sE Electronics NEOM USB
USB-Mikrofon mit ASIO-Treiber und mehr
Autor und Fotos: Peter Kaminski
Mit dem NEOM USB präsentiert sE Electronics ein USB-Mikrofon im Studio-Mikrofon-Design - übrigens nicht das erste USB-Mikrofon von sE. In der Tat bietet das NEOM USB aber auch einige Studiomikrofon-Leistungsmerkmale und richtet sich sicherlich nicht nur an die typischen USB-Mikrofon-Anwender im Bereich Podcast und Gaming.
Konzept und Technik
Das Mikrofongehäuse ist aus Zink-Aluminium-Druckguss und auch das Mikrofongitter ist aus Metall gefertigt. Das Gewicht beträgt 445 Gramm (Abmessungen 174 x 56 x 40 mm).
Die Mikrofonkapsel basiert auf der Kapsel des X1 A. Es handelt sich also um eine Elektret-Mikrofonkapsel mit einem Durchmesser von 16 Millimeter. Die meisten Mitbewerber nutzen hier kleinere Kapseln. Auch die Lagerung ist ähnlich die des X1 A. Intern im Mikrofonkorb ist ein zweilagiger Schaum-Popschutz verbaut.
Im Mikrofon sind sowohl 24 Bit A/D- als auch D/A-Wandler verbaut. Es sind Abtastraten von 44,1 bis zu 192 kHz möglich. Der Vorverstärker ist nicht der des Decoder-Chips sondern man hat hier einen extra zweistufigen Vorverstärker integriert, um einen möglichst optimalen Störabstand zu erzielen. Man stellt mit dem Gain-Regler auch wirklich die Mikrofonverstärkung ein und nicht - wie bei anderen USB-Mikrofonen häufig üblich - eine Abschwächung eines schon verstärkten Signals.
Die Verbindung erfolgt über einer USB-C-Buchse an der Unterseite. Das Anschlussstück ist übrigens so geformt, wie man es von Studiomikrofonen her kennt und so passen das Mikrofon auch in die üblichen Mikrofonaufnahmen und elastischen Halterungen von Studiomikrofonen. Auf der Rückseite befindet sich noch eine 3,5-mm-Klinkenbuchse für den Anschluss eines Kopfhörers zum Monitoring. Über das Monitoring kann man sowohl direkt das Mikrofonsignal hören, als auch das rücklaufende Signal von dem Rechner/DAW. Mehr dazu im Abschnitt Handhabung.
Das NEOM USB wird direkt als Audio-Device von Windows- oder macOS-Betriebssysteme erkannt und zur Nutzung angeboten. Es sind also keine zusätzlichen Treiber erforderlich. Das gleiche gilt auch für iOS- und Android-basierende mobile Geräte. Bei Android-Geräten ist ein OTG-Adapter und bei iOS-Geräten der Kameraadapter für den Betrieb erforderlich. Wichtig ist aber, dass die Stromaufnahme deutlich unter 100 mA liegt und so lässt sich das Mikrofon zum Beispiel direkt am iPhone ohne zusätzliche Spannungsversorgung am Kameraadapter betreiben.
Auf der Web-Site von sE Electronic wird auch ein optionaler ASIO-Treiber für Windows 7/8 und einer für Windows 10/11 angeboten. Damit unterstreicht man das professionelle Einsatzgebiet des NEOM USB. Mit dem Treiber wird auch ein Control Panel installiert (s. Abb. oben), mit dem sich Abtastrate und Puffergröße einstellen lässt. Die Puffergröße lässt sich bis zu lediglich 16 Samples einstellen. Die Möglichkeit mit sehr kurzen Latenzen zu arbeiten bietet auch die Chance zur Echtzeit-Processing mit Plug-Ins. Erstaunlich ist, dass sE Electronics in der dreiseitigen Betriebsanleitung nicht auf das Control Panel eingeht.
Interessant ist, dass es noch einen Gaming/Streaming-Mode gibt, der sich per Anwahl im Control Panel aktivieren lässt. Dies ist ein zweiter, zusätzlicher Puffer, der sich besonders in Resourcen-hungrigen Anwendungsbereichen dazu schalten lässt, um Audio-Drop-Outs zu vermeiden.
Handhabung
Mitgeliefert wird mit dem Mikrofon ein Tischständer aus Metall und eine Mikrofonklemme aus Kunststoff, die auf den Ständer über eine Schraube an der Ständerunterseite befestigt wird. Weiter ist im Lieferumfanbg noch ein Mikrofon-Gewindeadapter sowie ein Kabel USB-C auf USB-A.
Wenn das NEOM USB mit einem Gerät verbunden ist leuchtet die Umrandung des sE-Logos mittels LED dauerhaft. Besteht nur Stromversorgung blinkt es. Das Logo ist auch als Taster ausgeführt. Drückt man darauf und die Farbe ändert sich in Rot, dann ist das Mikrofon gemutet. Wichtig ist, dass man es aber im Monitoring über einen angeschlossenen Kopfhörer weiterhin noch abhören kann, um so off-air Einstellungen anzupassen.
Ansonsten erfolgt die ganze Bedienung direkt an drei Reglern am Mikrofon. Hier lässt sich die Mikrofonverstärkung, der Mikrofonpegel im Kopfhörer-Monitoring und der Playback-Pegel von des DAW-Rücksignals einstellen. Auch der Rand des MIC GAIN Regler leuchtet und zwar grün bei vorhandenem Pegel und rot bei Übersteuerung. Die Übersteuerungsanzeige ist dabei Sample-genau, was heißt, dass wenn auch nur ein Sample übersteuert ist, es auch detektiert und angezeigt wird. Die Pegel-Detektionsanzeige funktioniert übrigens auch dann, wenn das Mikrofon im Mute-Betrieb ist. Es lässt sich also auch der Pegel während der Stummschaltung gegebenenfalls anpassen.
Praxis
Was die Bedienung angeht, so ist das Konzept einfach: Mikro und ggf. Kopfhörer anschließen, auf Aussteuerung über die LED achten und Pegel über die drei Regler einstellen. Ich persönlich finde, dass die drei Regler an der Mikrofon-Front etwas schwergängiger sein könnten - aber das ist schon Meckern auf hohem Niveau.
Über die Bereitstellung des ASIO-Treibers lässt sich das Mikrofon auch mit professionellen Programmen, wie zum Beispiel WaveLab oder andere, einsetzen. Interessant ist auch, dass wenn man sich die Ein- und Ausgänge anschaut, drei virtuelle In/Out-Stereopaare zusätzlich angezeigt werden. Über diese virtuellen Inserts kann der Anwender zum Beispiel Echtzeit-Plug-In-Bearbeitung nutzen.
Nun zum Klang. Wenn man sich den Übertragungsbereich im Datenblatt des Herstellers (s. Abb. oben) anschaut, dann fällt einem sofort die leichte Bassanhebung um 100 Hz auf sowie die Anhebung von ca. 5 dB um die 12 kHz. Dieser verlauf wurde durch die akustische Abstimmung der Kapsel erreicht. Solche Verläufe sind im Bereich von USB-Mikrofonen nicht unüblich und da ist das NEOM USB sogar fast noch zurückhaltend. Man nimmt es im praktischen Betrieb natürlich war, aber ich fand sowohl bei Stimme als auch bei Instrumenten kaum die Notwendigkeit einer Korrektur mittels Filter. Der Klang des NEOM USB hat eine durchaus vorhandene Wärme durch die leichte Forcierung im Bassbereich. Die Höhen sind Präsent ohne aufdringlich zu wirken. Insgesamt eine sehr gute Abstimmung. Das Mikrofon ist im Betrieb auch sehr rauscharm.
Die Entkopplung von Körperschall im Betrieb mit dem Tischständer ist sehr gut, denn unter dem Ständer sind Gummifüße und zudem ist die Mikrofonaufnahme auch nicht aus hartem Kunststoff, sondern etwas weicher und dient so der zusätzlichen Entkopplung. Man kann bis ca. 15 cm Sprechabstand ohne zusätzlichen Popschutz arbeiten. Ab ca. zehn Zentimeter ist es aber zwingend erforderlich einen zusätzlichen Popschutz zu betreiben.
Im Polardiagram erkenn man gut die Nierenrichtcharakteristik des Mikrofons (s. Abb. oben). Die Vor/Rück-Dämpfung ist sogar um einige dB größer als die beim X1 A.
Fazit
Der Preis des sE Electronics NEOM USB liegt bei knapp unter 200 Euro. Anwendungen dürfte dank der hohen Audioqualität neben den typischen im Streaming, Podcast und Gaming-Bereich auch der Recording-Einsatz von Instrumenten sein - sei es bei der Bandprobe oder im Remote-Recording Betrieb im Hotelzimmer. Hier ist der Betrieb schnell und ohne zusätzliches Interface zu realisieren. Das NEOM USB ist leicht im Reisegepäck untergebracht. Aber das ist nur eine Anwendung, die über die üblichen von USB-Mikrofonen hinausgehen. Auch der Window-ASIO-Treiber ist sicherlich ein Alleinstellungsmerkmal des NEOM USB.