sE Electronics 4400 und T2
Doppelkapsel-Großmembranmikrofone
Autor und Fotos: Armin Bauer
Das beliebte Großmembranmikrofon sE4400 mit goldbeschichteter Membran und sein Pendant T2 mit Titanbeschichtung haben nun schon einige Jahre auf dem Buckel. Zeit für eine Neuauflage hat sich der Hersteller wohl gedacht und bietet die beiden Mikrofone nun behutsam modernisiert an.
Konzept
sE4400 und T2 sind mit 1-Zoll großen Echtkondensator-Kapseln ausgestattet, mit wählbaren Richtcharakteristiken Niere, Hyperniere, Kugel und Acht.
Grundsätzlich sind beide Mikrofone gleich aufgebaut und der Unterschied liegt in der Beschichtung der Mylar-Membran. Während das sE4400 hier auf die klassische Goldbedampfung setzt, kommt beim T2 das härtere und leichtere Titan zum Einsatz. Das soll das Ansprechen der Kapsel verbessern und für präzisere, schnellere Transienten sorgen.
Mit vier Schaltern, gut erreichbar auf der Vorderseite, sind Pad, Low-Cut Filter und die Richtcharakteristiken wählbar. Pad kann dabei zweistufig eine Pegelreduzierung um 10 oder 20 dB bieten. Der Low-Cut ist für 40 oder 80 Hz bei 6 dB/Octave schaltbar. Für die Richtcharakteristiken ist zunächst ein Dreifach-Schalter für die Auswahl Kugel, Niere/Hyperniere oder Acht zuständig, über einen weiteren Schalter wird zwischen den beiden Nierencharakteristiken entschieden. Beide Mikrofone sind sowohl einzeln, wie auch als selektierte Paare zu erwerben.
Daten und Ausstattung
sE4400 und T2 sind in ein flaches Gehäuse eingebettet, dass etwas an den AKG Klassiker C414 erinnert. Die Höhe beträgt 146 mm, die Breite an der dicksten Stelle 58 mm, 29 mm ist der Korpus dick. Mit 290 Gramm sind die beiden sicher kein Schwergewicht.
Der Frequenzgang reicht von 20 Hz bis 20 kHz. Der max. SPL liegt bei 137 dB und kann mit Pad um 10 oder 20 dB erhöht werden. Das Eigenrauschen ist mit 13 dB(A) angegeben, was herausgerechnet aus dem max. SPL einen verwertbaren Dynamikumfang von 124, 134 und 144 dB ergibt (bei Vordämpfung 0, 10, 20 dB). Die Empfindlichkeit von 25 mV/Pa liegt im oberen Bereich, was weniger Verstärkung am Vorverstärker bedeutet. Die Nennimpedanz zeigt mit 22 Ohm einen niedrigen Wert, der den problemlosen Anschluss an nachfolgende Geräte ermöglicht. Die Nennlastimpedanz wird mit größer ein Kiloohm angegeben.
Geliefert werden die Mikrofone in einem Alu-Transportkoffer. Hier ist auch die neu gestaltete Mikrofonspinne mit ein paar Ersatzgummis untergebracht. Bei den Stereo-Sets legt sE Electronics noch eine Stereoschiene mit dazu.
Neuerungen
Eine offensichtliche Verbesserung ist die neu gestaltete Mikrofonspinne, die gerade im Live-Einsatz ihre Vorteile ausspielt. So ist das Mikro sehr schnell eingespannt und kann durch die platzsparende Form sehr dicht an die Schallquelle herangeführt werden. Das Gelenk ist nicht gerastert, lässt sich aber sicher und fest fixieren.
Eine weitere Maßnahme, das sE4400 und das T2 live tauglicher zu machen, ist die stabilere Ausführung des zweilagigen Einsprechgitters. Hier wird nun Federstahldraht statt Messing verwendet. Weniger offensichtlich ist die Änderung des Gehäusematerials. Das wird nun, statt wie bisher aus Messing gefräst, aus Druckguss hergestellt. Zusammen mit einer Politur entsteht so eine edle Oberfläche.
Geändert wurden auch die Einsatzpunkte des Hochpassfilters. Bei den alten Modellen wurde hier bei 80 und 120 Hz angesetzt, die Neuauflage arbeitet mit 40 und 80 Hz. Vereinfacht wurde beim sE4400 der Name, das frühere Modell war mit sE4400a bezeichnet.
Das T2 hat seinen Namen beibehalten, kann nun aber ebenfalls als selektiertes Stereopaar bestellt werden.
An der Elektronik und Kapsel wurde im grundsätzlichen Aufbau nichts geändert wurde, allerdings kann durch die Modernisierung der Produktion die Kapsel in noch engeren Toleranzen gefertigt werden. In der Elektronik werden nun auch SMD-Bauelemente genutzt, was zu einem noch besseren Rauschverhalten geführt hat. Die Schriftzüge auf dem Gehäuse werden zudem nun noch präziser graviert.
Praxis
sE Electronics sieht die beiden Mikrofone als Allrounder, die eine Vielzahl von Anwendungen im Studio und live abdecken. Gesang, akustische Instrumente, Flügel, Drum-Overheads, Blasinstrumente und E-Gitarren Boxen sieht der Hersteller als Prioritäten für das sE4400. Impulshafte Klangquellen wie Drums, Percussion oder Kontrabass sind die Hauptverwendungen des T2.
Während sich die Daten beider Probanden nicht unterscheiden, ist tatsächlich ein deutlicher Unterschied im Klang zu verzeichnen. Das sE4400 liefert einen ausgewogenen Sound ohne Betonungen eines bestimmten Frequenzbereichs, der in weichen, fein aufgelösten Höhen endet. Das T2 entspricht dem über weite Teile, bietet aber gerade in den Höhen einen moderneren, höhenbetonten Sound, der durchaus eine etwas härtere Komponente mit sich trägt. Wie von Hersteller angekündigt bietet das T2 ein extrem schnelles Einschwingverhalten, dass impulsive Klänge präzise abbildet. sE4400 und T2 haben einen recht gering ausgeprägten Nahbesprechungseffekt, der beim sE4400 etwas natürlicher klingt.
Der Klangunterschied zwischen den beiden Nierencharakteristiken ist gering, wobei die Hyperniere enger abbildet und seitlich einfallenden Schall besser ausblendet. Die Acht bietet auch über weite Strecken sehr linear an, der Bereich zwischen 2 und 5 kHz wird hier forciert, was hohen Stimmlagen entgegenkommt. Dafür ist ein schneller Pegelabfall ab 10 kHz zu vermelden. Zwischen Vorder- und Rückseite ist ein Klangunterschied wahrnehmbar. Rückseitig ist eine geringere Ausprägung der Höhen, dafür eine Unterstützung bei den tiefen Mitten zu vermelden. Dieser Effekt tritt bei der Kugel nicht auf, die der Acht ähnelt. Hier unterbleibt aber der Höhenabfall ab 10 kHz. Die Kugelcharakteristik klingt sehr ausgewogen, systembedingt natürlich etwas indirekter. Prima für Rauminformationen und klassische Aufnahmen, wo es absolut auf Realismus und Detailtreue ankommt.
Insgesamt bieten die beiden sE Mikrofone vier gut klingende Richtcharakteristiken, die durch die Bank die Erwartungen erfüllen. Das sE4400 kenne ich aus einer älteren Serie, hier habe ich in der Auflösung der Höhen eine Verbesserung beim neuen Modell wahrgenommen. Der Pad-Schalter arbeitet wie erwartet, die angegebenen Werte der Pegelreduzierung werden erreicht. Recht subtil setzt der Low Cut-Filter ein, der eine recht flache Steilheit von 6 dB/Octave bietet. Da kann der 40 Hz-Filter eigentlich in den allermeisten Fällen eingeschaltet bleiben. Übrigens lassen sich alle Schalter sehr sauber und mit den nötigen Widerstand bedienen.
Auch im Live-Einsatz durften sich die beiden Mikrofone bewähren. Das sE4400 wurde zunächst bei einer Band, zusammen mit einem dynamischen Mikrofon, am Fender-Gitarrenverstärker eingesetzt. Als Richtcharakteristik wurde die Hyperniere gewählt und der 80 Hz Filter aktiviert. Damit konnte sehr schön das Mischungsverhältnis im Klang an die Song-Passagen des einzigen Gitarristen angepasst werden.
Im zweiten Fall konnten beide Mikrofone bei Aufnahmen einer Klassikveranstaltung eingesetzt werden. Das sE4400 bildete dabei in der Achtercharakteristik zusammen mit einem Audio-Technica AT4051a die Stützmikrofonierung für eine M/S-Aufnahme.
Das Stativ stand vor dem Dirigentenpult und nahm so das gesamte Orchester sehr adäquat in hervorragender Qualität auf. Das T2 wurde vor die Harfe platziert. Hier wurde wieder die Hyperniere gewählt, um das Übersprechen zu minimieren. Auch das T2 harmonierte hier sehr schön mit dem Instrument, bildete die perlenden Saiten sehr natürlich ab und arbeitete sehr gut die Transienten des Instruments heraus. Durch die stabile Konstruktion der beiden Mikros sind sie definitiv für Live-Einsätze tauglich.
Fazit
Das gewohnt sehr gute Preis-/Leistungsverhältnis der sE-Produkte ist auch bei diesen Mikrofonen gegeben. 530 Euro sind für die Einzelmikrofone veranschlagt und 1.100 Euro für die selektierten Stereo-Pärchen. sE Electronics wird in Deutschland vertrieben von Mega Audio.
sE Electronics ist stetig bemüht die Produktpalette noch besser zu machen. Dieses Mal hat es die Klassiker sE4400 und T2 getroffen, die behutsam, aber nachhaltig modernisiert wurden. Beide Mikrofone sind universell einsetzbar und bieten vier sehr gut abgestimmte Richtcharakteristiken.