sE Electronics sE8
Test: Herbert Böhme | Fotos: Peter Kaminski u. sE
Der neuste Produktzugang bei der chinesischen Audiofirma SE Electronics ist ein Kleinmembranmikrofon mit dem Namen sE8. SE Electronics hat bereits mehrere Kondensatormikrofone auf den Markt gebracht, die alle durch ein besonders gutes Preisleistungsverhältnis von sich reden machten. Auch in diesem Fall, wird das sE8 einzeln oder als gematchtes Pärchen zu einem ungemein attraktiven Preis angeboten.
In diesem Zusammenhang sei zu erwähnen, dass günstige Kleinmembranmikrofone oft dazu tendieren harsch und im oberen Frequenzbereich scharf und schneidend zu klingen. sE Electronics verspricht laut eigenen Angaben dieses Problem bei dem Model sE8 in den Griff bekommen zu haben.
Konzept und Technik
Bei dem hier vorgestellten sE 8 Pärchen handelt es sich um "echtes" Kondensatormikrofone, also kein Electret-Mikrofone mit fester Vorspannung. Die Kapseln mit einer 3 μm starke, goldbedampfte Membrane werden in Handarbeit gefertigt. Laut dem von sE verfügt das sE8 über einen Übertragungsbereich von 20 Hz bis 20 kHz, mit einer leichten Anhebung bei etwa 7 kHz. Der Grenzschalldruck von 139 dB ist schon ziemlich ambitioniert und deutet auf eine gute Dynamik hin.
Es gibt einen zweistufigen Pegelabschwächer, mit 10 dB und 20 dB. Des Weiteren gibt es einen schaltbaren Hochpassfilter der bei 80 bzw. 160 Hertz die tiefen Frequenzen beschneidet. Diese Funktionen werden mit kleinen, im Mikrofonkorpus versenkten Schiebereglern vorgenommen, so dass sie sich nicht so leicht versehentlich verstellen lassen.
Lieferumfang
Das getestete Stereoset wird in einem kompakten Alukoffer geliefert. Das Zubehör besteht aus zwei stabilen, einfachen Mikrofonklammern, zwei Windschützen und einer Mikrofonschiene aus Metall für den Einsatz als A/B-Stereo-Mikrofon. Die Mikrofone sind ca 12 cm lang und haben einen Durchmesser von ungefähr 23 mm und wiegen ca. 140 Gramm.
Praxis und Klang
Um die klanglichen Eigenschaften der Mikrofone beurteilen zu können, bat ich einen befreundeten Gitarristen und einen Perkussionisten ins Studio. Bei diesen beiden Instrumenten konnten die Probanten ihre Stärken ausspielen. Das Klangbild kann man als sehr aufgeräumt und in den Mitten und Höhen als sehr weich und seidig bezeichnen. Die räumliche Darstellung ist recht offen und weit und angenehm. Bei den Percussions-Aufnahmen fielen die schnellen Transienten und die gute räumliche Abbildung auf. Auch das Rauschverhalten ist für Mikrofone dieser Preisklasse als äußerst gut zu bewerten. Was sich ebenfalls, wie schon bei einem Blick auf die Richtdiagramme vermuten ließ, war die klangliche Unabhängigkeit in Bezug auf die Einfallsrichtung des Schalls.
Interview mit Thomas Stubics von sE
Peter Kaminski von proaudio.de führte noch ein Interview mit Thomas Stubics der für sE tätig ist. Er hatte vorher 15 Jahre bei AKG in der Akustikentwicklung und als Produktmanager für Studiomikrofone und professionelle Kopfhörer gearbeitet.
proaudio.de: Nach Ihrem Wechsel zu sE haben Sie ja auch in der Mikrofonentwicklung mitgewirkt.
Thomas Stubics: Ja, sehr intensiv beim X1 A, X1 S, sE8, V7, V7 X, V7 MC1, V3, sE2200, RNT. Ich freue mich sehr, viel von meiner Erfahrung und meinem Wissen in die Produkte einfließen lassen zu können, aber genauso mit meinen Kollegen neue, innovative Ideen umzusetzen. Wir sind ein starkes, ambitioniertes Team und suchen immer den Kontakt zu unseren Kunden. Sie helfen uns, den Fokus zu bewahren und tolle Produkte zu erschaffen.
proaudio.de: Bei einem Kleinmembranmikrofon dieser Preisklasse muss man ja zwangsweise Kompromisse machen und da stellt sich die Frage nach der passenden Lösung die man bei sE gewählt hat um ein Optimum zwischen Materialeinsatz und Qualität zu erzielen?
Thomas Stubics: Mit dem Akustikdesign und der Präzision der Elektrode steht und fällt die Klangqualität. In diesem Fall haben wir die Elektrode von Grund auf neu entwickelt, um einen möglichst ausgewogenen Klang und hohe Konsistenz zu erhalten. Oft werden Elektroden mit sehr einfachen Mitteln und simplen Geometrien gefertigt. Im Falle der sE8 Kapsel verwenden wir hier präzise gefräste, komplexere Formen. Die Elektroden werden dann sorgfältig nachbearbeitet und auch geprüft, bevor sie händisch weiterverarbeitet werden. Da wir alle Produkte im Haus nicht nur selber entwickeln, sondern auch fertigen, verfügen wir über sehr viel Know How bei der Umsetzung und können unsere Ideen leichter und ohne Umwege oder unnötigen Ballast umsetzen. Wir arbeiten sehr effizient und unsere Kunden profitieren sehr von dem daraus resultierenden attraktivem Preis-Leistungsverhältnis. Gut muss nicht teuer sein.
proaudio.de: Auffällig ist ja, dass beim sE8 ja eine echte Kondensatorkapsel zum Einsatz kommt. Dafür gab gibt es natürlich gute Gründe. Vielleicht für unsere Leser einmal hier ein paar kurze Erklärungen dazu.
Thomas Stubics: Sogar in weit höheren Preislagen finden man nicht selten Kondensatormikrofone in Elektret-Technologie, die bezüglich der geometrischen Gleichmäßigkeit des elektrischen Feldes Grenzen setzt. Beim sE8 setzen wir bewusst auf die Echt-Kondensator-Technologie, die hier deutlich ausgewogenere Klangeigenschaften ermöglicht. So verfügt das sE8 über einen sehr ausgewogenen Klang, ohne die hohen Frequenzen zu überzeichnen oder die oberen Mitten zu färben. Das ist meiner Erfahrung nach ein wesentlicher Punkt. Unsere Kunden schätzen diese Eigenschaft sehr, da es das sE8 einerseits sehr natürlich uns ausgewogen klingt, aber auch, wenn gefordert, eine intensivere Dynamik- oder Klangbearbeitung zulässt. Ein weiteres Qualitätsmerkmal ist der zu tieferen Frequenzen hinunter reichende Frequenzgang, der einen wesentlichen Anteil beiträgt, Instrumente plastisch und realistisch darzustellen.
proaudio.de: Im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen entwickelt und fertigt sE ja seine Kapseln selber. Das ist doch ein immenser Vorteil?
Thomas Stubics: Enorm. Die Kapsel ist das Herz des Mikrofons. Als einer der wenigen Hersteller weltweit stellen wir bei sE die gesamten Mikrofone und Kapseln noch wirklich selber in unsere der eigenen Fabrik her. Alle Kapseln werden in unserem Reinraum von erfahrenen und geschulten Mitarbeitern handgefertigt. Nur so können wir unsere hauseigenen Entwicklungen ohne Kompromisse in die Produktion überleiten. So ist es uns möglich, neue Technologien einzusetzen, unser Wissen und Kenntnisse weiter auszubauen, präzise Teile und kritische Arbeitsvorgänge umzusetzen, hohe Qualität direkt zu kontrollieren und unsere hochwertigen Produkte zu einem ansprechenden Preis unseren Kunden anzubieten. Wir haben dies Siwei Zou, dem Gründer von sE Electronics und Ling Zou, seiner Tocher und General Manager, zu verdanken. Nachdem Siwei am Shanghai Conservatory of Music westliche Komposition studiert hat, entwickelte er sich vom Fagott Spieler zu einem erfolgreichen Komponisten und Dirigenten und wurde auch mehrmals von der California State University eingeladen. Er wohnte auch einige Zeit in San Franciso, wo er dann auch schließlich auf die Idee kam, in seiner Heimat Shanghai selber hochwertige Studiomikrofone zu entwickeln und zu produzieren. Seit 2008 führt nun Ling, seine Tochter, sE Electronics und baute das Familienunternehmen kontinuierlich zu einem sehr attraktiven und innovativen Mikrofonhersteller aus.
proaudio.de: Es gibt ja auch noch ein paar Dinge zur Vorverstärkerschaltung zu erzählen. Wie wurde denn z. B. der in dieser Preisklasse doch beachtliche Störabstand erreicht?
Thomas Stubics: Gerade bei der Aufnahme von filigranen Tönen wie zart gespielten Streichinstrumenten oder als Raummikro im Konzertsaal kann sich Rauschen störend bemerkbar machen. Daher setzen wir hier sorgfältig ausgesuchte, diskrete Bauteile und eine ausgetüftelte Schaltung ein. Hier kommt es auf jedes Detail an und wir freuen uns sehr, dass wir hier ein Eigenrauschen von nur 13 dB(A) erreichen konnten. So geringe Werte findet man sonst nur bei wesentlich teureren Produkten.
Andererseits erfordert der Einsatz auf der Bühne als Overhead-Mikro oder auf der Snare eines fanatischen Heavy Metal Drummers eine hohe Übersteuerungsfestigkeit. Nicht selten liest man hier fast schon astronomische Angaben beim maximalen Schalldruck, wie hier beim sE8 stolze 159 dBSPL. Natürlich kommt es nur sehr selten vor, dass man Kampfflugzeuge mit Schalldrücken jenseits der Schmerzgrenze mikrofoniert, jedoch liegen nicht selten die Spitzenschalldruckpegel 10 bis 16 dB höher als die gemittelten, effektiven Werte. Der wesentliche Grund für diese sehr hohen Werte liegt jedoch in den Abschwächungsfiltern mit 10 bzw. 20 dB. Eine im Nahfeld abgenommene Stahl-Snare kann schon mal, wenn ein professioneller, schlagkräftiger Schlagzeuger am Werk ist, so laut sein, dass ein Mixer, Preamp oder Audiointerface im Einsteigersegment den hohen Eingangspegel nicht verarbeiten kann. Nicht alle Eingangsstufen verfügen über entsprechende schaltbare Abschwächungsfilter und selbst wenn, ist es immer ratsam, das Signal schon möglichst früh in der Audioübertragungskette entsprechend abzuschwächen, um bestmögliche Klangqualität zu erreichen. Gerade durch diese Flexibilität bezüglich der Dynamik kann das sE8 in seiner Preisklasse ebenfalls punkten.
Um die tolle Tiefenwiedergabe der Kapsel auch wirklich auskosten zu können, haben wir bei der Elektronik auch nicht bei den Koppelkondensatoren gespart und sie deutlich größer dimensioniert als in bisherigen Schaltungen. Generell, ist die Schaltung des Mikrofonverstärkers mit nur wenigen Verstärkungsstufen aufgebaut, die dafür umso präziser arbeiten und die Anzahl der Koppelstufen auch gering halten.
Fazit
sE Electronics ist mit diesem Stereoset ganz offensichtlich ein großer Wurf gelungen. Akustische Instrumente werden mit exzellenter Räumlichkeit und einem äußerst angenehmen Klangbild eingefangen, mit ausgewogenen Transienten und einem geringen Rauschverhalten. Die weitere technische Ausstattung mit einem zweistufigen Pad und Low-Cut tragen zu praxisorientierten Anwendungsmöglichkeiten bei. Das Preis/Leistungsverhältnis ist nahezu unschlagbar. Alles in Allem eine absolute Empfehlung.