Sennheiser AMBEO VR MIC
3D-Audio Mikrofon für Virtual-Reality-Umgebungen
Autor: Peter Kaminski
AMBEO ist ein Markenname von Sennheiser mit dem die 3D-Audio-Produkte gekennzeichnet werden. 3D-Audio hat ja verschiedenste Facetten. Bei dem Sennheiser AMBEO VR Mic, welches wir hier näher vorstellen möchten, handelt es sich um ein Produkt für das Segment Virtual Reality (VR). VR ist immer mehr in alle Munde, speziell getrieben von dem 3D-Spiele-Markt. VR-Brillen werden zunehmend preiswerter und finden zunehmende Verbreitung. Für die Audio-Produzenten häufig ein neues Feld. Verfügbares, zugeschnittenes 3D-Audio-Equipment ist noch sehr überschaubar.
3D-Audio
Es gibt verschiedene Verfahren 3D-Audio aufzunehmen. 3D-Audio unterscheidet sich ja von Surround Sound in dem Punkt, dass auch Höheninformationen aufgezeichnet und wiedergegeben werden. Prinzipiell gibt es mehrere Möglichkeiten dies zu tun und zwar einmal die einzelnen Mikrofonsignale mittels 3D-Panner in der Mischung im Raum zu platzieren oder Mehrkanal-Mikrofonanordnungen zu benutzen. Auch hier gibt es wieder verschiedene Möglichkeiten. Es gibt Mikrofonanordnungen, die direkt mit entsprechenden Abhörsystemen mit gleicher Aufstellungsanordnung kompatibel sind, wie z. B. 10.0-Anordnung, bestehend aus zwei in der Höhe gestockten 5,0 Surround-Mikrofonanordnungen mit relativ großen Mikrofonabständen. Problem dieser Anordnung ist aber zum Beispiel, dass die Höhenabbildung über Kopf nicht optimal ist. Ein anderes hier zu nennendes Merkanal-Mikrofonverfahren ist 3D-ORTF.
Ambisonics
Es gibt aber noch ein weiteres Methode 3D-Audio aufzunehmen: das sogenannte Ambisonics-Verfahren. Ambisonics besteht aus mehreren dicht beieinander angeordneten Mikrofonen, die in verschiedenen Richtungen zeigen. Das Verfahren ist zunächst einmal unabhängig vom Wiedergabefomat und erfordert eine Transformation in das gewünschte Zielabhörformat.
Die Abbildung des Originalraumeindrucks ist bei Ambisonics umso genauer, umso mehr Mikrofone eingesetzt werden. Man unterscheidet hier First Order Ambisonics mit vier Mikrofonen und Higher Order Ambisonics (HOA) mit noch mehr Mikrofonen. Die bisher am Markt verfügbaren Ambisonics-Mikrofone sind alle First-Order-Ambisonics-Mikrofone.
Einer der ersten war der englische Hersteller Soundfield. Weitere Anbieter wie Brama, AGM Digital und Core Sound kamen als Anbieter von Ambisonic Mikrofonen hinzu. Viele Produkte verschwanden aber wieder vom Markt und die bisher verfügbaren Mikrofone waren hochpreisig.
Konzept und Technik
Mit dem AMBEO VR Mic bietet nun auch der renommierte Mikrofonhersteller Sennheiser ein Ambisonic-Mikrofon erster Ordnung, also mit vier Mikrofonkapseln (s. Foto oben mit abgenommenem Schutzkorb), in Anordnung eines regulären Tetraeders, an. Die Mikrofonkapseln sind relativ dicht beieinander angeordnet. Als Mikrofonkapseln kommen aufeinander abgestimmte Sennheiser dauerpolarisierte Electret-Kapseln des Typs KE 14 mit Nierenrichtcharakteristik zum Einsatz.
Unten am Mikrofongehäuse ist eine 12-poliger DIN12M-Steckverbindung mit Schraubverriegelung vorhanden. Geliefert wird das Mikrofon mit einem Windschutz sowie eine Kabelpeitsche von 12-pol. DIN auf vier XLR-Steckern und einer elastischen Halterung (s. Abb. unten).
Technische Daten
Die Spannungsversorgung des Mikrofons erfolgt über 48-Volt-Phantomspeisung, wobei diese auf jedem der vier XLR-Verbindungen aktiv sein muss. Der Strom beträgt pro Kanal ca. 3,5 mA. An der Mikrofonpeitsche sind die Kanalnummern mit Ziffern auf den Steckern markiert. Der Frequenzgang beträgt 20 Hz bis 20 kHz. Die Empfindlichkeit gibt der Hersteller mit 31 mV/Pa (@ 1 kHz) an. Die Nennimpedanz beträgt 200 Ohm. Der Ersatzgeräuschpegel beträgt 18 dB(A) bzw. 27 dB CCIR 468-3 und der Grenzschalldruckpegel bei einem Klirrfaktor von 1 % @ 1 kHz liegt bei 130 dB(A). Soweit zu den technischen Daten des AMBEO VR MIc.
AMBEO-Formatkonverter
Nun müssen wir kurz noch einmal zum Thema Ambisonics zurückkommen. Die vier Mikrofonsignale die aus dem AMBEO VR Mic kommen sind direkt die verstärkten Kapselsignale. Diese vier Signale lassen sich so auf einen Mehrspur-Recorder aufzeichnen. Das Format nennt man Ambisonic A-Format. Zur Weiterverarbeitung muss man die Mikrofonsignale aber in ein sogenanntes B-Format konvertieren, dass das eigentliche Ambisonics- Austauschformat darstellt. Das B-Format besteht auch wieder aus vier Kanälen und zwar dem W sowie den X, Y und Z. Das W-Signal entspicht einem Mikrofonsignal mit idealer Kugelcharaketeristik und entspricht in der Matrix dem richtungsunabhängigen Pegel, während die Kanäle X, Y und Z die Richtungsinformation enthalten. Also ein Vektorformat mit Betrag (W) und Richtung (X, Y ,Z).
Sennheiser bietet als Download ein Plug-In an, welches die Konvertierung von dem A- in das B-Format vornimmt (s. Abb. oben). Das Plug-In kommt entweder vor Ort auf einem Laptop zum Einsatz oder eben in der Post-Production. Es steht sowohl für Windows-PC als auch für Mac OS-X-Rechner zur Verfügung und zwar in den VST-, AU- oder AAX-Plug-In-Formaten und ist somit auf allen gängigen Workstations nutzbar.
Über die Bedienoberfläche des Plug-Ins lässt sich ein Korrekturfilter zur Klangoptimierung aktivieren (standardmäßig aktiv), ein Hochpassfilter aktivieren, die virtuelle Richtung verändern (Microphone Rotation), die Mikrofonausrichtung während der Aufnahme anpassen und das Ausgangs-B-Format auswählen. Es gibt unterschiedliche B-Format, die sich Form der Anordnung der Kanäle und in der Pegelnormalisierung unterscheiden. Der AMBEO A-B-Format-Konverter gestattet die Ausgabe in den beiden am meisten verbreitetsten Varianten FuMa (Kanalreihenfolge WXYZ, Normalisierung nach max N) und ambiX (WYZX und SN3D-Normalisierung). Über je vier Bargrafanzeigen mit Spitzenwertmarkierungen hat man den Pegel der Kanäle immer im Blick.
Praxis
Der Der Nachteil des B-Formats ist, dass es ebenfalls nicht direkt abhörbar ist. Entweder hört man zur Kontrolle das W-Signal hinter dem A-B-Format-Konverter ab - also ohne Richtungsinformation - oder man setzt auf einem Labtop noch einen weiteren Konverter ein, der das B-Format in ein übliches Abhörformat wandelt. Sinn für den mobilen Einsatz macht hier natürlich ein binaurales Kopfhörerformat. Hier empfiehlt sich zum Beispiel das Plug-In Ambi Head von Noise Makers aus Frankreich (s. Abb. unten).
Dieser Software-Hersteller bietet noch weitere Plug-Ins für die Bearbeitung von Ambisonics-Signalen an, die wir in einem extra Test vorgestellt haben [mehr ...].
Für unseren Test haben wir ein Zoom F8 für das Location Recording eingesetzt. Für das Monitoring haben wir eine Monomischung aller vier Kanäle mit gleichem Pegel erstellt, die ja dem W-Signal entspricht, und die Post-Production dann in der DAW-Software Nuendo von Steinberg durchgeführt. Das W-Signal bringt einen aber schnell an die Grenzen der Beurteilung so dass man die Aufnahme unter Umständen direkt auf einem mobilen PC mit den nötigen Konvertern und Plug-Ins durchführen muss, um auch eine Monitoring-Lösung mit Richtungsinformationen zu haben. Anzumerken ist, dass man bei der Aufnahme unbedingt darauf achten muss, das die Verstärkung aller Aufnahmekanäle exakt gleich eingestellt ist.
Die klangliche Beurteilung eines Ambisonics-Mikrofons ist sehr schwierig, denn die Formatkonverter, besonders vom B-Format auf das Monitoring-Zielformat, beeinflussen natürlich auch wesentlich den Klang. Da hilft erst einmal für eine grundsätzliche Klangbewertung die Mikrofone einzeln zu beurteilen um den Einfluss der Konverter auszuschließen. Den EK 14 Kapseln und dem Vorverstärker des Sennheiser AMBEO VR Mic kann man einen sehr guten, neutralen Klang bescheinigen. Das Mikrofon ist sehr rauscharm und auch relativ Wind-unempfindlich. Wir haben viele Außenaufnahmen nur mit dem normalen, mitgelieferten Windschutz aufgezeichnet.
Beim Anhören mit dem Ambi Head Plug-In stellen wir eine gute Richtungswiedergabe fest. Selbst Überkopfgeräusche und auch immer kritische Geräusche von hinten werden gut lokalisiert. Bei sehr perkussiven Geräuschen geht die Ortungsgenauigkeit etwas zurück, was aber nicht am Mikrofon selbst, sondern am binauralen Konverter-Plug und den technischen Rahmenbedingungen von Ambisonic erster Ordnung liegt. Man hat es bei Ambisonics-Mikrofonen grundsätzlich mit Koinzidenzmikrofonie zu tun, die Prinzip-bedingt eine etwas eingeschränkte räumliche Abbildung bieten, als es mit laufzeitbasierenden Mikrofonieverfahren der Fall ist. Dafür hat man den Vorteil der extremen Kompaktheit und Portabilität des Mikrofons. Es gibt eben nicht das Mikrofon, das alle Anforderungen - nicht nur akustischer Art - optimal erfüllt. Das ist auch bei 3D-Audio nicht anders. Besonders bei Ambient-Aufnahmen spielt das AMBEO VR Mic seine Stärken aus. Für 3D-Audio-Musikaufnahmen würde man sicherlich ein ganz anderes Mikrofonverfahren wählen, das wiederum für diese speziellen Anforderungen optimiert ist.
Fazit
Das Sennheiser AMBEO VR Mic kostet 1.785 Euro. Das ist im Verhältnis zu den bisher angebotenen Ambisonics-Mikrofonen relativ preiswert, die ja auch zum Teil noch mit einem Hardware-A-B-Formatkonverter angeboten werden, bzw. wurden. Hier geht Sennheiser mit einem Software-Plug-In einen anderen, moderneren Weg, der auch Kosten einspart.
Man muss sich natürlich immer die Frage nach dem richtigen Mikrofon stellen. Für klassische VR-Anwendungen für Spiele oder Industrieanwendungen ist das kompakte und vor allem unauffällige und vor allem portable-taugliches Mikrofon ideal und bietet eine gute 3D-Ortung. Besonders bei Anwendungen für Basis-Ambient-Aufnahmen, die dann in der Mischung mit Stützen oder anderen Quellen ergänzt werden, ist das AMBEO VR Mic ideal einsetzbar.