Radial SW8-USB
Auto-Switcher und USB-Playback Interface für macOS
Autor: Erol Ergün | Fotos: Peter Kaminski u. Erol Ergün (1)
Nichts ist schlimmer als wenn es während einer Live-Performance zu technischen Pannen kommt. Mal abgesehen vom Supergau eines Stromausfalles gibt es zahlreiche Bereiche wie Licht, Beschallung und FOH, die im laufenden Showbetrieb für Ausfälle anfällig sind. Getreu dem Motto The Show Must Go On werden deshalb im Tour-Betrieb meist gleich mehrere, identisch bestückte Komponenten eingesetzt, die bei Ausfall eines Systems den Betrieb gewährleisten. Umso mehr werden immer häufiger Computer als Performance-Instrument aufgrund der hohen Rechenleistung genutzt, da diese den Künstlern weitreichende kreative Möglichkeiten bieten und im Vergleich zu analogen Geräten wie Expander, Effektracks, Bühnenmixer wenig Platz auf der Tour benötigen.
Für manche Künstler ist der Computer mit großem Datenspeicher und Audiointerface das Hauptinstrument. Herkömmliche Computersysteme oder Notebooks sind für einen Bühneneinsatz jedoch nicht konstruiert und deshalb stark ausfallgefährdet. Die kostenintensive, aber sichere Lösung sind redundante Systeme, die bei Ausfall des Hauptsystems einspringen und genau für diesen Einsatzzweck hat das kanadische Unternehmen Radial mit dem SW8-USB ein passendes Werkzeug entwickelt.
Konzept
Der SW8-USB ist ein Auto-Switcher und D/A-Wandler mit acht Audioausgängen für den Live-Betrieb von zwei synchron laufenden macOS-Systemen. Das mit 4,2 kg schwere Gerät im robusten Stahlgehäuse beherbergt in einer 19-Zoll-Höheneinheit zwei USB-Audiointerfaces mit jeweils bis zu 192-kHz-Abtastrate und 24-Bit-Auflösung sowie eine intelligente Schaltung, die via S/PDIF oder MTC bei digitalen Dropouts automatisch vom Hauptsystem auf das Backupsystem wechselt. Je nach Einsatzzweck können bis zu drei Einheiten für die Wiedergabe von 24 Audiokanälen kaskadiert werden.
Bedienung und Anschlüsse
Frontseitig befinden sich acht XLR-Ausgänge, die entweder Mikrofon- oder Line-Pegel ausgeben können. Störgeräusche lassen sich mittels Ground-Lift-Schalter für jeden Audioausgang individuell minimieren. Links ist die Control Monitor-Sektion für den FOH-Ingenieur mit vier Schaltern und LED-Kontrollleuchten untergebracht: Stummschalter für XLR-Ausgänge, Standby-Schalter für die temporäre Deaktivierung des automatischen Wechsels von Hauptsystem A auf Backupsystem B, Wechsel Audioausgang System A auf B bei manuellem Betrieb (deaktiviert im Autoswitch-Modus), sowie einen Reset-Schalter für den manuellen Wechsel von Backupsystem auf Hauptsystem (nur aktiv im Autoswitch-Modus).
Rechts daneben ist eine rote LED untergebracht, die bei einer Störung des Hauptsystems A blinkt und somit das anliegende Audiosignal des Backupsystems anzeigt. Unter dem Radial-Logo links außen befinden sich ferner LED-Anzeigen für die redundante Stromversorgung, anliegender Mic/Line-Pegel, Autoswitch-Modus. Letztere besitzen einen eingefassten Schalter, der nur mit einem spitzen Gegenstand aktiviert werden kann. Somit lassen sich während der Show irrtümliche Wechsel von Mikrofon- zu Line-Pegel und Auto-Switch-Modi vermeiden. Zwei LED zeigen das anliegende Audiosignal von System A oder B an.
Auf der Rückseite befinden sich linkseitig zwei Stromanschlüsse in Form von Vierpol-Steckern für die beiden im Lieferungsumfang enthaltenden externen Netzteile. Für ein Backupsystem konsequent umgesetzt: sollte es zu einem Stromausfall eines Netzteils kommen, sichert das zweite Netzteil automatisch den Betrieb des Gerätes.
Ein MIDI-Ein- und Ausgang ermöglicht eine Synchronisierung mittels MTC. Eine Kontroll-LED rechts neben den MIDI-Buchsen signalisiert den synchronisierten Betrieb beider Systeme. Es folgen zwei USB-B-Anschlüsse für den digitalen Audioeingang beider Apple-Systeme mit bis zu acht Audiokanälen. Mittig untergebracht ist der Auto-Switch-Schalter zur Auswahl der Synchronisationsart der angeschlossenen Systeme entweder mittels Tongeneration via S/PDIF oder MTC via MIDI-Eingang.Mit einem Start/Stopp-Schalter mittels 6,5-mm-Klinkensteckerbuchse kann die Wiedergabe und Stopp beider Systeme über einen externen Fußschalter erfolgen.
Rechtsseitig befinden sich neben einem DB-25-Anschluss acht Audioausgänge in Form von 6,5-mm- Klinkenbuchsen für die Ausgabe von Line-Pegeln, die symmetrisch beschaltet sind. Sowohl beim DB-25-Anschluss, als auch bei den Klinkenbuchsen anliegende Audiosignale werden unabhängig von der frontseitigen Stummschaltung immer ausgegeben. Rechts außen befindet sich noch ein XLR-Eingang für die Fernsteuerung des SW8-USB mittels optional erhältlichem JR-2-Fuß-Schalters für den Standby-Modus und den manuellen Wechsel von Haupt- auf Backupsystem. Zu guter Letzt sind noch rechts außen zwei 6,5-mm-Klinkenbuchsen für die Kaskadierung von zwei weiteren Geräten untergebracht.
Praxis
Der Anschluss des solide verarbeiteten Gerätes erfolgte beim Testaufbau ohne Probleme. Alle Anschlüsse sind hochwertig und stabil in das Metallgehäuse integriert. Hier wackelt nichts. Praktisch: Die Stromstecker sind verriegelbar und damit gegen irrtümliches Herausziehen geschützt. Das Prinzip der redundanten Stromversorgung klappte während des laufenden Betriebs im besten Sinne unauffällig. Beim Deaktivieren eines Netzteils übernahm das zweite Netzteil nahtlos und unhörbar seinen Dienst. Beim Transport störten uns ein wenig die beiden externen Netzteile, auf die man im hektischen Tour-Betrieb gesondert achten muss. Dies fällt jedoch weniger ins Gewicht, da beim Transport zweier Apple-Systeme ohnehin weitere Peripherie im Flightcase untergebracht sein dürfte, wie zum Beispiel Netzteile für Apple Books und externe Datenspeicher.
Unsere Apple-Testsysteme erkannten das Gerät nach Anschluss des USB-Kabels anstandslos als externes Audiointerface ohne zusätzliche Treiberinstallation. Sowohl das Audio-Format als auch die acht Audioausgänge und beide S/PDIF-Verbindungen wurden im Apple-Menü unter „Audiogeräte“ korrekt dargestellt. Zunächst irritierend, aber doch zutreffend: Neben den acht Ausgängen werden zwei S/PDIF-Ausgänge angezeigt, obwohl diese nicht als Audioausgang für die PA zur Verfügung stehen. Letztere dienen ausschließlich zur Wiedergabe eines Tons zur Synchronisation des Haupt- und Backup-Systems.
Apropos S/PDIF: systembedingt aufwendiger verlief die Konfiguration der Apple-Systeme, um via SW8-USB synchron zu laufen. Damit das Gerät im Auto-Switch-Modus Dropouts erkennen und auf das Backup-System umschalten kann, muss ein 1 kHz Sinuston via S/PDIF-Schnittstelle geroutet werden. Hierzu wurde jeweils auf Pro Tools unserer Testsysteme ein entsprechender Sinuston mittels Plug-In über die gesamte Länge des Songs erzeugt und auf die S/PDIF-Audioausgänge geroutet. Wird als Synchronisation MTC genutzt, müssen auf beiden Systemen in der jeweiligen DAW MTC generiert und als Ausgang das SW8-USB eingerichtet werden. Hierbei ist zu beachten, dass MTC im Auto-Switch-Modus manuell auf der Rückseite aktiviert werden muss, da das Gerät ansonsten einen Sync-Ton via S/PDIF erwartet.
Im direkten Vergleich arbeiteten beide Varianten reibungslos. Bei manueller Unterbrechung des MTC- oder Sinustons schaltete das SW8-USB ohne akustische Unterbrechungen auf das Backupsystem um. Die Empfehlung des Herstellers konnten wir bestätigen: der Wechsel vom Haupt- zum Backupsystem erfolgte im Auto-Switch-Modus ohne manuelle Standby-Schaltung zu Beginn und Ende des Testsongs viel komfortabler mittels S/PDIF. Allerdings benötigte das Gerät etwas Vorlauf von ca. einer Sekunde vor Beginn und nach Ende des Songs, weswegen die Tonspur des Sinustons entsprechend länger pro Song in der DAW eingerichtet sein sollte.
Klangtechnisch gab es bei der Audiowiedergabe nichts auszusetzen. Sowohl Bass-lastige Remixes als auch dynamikreiche Orchesteraufnahmen wurden druckvoll und verzerrungsfrei wiedergegeben. Auch bei leisen Passagen war die Wiedergabe rauscharm und präsent - sehr gute Voraussetzungen also für eine PA-Verstärkung.
Fazit
Hochwertige Verarbeitung für den Tour-Alltag, einfache Installation und flexible Anschlüsse, sehr gute Klangeigenschaften und eine reibungslose Schaltung auf das Backupsystem. Das SW8-USB hält das, was Radial verspricht – ein verlässliches Stück Hardware, mit dem sich Künstler auf der Bühne auf ihre Performance konzentrieren können. Praktische Details machen hier den Unterschied: obwohl frontseitig das Gerät Kontroll-LEDs besitzt, die eindeutig Dropouts oder Audiowechsel anzeigen, sind diese nicht wirklich gut erkennbar, wenn das SW8-USB im Rack verbaut ist. Dank der Option, mittels Klinkenanschluss eine optische Anzeige anschließen zu können, lassen sich eventuelle Dropouts und Synchronisationsfehler jedoch auffällig auf oder hinter der Bühne anzeigen. Redundante Netzteile und spezielle Schalter zur Verhinderung irrtümlicher Modi-Wechsel wissen im Bühnenalltag zu überzeugen.
Der Verkaufspreis von ca. 2.300 Euro ist angesichts der Ausstattungsmerkmale des Geräts und der 36-Monate-Herstellergarantie angemessen und macht sich insbesondere für semi-pro und professionelle Tour-Betriebe im In- und Ausland schnell bezahlt.