Neumann KH 150
Abhörmonitor mit DSP
Autor und Fotos: Raphael Tschernuth
Mit dem KH 150 bringt Neumann einen mittelgroßen Abhörmonitor für die vielfältigsten Einsatzgebiete auf den Markt. Auch wenn das Kürzel DSP im Produktnamen fehlt, so darf man sich nicht täuschen lassen. Der neue Sprössling des Berliner Herstellers besitzt jene leistungsstarke Rechenpower, die auch dem Subwoofer KH 750 DSP zugrunde liegt. Mit dieser DSP und dem Neumann MA 1 Monitor Alignment System lässt sich der Klang des KH 150 für jede Abhörposition optimieren. Zum MA 1 hatten wir bereits einen umfangreichen Test veröffentlicht, mittlerweile ist eine neue Version erschienen, auf die wir im Laufe dieses Berichts genauer eingehen wollen.
Konzept
Der KH 150 Studiomonitor ist das Bindeglied zwischen dem KH 120 und dem KH 310. Dank seiner DSP-Fähigkeit nimmt er jedoch eine Sonderstellung ein. Bisher war das Automatic Monitor Alignment System ja nur den kleinsten Abhörmonitoren bzw. Setups mit dem Subwoofer vorenthalten. Nun kommen endlich auch all jene Anwender in den Genuss von MA 1, die gerne mit größeren Abhörmonitoren ohne Subwoofer arbeiten wollen. Selbstverständlich lässt sich der KH 150 aber auch in ein Abhörsystem mit Subwoofer einbinden.
Anhand des Gehäusevolumens wird die Größenverteilung deutlich: Dieses beträgt beim KH 310 27 Liter, beim KH 150 20 Liter und beim KH 120 zehn Liter. Hier der KH 150 im direkten Vergleich zum deutlich kleineren KH 80 DSP (s. Abb. unten).
Zusätzlich zum DSP besitzt der KH 150 analoge und digitale Anschlüsse und lässt sich damit in die vielfältigsten Arbeitsumgebungen integrieren. Egal ob Stereo, mit Subwoofer, Surround oder Dolby Atmos - der KH 150 ist für all diese Einsatzgebiete prädestiniert. Wem digitale und analoge Anschlüsse noch nicht genügen, für den Neumann auch eine Version des KH 150 mit AES67-Netzwerk-Schnittstelle anbietet. Diese Version bietet redundante Netzwerk-Ports, welche konform zu Broadcast Standarts ST 2110, ST 2022-7-Redundanz und RAVENNA sind. Auch ist mit einer rund 250 Euro teurem Option die DANTE-Kompatibilität gewährleistet.
Technische Daten
Beim KH 150 handelt es sich um einen Zwei-Wege Studiomonitor mit Bassreflexsystem auf der Vorderseite. Neben dem neu entwickelten 6,5 Zoll großen Woofer, arbeitet darin der 1 Zoll große Hochtöner, den man bereits von anderen Lautsprechermodellen des Berliner Herstellers kennt. Damit ergibt sich ein beeindruckend linearer Frequenzgang zwischen 39 Hertz und 20,4 kHz (+/- 3 dB). Die Trennfrequenz zwischen den beiden Systemen liegt bei 1.7 kHz und ist phasenlinear. Phasenverzerrungen von analogen Frequenzweichen gehören damit der Vergangenheit an.
Nicht nur das Gehäuse ist deutlich größer als etwa jenes des KH 120, auch die Leistungsreserven sind höher und die zugrundeliegende Elektronik wurde komplett neu entwickelt. Eine zum Patent angemeldete Verstärkertechnologie soll überragende Audio-Performance bieten, und gleichzeitig äußerst stromsparend sein. Die Verstärker liefern 145 Watt an den Woofer und 100 Watt an den Hochtöner, verbrauchen im Leerlauf aber nur 17 Watt bzw. im Standby 0,3 Watt.
Der Speaker bietet einen maximalen Schalldruck von 118,7 SPL bei 3 % THD im Abstand von einem Meter. In Dolby D.A.R.D.T. liegt der SPL Wert bei 114 dB (fullrange) bzw. 120 dB (mit Bassmanagement / Subwoofer). Das Eigenrauschen ist sehr gering und beträgt weniger als 20 dB (A) SPL im Abstand von zehn Zentimetern. Der analoge Dynamikumfang des KH 150 ist 118 dB (A).
Für die Entwicklung der neuen Lautsprecher hat sich Neumann ganze drei Jahre Zeit gelassen. Laut Aussage von Stephan Maurer hatte man das Ziel, den besten Woofer seiner Klasse zu entwickeln. Hergestellt werden die Monitore nun in der Tschechei unter strengsten Auflagen. Die Toleranzen wurden so eng gesteckt, dass maximal +-0,8 dB im Frequenzgang zulässig sind. Damit ergeben zwei Speaker, wie bei Neumann üblich, also ein „matched pair“.
Die rückseitigen Audio-Anschlüsse bieten sowohl analogen Eingang (XLR-Buchse), als auch digitalen SPDIF-Eingang (Cinch-Buchse). Der maximale Eingangspegel beträgt +24 dBu und der Anwender hat die Möglichkeit eine von vier Eingangsempfindlichkeitsstufen auszuwählen: +24 dBu, +14 dBu, +9 dBu und -1 dBu. Der 24-Bit Digitalwandler verarbeitet Abtastraten zwischen 32 kHz und 200 kHz, wobei die Ausgangs-Abtastrate identisch zur Eingangs-Abtastrate ist.
Das verbaute Netzteil passt sich automatisch an Spannungen zwischen 100 und 240 Volt an, der Monitor kann also problemlos weltweit eingesetzt werden und ist zudem unempfindlich gegenüber Schwankunen der Netzspannung.
Lieferumfang
Geliefert wird der KH 150 gut geschützt in einer Kartonverpackungmit vier aufklebbaren Standfüßchen zur Verringerung von Schallübertragungen auf den Untergrund, sowie einer Quick -Start Guide und den übliche Garantiebestimmungen. Die Verarbeitung ist exzellent und bietet keinen Anlass irgendetwas zu beanstanden. Das Gehäuse macht den Eindruck als wäre es aus einem Guss gefertigt, es gibt keine scharfen Kanten, die Metallverarbeitung und Lackierungen wurden hervorragend ausgeführt. Zwei massive Metallgitter schützen den Woofer und den Hochtöner vor Beschädigungen. Auf die Waage bringt der KH 150 satte acht Kilogramm, seine Abmessungen betragen 345 x 225 x 273 mm.
Rückseitig bietet der Monitor viele Einstellmöglichkeiten. So lässt sich beispielsweise der Klang manuell an bestimmte Positionierungen anpassen. Hierfür gibt es für die Frequenzbereiche Bass, Low-Mid und Treble jeweils vier Settings. Die Eingangspegel und Verstärkung lassen sich ebenfalls festlegen. Auch ausgewählt werden kann, welcher Eingang aktiv sein soll und ob die manuellen Einstellungen oder die MA 1 Netzwerk Settings geladen werden sollen. Um Brummschleifen zu vermeiden, gibt es zudem einen Ground-Lift Schalter. Dank zweier Montagegewinde auf der Rückseite hat der Anwender die Möglichkeit, den KH 150 mit speziellen Halterungen an Stativen, der Decke oder der Wand zu befestigen.
Praxis
Als ideale Abhördistanz empfiehlt Neumann eine Entfernung zwischen 1 und 2,5 Metern. Aber selbst Distanzen zwischen 0,75 und 6 Metern sind mit dem KH 150 möglich. In unserem Studio liegen wir mit 1,2 Metern innerhalb der idealen Entfernung. Wir besitzen bereits eine mit dem MA1 System eingemessene Kombination aus KH 750 und KH 80 DSP und sind gespannt wie sich das Klangerlebnis vom KH 150 unterscheidet. Leider ist aufgrund des fehlenden Platzes nicht möglich noch weitere Lautsprecherständer hinter der Regie aufzubauen, weshalb wir die KH 150 notgedrungen auf der Oberseite der 19-Zoll-Aufbaus positionieren.
Bereits in Grundeinstellung mit allen Klangreglern auf 0 beeindruckt der KH 150 mit einem sehr homogenen und äußerst druckvollen Sound. Die Leistungsreserven sind beachtlich, selbst bei sehr hohen Lautstärken lässt sich dieser Abhörmonitor nicht aus der Ruhe bringen. Das ist ein großer Unterschied zum Subwoofer-System mit den deutlich kleineren Satelliten. Bei normaler Abhörlautstärke ist zwar alles im grünen Bereich, geht man aber lauter zu Werke, kommen die kleinen Speaker schneller an ihre Grenzen.
Was durch die neutrale Wiedergabe des KH 150 direkt hörbar wird, sind die akustischen Eigenheiten des Raumes. Obwohl schon viele Euros in die Raumakustik investiert wurden, entstehen an der derzeitigen Abhörposition Überlagerungen im Bereich der Mitten und man hat mit Raummoden bei 38 Hz bzw. 76 Hz zu kämpfen. Diese Probleme konnten durch das bestehende Stereosystem mit Subwoofer hervorragend gelöst werden, besonders der frei positionierbare Subwoofer leistete hier einen wichtigen Beitrag.
MA 1 Software
Damit auch die Performance des KH 150 mit dem MA 1-System optimiert werden kann, ist es zunächst notwendig sich die neueste Version der Software (1.5.3) von der Webseite des Herstellers zu laden. Zudem ist das Messmikrofon MA 1 erforderlich.
Die Neumann KH 150 müssen mithilfe eines Routers bzw. Splitters mit dem Netzwerk des Computers verbunden werden. Die Software erkennt die angeschlossenen Lautsprecher automatisch und erlaubt es verschiedene Einstellungen vorzunehmen wie etwa: Helligkeit des Neumann Logos, Lautstärkeregelung, Firmware-Updates, etc.
Beginnt man die Messungen wird der Anwender von der Software durch alle notwendigen Schritte geleitet. Insgesamt muss das Messmikrofon an sieben verschiedenen Positionen aufgestellt werden. Jede der sieben Messungen erfolgt durch zwei Sinus-Sweeps, eine für jede Box.
Neu ist an der Software unter anderem, dass man in Setups mit Subwoofer diesen nun auch umgehen kann. Wer beispielsweise zu Hause mischt und auf Nachbarn Rücksicht nehmen muss, kann den Subwoofer deaktivieren und trotzdem von der MA 1-Optimierung auf den verbleibenden Speaker profitieren. Auch hat man durch diese Umschalt- bzw. Abschaltmöglichkeit praktischerweise eine Art Zweitabhöre zur Hand.
Wer es ganz eilig hat, kann mit der neuen MA 1-Version bereits mit nur einer einzigen Messung eine Optimierung vornehmen. Man erreicht damit zwar nicht die Präzision der sieben Messschritte, aber kommt dem Ergebnis schon sehr nah, und kann damit die grundlegenden Raumprobleme sehr schnell in den Griff bekommen. Das wird besonders interessant für all jene sein, die öfters unterwegs oder in unterschiedlichen Räumen mischen. Eine der wichtigsten Neuerungen der Software betrifft die Speicherstände. Hier lassen sich jetzt verschiedene Setups und Optimierungen abspeichern, gegebenenfalls vergleichen und nachträglich sogar noch bearbeiten.
Die Auswirkungen der Optimierung durch das MA1 lassen sich mit Worten kaum beschreiben. Man muss es eigentlich selbst erlebt, bzw. einmal die Resultate gehört haben. Wer einmal den linearen Frequenz- und Phasengang gehört hat, für den gibt es keinen Weg zurück. Alles klingt ungemein klar und wie aus einem Guss. Durch die linearisierte Phase entsteht der Eindruck, als würde man mit einer Punktschallquelle arbeiten. Erstaunlich dabei ist, dass der Sweetspot recht breit ausfällt und man nie das Gefühl hat, es gäbe eine Grenze, ab der sich das akustische Ergebnis negativ verändern würde.
Auch die einzelnen Frequenzbereiche gehen beim Hören nahtlos ineinander über. Der Klang des KH 150 ist im höchstem Maße ausgewogen und wirkt nahezu plastisch, alle Elemente der Musik erscheinen greifbar und lassen sich im Mix nach Belieben positionieren. Jede Veränderung oder Modulation eines Tracks hört man deutlich und die Monitore ermöglichen ein absolut präzises Arbeiten.
Durch die sensationelle räumliche Tiefenstaffelung lassen sich Halleffekte genau dosieren, die hohe Impulstreue sorgt dafür, dass man Kompressionseffekte beim Mixen bzw. Mastern genau einschätzen kann. Jede Nuance ist hörbar und wird ans Ohr des Toningenieurs transportiert. Faszinierend, wie locker und leicht dem KH 150 das alles fällt, selbst bei höher Abhörlautstärke bleibt der Klang sehr konsistent. Es gibt keinerlei Mumpf, keine unschönen Frequenzüberlagerungen oder sonstige klanglichen Probleme, die durch ein zwei Wege System Bassreflexöffnungen auftreten können. Die klangliche Reinheit schafft in der Arbeit sehr schnell das Vertrauen, dass das, was man mit dem KH 150 hört, so klingt wie es ist.
Auch stilistisch ist der KH 150 ein Allrounder. Egal für welche musikalischen Genres man ihn verwendet, von Klassik-Aufnahmen der Philharmoniker, über kompromisslose Bass-Linien von Billie Eilish, hin zu reinen Elektro-Tracks oder Hits der letzten Jahrzehnte. Die Arbeit mit dem KH 150 macht unglaublich viel Freude, es bedarf keiner Einarbeitungszeit und die Monitore ermöglichen ein langes und ermüdungsfreies Arbeiten.
Fazit
Der KH 150 überzeugt im Test durch exzellente Verarbeitung, vielfältige Anschlussmöglichkeiten, zahlreiche Features und nicht zuletzt durch ein Klangerlebnis auf höchstem Niveau. Er füllt die Lücke zwischen dem KH 120 und KH 310 hat aber zudem die DSP Power für das MA 1 Automatic Monitor Alignment System mit an Bord. Die klanglichen Resultate sind beeindruckend: ein linearer Frequenz- und Phasengang, eine atemberaubende räumliche Auflösung, hohe Dynamik und Impulstreue.
Der Preis von 1.599 Euro erscheint aufgrund der gebotenen Qualität nicht nur angemessen, sondern im Vergleich mit anderen hochkarätigen Herstellern sogar sehr günstig. Für einen Aufpreis von rund 250 Euro gibt es die Möglichkeit eine AES67 Version erwerben, die zusätzlich zu den digitalen und analogen Anschlüssen mit einem redundanten Netzwerkanschluss aufwartet.