Noise Engineering Dystorpia

Verzerrer-Pedal für Synthesizer und Gitarre

Autor und Fotos: Peter Kaminski

dystorpia

Das Angebot von Verzerrer-Boden-Effektpedalen ist gigantisch groß. Auch im Synthesizer-Bereich gibt es viele Verzerrerprodukte wie verschiedene Eurorack-Module von Noise Engineering. Nun stellt das US-amerikanische Unternehmen das erste Distortion/Fuzz-Pedal vor. Man denkt dabei sofort an klassische E-Gitarren-Verzerrer-Pedale aber sowohl der Einsatzbereich als auch der Sound sind deutlich breiter aufgestellt.  

Konzept und Technik

Zunächst einmal ein Überblick über die Distortion-Eurorack-Module von Noise Engineering als da wären: "Kith Ruina", ein Saturation/Drive-Modul mit Zweiband-EQ dann "Terci Ruina", ein Modul mit drei Distortion-Typen sowie "Viol Ruina", ein 24-dB-Tiefpaßfilter mit Distortion. Das Eurorack-Modul, welches aber am meisten Gemeinsamkeiten mit dem Pedal Dystorpia aufweisst ist das "Ruina Versio" Stereo-Distortion-Modul. Viele der Parameter, bzw. Funktionen sind auch in das Dystorpia eingeflossen.

Werfen wir nun einmal einen technischen Blick auf das Blockschaltbild des Dystorpia-Pedals. Anzumerken ist, dass es sich bei dem Dystorpia um ein Pedal mit digitaler Signalverarbeitung handelt und daher am Ein- und Ausgang A/D- und D/A-Wandler ihren Dienst verrichten. Daher ist das Blockdiagramm als ein virtueller Signalweg zu verstehen.

diagram

Man erkennt sofort das das Pedal deutlich komplexer im technischen Aufbau ist, als man das von anderen Effektbodengeräten her kennt. Am Eingang und Ausgang befindet Envelope Follower mit denen eine Dynamikregelung erfolgt. Der Eingang wird zunächst in zwei Pfade aufgeteilt. In einem erfolgt eine Saturation gefolgt von der PURA-Funktion. In dem anderen Pfad erfolgt gegebenenfalls der sogenannte DOOM-Effekt und danach folgt ein Wavefolder und eine Freeze-, bzw. Loop-Funktion. Dahinter ist ein Second Order Linkwitz-Riley Crossover-Filter (3 Bänder) mit dem eine Verzerrung individuell in bestimmten Frequenzbereichen erfolgt. Hierzu gibt es am Pedal zwei Regler und zwar MID BAND und TONE. Man sieht hier, dass sich dieses Filter bei aktiviertem Pedal immer im Signalweg befindet, auch wenn der Regler BLEND auf Minimum steht, wirken daher dann noch die Regler MID BAND und TONE. Es wird also bei Linksanschlag des Reglers BLEND nicht das Original-Eingangssignal ausgegeben.

1 sine

Schauen wir uns einmal an, wie die einzelnen Parameter des Dystorpia wirken. Dazu geben wir ein Sinussignal auf den Pedaleingang und beobachten auf einem Oszilloskop, wie sich bei Bewegung der Regler die Ausgangswellenform verändert.

Zum besseren Verständnis haben wir ein 333 Hz Sinussignal (s. Abb. oben) eingespeist, welches (im Idealzustand) keine Oberwellen aufweist und man so die Reglereffekte besser darstellen kann. Bei allen Beispielen sind die jeweils anderen Parameter auf den Wert Null und der Regler BLEND auf Maximum gestellt.

2 fold

Kommen wir zunächst zum Regler FOLD mit dem man die Stärke des Wavefolders einstellen kann (siehe Abb. oben von Reglerstellung leicht über mittel bis auf Maximum). Das Verhalten ist typisch wie man das auch von Wavefoldern in einem Synthesizer her kennt.

3 pura

Beim Parameter PURA erfolgt eine Vollweggleichrichtung (s. Abb. oben), so dass je nach Reglerstellung, der negative Anteil der Wellenform umgekehrt dazu addiert wird. Bei Maximalstellung sieht man dann eben eine Verdoppelung der Frequenz.

4 doom

Der Schalter DOOM hat drei Stellungen und zwar OFF, SUB und BLOWN. Bei Stellung OFF ist die Funktion ausgeschaltet (Abb. links), bei Schalterstellung SUB (Abb. Mitte) wird ein Signal mit einer Oktave tiefer hinzugefügt und bei BLOWN (Abb. rechts) ist der Pegel des hinzugefügten Signals größer als bei Stellung SUB und es erfolgt noch eine Art Ausschwingen, so wie man das von einem mit einem Puls angeregtem Lautsprecher her kennt (s. Abb. oben)., allerding wie man sieht, mit sehr hohen Frequenzkomponenten.

Anschlüsse

Die Spannungsversorgung erfolgt über eine 2,1-mm-Hohlstecker-Buchse mit 9 Volt Gleichspannung (Center Negativ). Das Netzteil muss mindestens 250 mA Strom liefern. Ein Betrieb über eine interne Batterie ist nicht vorgesehen. Ein Netzteil befindet sich nicht im Lieferumfang.

rear

Rechts und links neben dem Stecker für die Spannungsversorgung befinden sich die 6,3-mm-Klinkenbuchsen Ein- und Ausgänge. Die Eingangimpedanz beträgt 1 Megaohm und die Ausgangsimpedanz nominal 100 Ohm.  Der nutzbare Eingangspegel-Bereich liegt je nach Stellung des Reglers GAIN zwischen 0,5 und 9 Vpp.

side

An der rechten Pedalseite existiert noch eine weitere 6,3-mm-Klinkenbuchse, an der man ein Expression-Pedal mit TRS-Stecker anschließen kann.

Bedienung

Mit dem Regler GAIN wird die Eingangsverstärkung eingestellt. Der untere rechte Taster schaltet das Dystorpia-Pedal auf Bypass oder aktiviert es. Der Bypass ist übrigens gepuffert.

top

Weiter befinden sich die Regler für die zuvor beschriebenen Regler für die Effekttiefe der Parameter FOLD, BLEND und PURA, sowie die Filterparameter MID BAND und TONE auf der Frontplatte. Wenn man ein Expression-Pedal angeschlossen hat, muss der Regler TONE entsprechend heruntergeregelt werden, damit man genügend Regelbereich mit dem Expression-Pedal hat.

DOOM erfolgt über den Schalter unten links und mit dem Schalter ENV unten rechts lässt sich eine Dynamikanpassung vornehmen der dem Eingang folgt, so eine dynamische Spielweise möglich ist oder es lässt sich ein Gate zuschalten um Störsignale ohne Eingangssignal zu unterdrücken.

Eine interessante Funktion haben wir noch nicht besprochen nämlich die Freeze-Funktion, die durch kurzes Drücken des linken Tasters aktiviert, bzw. deaktiviert wird. Die Freeze-Funktion ist im Prinzip ein sehr kurzer und knackfreier Loop. bei längerem Drücken erfolgt keine Umschaltung, sondern nach dem Loslassen endet die Freeze-Funktion dann.

Praxis

Das Dystorpia ist auch optisch sehr ansprechend. Wenn man das Pedal auf einen Pedal Board installieren will empfielt sich der Einsatz eines Adapters wie der stromtrap regular (s. Abbbildung unten). Dann braucht man kein Klettband direkt auf die Rückseikte aufkleben, da es nur in den Adapter eingesteckt wird. So kann man ggf. auch zwischen Nutzung auf dem Pedal Board und am Synthesizer wechseln. Die beiliegenden kleinen Gummifüsse lassen sich so auch auf die Rückseite des Pedals kleben und trotzdem zwischen Pedal Board- und Desktop-Nutzung wechseln. Eine ganz praktische Lösung. 

stomptrap

Der Gain Regler bittet genügend Regelbereich um typischen Eurorack- und E-Gitarren-Pegeln entsprechend anpassen zu können. Störgeräusche halten sich in Grenzen und ggf. kann man das interne Gate zuschalten. Wir wollen das Pedal besonders aus der Sicht des E-Gitarristen betrachten und bewerten.

Bei gewissen Einstellungen, besonders bei gleichzeitigen, großen Werten von FOLD und PURA, muss man sich ggf. mit Akkorden zurückhalten und mehr monophon oder Power Cords spielen, da sonst die Dissonanzen und Intermodulationen zu stark werden. Wie wir festgestellt haben ist der Regler BLEND ein besonders wichtiger. Mit ihm kann man den Sound von sehr weicher bis zu brutal hart einstellen und das sehr präzise. Die beiden Filterregler MID BAND und TONE haben schon frequenzmäßig eine kleinere Bandbreite. Das macht sich beim Spielen über verschiedene Lagen, bzw. Saiten bemerkbar. Wenn der Tonumfang von der Frequenz her zu groß wird, dann verändert sich auch schon merklich der Sound. Hier sind die tiefen Frequenzen etwas anfälliger.

Mit dem DOOM in Einstellung SUB bekommt man einen schönen tiefen Sound durch Betonung der Sub-Oktave, wenn der Regler PURA nicht zu weit rechts steht. Die Stellung BLOWN erzeugt allerdings einen sehr Höhen-lastigen Ton.

Dystorpia ist auch als Effekt für E-Bass-Gitarre oder tiefer gestimmte E-Gitarre interessant. Wir haben das Dystorpia mal mit einem Digitech Drop um eine Oktave nach unten transponiert und dann lassen sich Klänge erzeugen, die mehr an einen Synthesizer als einer Gitarre ähneln. Als auf jeden Fall auch etwas für Musiker die gerne experimentieren. Die Steuerung des Parameter TONE ist auch interessant, hat aber klanglich nichts mit einem Wahwah-Pedal gemeinsam. Die Regelung ist hier viel feinfühliger. Im oberen Bereich des Parameters verändert sich der Klang nochmal in eine andere Richtung - was so gewollt ist - und man muss ggf. den oberen Bereich im Einsatz mit einem Expression Pedal meiden. Ein angeschlossenes Expression-Pedal bietet auf jeden Fall eine schöne Möglichkeit der klanglich, dynamischen Artikulation.

Auch der Freeze Effekt lässt sich praktikabel einsetzen. Man muss nur den richtigen Zeitpunkt finden, so dass Anschlagsgeräusche nicht mit in den Loop hinein geraten. Ich persönlich hätte mir vielleicht noch ein zuschaltbares Fade-Out beim Stoppen des Freeze gewünscht. 

Mit den Einstellungen muss man sich etwas beschäftigen. Wir haben ja Eingangs die einzelnen Funktionen vorgestellt aber die einzelnen Parameter beeinflussen sich auch gegenseitig. Die klangliche Vielfalt ist dabei sehr groß und reicht von leicht verzerrten über Fuzz-ähnlichen Klängen bis hin zu sehr synthetisch klingenden Sounds, die man so auf keinem anderen Gitarren-Effektpedal finden wird. Verzerrerpedale gibt es ja selbst von einem Hersteller häufig in verschiedensten Modelltypen und Varianten. Das Dystorpia ist da aber schon klanglich etwas eigen und auch wenn man schon im Besitz einiger Distortion/Fuzz-Pedale ist, dürfte Dystorpia trotzdem noch interessant sein und eine Bereicherung des eigenen Effektgeräte-Portfolios darstellen. Aber auch für die Synthesizer-Spieler ist Dystorpia ein tolles Produkt, besonders wenn man kein Eurorack nutzt oder den Effekt mittels Fußschalte und Expression-Pedal kontrollieren möchte. 

Fazit

Der Preis für das Noise Engineering Dystorpia beträgt laut Hersteller ca. 400 US$ und es ist über ausgewähltes Netz von Händlern verfügbar (in Deutschland: Schneidersladen und MUSIC STORE). Das Dystorpia ist sowohl für Synthesizer als auch E-Gitarre zu empfehlen. Im Bereich E-Gitarre hat es klanglich auf jeden Fall unter den Verzerrer-Pedalen Alleinstellungsmerkmal.

www.noiseengineering.us