Firmware-Status etc. einsehen. Über AF Output kann man den Ausgangspegel der analogen Ausgänge zwischen -10 und +18 dBu einstellen. Mit Sync Setting legt man fest, welche Einstellungen und ggf. welche Werte beim Sync-Vorgang auf den Sender übertragen werden.
Zwei Menü-Punkte, bzw. Funktionen möchten wir uns einmal genauer anschauen. Besonders interessant ist der Walktest (s. Abb. unten).
Hat man den Menüpunkt angewählt dann erscheint das Walktest-Display.
Wenn man nun die Funktion durch Tastendruck auf den Drehgeber startet, dann läuft der Walk-Test bis man ihn wieder mit dem Druck/Drehgeber stoppt.
Angezeigt werden hier (s. Abb. oben) Minimal und Maximalwerte der Feldstärke der beiden Empfangswege, des Qualitätsparameters sowie der Audiopegel in dBFS.
Ein weiterer Menüpunkt ist der Scan & Autosetup (s. Abb. unten). Hiermit lässt sich ein Frequenz-Scan durchführen und eine automatische Frequenzeinstellung vornehmen und zwar von allen im Netzwerk eingebundenen EM 6000-Empfängern. Über den Parameter Auto-Setup wird definiert welches Gerät als Master herangezogen wird.
Nach Bestätigung erfolgt die Abfrage ob man einen neuen Scan machen möchte oder einen vorhandenen als Basis nehmen möchte.
Nun legt man den Frequenzbereich fest (s. Abb. unten).
Nach Bestätigung mit dem Druck/Drehgeber startet der Scan.
Nach Beendigung eines Scans werden die freien Frequenz in Bänken angezeigt (s. Abb. unten).
Über die Edit-Funktion kann man bestimmte Frequenzen vom Auto-Setup ausnehmen.
Handsender SKM 6000
Das Gehäuse des Handsenders ist aus Magnesium gefertigt. Der SKM 6000 hat eine Länge von 270 mm und wiegt mit Akku und Mikrofonkapsel ca. 350 Gramm. Er bietet eine Schaltbandbreite von 88 MHz. Es werden Sendermodelle für drei Frequenzbereiche angeboten und zwar: 470 bis 558, 550 bis 638 und 630 bis 718 MHz. Der Handsender SKM 6000 verfügt über die gleiche Aufnahme für Mikrofonkapseln wie die evolution wireless-, 2000er- sowie Digital 9000-Serie.
Interessant bei den Sendern ist, dass vor der Antenne Zirkulatoren eingebaut sind, die häufig auch als HF-Isolatoren bezeichnet werden. Diese Bauelemente haben die Aufgabe Hochfrequenzsignal von außen nicht auf die Endstufe der Sender durchzuleiten. Gelangen Signale von anderen Sendern auf die Sendeendstufe so entstehen durch die Halbleiter in den Endstufen Mischprodukte, die sogenannten Intermodulationsprodukte, die wieder auch ausgesendet werden und so den nutzbaren Frequenzraum beschränken. Das ist bei dem Hand- und auch beim Taschensender der Digital 6000 Serien nicht der Fall. Die Prämiere dieser Zirkulatoren bei Drahtlossendern fand bei der Einführung der Digital 9000-Serie statt. Durch diese Maßnahme entfallen mühsame Planungen was die Frequenzauswahl angeht. Die Sender der Digital 6000 lassen sich dadurch nämlich, wie die der Digital 9000, im Abstand von 600 kHz betreiben, vorausgesetzt im genutzten Frequenzbereich befinden sich keine anderen Sender als die der Serien Digital 6000 und Digital 9000.
Eingeschaltet wird der Sender über einen Drucktaster mit LED-Indikator. Über drei Tasten lassen sich Menüs aufrufen, anwählen und die Parameter verändern, wie Frequenz, Testton, Anzeigewert im Hauptdisplay (Frequenz, Name, Preset), Tiefpassfilter (60, 80, 100, 120 Hz), Verstärkung (0 ... 60 dB), Mikrofonname und Eingabesperre (Lock). Wie schon zuvor beschrieben lässt sich der Sender auch über die Sync-Funktion vom Sender aus programmieren.
Taschensender SK 6000
Auch der Taschensender SK 6000 - ebenfalls im Magnesium-Gehäuse - bietet eine Schaltbandbreite von 88 MHz und drei Modelltypen mit den gleichen Frequenzbereichen wie der Handsender SKM 6000. Die Antenne ist aufgeschraubt.
Das Mikrofon wird über eine mit 3-Pin-Lemo-Buchse mit Schraubverriegelung angeschlossen, wie beim Taschensender SK 9000 oder den Sendern der Sennheiser 2000er- und 5000er-Serien. Sennheiser bietet mit den MKE 1, MKE 2, MKE 40 Ansteckmikrofone und auch div. Headset-Mikrofone an, wie HSP 2, HSP 4 und SL Headmic. Weiter bietet Sennheiser noch mit dem CI 1-4 ein Gitarrenanschlußkabel mit Klinkenstecker an.
Der Einschaltaster befindet sich oben auf dem Sender. Eine blaue LED signalisiert die Betriebsbereitschaft. Über drei Tasten lassen sich analog zur Bedienung des Handsenders Einstellungen vornehmen. Im Display werden Batteriestatus und Restdauer, Frequenz und Tastensperrfunktion sowie Verschlüsselung und Lock-Status angezeigt. Das "LR" im Display steht für den Long Range Modus. Die Menüpunkte und Funktionen sind mit dem Handsender identisch bis auf den Punkt, dass beim Hochpassfilter die unterste einstellbare Grenzfrequenz 40 Hz beträgt.
Ladestationen
Die Akkus für die Sender sind mit denen vom Digital 9000 identisch. Für den Handsender SKM 6000 wird daher der BA 60 Lithium-Ionen-Akku eingesetzt, der bis zu über fünf Stunden Betriebszeit bietet. Beim Taschensender SK 6000 beträgt die Betriebszeit mit dem Lithium-Ionen-Akku BA 61 über sechs Stunden. Mit den optional erhältlichen Batterieaufnahmen B 60 und B 61 für SKM 6000 und SK 6000 lassen sich auch Batterien oder NiMH-Akkus in Form von AA-Zellen einsetzen und in den Sendern betreiben. Natürlich ist die Betriebszeit dann entsprechend kürzer.
Als Ladegeräte kommt auch das kleine L 60 zum Einsatz, in dem auch gemischt zwei BA 60 und BA 61 geladen werden können (s. Abb. oben).
Neu ist das modulare Ladegerät L 6000 (s. Abb. oben) in einer 19-Zoll-Bauweise. Es lassen sich hier vier Module der Typen LM 6060 (für Akkutyp BA 60) und LM 6061 (für BA 61) bestücken. LEDs an den Modulen zeigen den Akkuladestatus an.
Praxis
Zur Klangqualität muss bemerken, dass der SeDAC-Codec-Algorithmus einen ausgezeichneten Job macht. Schon mit dem Digital 9000 hatte ich die Möglichkeit mich von der Qualität des Long Range Mode im Vergleich zu analogen Kompanderverfahren zu überzeugen. Kompanderverfahren haben besonders bei perkussiven und metallischen Geräuschen große Probleme. Diese werden beim Digital 6000 mit Hilfe des Long Range SeDAC-Algorithmus deutlich besser übertragen. Auch bei Sprache und Gesang hört man im direkten A/B-Vergleich einen deutlichen Unterschied, gerade was die dynamischen Aspekte angeht. Ohne Frage ist der High Definition Mode des Digital 9000 qualitativ dann noch einmal eine Stufe besser aber der Sprung von einer hochwertigen analogen Kompandertechnik zu digitalem SeDAC Long Range ist da doch noch deutlicher hörbar.
Was die Beurteilung der Reichweite angeht, so kann man zwischen analoger und digitaler Übertragung immer schlecht vergleichen, da das Verhalten speziell im Grenzbereich ein anderes ist. Es ist aber so, dass da wo hochwertige analoge Drahtlosmikrofone schon Störungen oder ein höheres Rauschen produzieren, der Long Range Modus noch einwandfrei nutzbar ist. Der Grenzbereich zwischen Störungen und dem Totalausfall ist aber beim Digital 6000 deutlich kleiner als bei analogen Systemen. Das kann man aber hinnehmen, denn auch kleine Störungen, wie sie auf der analogen Strecke dann schon hörbar sind, wären im praktischen, professionellen Betrieb mit hohem Anspruch nicht mehr akzeptierbar. Zusammengefasst kann man also sagen, dass beim Long Range Mode ein sicherer Betrieb gewährleistet ist als mit einer analogen Strecke. Das Verfahren ist auch relativ robust gegenüber Interferenzen und zwar robuster als es analoge Strecken sind.
Bemerkenswert ist beim Digital 6000-System, dass man auf viele Komponenten des 9000 und 5000 Systems zurückgreifen kann, wie die Antennen und Booster etc. besonders gilt dies aber auch für die Vielfalt an Mikrofonkapseln von Sennheiser und Neumann (KK 204 und KK 205). Zudem gibt es im Markt schon verfügbare Adapter um auch Kapseln anderer Hersteller einzusetzen.
Was es beim Digital 6000 gegenüber dem Digital 9000 übrigens nicht gibt ist die Anschlußmöglichkeit des Regieschalter KA 9000 COM für den SK 9000 um am EM 9046 den entsprechenden Kanal auf den Kommandoausgang umzuschalten.
Die gesamte Bedienung am Empfänger und bei den Sendern ist strukturiert aufgebaut und alle ausstehenden Fragen beantwortet das umfangreiche Manual. Der Griff zu dem Manual dürfte für einen erfahrenen Nutzer aber eher die Ausnahme darstellen.
Fazit
Natürlich ist auch alles immer eine Preisfrage. Das Sennheiser Digital 9000 spielt ja nicht nur in der Qualität in der obersten Liga sondern hat auch einen Preis, der ganz oben anzusiedeln ist. Mit dem Digital 6000 ist es aber Sennheiser gelungen, die meisten Vorteile des Digital 9000 zu bieten, aber das zu einem deutlich günstigeren Preis. Eine Funkstrecke des Digital 6000 liegt fast bei der Hälfte des Preises einer Digital 9000 Strecke. Im Verhältnis zur Serie 3000-/5000-II ist der Preis des Digital 6000 pro Kanal sogar etwas günstiger, da der Empfänger mit ca. 3.800 Euro dann ca. 1.200 Euro preiswerter ist.
Klanglich bietet der Long Range Mode eine Qualität, die über der einer sehr guten analogen Kompanderstrecke liegt. Die Bedienung ist einfach und die Verarbeitung der Komponenten ohne Frage sehr hochwertig und wie schon aufgezeigt ist der Preis angemessen.