Sennheiser AVX
Digitales Drahtlossystem für Kameraton
Autor und Fotos: Peter Kaminski
Auf der NAB im April 2015 präsentierte Sennheiser erstmalig das digitale Drahtlosaudiosystem AVX für Videokameras. Das System unterscheidet sich in vielen Punkten von bisherigen Drahtlossystemen, die für den Kameraton eingesetzt werden. Für uns gibt es also jede Menge über das System zu berichten.
DECT
Die erste Neuigkeit ist das Übertragungsformat und der Frequenzbereich. Im Zuge Einschränkungen bezüglich der Frequenzzuteilungen für Drahtlosmikrofonsysteme ein wesentlicher Punkt. Man setzt beim AVX nicht auf den UHF-Frequenzbereich oder LTE-Lücke, sondern hat sich für DECT entschieden. Ursprünglich stand DECT für Digital European Cordless Telephony. Damit wollte man einen modernen Standard für Drahtlostelefone einführen. Man erkannte aber auch, dass das System mehr Potential bietet als nur Drahtlostelefone. So steht DECT heute für Digital Enhanced Cordless Telecommunications. Mittlerweile wird DECT für Industriekommunikation oder auch im Bereich Intercom auf der Bühne eingesetzt und Fernwirksysteme, z. B. in Form von fernbedienbaren Steckdosen etc., nutzen DECT.
DECT wurde als Standard von der ETIS (Eurpopean Telecommunications Standards Institute) definiert. 1992 wurde DECT dann eingeführt und europaweit wurde auch ein Frequenzbereich für diese Anwendung festgelegt. Die CEPT empfahl den Fernmeldebehörden für DECT keine Gebühren oder Lizenzen zu fordern. So ist DECT europaweit und zudem kostenfrei nutzbar. Die aktuelle Allgemeinzuteilung der Bundesnetzagentur für DECT läuft zunächst noch bis Ende 2025, aber man darf wohl auch schon heute davon ausgehen, dass eine Nutzung auch darüber hinaus möglich sein wird.
Als Frequenzbereich in Europa ist 1.880 bis 1.900 MHz vorgesehen, also ein 20 MHz großes Segment. DECT hat sich aber auch über die Grenzen Europas hinaus etabliert. So ist DECT auch z. B. in Indien, Indonesien, Hongkong, Singapur, Malaysia und Australien im gleichen Frequenzbereich nutzbar. In Nord- und Südamerika ist der Frequenzbereich für DECT aber 1.920 bis 1.930 MHz (Ausnahme Brasilien 1.910 bis 1.920 MHz), in Japan 1.893 bis 1.906 MHz und in Taiwan 1.880 bis 1.895 MHz.
DECT sieht auch eine dynamische Frequenzwahl vor. Das heißt, der Anwender muss sich nicht um die Betriebsfrequenz kümmern, sondern das leisten die Endgeräte. Wird auf einem Kanal eine Interferenz festgestellt, so erfolgt ein automatischer Wechsel. Die Übertragung erfolgt Bidirektional - also in beide Richtungen, wobei die Datenrate in die beiden Richtungen unterschiedlich sein kann. DECT stellt in einem 10-Millisekunden-Rahmen 24 Zeitschlitze zur Verfügung, die beliebig für die eine oder andere Richtung genutzt werden können. DECT-Endgeräte können über eine Basisstation angebunden werden, wie man das von Telefonen her kennt aber auch eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung ist möglich. Die maximal zulässige Ausgangsleistung beträgt 250 mW.
Konzept und Technik
Nun aber wieder zurück zum Sennheiser AVX-System. Die Anforderungen an eine hochqualitative Audioübertragung sind natürlich deutlich höher als für die auf 7 kHz beschränkte Audiobandbreite eines DECT-Telefons. Dies wird durch eine Reihe von Maßnahmen erreicht und zwar einmal durch die zuvor beschriebene Unsymmetrie bei der Datenrate (Rückweg benötigt bei der Anwendung weniger Bandbreite als der Hauptweg), dann durch eine Bündelung von mehreren Kanälen und durch Einsatz einer Audiocodierung mit Datenkompression. Es wird beim AVX die dreifache Kanalbreite eines normalen DECT-Kanals benutzt.
Das System bietet so einen Audioübertragungsbereich von 20 Hz bis 20 kHz bei einer Abtastrate von 48 kHz und einer Auflösung/Wortbreite von 24 Bit. Erreicht wird ein Störabstand der über 90 dB (A-bewertet) liegt. Statt der bei DECT üblichen 64- oder 128-Bit Verschlüsselung nutzt das AVX eine abhörsichere 256-Bit-AES-Verschlüsselung.
Die Latenzzeit des AVX-Systems wird im Wesentlichen durch den Audiocodec bestimmt und beträgt 19 Millisekunden. Als Codec wird ein sprachoptimierter Codec eingesetzt der auf dem CELT-Codec basiert. Er wurde speziell für die Bedürfnisse von Sennheiser angepasst und optimiert. CELT (Constrained Energy Lapped Transformation) basiert wiederum auf dem für Sprache optimiertem CELP-Codec (Code-Excited Linear Prediction), der für sehr niedrige Datenraten entwickelt wurde. CELT arbeitet im Gegensatz zum CELP ausschließlich in der Frequenzebene und unterstützt trotz Optimierung auf Sprache sowohl Sprache als auch Musik.
Taschensender SK AVX
Der kompakte Taschensender (65 * 100 * 24 mm, 130 g) im Metallgehäuse verfügt über die vom G3-System bekannte 3,5-mm-Buchse mit Gewinde für eine Steckerverschraubung. Der Eingangspegel beträgt 2,2 V eff bei Mikrofon und 3,3 V eff bei Line-Pegel (kodiert über den Stecker). Der Übertragungsbereich des Taschensenders liegt bei 50 Hz bis 20 kHz.
Im Display wird die Restbetriebszeit sowie die Feldstärke am Empfänger (über den Rückkanal) und auch noch die Name der Funkverbindung, in Form der letzten vier Ziffern der Seriennummer, angezeigt.
Eine Klappe um an Bedienelemente zu gelangen gibt es nicht denn alle Bedienelemente sind von außen direkt zugänglich. Es gibt aber auch lediglich drei Bedienelemente nämlich Drucktaster zum Ein-/Ausschalten, einen weiteren Drucktaster für das Initiieren des Pairings bzw. bei Antippen Identifizierung des gekoppelten Empfängers und ein Mute-Schiebeschalter oben neben der kurzen Antenne. Über eine LED wird der Verbindungsstatus signalisiert (grün: verbunden, rot: nicht verbunden). Eine Einstellung der Eingangsempfindlichkeit sucht man vergeblich denn die wird automatisch eingestellt. Dazu mehr im Anschnitt Praxis.
Der Taschensender wird standardmäßig mit dem Lithium-Ionen-Akkupack BA 30 mit einer Kapazität von 2.030 mAh betrieben und lässt sich damit typischerweise 15 Stunden betreiben. Bei einer Akkurestzeit von 15 Minuten fängt die Indikator-LED am Sender an rot zu blinken. Es wird auch ein optionaler Batterieadapter für zwei Mignon-Batterien angeboten. Hiermit kann man den Taschensender immerhin noch ca. elf Stunden betreiben. Das Laden erfolgt über eine mit Gummi abgedeckte und so staubgeschützte Mini-USB-Buchse. Der Handsender wird mit einem Steckernetzteil und USB-Ladekabel geliefert.
Interessant ist es noch mal einen Blick auf das mitgelieferte Zubehör zum MKE 2 Mikrofon zu werfen (s. Abb. oben). Es wird dort eine Klemme für die Befestigung an der Kleidung, zwei Mikrofonkabelhalterungen (eine wird die Klemme gesteckt), sowie ein Miniaturmikrofonkorb und ein Windschutz sowie auch je zwei Frequenzgangkappen für eine leichte (kurze Kappe) oder starke Höhenanhebung (größere Kappe) mitgeliefert.
Bei ME 2 Mikrofon wird neben dem Mikrofon eine Ansteckklammer und ein kleiner Schaumstoffwindschutz mitgeliefert. Sowohl das ME 2 als auch das MKE 2 haben kugelförmige Richtcharakteristik.
Handsender SKM AVX
Den Handsender (Länge 275 mm mit Kapsel und Akku) gibt es in zwei Ausführungen und zwar ohne (s. Abb. oben) und mit Mute-Schiebeschalter, der sich dann unterhalb des LC-Display befindet. Unten im Handsender befinden sich der Einschalttaster mit LED-Indikator und darunter der Pairing-Taster. Weitere Bedienelemente gibt es auch hier nicht. Der Übertragungsbereich des Handsenders beträgt auch hier 50 Hz bis 20 kHz.
Der Handsender besteht aus dem Handteil SKM AVX-835 aus Metall, der aufschraubbaren Mikrofonkapsel MMD 835-1 mit Nieren-Richtcharakteristik und dem Lithium-Ionen-Akkupack BA 10, der in das Handsenderteil eingeschoben wird (s. Abb. oben). Im Lieferumfang befindet sich auch noch eine Stativhalterung.
Das Laden des Handsenders erfolgt ebenfalls über eine Mini-USB-Buchse (s. Abb. unten). Die Betriebszeit beträgt typischerweise 15 Stunden. Auch hier wird die Restzeit von 15 Minuten durch rotes Blinken der Indikator-LED angezeigt.
Alternativ gibt es auch beim Handsender ein Batteriegehäuse mit zwei AA-Batterien wobei beim Verwenden von Alkaline-Batterien sich eine Betriebszeit von elf Stunden ergibt.
Empfänger EKP AVX
Beim AVX-Empfänger hat man was die Gehäuseform angeht, ganz neue Wege beschritten. Der Empfänger ist ultrakompakt (Länge 81 mm, Gewicht lediglich 87 g mit Akku) und ist mit einem im Gehäuse integriertem, um 320 Grad drehbaren XLR-Stecker ausgestattet. So lässt sich der Empfänger direkt auf den XLR-Eingang der Kamera stecken.
Auch hier gibt es den Druckeinschalter mit Betriebsindikator-LED, der bei kurzem Antippen die Akku-Restkapazitätsstatus über die vier LEDs ausgibt. Natürlich darf auch hier der Pairing-Drucktaster nicht fehlen. Der Ausgangspegel lässt sich in vier Stufen über den AF Out Taster einstellen (0, -10, -20 und -30 dBu). Durch kurzes Antippen wird der eingestellte Wert über die vier LEDs ausgegeben.
Der Akku ist beim Empfänger auch kompakter und bietet eine typische Betriebszeit von mindestens vier Stunden. Er kann aber auch während des Betriebs über die Mini-USB-Buchse gespeist werden. Interessant ist, dass die 48-Volt-Phantomspeisung auf dem Kameraeingang dazu genutzt wird, den Empfänger zu aktivieren, bzw. bei deaktivierter Phantomspeisung in Stand-by-Modus zu schalten. Wenn die Restbetriebszeit weniger als 15 Minuten beträgt, fängt die unterste LED des Bargraf an rot zu blinken und warnt so.
Dem Empfänger liegt auch noch neben dem USB-Ladekabel und Steckernetzteil ein Blitzschuhadapter für die Befestigung auf Kameras ohne XLR-Buchsen bei. Weiter befindet sich auch noch ein Gürtelclip im Lieferumfang, falls man den Empfänger am Körper tragen möchte.
Interview
Wir hatten noch die Gelegenheit mit Sven Boetcher, Portfolio-Manager Broadcast & Media bei Sennheiser, folgendes ergänzendes Interview zu führen.
proaudio.de: Vielleicht kann man noch etwas zur Vorgeschichte/Entwicklung erfahren.
Sven Boetcher: Trotz des großen Erfolges von evolution wireless G3 wollten wir für diese Neuentwicklung den Status Quo in Frage stellen. Wir haben uns mit Videojournalisten und Videographern zusammengesetzt und sie zu den Herausforderungen befragt, denen sie im Berufsalltag begegnen. Dabei stand besonders der Kameraempfänger im Fokus. Es kristallisierte sich ein Wunsch nach größerer Nutzerfreundlichkeit, kompaktem Equipment und generell einfacherer Arbeit mit Drahtlostechnik heraus.
proaudio.de: Lag dabei die Übertragung über den DECT-Standard nahe?
Sven Boetcher: Nein, nicht unbedingt. Den Nutzern war vor allem die schnelle und einfache Anwendung wichtig. Sie wollen sich beim Dreh nicht lange mit Audio- und Frequenzeinstellungen aufhalten, sondern sich direkt um das Bild kümmern können und losfilmen. Wir haben uns erst später die passenden Technologien angeschaut. Die DECT-Basis erwies sich als eine gute Lösung; wir haben dann begonnen, an einem guten Sound zu arbeiten.
proaudio.de: Man darf davon ausgehen, dass das AVX auch mit Diversity-Funktion ausgestattet ist?
Sven Boetcher: Beide Wege haben Diversity, denn der Sender ist gleichzeitig auch ein Empfänger und umgekehrt, da sich die Komponenten u.a. über die Funkfrequenz austauschen. Wir arbeiten wegen der Nähe der Antennen mit Polarisation, d.h. die Antennen stehen im Winkel von 90 Grad zueinander.
proaudio.de: Was für ein Audiocodec wird beim AVX eingesetzt?
Sven Boetcher: Es handelt sich um einen sprachoptimierten Codec, der auf dem CELT-Codec basiert und den wir dann speziell an unsere Anforderungen angepasst, sprich verfeinert haben. Die Sprachoptimierung haben wir gewählt, weil sie für diesen Anwendungsfall ideal ist; die Zielgruppe arbeitet mit Interviews, mit Sprache.
proaudio.de: Erfolgt eine Dynamikregelung in irgendeiner Art und Weise?
Sven Boetcher: Im normalen Betriebsbereich reicht das System das Signal unverändert durch. Bei extremen Aussteuerungen ist sozusagen ein „Airbag“ eingebaut. Schreit der Interviewpartner ins Mikrofon, greifen wir behutsam ins Signal ein und schützen den User so vor Clipping und einem dadurch unbrauchbaren Signal.
proaudio.de: Sind die Mikrofone kompatibel zur der der evolution wireless G3 Serie?
Sven Boetcher: Sämtliche Mikrofonkapseln der Serie evolution wireless G3 lassen sich auch für AVX nutzen. Da für Interviewsituationen ein Modell mit Kugelcharakteristik ideal ist, haben wir noch einen zusätzlichen Mikrofonkopf herausgebracht, die Kapsel MMD 42. Sie basiert auf unserem Reportermikrofon MD 42.
proaudio.de: Gibt es Sets mit verschiedenen Miniaturkapseln?
Sven Boetcher: Ja, es gibt Bodypack-Sets mit dem ME 2 und dem professionelleren MKE 2. Auch ein MKE 1 kann mit dem System genutzt werden. Wir arbeiten derzeit an einer Liste kompatibler Produkte, denn man kann aufgrund der gepulsten Digitalübertragung nicht jedes beliebige Mikrofon anschließen.
proaudio.de: Wird es eine Ladestation geben oder ist eine andere Ladestation eines anderen Produktes für den AVX-Empfänger verfügbar?
Sven Boetcher: Eine Ladestation ist nicht vorgesehen, denn wir wollten alles so einfach und transportabel wie möglich gestalten. Darum haben die Akkus einen USB-Ladeanschluss, der mit jedem USB-Ladekabel, jeder Power Bank und jedem Handyladegerät funktioniert. Einfacher geht es nicht.
proaudio.de: Sind weitere Komponenten geplant, wie z. B. einen Aufstecksender?
Sven Boetcher: Wir warten hier das User-Feedback ab, geplant ist ein Aufstecksender zurzeit nicht. AVX ist aber eine wichtige Plattform für uns und wir werden uns die Bedürfnisse unserer Kunden genau verfolgen.
Praxis
Wir haben das AVX-System mittlerweile bei einer ganzen Reihe von Videodrehs eingesetzt und das sowohl in Innenräumen als auch bei Außendrehs und möchten hier über unsere eigenen Erfahrungen berichten. Parallel haben wir auch häufig ein G3 100er von Sennheiser zum Vergleich parallel eingesetzt.
Zum Pairing zwischen zwei Geräten muss man die Pairing-Taste an beiden Geräten kurz drücken und nach einigen Sekunden wird durch eine grüne dauerleuchtende LED auf den Geräten die bestehende Verbindung signalisiert. Das Pairing erfolgt dabei über die Bidirektionale-Funkstrecke. Beim nächsten Einschalten merken sich die Geräte das Pairing. Erst wenn man ein Pairing mit einem anderer AVX-Komponente aufbauen möchte, muss man das Pairing erneut durchführen. Funktioniert alles einwandfrei und schnell. Überhaupt ist die sehr einfache Bedienung des Systems herauszustellen. Dazu kommen wir aber auch noch im Folgenden zu sprechen.
Durch das Empfängergehäuse mit dem drehbarem XLR-Stecker lässt sich der Empfänger leicht an jeder beliebigen Kamera mit XLR-Buchsen direkt anstecken (s. Abb. oben). Hier ist also kein Blitzschuhadapter und vor allem Verbindungskabel vom Empfänger zu Kamera erforderlich. Das ist mehr als praktisch. Durch das Drehen des XLR-Steckers am Empfänger lässt sich auch immer eine Position finden, die optimal ist. Bei DSLR-Kameras oder Video-Kameras ohne XLR-Eingang muss man eben den beiliegenden Blitzschuhadapter verwenden. Es gibt ja auch DSLR-Kameras mit unterschiedlichen Speisespannungen für Elektretmikrofone. Diese kann aber nicht dazu genutzt werden, den Empfänger bei ausgeschalteter Kamera ebenfalls automatisch auszuschalten. Dies funktioniert ausschließlich bei Verwendung einer 48-Volt-Phantomspeisung.
Der Taschensender Sender des AVX-Systems ist im direkten Vergleich (s. Abb. oben) zur viel eingesetzten ew 100 G3 Empfänger nochmal deutlich kompakter, ins besonders ist er dünner und mit einer festen Antennenanformung ausgestattet. Das macht auch den Transport etwas einfacher denn man muss nicht darauf achten ob man in der Transporttasche ggf. die Antenne abknickt.
Der auf dem MKE 2 aufsteckbare Metall-Windschutz des MKE 2 sorgt für eine Minderung der Windgeräusche um ca. 10 dB. Der zusätzlich aufsetzbare Fellschutz sorgt für eine weitere Unterdrückung von 10 dB. Der Windschutz muss über den aufgesetzten Metallkorb aufgeschoben werden. Überhaupt ist das professionellere MKE 2 Lavaliermikrofon sehr zu empfehlen, da es auch klanglich exzellente Ergebnisse in den verschiedensten mit den Aufsteckkappen zur Höhenanhebung bietet.
Nun einmal zur Klangbeurteilung des Systems. Das AVX steht beim Sound dem ew 100 G3 in nichts nach. Es ist natürlich nicht einfach beide zu vergleichen, denn das AVX hat keinen Kompander, nutz aber digitale Übertragung mit Audiodatenkomprimierung. Der eingesetzte Codec arbeitet allerding absolut überzeugend. Auch bei Geräuschen oder Musik wird eine hohe Qualität erzielt so, dass man den Hinweis auf die Optimierung auf Sprache nicht fehlinterpretieren sollte.
Die automatisierte Pegelregelung des Systems ist eigentlich nur dann hörbar, wenn man das AVX falsch einstellt. Am besten man stellt die Kameraeingangsempfindlichkeit auf Mikrofon und dann den Gain-Regler an der Kamera auf Mitte und stellt dann den Pegel mit den vier Gain-Stufen am Empfänger so ein, dass man in den Spitzen bei normaler Besprechung mindestens 12 dB Headroom hat, um so Spitzen abzufangen. Individuelles Fein-Tuning macht man dann ggf. am Gain-Regler der Kamera. Stellt man den Gain zu hoch ein, so dass man häufig an der 0 dB Grenze liegt, so wird dann die Regelung hörbar. Bei Beachtung des Headrooms funktioniert der Pegel-Automatismus aber sehr gut, denn wenn denn nur gelegentlich eine hohe Pegelspitze auftritt, so wird diese sehr gut ausgeregelt, ohne dass Artefakte hörbar sind. Man muss sich um die Aussteuerung daher beim AVX viel weniger Gedanken machen als bei Systemen mit rein manueller Pegeleinstellung wo Clips dann mal auch zu einem unbrauchbaren Audiosignal führen. Das AVX ist hier deutlich toleranter.
Jetzt kommen wir zur Beurteilung der HF-Strecke. Bei Videoaufnahmen werden häufig ja die UHF-LET-Lücke von 823 bis 832 MHz oder der ISM-Bereich 863 bis 865 MHz eingesetzt, da einmal lizenzfrei nutzbar und zudem auch überregional, bzw. im zweiten Fall länderübergreifend. Zunehmend machen aber Störungen Probleme, wie mal ein gelegentlicher Click oder Mute da LTE-Endgeräte in Nähe des Drahtlosempfängers durchaus zu Beeinträchtigungen führen können. Das lässt sich ja, gerade bei öffentlichen Veranstaltungen in der Menge, nicht immer ausschließen. Weiter gibt es vermehrt Geräte im ISM-Bereich, die auch dort mal für eine kurzzeitige Störung sorgen können. Ganz anders sieht es im DECT-Bereich und dem Sennheiser-AVX aus. Wir hatten bei den ganzen Tests die wir durchgeführt haben keine einzige Störung feststellen können. Auch in Umgebung mit einer erhöhten Anzahl von DECT-Geräten in unmittelbarer Nähe funktionierte die Übertragung einwandfrei.
Die Reichweite beim DECT-basierendem Sennheiser AVX ist nicht mit einem Sennheiser ew 100 G3 zu vergleichen und geringer. Aber das ist in der Praxis für den anvisierten Einsatzbereich der Videoaufnahmen überhaupt kein Problem, denn Moderator und Interview-Partner werden sich ja in der Regel in der Nähe der Kamera, bzw. des AVX-Empfängers aufhalten. Das ew 100 G3 hat ja ein viel breiteres Einsatzspektrum. Besonders vermindert ist die Reichweite durch die deutlich höhere Arbeitsfrequenz von ca. 1.900 MHz - also mehr als das Doppelte als bei den lizenzfreien UHF-Frequenzbereich - beim Übertragen durch Wände, bzw. Gebäude hindurch. Aber auch hier darf man ja wohl davon ausgehen, dass der AVX-Sender bei Kameraaufnahmen sich im gleichen Raum befindet. Die reduzierte Reichweite gegenüber dem ew 100 G3 kann man bei der vorausgesetzten Einsatzapplikation also ohne Probleme in Kauf nehmen. Die Vorteile der automatisierten und dynamischen Frequenzwahl plus die absolute Störfreiheit im praktischen Betrieb sind letztendlich ausschlaggebend für die absolut positive Bewertung des Sennheiser AVX.
Die Latenzzeit von 19 Millisekunden ist so, dass man auch ohne Delay-Kompensation damit leben kann. Bei einer Aufnahme mit 50p oder 60p entspricht das ca. einem Frame und das kann man als akzeptabel betrachten. Auch einige Kameras, gerade im DSLR-Bereich, haben zwischen dem Ton- und Bild eine Verzögerung. Man muss hier ggf. die Gesamtsituation betrachten. Bei den eingesetzten Video-Profikameras haben wir auf eine Kompensation, bzw. Neuanlegen des Tons verzichtet. Wer den Ton genau anlegen möchte kann ja mit einer Klappe arbeiten.
Hier noch etwas ergänzend zum praktischen Betrieb. Die Ladezeit mit dem beiliegendem Steckernetzteil liegt beim Handsender und Taschensender bei ca. 4,5 Stunden und beim Empfänger bei ca. 75 Minuten. Wer sein Empfängerakku während der Aufnahme an der Kamera via USB-Kabel speisen möchte, der sollte sich ein zwei Meter langes USB-Verlängerungskabel besorgen, denn im Studiobetrieb sind die 4,5 Stunden Betriebszeit des Empfängerakkus dann doch schnell erreicht. Ich persönlich würde mir schon eine Ladestation wünschen, in der man alle drei Akkutypen gleichzeitig laden kann, denn ich glaube, dass die Anwendung des AVX-Systems über das Einsatzspektrum der anvisierten Zielgruppe hinausgeht und sich auch so mancher Profi, der täglich Drahtlossysteme in Verbindung mit Kameras auf hohem Niveau einsetzt, das AVX nutzen wird und diese Anwendergruppe würden sich sicherlich so eine Ladestation wünschen.
Produktübersicht und Preis
Sennheiser bietet zurzeit in Europa drei Sets an und zwar:
- AVX-835 SET mit Handsender und Mikrofonmodul MMD835-1,
- AVX-ME 2 SET mit Taschensender und Ansteckmikrofon ME 2,
- AVX-MKE 2 SET mit Taschensender und Ansteckmikrofon MKE 2.
Weiter werden folgende Einzelkomponenten angeboten: EKP AVX Aufsteckempfänger, SK AVX Taschensender, SKM AVX-835 und SK AVX-835S, wie zuvor aber Handsender mit Mute-Schalter. Es werden auch insgesamt acht Länder, bzw. Regional-spezifische Versionen angeboten. Bei einigen Versionen ist lediglich das Steckernetzteil ein anderes. So lassen sich alle Version die mit der Länderkennung -3 gekennzeichnet sind auch miteinander nutzen.
Der Preis eines Sets mit Sender und Empfänger liegt versionsabhängig bei ab ca. 1.000 Euro.
Fazit
Wir haben hier viel über die Technik und den praktischen Betrieb geschrieben. Das ist aber auch erforderlich, denn in vielen Bereichen geht das AVX andere und neue Wege, als bisher am Markt verfügbare Audiodrahtlosübertragungssysteme für Videokameras. Zusammengefasst sind das: die extrem einfache Handhabung, die automatische Frequenzwahl, der sichere und störungsfreie und zudem europaweiter (und ggf. auch darüber hinaus) und lizenzfreier Betrieb über DECT und nicht zuletzt der für diese Anwendungen optimierte, sehr gute Klangqualität des Systems.
Das Sennheiser AVX ist absolut praxisorientiert und auf das Anwendungsprofil hin zugeschnitten. Daher sollte man auch nicht den Fehler machen, dass System mit dem Sennheiser ew 100 G3 zu vergleichen oder es gar als Nachfolger anzusehen. Das ist es nämlich definitiv nicht.
Was es dagegen ist: ein sehr empfehlenswertes Drahtlossystem für alle Anwender, die Drahtlossysteme an Video- und DSLR-Kameras einsetzen. Das AVX macht vieles im täglichen Betrieb deutlich einfacher und das sogar mit einem Zugewinn an Qualität was Audio und Übertragung angeht. Das dürften sich wohl sowohl Semiprofis als auch Profis zu Nutze machen.