Modbap Osiris

Eurorack Bi-Fidelity Wavetable-Oszillator

Autor und Fotos: Peter Kaminski

aufmacher

Modbap ist noch ein sehr junger US-amerikanischer Hersteller von Eurorack-Modulen und wurde im Sommer 2020 von Corry Banks gegründet. Er hat sich zur Aufgabe gemacht die Lücke zwischen Hiphop und Modular-Synthesizer zu schließen und über Modbap entsprechende Produkte anzubieten. Das erste Modul war "Per4mer", ein Effektmodul speziell für Live-Anwendungen. Schon das erste Modul macht deutlich, dass man neue Konzepte und Ideen umsetzen möchte. So auch beim im September 2021 vorgestellten "Osiris" Wavetable-Oszillator, der mit vielen Besonderheiten in Punkto Technik, Bedienung und Klang aufwartet.

Konzept

Osiris hat eine Breite von 12 TE und ist ca. 28 mm tief. Als Betriebsspannung wird +/- 12 Volt benötigt mit jeweils ca. 50 mA. Die Frontplatte ist aus Matall und lackiert.

rear

Auf der Hauptplatine ist noch eine kleine Micro-Controller-Board aufgesetzt, die mit einem Micro-USB-Anschluss sowie zwei Taster und Indikator-LEDs zum Updaten der Firmware ausgestattet ist. Dazu später mehr, wenn es um die Praxis geht. Die ganze Verarbeitung des Moduls und das verwendete Material sind hochwertig und es sind auch gute Potis verbaut.

Konzept

Der Osiris Wavetable-Oszillator ist in Bänke organisiert. Eine Bank, von denen es vier gibt, bestehen jeweils aus 32 Wavetables mit 32 Wellenformen, die sich über X- und Y-Koordinaten auswählen lassen. Dabei werden diese aber nicht hart umgeschaltet, sondern interpoliert. Samples können auch als sogenannte WavPaks von einer SD-Karte geladen werden. Die gespeicherten Samples sind dabei in 16 Bit mit einer Abtastrate von 44,1 kHz. Der Oszillator selbst arbeitet mit einer Abtastrate von 96 kHz. Zusätzlich zum Hauptsozillator verfügt der Osiris über ein Suboszillator.

Bedienung

Oben lässt sich über den Taster BANK die aktuelle Wavetable-Bank anwählen. Die selektierte Bank wird über eine der vier LEDs angezeigt. Zwischen Schalter und Bank-LEDs befindet sich der SD-Kartenslot. Ist hier eine SD-Karte mit Daten im richtigen Format eingesteckt, so werden diese Bänke mit den dort vorhandenen Wavetables geladen und benutzt. Über die beiden Regler WAVE X und WAVE Y kann man manuell die Wellenform in einer Wavetable, bzw. das Wavetable-Set selektieren.

Über den Regler PITCH lässt sich die Tonhöhe grob über viele Oktaven hinweg einstellen und mit dem FINE TUNE Regler im Bereich von plus/minus einem Halbton. Rechts daneben ist der Regler für die Wellenform des Suboszillators, die sich stufenlos von Rechteck über Sinus und Dreieck zu der Kopie der aktuellen Wavetable-Wellenform eine Oktaven tiefer, einstellen lässt. Dreht man den Regler weiter, so schaltet er auf zwei Oktaven unter dem Hauptoszillator.

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Mit dem Regler SUB MIX lässt sich der Pegelanteil des Suboszillators am MIX-Ausgang einstellen. Im MIX-Ausgang ist ein virtueller VCA vorhanden, der über einen internen Decay-Hüllkurven-Generator angesteuert wird. Die Zeitkonstante des Decays lässt sich mit dem Regler DECAY auf maximal sechs Sekunden einstellen. Wenn DECAY auf Rechtsanschlag steht, dann wird der virtuelle VCA auf Bypass geschaltet. Mit dem Regler VCA lässt sich die Audio-Ausgangsamplitude des MIX-Ausgangs einstellen. Über den Trigger-Taster lässt sich der Decay-Hüllkurvengenerator auch manuell auslösen.

Nun kommen wir zu einigen sehr speziellen Parametern. Mit dem TIMBRE MODE lässt sich die Wavetable-Wellenform beeinflussen, quasi wie bei einem Waveshaper, aber eben noch deutlich vielseitiger. Der Grad der Veränderung wird über den TIMBRE AMT (Timbre Amount) eingestellt. Bei Linksanschlag des TIMBRE MODE werden zwei gegeneinander verstimmte Oszillatoren ausgegeben. In diesem Unisono-Modus lässt sich mit dem Regler TIMBRE AMT der Grad der Verstimmung einstellen, der über mehrere Halbtöne gehen kann. Dreht man den Regler TIMBRE weiter Richtung 8 Uhr gelangt man zum Bend-Modus, bei dem die Wellenformen etwas spitzer klingen und bei ca. 10 Uhr ist man dann im Fold-Modus, ein klassischer Zweistufiger-Wavefolder.  Bei ca. 11 Uhr wird der Sync-Modus angewählt und bei ca. 12 Uhr wird Rauschen zum Wavetable-Signal hinzugefügt. Bei ca. 2 Uhr ist man dann im Modus "FM x 1", bei dem eine Phasenmodulation mit der gleichen Wellenform erfolgt. Wenn man den Regler weiter in Richtung 5 Uhr dreht, dann erfolgt eine FM mit einem Frequenzverhältnis von bis zu Faktor 8.

Nun noch zu dem Regler unten links, der dem Osiris seinen Beinamen Bi-Fidelity Wavetable-Oszillator verleiht. Mit dem Parameter FIDELITY lässt sich der Sound zwischen einem unverändertem Klang (HIFI) und einem Low-Fidelity-Sound stufenlos regeln. Dieser Parameter wirkt sowohl auf dem Haupt- als auch auf den Suboszillator. Die Bearbeitung ist nicht nur eine Reduzierung der Wortbreite sondern es kommen verschiedenste Dinge zur Wirkung wie Jitter und andere Effekte.

buchsen

Über den Taster QUANT lässt sich eine Echtzeit-Tonhöhen-Quantisierung (Halbtöne) zuschalten und über SYNC kann der Anwender die Wave-Synchronisation zurücksetzen. Der Status beide Funktionen wird über je eine Indikator-LED angezeigt.

Jetzt noch einen Blick auf die Ein- und Ausgänge des Osiris. Es gibt einen MIX-Ausgang, bei dem sowohl der Oszillator als auch der Suboszillator (pegelanteilig) ausgegeben wird und den Ausgang SUB, wo ausschließlich der Sub-Oszillator ohne den virtuellen VCA aufliegt. Der V/OCT ist der Haupt-CV-Eingang für die Tonhöhe. In dem Fall, dass in der Buchse SUB V/OCT eine Miniklinke eingesteckt ist, erfolgt die Kontrolle der Tonhöhe des Suboszillators unabhängig vom Hauptoszillator. Mit dem Eingang TRIG lässt sich der Hüllkurvengenerator starten.

Weiter gibt es eine ganze Menge an CV-Steuereingänge und zwar für die Wellenformauswahl X und Y, den Timbre Mode und den Timbre Amount sowie dem Fidelity-Parameter und der Decay-Abfallzeit sowie die Wellenform des Suboszillators. Alle Eingänge verfügen über keinen Regler zum Abschwächen der jeweiligen Wirkung auf den Parameter. Das nenn ich mal Oszillatorkontrolle ...

Praxis

patched

Die vorhandenen Wellenformen sind klanglich breit gestreut und sehr gut zusammengestellt. Die vier Werksbänke stammen von Ess Mattisson, Sonic Xpansion, Bogdan Raczynki und Beatppl. Mit den Wavetables lässt sich schon einiges anstellen.

Ich habe schon viele Eurorack-Module mit Wavetables ausprobiert und es gibt immer zwei Probleme: entweder die Bedienung ist einfach und somit auch die Funktionalität oder die Funktionalität ist hoch und die Bedienung ist dann sehr komplex, ggf. auch mit Display, Menüs und Dialoge. Osiris schlägt hier eine Brücke und schafft es eine einfach Bedienung über eine überschaubare Anzahl von Parametern zu realisieren und dabei aber die Funktionalität und Sound-Vielfalt auf einem hohen Niveau zu halten. Das ist wirklich sehr gelungen und wird unter anderem dadurch erreicht, dass man die Parameter TIMBRE MODE und SUB WAVE nicht als Schalter ausgeführt hat, sondern hier eine stufenlose Einstellung ermöglicht wurde. Es erfordert vielleicht an der einen oder anderen Stelle Mal ein Blick in das sehr gute Handbuch, aber wer zum Beispiel diesen Beitrag gelesen hat, der kann im Wesentlichen auf die Handbuchnutzung verzichten. Osiris lässt sich also sehr intuitiv bedienen.

Osiris lässt sich sowohl als komplett autarkes Synthesizer-Modul betreiben, wobei man hier klanglich schon erstaunlich viel erreichen kann, als auch als Oszillator für komplexere Sound-Gestaltung mit nachfolgender Bearbeitung. Daher ist Osiris sowohl für kleine kompakte Setups interessant, als auch für große Eurorack-Systeme. Auch wenn man wegen dem Fidelity-Parameter durch den einstellbaren LoFi-Sound zunächst an EDM oder Hip-Hop als Einsatzfokus denkt, so ist Osiris in Wirklichkeit extrem breit einsetzbar und die Sound-Resultate sind wirklich überzeugend.

Dazu tragen auch die vielen CV-Steuereingänge bei, mit deren Hilfe sich mit dem Osiris sehr dynamische Klänge generieren lassen. Hierzu muss man den Anwendern noch etwas auf dem Weg geben: Der Osiris verfügt ja nicht über Abschwächer-Potis für die Eingänge. Das finde ich auch bei dieser Anzahl von Eingängen völlig in Ordnung, da sonst das Modul einfach zu groß geworden wäre und man braucht ja ggf. auch nur einen Abschwächer oder vielleicht auch mal gar keinen. Es ist aber schon wichtig, das Potential der Eingänge richtig zu nutzen und das Zauberwort heißt hier "Abschwächer". Wie oft habe ich in Demos schon gesehen, bei denen man mit vollem Ausgangspegel eines LFOs auf einen Modulationseingang geht und das Resultat sind dann häufig gruselige oder im musikalischen Kontext völlig unbrauchbare Klänge.

Die Devise ist hier also - wie so häufig: weniger ist mehr. Kleine Steuerpegel sind hier gefordert. Daher machen im Zusammenhang mit Osiris LFOs und Hüllkurvengeneratoren Sinn, bei denen man den Ausgangspegel einstellen kann, wie zum Beispiel den kleinen Envelope Generator von 2hp oder man nutzt Abschwächer wie Befaco Dual Attenuverter oder den preiswerten 3x ATT von ph modular, der es in diesem Fall auch tut. Belohnt wird man mit wirklich überzeugenden dynamischen Klängen aus dem Osiris. Einfach mal ein Hüllkurvengenerator auf WAVE X oder Y legen oder den Wellenformtypus des Suboszillators modulieren und das Ganze wird richtig lebendig.

Was die LoFi-Sound angeht, so muss man mit dem Parameter FIDELITY sehr vorsichtig umgehen, denn knapp nach der 12-Uhr-Regler-Stellung wird es schnell und heftig Low-Fidelity. Hier treten dann sehr viele Effekte gemeinsam auf. Mir persönlich hätte da ein Bit-Crushing und etwas Jitter gereicht. Bei Extremeinstellungen bleibt vom eigentlichen Sound nicht mehr viel übrig aber die Ergebnisse lassen sich dann gut für Electronic-Percussion-Sounds verwenden.

Übrigens sind auch schon die ersten optionalen Wavetable-Sets auf der Hersteller-Web-Site verfügbar. Mit Hilfe der kostenlosen und optionalen Software "OSIRISedit" lassen sich auch eigene WavPaks kreieren. Diese Software steht zurzeit des Tests (Januar 2022) aber ausschließlich für macOS (ab 10.15) zur Verfügung. Man denkt aber auch bei Modbap über eine Version für Windows-Betriebssystem nach, wie Corry mir mitteilte.

Firmware Upgrade

Wir haben Osiris noch mit einer frühen Release-Firmware bekommen. Zurzeit des Tests wurde die Version 1.0.3 veröffentlicht, also wurde ein Update erforderlich. Bis zum Jahresende 2022 wurde dann die Firmware 1.4 bereitgestellt.

Trotzdem einige grundsätzliche Infos zum Osiris-Firmware-Update. Die Firmware lässt sich über ein macOS- oder Windows-Computer über den USB-Port auf der aufgesetzten Platine aktualisieren. Dabei ist aber Einiges zu beachten, was wir den Lesern nicht vorenthalten möchten. Die Anleitung ist in diesem Punkt nicht ganz verständlich. Hier daher einmal die Vorgehensweise für Windows-basierende PCs.

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Als Erstes muss man den USB-Treiber installieren. Dazu muss man sich die Utility-Software Zadig von https://zadig.akeo.ie herunterladen und dann auf dem Desktop starten und Osiris aus dem Rack nehmen und einfach via USB an den PC anschließen. Wichtig ist, man muss den Treiber für das richtige Device einrichten, also nicht direkt auf "Install Driver" klicken, sondern zunächst "DFU in FS Mode" auswählen. Sollte dieser Eintrag nicht vorhanden sein, dann ggf. an dem Modul den Taster "Boot" gedrückt halten und dazu kurz "Reset" drücken und das Device "DFU in FS Mode" suchen und auswählen und dann den Treiber installieren. Nach der Installation ggf. kurz die USB-Verbindung am Modul lösen und wieder anstecken.

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Zur Installation der Firmware ruft man über einen Chrome Browser (kein anderen Browser nutzen) https://electro-smith.github.io/Programmer/ den Programmer auf. Nun wieder den kleinen Taster "Boot" gedrückt halten und dazu kurz "Reset" drücken. Im Browser "Connect" anklicken und wieder das Device "DFU in FS Mode" auswählen.

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Nach erfolgter Verbindung die zuvor heruntergeladene Firmware-Datei im Browser auswählen (siehe Abb. oben) und auf "Program" klicken. Nach Abschluss der Programmierung wieder das USB-Kabel abziehen und das Modul wieder einbauen. Wenn man alles so befolgt wie beschrieben, dann ist das Update kein Problem und schnell erledigt.

Fazit

Der Preis des Osiris Wavetable-Oszillators liegt bei ca. 360 Euro. Vertrieben werden die Module von Modbap über Electro-Distro und deren Händler. Wie wir aber feststellen mussten, hatten nicht alle der Händler Osiris im Programm. Bestellen konnte man Osiris zum Zeitraum unseres Tests im deutschsprachigen Raum zum Beispiel bei Schneiders Laden in Berlin sowie bei House of Sound in Basel.

Mit Osiris hat Modbap ein wirklich absolut überzeugenden Wavetable-Oszillator vorgestellt, der sehr vielseitige Klangeinstellungen ermöglich und das bei relativ einfacher Bedienung. Ich persönlich bin von dem Modul total begeistert, besonders von den vielschichtigen Modulationsmöglichkeiten. Es ist sicherlich einer der besten Eurorack-Wavetable-Oszillatoren und bietet noch viel Potential über optionale WavPaks von Modbap oder eben selbst erstellten. Aber schon mit den Werks-Wavetables ist das mögliche Klangspektrum enorm. Da kann man nur auf die nächsten Module des jungen Unternehmens Modbap gespannt sein. 

www.modbap.com