PSP auralComp
Mehrkanal-Kompressor mit Brickwall-Limiter
Autor: Peter Kaminski
Das erste Plug-In Mehrkanal-Plug-In der aural-Serie des polnischen Herstellers PSP, war auralControl, ein Plug-In zur individuellen Anpassung von Pegel und Verzögerung, welches wir auch in einem Test vorgestellt haben. Ein Werkzeug was viele Probleme in einer 3D-Audio-Produktion lösen kann. Mit dem auralComp wird nun auch ein Mehrkanal-fähiger Kompressor angeboten.
Voraussetzung, Installation und Kopierschutz
Das Plug-In ist für Windows ab Windows 7 und für macOS ab Version 10.12 (Intel oder Apple Silicon) verfügbar und zwar als VST3- (64 Bit), als AAX-Plug-In für Pro Tools sowie auch als AudioUnit-Plug-In.
Die Installation wird über einen Installer durchgeführt (s. oben Windows-Version), womit sich die Formate individuell installieren lassen.
Der Kopierschutz erfolgt mittels Lok. Hier ist der iLok License Manager gegebenenfalls vorab zu installieren. Die Lizenz kann sowohl auf dem Rechner lokal, als auch auf einem Hardware-iLok-Key abgelegt werden. Der entsprechende Authorisierungscode ist nach der Installation einzugeben und das Plug-In sorgt dann auch dafür, dass die Lizenz direkt auf dem Rechner oder dem iLok-Key landet. Bei unserem Test wurde schon beim Starten von Nuendo 12 direkt nach dem Lizenzcode gefragt - also nicht erst nach dem erstmaligen Aufruf des Plug-Ins.
Konzept
Mittlerweile gibt es einige mehrkanalfähige Kompressor-Plug-Ins, aber ob und wie ein Plug-In wirklich in einer immersiven Produktion sinnvoll eingesetzt werden kann, hängt nicht nur von der Kanalanzahl ab sondern wie die einzelnen Kanäle eingestellt werden kann und beim Kompressor, wie der, bzw. die Side Chains funktionieren. Häufig ist es nämlich so, dass ein "mehrkanaliges" Plug-In zwar auch in einem 7.1.4 Bus eingesetzt werden kann, aber es nur einen Side Chain für alle Kanäle gibt und dann kann dies schnell zu Problemen führen. Das Konzept von auralComp ist, dass die Kanäle einzeln ausgeführt sind und das man diese gruppieren kann und das es auch mehrere Side Chains gibt, die man den Kanälen flexibel zuweisen kann. Mehr dazu im Praxisabschnitt. Alle internen Berechnungen werden beim auralComp in 64 Bit Gleitkomma mit doppelter Genauigkeit ausgeführt. Auch 32- und 64-Bit-Audiostreams werden unterstützt und es lassen sich Abtastraten von bis zu 192 kHz nutzen.
Bedienung
Vom ersten Eindruck her ähnelt der auralComp sehr dem PSP Plug-In auralControl. Man darf wohl davon ausgehen, dass die ganze Serie diesen Look und GUI-Layout bietet. Kennzeichnet sind die einzelnen und individuell einstellbaren Kanäle.
Die Größe der Bedienoberfläche lässt sich oben links über ein Menü in Stufen von fünf Prozent einstellen. Seit der Version 1.0.1 gibt es auch eine stufenlose Multichannel-Darstellung.
Auch hier hat man die Möglichkeit das Kanal/BUs-Format bis zur Größe 9.1.6 einzustellen. Dies erfolgt über ein Menü oben rechts. Seit der Version 1.0.1 wird auch 7.1.4 und 9.1.6 auf Pro Tools DAW unterstützt.
Unter dem Menü für das Kanal/Busformat befinden sich - auch in Abhängigkeit vom gewählten Kanalformat - typische Kanalgruppen und über zwei weitere virtuelle Taster lassen sich alle Selektionen aufheben oder alle aktivieren. Wenn man eine andere Gruppezusammenstellung selektieren möchte, um gemeinsame Einstellungen durchzuführen, dann lassen sich die Kanäle auch einzeln, bzw. manuell anwählen. Es gibt auch die Möglichkeit, einzelne Kanäle durch Anklicken auf den grünen Taster IN von der Bearbeitung auszuschließen, bzw. wieder zu aktivieren. Aber schauen wir uns einen Kanal einmal näher an.
Ganz oben lässt sich die Regelkonstanten für die ATTACK (0,1 ... 160 ms) und die RELEASE-Zeiten (25 ... 2.500 ms) einstellen. Den Einsatzschwellwert kann man über THRESHOLD im Bereich -40 ... +10 dB anpassen und mit dem Regler MAKEUP lässt sich der Pegel um bis zu 20 dB aufholen. Das Regelverhältnis ist von 1:1 bis unendlich zu eins einstellbar. Über den MIX-Regler lässt sich einstellen, wieviel vom Originalsignal anteilmäßig ohne Bearbeitung durchgeleitet wird. Die Freunde der NY-Kompression wird es freuen. Bei 100 % wird kein unbearbeitetes Originalsignal am Ausgang des Kanals zugemischt und bei der Reglerstellung "0" erfolgt keine Bearbeitung.
Kommen wir nun zum Side Chain Processing. Es gibt acht interne Side-Chain-Mischer. Über den Parameter LINK lässt sich individuell das Verhältnis einstellen, wieviel Regelanteil vom ausgewählten Side-Chain-Mixer und wieviel vom internen Kanalsignal kommt. Jedem Kanal kann einer der acht Side-Chain-Mixer (griechisch mit Alpha bis Theta bezeichnet) zugeordnet werden.
Der Mixer ist virtuell mit Fader aufgebaut (s. Abb. oben) und verfügt auch über ein Filter (aus, Hochpass, Bandpass, Tiefpass und Equal-Power-Filter), bei dem sich Grenzfrequenz und beim Bandpass auch die Filter-Güte einstellen lässt. Über das Settings-Menü lassen sich die Einstellungen auch auf einen der andere Side-Chain-Mixer übertragen.
In der Mastersektion lässt sich der Ein- und Ausgangspegel anpassen und es steht auch ein zuschaltbarer Brickwall-Limiter bereit, bei dem sich DRIVE (Eingangsverstärkung des Limiters zwischen 0 und 20 dB) und CEILING (Limiter-Einsatzschwellwert zwischen -20 und 0 dB) einstellen lässt.
Über einen Schalter kann man auswählen wie die virtuelle Steuerspannung, bzw. die Regelung für die Side Chains erfolgt. NATURAL ist ohne zusätzliches Processing, wie in einer DAW in der Regel üblich und RECTIFIED entspricht einer Gleichrichtung (nur die positive Werte) und Einstellung RMS dann dem Effektivwert der Regelgröße.
Es stehen auch ein paar Presets zum Abruf bereit und der Anwender kann auch eigene speichern und aufrufen. Es gibt auch zwei lokale Speicher (A/B) zum Vergleich und die letzten Einstellungen lassen sich auch rückgängig machen (Undo und auch Redo).
Praxis
Die Installation und Software-Lizenzierung ist absolut problemlos. Bei der Lizenzierung wäre es schön, wenn das überall so einfach mit der Aktivierung wäre. Die Resourcen-Nutzung ist beim Kompressor naturgemäß überschaubar und hängt natürlich von der genutzten Kanalanzahl ab. Da bei immersiven Produktionen grundsätzlich leistungsstarke Rechner gefragt sind, gibt es hier keine Probleme zu erwarten. Das Routing ist auf Nuendo abgestimmt. Bei anderer DAW-Software muss man gegebenenfalls das Routung anpassen. Wir haben die Version 1.0.1 des Plug-In unter Windows 10 auf Nuendo 12 und Pyramix 14 getestet.
Wenn man sich den auralComp näher anschaut und sich intensiver damit beschäftigt, dann fragt man sich, warum denn nicht schon früher jemand auf die Idee gekommen ist, genauso einen Mehrkanalprozessor zu entwickeln und anzubieten. Der PSP auralComp bietet genau das, was man bei 3D-Audioproduktionen braucht. Konzept und Idee stammt ja laut Angabe von PSP von Ronald Prent, der ja viel Erfahrung mit 3D-Audio-Produktionen aber auch mit Multikanal-Kompressoren hat. Man merkt dem Konzept auch an, dass es aus der Praxis, bzw. den praktischen Anforderungen entstanden ist. Alles was man sich so wünscht hat der auralComp. Die meisten Mehrkanalkompressoren sind ja in den Kanälen identisch und die Side Chain Stellgröße wird entweder aus dem gleichen Kanal oder aus einer Summe von allen Kanälen gewonnen. Da ist man beim auralComp viel individueller und flexibler.
Ich persönliche finde, dass gerade bei Mehrkanalproduktionen beim Kompressoreinsatz eine individuelle Side-Chain-Kontrolle immens wichtig ist. Oft hört man, dass das ja nicht erforderlich ist, weil bei einer individuellen Regelerzeugung die wahrgenommene Ortung im 3D-Raum sich verschiebt oder eben durch die Kompression moduliert und dynamisch verändert wird. Diese Betrachtung ist aber nicht richtig, wenn man auf einem Bus oder in der Summe unter Umständen ganz unterschiedliche Quellen auf der Front, den Sides und Tops hat. Da ist es eher angezeigt Gruppen zu bilden, damit diese quasi in sich stimmig sind. Wenn ich zum Beispiel in der Front ein Instrument habe, was stark komprimiert werden muss, oben in den Tops aber ein Ambient-Sound nutze, dann will ich bestimmt nicht, dass dieser im Takt der Front-Gruppe anfängt zu pumpen. So etwas kann man mit dem umfangreichen Side-Chain-Management viel detaillierter lösen. Zudem habe ich beim auralComp über den Regler LINK die Möglichkeit stufenlos die Regelung zwischen individueller Kanalstellgröße und einer definierten Gruppe über einen der acht Side-Chain-Mixer einzustellen. Und das ich dann die erzeugte Stellgröße auch noch zwischen ohne Gleichrichtung, Halbwellengleichrichtung und Effektivwert umstellen kann, ist dann schon die sprichwörtliche Sahnehaube auf dem Kuchen. Viel flexibler geht Multikanal-Kompressor für 3D-Audio nicht.
Der Kompressor selber ist klanglich sehr neutral und verfärbungsarm und Regelgeräusche, wie Pumpen oder ein Wegkippen der Ortung eines Objektes im Raum, lassen sich durch die vielfältigen Anpassungsmöglichkeiten vermeiden.
Fazit
Der Preis des auralComp ist mit ca. 300 US$ kein Schnäppchen, aber er ist sein Geld ohne Frage wert. Der PSP auralComp ist für mich persönlich zurzeit des Tests der beste, verfügbare 3D-Audio-fähige Mehrkanalkompressor. Um ihn auszunutzen sollte man schon mit einem Kompressor im Detail umgehen können, denn die Side-Chain-Einstellungen können schon schnell komplex werden und man sollte auch bedenken, dass der grundsätzliche Einsatz eines Kompressors in einer 3D-Audio-Produktion ein ganz anderer ist als bei einer Stereoproduktion. Bei 3D-Audio ist manchmal weniger Kompressor mehr, denn man hat ja den Raum, um Instrumente zu verteilen und ihnen so mehr Dynamik im Pegelraum zu bieten.