Noise Engineering Plug-Ins

Freequel Bundle und  Bundle 1

Autor: Peter Kaminski

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Noise Engineering, bekannt für seine Eurorack-Module, bietet mittlerweile auch vier Synthesizer als virtuelle Instrumente sowie zwei Audio-Processor-Plug-Ins an. Einige der virtuellen Instrumente und Plug-Ins sind auch Software-Simulationen von Noise Engineering Eurorack-Modulen. Die Plug-Ins sind einzeln oder in zwei Bundles verfügbar, wobei drei Plug-Ins des Freequel Bundles kostenlos sind und die drei Plug-Ins des "Bundle 1" erworben werden können.

Voraussetzung und Installation

Die Plug-Ins, bzw. virtuellen Instrumente stehen für Windows-Betriebssystem-basierende Rechner sowie für macOS-basierende Rechnern zur Verfügung und zwar für die Formate VST3, AAX und AudioUnit (macOS). Die VST3-Version wurde übrigens später nachgeliefert und stand nicht von Anfang an bereit.

installer

Über das Customer Portal von Noise Engineering kann der Anwender den "NE Products Installer" herunterladen und dann starten. Hierüber lassen sich die Noise Engineering Plug-Ins installieren, deinstallieren und auch aktualisieren. Es wird in der Applikation ggf. der Zustand schon installierter Plug-Ins angezeigt (s. Abb. oben).

Freequel Bundle

pack free

In den kostenlosen Freequel Bundle sind zwei virtuelle Instrumente, bzw. Synthesizer sowie ein Audio-Plug-In enthalten.

Sinc Vereor

BF SV Tone

Sinc Vereor ist ein Synthesizer, welcher auf dem nicht mehr erhältlichem Noise Engineering "Sinc Iter" Eurorack-Modul basiert, sich aber polyphon spielen lässt. Das Modul arbeitet wie das Hardware-Vorbild in drei verschiedenen Synthese-Betriebsarten und zwar "Noise" ein in der Tonhöhe veränderbares Rauschen, "Plain" ein Sinusoszillator mit nachfolgendem Wavemorphing/Wavefolder und "Super" der wie der Mode Plain arbeitet allerding mit sechs phasenverschobenen Oszillatoren die für Phasing- und Chorus-ähnlichen Effekte sorgen. Integriert ist beim Sinc Vereor ein virtueller VCA, der sich über ein ADSR-Hüllkurvengenerator mit veränderbarer Verlaufsform steuern lässt.

BF SV Mod

Alle Plug-In sind in drei Einstelldialog-Seiten aufgeteilt, die sich oben über drei Reiter anwählen lassen. "Tone" bietet die Einstellungen für den Oszillator und der Amplituden-Hüllkurve (s. Abb. oben) und auf der Seite "Modulation" stehen vier LFOs (s. Abb. oben mit Anwahl von LFO 1) sowie vier Makros bereit.

mod macro

Die Makros lassen sich mehreren Parameter zuordnen und lassen sich MIDI-Controller oder anderen LFOs zuweisen (s. Abb. oben).

BF SV Conf

Auf einer Konfigurationsseite werden grundsätzliche Plug-In-Einstellungen vorgenommen (s. Abb. oben), wie Größe des Plug-In (drei Größen - die Abbildung im Test sind mit der kleinsten Größe erstellt) und Design-Parameter (Farbgestaltung), sowie die Stimmung, Skala, maximale Stimmanzahl etc.

Auf der Tone-Dialog-Seite lassen sich auch Sound-Presets anwählen. Bei Sinc Verior stehen in zehn Bänken hunderte von Sounds bereit. Die Klänge sind beim Sinc Verior überwiegend sehr schlank und nicht sehr komplex in Ihrer Struktur - ebenso wie beim Eurorack-Modul-Vorbild. Ich persönlich finde die Sounds im Noise-Modus sehr interessant. Es gibt auch sehr schöne Sounds im Super-Modus. Der Bedienkomfort und die Möglichkeiten sind aber gegenüber dem Eurorack-Modul mit lediglich zwei Reglern und zwei Schalter um ein Vielfaches größer.

Virt Vereor

BF VV Tone

Das zweite virtuelle Instrument im kostenlosen Plug-In-Bundle ist "Virt Vereo". Die Bedienung ist was alle virtuellen Instrumente und Plug-Ins von Noise Engineering betrifft, sehr ähnlich. Die drei Reiter oben tragen immer die gleichen Namen und der Modulations- und Konfigurations-Dialog unterscheidet sich nur sehr im Detail.

Virt Vereo hat kein Hardware-Vorbild. Es bietet drei Betriebsarten mit den Synthese-Algorithmen Bass, Sawx und Harm. Bass ist ein Algorithmus der von Professor Bernie Hutchins in Electronotes Newsletter vorgestellt wurde. Zur damaligen Zeit war das Newsletter eine Fundgrube für alle Entwickler und Bastler in der Elektronik-Musikszene. Sawx ist eine Synthese in Anlehnung auf Supersaw und Harm ist ein Ansatz basierend auf Additive Synthese mit der Möglichkeit der Einflussnahme auf das Spektrum, bzw. der Obertöne.

Die Bedienoberfläche ist für alle Betriebsarten identisch aufgebaut. Der Tone-Dialog (s. Abb. oben) bietet auch hier einen ADSR-Hüllkurvengenerator mit veränderbarer Kurvenform sowie ein in der Frequenz und Resonanzstärke einstellbares Filter (Einstellbar Hoch-, Tief- oder Bandpass), welches sich auch von der ADSR-Hüllkurve steuern lässt. Auch ein Chorus ist hier wieder integriert.

Wie bei allen anderen Noise Engineering virtuellen Instrumenten sind auch hier hunderte von Presets mit an Bord. Klanglich finde ich Virt Vereo deutlich interessanter als Sinc Vereor. Alle drei Algorithmen bieten sehr komplexe Sounds, die sich von vielen Synthesizern absetzen und so manche Elektronik- oder auch Dance-Produktion klanglich bereichern könnten.

Ruina

BF Ruina Tone

Ruina ist ein vielfältiger Verzerrer und Wavefolder. Noise Engineering hat in seinem Hardware-Angebot sechs verschiedene Verzerren/Wavefoldern, die auch alle den Namen Ruina im Namen (Lat. für Zerstörer) tragen. Der Name ist hier auch Programm. Ruina ist zwar keine konkrete Simulation eines der Eurorack-Module aber bestimmte Effekte, bzw. Parameter verschiedene Module haben hier als als Vorbild gedient. Von der prinzipiellen Bedienung her hat sicherlich auch Ruina Versio eine Rolle gespielt.

BF Ruina Mod

Auch bei den Plug-Ins besteht der gleiche Ansatz was Modulation und Modulations-Routing angeht, wie bei den virtuellen Instrumenten von Noise Engineering. MIt dem Plug-In Ruina lassen sich schon sehr brutale Verzerrungen realisieren, die auch weit über das hinausgehen können, was man so von Gitarren-Distortion her gewohnt ist, wo das musikalische ja immer im Vordergrund steht. In Verbindung mit E-Gitarre kann man mit dem Ruina auch Synthesizer-ähnliche Sounds produzieren. An sich ist der Fokus aber eher auf den Einsatz mit Synthesizern abgestimmt.

Besonders klanglich hervorzuheben ist unter anderem Octavize, welches aus dem Pura Ruina Eurorack-Modul stammt und der Multiband-Verzerrer Saturate vom Seca Ruina Eurorack-Modul. Der Wavefolder ist auch ganz typisch für Noise Engineering und man findet ihn zum Beispiel im Modul Basimilus Iterias Alter. Ein sehr schönes Werkzeug auch für Sounddesigner zum Verfremden von Klängen und ideal um dem einen oder anderen Synthi-Sound eine gewisse Härte aufzuprägen.

Plug-In Bundle 1

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Kommen wir nun zu den drei nicht-kostenfreien Plug-Ins. Hier gibt es ebenfalls in dem Bundle 1 zwei virtuelle Instrumente und ein Audio-Prozessor-Plug-In, die alle auf Noise Engineering Eurorack-Module basieren.

Basimilus Iteritas

B1 BI Tone

Das virtuelle Instrument "Basimilus Iterias" basiert auf dem gleichnamigen, aber nicht mehr verfügbarem Eurorack-Modul, welches vom "Basimilus Iterias Alter" abgelöst wurde und ist ein Drum-Synthesizer auf Basis von sechs Oszillatoren mit Additiver Synthese und FM mit einem integriertem Rauschgenerator sowie einem nachgeschaltetem Wavefolder. Der Amplitudenverlauf lässt sich über einer Attach/Decay-Hüllkurvengenerator kontrollieren. Auch dieses Plug-In lässt polyphon spielen.

B1 BI Mod

Die Modulationsmöglichkeiten (s. Abb. oben) sind genau so üppig wie bei den anderen Plug-Ins von Noise Engineering. Klanglich sind die hunderten von Presets sehr elektronisch geprägt und orientieren sich wenig an akustischen Vorbildern. Es werden viele metallische und FM-geprägte Sounds geboten, sowie auch tonal spielbare perkussive Synthi-Sounds. Eine Fundgrube für diejenigen, die auch gerne mit Perkussion experimentieren und sich vom üblichen Bassdrum/Snare/Hi-Hat-Einerlei absetzen möchten.

Cursus Vereor

B1 CV Tone

Cursus Vereor basiert auf dem Eurorack-Oszillator-Modul Cursus Iterias, das mit Hüllkurvengenerator, virtuellem VCA und Filter bereichert wurde, so wie man das auch schon vom Basimilus Iterias Plug-In her kennt. Cursus Vereor bietet drei Synthese-Betriebsarten, bzw. Algorithmen und zwar "Fourier" (Grundton und Sinus-Oberwellen), "Daubechies" (Wavelets) und "Walsh" (Walsh-Transformation mit Orthogonal-Funktionen).

Von der Komplexität der tonalen Strukturen liegt Cursus Vereor zwischen den Sinc Vereor und dem Virt Vereor. Die Decay-Zeiten der Hüllkurven sind bei Cursus Vereor oft auf Sequencing abgestimmt und müssen für manuelles spielen häufig etwas verlängert werden.  Von den Texturen her aber auf jeden Fall auch ein sehr interessantes Instrument. Die Anzahl der Werks-Presets ist wieder üppig denn es werden über 1.000 Presets mitgeliefert.

Desmodus

Desmodus ist ein Reverb - speziell auch geeignet für sehr lange Hallzeiten. Es basiert auf dem Eurorack-Modul Desmodus Versio. Mit Electus Versio wurde eine erweiterte Version des Desmodus Version vorgestellt, die auch Tempo-synchronisierbar ist. Das Plug-In Desmodus enthält auch dieses Leistungsmerkmal. Wir haben die Versio-Plattform und auch Desmodus Versio in einem Test auf proaudio.de schon ausführlich vorgestellt und verzichten daher an dieser Stelle auf eine weitere Beschreibung.

B1 Desm Tone

Desmodus erzeugt wirklich sehr schöne Texturen und lässt sich nicht nur mit Synthesizern einsetzen sondern auch sehr gut für Ambient-E-Gitarren-Sounds. Durch die umfangreichen Modulationsmöglichkeiten des Plug-Ins bietet Desmodus sogar in einigen Punkten noch mehr als die Eurorack-Module.

Praxis

Für experimentierfreudige Sound-Designer und Musiker sind alle drei Plug-Ins, bzw. virtuelle Instrumente interessant. Ich persönlich nutze Desmodus sehr gerne für Cinematisch-geprägte Projekte. Wer sich für die Noise Engineering Plug-Ins interessiert, der kann sich die kostenlosen Plug-Ins einmal installieren, um eine Idee von Bedienungskonzept zu bekommen, dass bei allen Plug-Ins von Noise Engineering sehr ähnlich ist. Hat man die Bedienung eines der Plug-Ins verinnerlicht, dann kann man mit allen anderen auch problemlos umgehen. Schade ist, dass es keine Testversionen gibt. Aber dafür gibt es ja auch drei kostenlose Plug-Ins.

Es ist lobenswert, dass so viele Werks-Presets mitgeliefert werden. Ob das beim Ruina auch Sinn macht sei dahingestellt. Die Preset An-, bzw. Auswahl ist aber doch sehr rudimentär und beschränkt sich auf eine am Betriebssystem orientierte Dateiauswahl ohne die Möglichkeit einer Kategorisierung der Presets oder einer Favoritenmarkierung im Plug-In. So etwas muss der Anwender auf Dateiebene lösen, in dem man zum Beispiel einen Favoritenordner anlegt.

Fazit

Die drei kostenpflichtigen Plug-Ins sind jeweils für 49 US$ oder zusammen im Plug-In Bundle 1 für 119 US$ über die Web-Site von Noise Engineering zu bekommen.

Noise Engineering hat im Eurorack-Modul-Segment im Oszillator-Bereich und mit der Versio-Plattform viel Interesse generieren können und das nicht ohne Grund. Schön das einige der Oszillatoren als komplettierte Synthesizer und auch zwei Audio-Prozessoren als Plug-Ins für DAWs zur Verfügung stehen und mit Sicherheit auch hier neue Anwender finden werden. Ich denke das Sound Designer sich besonders stark angesprochen werden dürften.

https://noiseengineering.us/