Radial Engineering Workhorse
Acht-Slot Lunchbox für API-500-kompatible Module mit eingebautem Mischer
Autor: Holger Claßen
Fotos: Peter Kaminski
Vor einiger Zeit hatten wir die RND R6, einen Modulträger mit sechs Slots für das API 500er System mit recht einfacher Ausstattung vorgestellt. Am anderen Ende des Ausstattungsspektrums steht das Workhorse von Radial Engineering.
Radial Engineering hat sich des API 500er-Themas seit einiger Zeit angenommen und eine ganze Reihe von Modulen und Trägersysteme im Angebot. Neben dem hier vorgestellten Workhorse gibt es noch folgende Trägersysteme:
- WR 8 (8-Slot 19“-System ohne Mixer, dieser kann nachgerüstet werden)
- Powerhouse (10-Slot 19“-System)
- Six Pack (6-Slot Trägersystem)
- Cube (3-Slot Trägersystem)
- Powerstrip (3-Slot 19“-System)
Bei dem Radial Engineering Workhorse handelt es sich um einen Acht-Slot-Modulträger (s. Foto oben mit einem eingebauten Modul ganz links) mit eingebautem achtkanaligem Mischpult. Das stabile, in dunklem Blau pulverbeschichtete Gehäuse macht einen sehr stabilen Eindruck. Das Gerät ist drei Höheneinheiten hoch und wird mit einem externen Netzteil ausgeliefert. Hergestellt wird die Workhorse Lunchbox in Kanada.
Anschlüsse
Pro Modulslot stehen auf der Rückseite die Ein- und Ausgänge als XLR wie auch als 6,3-mm-Klinke zur Verfügung. Die XLR-Eingangsbuchsen sind nicht arretiert. Weiterhin gibt es eine Omniport-Klinkenbuchse, deren Funktion später erläutert wird.
Unterhalb der acht Modulslots befinden sich drei D-Sub-25-Buchsen. Die mit Input und Direct Out beschrifteten Buchsen stellen die entsprechenden Modulein- und Direktausgänge 1 bis 8 zur Verfügung, die dritte Buchse ist mit Summing Mixer Inputs beschriftet.
Ausgangsseitig gibt es zwei Sektionen, Main Out und Monitor Out. Beide Stereoausgänge liegen als XLR sowie als Klinke an, der Main Out verfügt über einen unsymmetrischen Insert-Weg, hier wiederum im Klinkenformat. Der Insert-Weg ist nicht schaltbar. Der Main Out ist mit Jensen-Übertragern versehen.
Des Weiteren gibt es zwei Klinkenanschlüsse (jeweils In und Out) für den „Expansion Buss“. Diese Ein- und Ausgänge sind zur Verkoppelung mehrerer Workhorse Lunchboxes gedacht. Die Ausgänge des Expansion Bus werden vor dem Insert abgegriffen, die Eingänge des Expansion Bus werden vor dem Summierverstärker eingeschliffen. Radial konnte hier bei der Beschriftung einem weit verbreiteten Schreibfehler (Bus mit zwei s) nicht wiederstehen.
Neben dem 5-Pin-Netzteilanschluss befinden sich die beiden Erdungsanschlüsse Chassis und Circuit. Diese sind für die Anbindung an eine professionelle Studioverkabelung gedacht, ein lobenswertes Detail.
Für die Modulslots 1 bis 7 gibt es auf der Rückseite einen mit Feed beschrifteten Schiebeschalter. Dieser speisst das jeweilige rechte Nachbarmodul mit dem symmetrischen Ausgangssignal des entsprechenden Moduls und erspart somit eine Patch-Verkablung. Die Slots 1, 3, 5 und 7 haben einen Link-Schiebeschalter, dieser verkoppelt die Pins 6 der nebeneinander liegenden Module.
Die Omniport-Buchse ist eine von Radial Engineering erdachte Nutzung der Pins 7 und 9. In der alten API-Spezifikation waren diese Anschlüsse für einen Low-Level (-2 dB) Eingang vorgesehen, Radial hat diesen wenig verwendeten Eingang umgewidmet und führt die Pins jetzt pro Modul auf einer Klinkenbuchse aus (Pin 9: Tip, Pin 7: Ring). Die Nutzung dieser Schnittstelle obliegt den jeweiligen Modulherstellern, z. B. ist eine Nutzung als Insert-Weg oder zur Übermittlung von Steuerspannungen ist denkbar. Alle Lunchboxsysteme von Radial Engineering sind mit dem Omniport ausgestattet.
Die Anbindung der Slots 1 bis 8 an die Mischpulteingänge erfolgt über den Pin 11. Im alten API-Standard war dieser für „Gain Adjustment“ vorgesehen.
Das externe internationale Netzteil wird mittels eines verriegelbaren 5-Pin XLR-Steckers an das Workhorse angeschlossen. Die Leistung des Netzteils wird mit 1.600 mA angegeben, der Stromverbrauch des integrierten Mischers beträgt 400 mA, so dass ca. 1.200 mA für die acht Modulslots übrig bleiben. Dieses ergibt rechnerisch 150 mA pro Modul und liegt knapp über der VPR-Spezifikation von 130 mA. Man muss also bei voller Bestückung des Workhorse den Gesamtbedarf aller Module im Blick haben. Es gibt weder für das Netzteil noch am Gerät einen Ein/Aus-Schalter.
Mischer
Auf der Vorderseite befindet sich rechts neben den acht Modulslots das Mischpult. Pro Kanal gibt es einen Panregler, einen Volumeregler, einen An/Aus-Schalter nebst grüner Status-LED sowie eine rote Clip-Indikator-LED für die Pegelüberwachung. Das Anliegen der Stromversorgung wird für die +/-16 Volt sowie für die 48-Volt-Phantomspeisung mittels zweier LEDs angezeigt.
Die beiden Ausgänge (Main und Monitor) haben neben einem Volume-Regler einen An/Aus-Drucktaster. Die beiden Kopfhörerausgänge haben einen gemeinsamen Lautstärkeregler und als Zusatzfeature gibt es hier noch einen Mono-Schalter.
Die Eingänge in den Mixer erfolgen entweder über die Summing Input D-Sub-Buchse oder aber parallel über den Pin 11 des jeweiligen Slots. Zu beachten ist hier, dass die Mixeranbindung via Pin 11 natürlich nur erfolgen kann, wenn diese vom jeweiligen Modulhersteller auch entsprechend beschaltet wurde. In der Praxis bedeutet dieses, dass Module, die nicht die von Radial vorgeschlagenen Pin-Belegung haben (und das sind z.Zt. die meisten), extern via einer D-Sub/XLR Peitsche über die Summing Mixer Input-Buchse an den Mixer angeschlossen werden müssen.
Die Anbindung an die Mixersektion über diese Buchse erfolgt unsymmetrisch, d. h. es werden jeweils nur die Signalführenden Pins der D-Sub Buchse (1, 4, 7, 10, 15, 18, 21, 24) mittels Summierwiderstände an den Mixer angebunden, die „kalten“ Pins gehen auf Bezugserde.
Praxis
Die Fixierung der Module erfolgt über kleine 4-40“ Schrauben. Die in das Stahlgehäuse eingeschnittenen Gewinde machen keinen sehr vertrauenswürdigen Eindruck, hier waren die von RND in der R6 verwendeten extra Gewindebuchsen die durablere Lösung. Man sollte die Module also mit ein wenig Vorsicht und Gefühl einschrauben.
Der Mixer ist übersichtlich und braucht keine weitere Einarbeitung. Die Panoramapotis haben keine Mittenrastung, der Center-Punkt ist aber bei allen Kanälen ziemlich genau bei Stellung zwölf Uhr. Die Volume-Potis haben einen aufgedruckten Skalenkranz, leider ohne weitere Indikatoren. Ein durchschnittlicher Arbeitspegel wird in etwa bei Knopfstellung ein Uhr erreicht.
Insgesamt macht der Mischer einen neutralen Eindruck. Die technischen Angaben des Herstellers konnten mit einem Neutrik Minilyzer bestätigt werden. Als Beispiel sei hier die L/R-Trennung (Left/Right Crosstalk) im Panorama genannt. Radial gibt diese auf ihrer Website mittels eines AP-Messschriebs mit ca. 65 dB bei 0 dBu über den gesamten Frequenzbereich an. Dieses ist ein ordentlicher Wert, es gibt Großkonsolen, die hier schlechter abschneiden. Das Rauschverhalten ist insgesamt gut, auch hier konnten die Herstellerangaben nachvollzogen werden.
Der separate Monitor-Output ist eine echte Bereicherung, weil damit eine wichtige Mischpultfunktion geboten wird. Ich hätte mir einen Master-Insert Schalter, gerne auf der Frontplatte, gewünscht.
Die leider nicht individuell regelbaren Kopfhörerausgänge machen einigen Dampf, es sollte möglich sein, in (Live) Aufnahmesituationen eine gute Separation von der Umgebung zu schaffen und damit eine Kontrollmöglichkeit über das gemischte Signal zu bekommen.
Üblicherweise gibt es bei dem API-Modulsystem keine Führungsschienen, Radial Engineering hat aber eine Führungshilfe aus Metall am Boden des Workhorse eingebaut. Die ersten vier Slots sind für Einzelmodule vorgesehen, die nächsten vier sind ohne Führungsfalze, hier können zum Beispiel doppelt breite Module eingesteckt werden. Die gesamte Führungskonstruktion kann ausgebaut werden.
Das Mischpult macht einen guten Eindruck. Es ist neutral, ohne große Färbung. Es erlaubt die Abmischung einer Aufnahmesession, während man die Einzelsignale direkt aufnehmen kann. Der ausreichend laute Kopfhörerausgang erlaubt eine Abhörmöglichkeit für den Künstler. Alles in allem ein wohldurchdachtes Konzept. Ein wenig umständlich ist die Einbindung von nicht Radial-konformen Modulen, die, wie erwähnt, über ein extra Kabel erfolgen muss.
Viele Lunchbox-Hersteller bieten eine Sidechain-Verlinkung an, meistens wird dieses mit Jumpern im Gehäuseinneren auf der Platine bewerkstelligt. Beim Workhorse ist die Verlinkung mittels des rückseitigen Schiebeschalters möglich und damit besser bedienbar. Auch ist die Nutzung ohne Module als kleiner Line-Mischer/Summierer ein prima Feature. Die Möglichkeit der Kaskadierung mehrerer Workhorses via „Expansion Buss“ ist eine gute Erweiterungsmöglichkeit.
Fazit
Das Workhorse macht seinem Namen alle Ehre und ist ein echtes Arbeitspferd. Die Funktionalität der Baugruppenträgerseite, also ohne Mischpult betrachtet, ist mit der rückseitigen Feed- und Link-Funktionalität einen kleinen Schritt weiter als mancher Mitbewerber.
Der von Radial Engineering erdachte Omniport ist als Angebot an die Industrie durchaus interessant. Es wird sich zeigen, in welchem Umfang weitere Hersteller in Zukunft von dieser Schnittstelle Gebrauch machen werden.
Das Radial Engineering Workhorse kostet 2.000 Euro. Dafür bekommt man ein sehr stabiles Gehäuse mit ausbaubarer Führungsschiene, einer durchdachten internen Verkabelung, ein prima funktionierendes Achtkanalmischpult mit Master- und Monitor-Ausgang und einem Master Insert. Wer auf der Suche nach mehr als nur einer Lunchbox ist, sollte das Workhorse einmal anschauen.