Minimal Audio Cluster Delay

Autor: Peter Kaminski

aufmacher

Delay Plug-Ins gibt es verschiedenste und viele sind auf bestimmte funktionelle Merkmale optimiert, wie auch das Cluster Delay von Minimal Audio, welches im März 2023 vorgestellt wurde.

Voraussetzung und Installation

Nutzbar ist das Plug-In auf Windows (ab Version 10) und macOS (ab Version 10.9) und zwar in den Plug-in-Formaten VST, VST3, AAX und AU in 64-Bit (macOS).

install

Die Installation erfolgt über eine Installer-Software. Nach dem ersten Aufrufen des Plug-Ins werden die Daten des eigenen Minimal Audio User Accounts abgefragt und sind einzugeben und bei korrektem Login erfolgt dann die Freischaltung des Plug-Ins.

Bedienung

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Werfen wir einen Blick auf die Bedienung. Ganz oben lassen sich in fünf Kategorien aufgeteilt jeweils 20 Presets abrufen (s. Abb. oben).

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Über ein Menü wird die Tempo-Synchronisierung eingestellt und zwar frei  von 1 ms bis 2 s oder DAW-synchron mit Notenwerte bezogen auf das DAW-Tempo. Beides lässt sich über den TIME-Regler einstellen. Mit NORMAL lassen sich die 1/128 bis 1 Takt anwählen und mit TRIPLET die Triolen und DOTTED für punktierte Notenlängen. Bei der Anwahl von SNYC lassen sich über den Drehregler alle diese Notenwerte (NORMAL, TRIPLET, DOTTED) anwählen.

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Unter dem TIME Regler befinden sich Regler für die Parameter FEEDBACK, SPREAD und CROSSFEED. FEEDBACK ist der Rückkopplungspegel in Prozent und mit dem Taster ANALOG  lässt sich ein Feedback-Verhalten simulieren, wie man es von analogen Vintage-Delays her kennt. Mit SPREAD lässt sich eine Offset-Delay-Zeit zwischen den beiden Stereokanälen einstellen, um so Stereoeffekte zu generieren. Über die Taste SYNC über dem SPREAD-Regler lässt sich diese Offset-Zeit auch in Teilen zu 12,5 Prozent zu der gewählten Delay-Zeit synchronisieren. Ist dieser SYNC-Taster aus, dann lässt sich der SPREAD stufenlos einstellen (-200 ... +200 Prozent). Mit dem Parameter CROSSFEED wird festgelegt, wieviel Feedback-Anteil vom linken auf den rechten Kanal, bzw. rechten auf den linken Kanal gegeben wird.

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Über ein sogenanntes "Tap Scope" wird die zeitliche Verteilung und der Pegel der beiden Kanäle dargestellt (s. Abb. oben). Die Anzahl der Delay-Abgriffe kann hier zwischen 1 und 8 eingestellt werden. Es ist ein normaler Stereo-Modus oder ein Mid-Side-Modus über einen Schalter aktivierbar. Somit lassen sich Stereo-Effekte, wie man sie von Ping-Pong-Delays her kennt realisieren, aber mit dem MS-Modus auch Delays wo einzelnen Delays über die Zeit zum Beispiel von der Mitte nach außen wandern. Über HIGHPASS und LOWPASS lässt sich eine Frequenzbegrenzung im Delay-Pfad realisieren.

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Um die Funktion der Regler SPACING, RAMP und SCATTER zu verstehen, hier einige Beispiel-Einstellungen. Über das Tap Scope lassen sich die Funktionen der einzelnen Regler gut visualisieren. Da sich die drei Parameter immer auf die Delay-Abgriffe/Taps beziehen (Tap-Parameter) sind diese auch nur dann verfügbar, wenn die Tap-Anzahl zwei oder größer beträgt.

Zunächst zum SPACING (s. Abb. oben), mit dem sich ein Delay-Offset zwischen den Delay-Taps einstellen lässt. Zur Veranschaulichung haben wir uns bei den Beispielen auf zwei Taps beschränkt. Wenn der Button SNAP aktiviert ist, ist keine freie Verschiebung mehr möglich, sondern begrenzt auf den nächsten Bruchteil eines Notenwertes der eingestellten Delay-Zeit.

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Mit dem Parameter RAMP lässt sich ein Pegelunterschied zwischen den Taps einstellen (s. Abb. oben). Man sieht hier, dass der Pegel jeweils des ersten Taps kleiner ist als beim zweiten Tap. Die Einstellung gilt aber für beide Audiokanäle.

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Mit dem Parameter SCATTER lässt sich der Pegelunterschied der Taps für die einzelnen Kanäle balancieren. Hierüber lassen sich zum Beispiel im Stereo-Modus Ping-Pong-ähnliche Effekte realisieren.

fx routing

Das Cluster Delay ist auch mit einer Effektsektion ausgestattet. Diese lässt sich über eine Routing-Auswahl in der Effekt-Sektion in den Eingang, in den Ausgang oder in den Feedback-Pfad schalten (s. Abb. oben).

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Als Effekte stehen folgende zur Verfügung:  Wobble - eine Tonhöhenmodulation ähnlich wie ein kontinuierlich modulierter Tape-Flutter-Effekt, Diffusion - einem Hall-ähnlicher Effekt der auf die einzelnen Delays aufgeprägt wird, sowie Chorus-, Phaser- und Flanger-Effkte und ein Frequenz-Shifter-Effekt (also kein Pitch Shifter).

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Je nach an gewähltem Effekt stehen zwei einstellbare Parameter zur Verfügung und auch hier wieder ein Sync-Button um die Modulationsfrequenz des Effektes mit dem Tempo zu synchronisieren. 

output

Über einen integrierten Ducker (s. Abb. oben) lässt sich das Effektsignal in Abhängigkeit vom Eingangssignal im Pegel dynamisch reduzieren. Neben dem Ausgangsregler gibt es zudem noch Icon zum Zuschalten eines Limiters. Hier gibt es drei Stufen, die farbig gekennzeichnet sind: aus (grau), Limitier mit leichter Anzerrung (lila) und starkes Soft Clipping (orange). 

Praxis

Wie die meisten Delays ist auch das Cluster Delay, was die CPU-Resourcen-Nutzung angeht, sehr sparsam. Auch bei aktivierten internen Effekt ist die verursachte Prozessorlast gering. Die Bedienung der Regler ist nicht bei allen Parametern selbsterklärend. Trotzdem würde ich die Bedienoberfläche und Bedienführung als strukturiert beurteilen und man kann sich in ein paar Minuten problemlos reinarbeiten. Die drei Sync-Buttons sind vielleicht ohne Blick in das Handbuch verwirrend.  

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Das Feedback-Verhalten ist so, dass man keine Oszillation erzeugen kann. Dank der Snap- und Sync-Optionen lassen sich schnell rhythmisch stimmige Ergebnisse erzielen. Die Delay-Muster die man mit dem Cluster Delay erzeugen kann, können extrem komplex werden. Ein tolles Werkzeug für Synthis und Gitarre und sehr geeignet um auf Synthesizer-Sequenzen eine komplexe Struktur aufzuprägen. Das Cluster Delay ist vom Ansatz her ganz anders vom Konzept und den Resultaten als das kürzlich bei uns vorgestellte Zen Delay von Erica Synths, das mehr einen musikalischen Ansatz verfolgt und nicht so komplexe Muster erzeugen kann. Das Cluster Delay würde ich eher als konzeptionellen Gegenpol beschreiben - ein technischerer Ansatz der weniger für den Live-Betrieb mit Echtzeit-Manipulation geeignet ist - aber nicht weniger interessant. Besonders Studioanwender und Nerds aus der Modular-Szene kommen da auf Ihre Kosten, denn da gibt es auf der Hardware-Seite nichts Vergleichbares.

Die integrierten Effekte sind durchweg positiv zu beurteilen denn man kann durch das flexible Routing einiges Interessantes an Modulationen und zeitlicher Dynamik einbringen. Ich bin nicht unbedingt ein Freund von internen Effekten, aber hier macht es ohne Frage einfach Sinn. Den Unterschied im Feedback-Verhalten zwischen ANALOG ein/aus finde ich relativ gering. Den Button kann man übrigens nicht in Echtzeit nutzen, denn er verursacht beim Schalten Knackgeräusche. Ist aber nicht so erheblich, da man ihn im Play-Betrieb wohl kaum verändern oder gar automatisieren dürfte. Also kein Nachteil. Gewünscht hätte ich mir aber eine etwas größere und detailliertere I/O-Pegel-Meter-Anzeige, ggf. mit Korrelator um den Stereo/MS-Effekt besser zu visualisieren, aber auf der anderen Seite hätte das die Bilanz bezüglich der positive Resourcen-Nutzung sicherlich stark negativ beeinflusst.

Fazit

Der Preis für das Cluster Delay liegt bei 49 Euro und es kann direkt über die Web-Site von Minimal Audio bezogen werden. Das ist ein absolut fairer Preis und das was man mit dem Cluster Delay an rhythmischen Effekten generieren kann ist absolut hörenswert und zwar für die ganze Bandbreite in der Musikproduktion von Pop bis experimentell.

www.minimal.audio