Kling & Freitag Passio
Autor: Peter Kaminski
Kling & Freitag ist ein alter Hase im Beschallungsgeschäft. So hat sich z. B. die CA 106 über die Jahre zu einem Industriestandard für bestimmte Beschallungsaufgaben entwickelt. Im Sommer 2012 haben wir Kling & Freitag in Hannover besucht und hatten die Gelegenheit uns vor Ort näher mit dem System Passio zu beschäftigen, welches bereits auf der Prolight & Sound 2011 vorgestellt wurde.
Kling & Freitag produziert seit über 20 Jahren Lautsprecher. Die Produkte von Kling & Freitag werden dabei in Hannover entwickelt und auch gefertigt. Die Treiber werden dabei auf Basis spezieller Anforderungen von Zulieferfirmen für Kling & Freitag hergestellt und dann in Hannover verbaut.
Konzept
Nun nach der kurzen Einführung direkt zum Produkt Passio. Zu betonen ist, dass Passio eine komplette Neuentwicklung darstellt, wobei man natürlich die Erfahrungen die man mit der CA 106 gemacht hat, in das Systemkonzept einbrachte. Die Entwicklung erfolgte in Zusammenarbeit mit Neumann & Müller, die u. a. für das äußere Design verantwortlich waren. Im Oktober 2012 wurde Passio übrigens im Rahmen des internationalen Design-Preis Baden-Würthemberg mit dem "Focus in Silber" prämiert, der vom Stuttgarter Design Center vergeben wird.
Lars Heinrich sagte uns in Hannover dazu: "Unser Anspruch war es die Box so abzustimmen, dass sie so natürlich und neutral wie möglich klingt. Nur wenn ich einen Lautsprecher habe der neutral klingt kann ich ihn auch an den Raum anpassen. Wenn das System an sich schon entzerrt werden muss, dann hat man auch Probleme dieses System optimal an den Raum anzupassen."
Passio ist ein sehr kompaktes, passives Beschallungssystem in Form eines Bassreflexsystems, ausgestattet mit zwei 5-Zoll-Chassis, die schon in der Sona 5 zum Einsatz kommen. Durch die Verwendung der beiden 5"-Treiber erreicht man eine größere effektive Membranfläche als mit einem einzelnen 6,5"-Treiber wie bei der CA 106 im Einsatz. dadurch kann das System tiefer abgestimmt werden.
Der Hochtöner wurde mit einer 1-Zoll-Hochtonkalotte mit CD-Horn realisiert, der in der Mitte der Front, zwischen den beiden Tieftontreibern angeordnet ist. Die Belastbarkeit des Hochtöners wurde durch eine Ferrofluid-Füllung im Luftspalt erhöht. Dadurch kann die Wärme der Schwingspule besser an den Magnet abgegeben werden. Der Betrieb der Passio-Box ist sowohl vertikal als auch horizontal möglich, da der Hochtöner durch das Horn mit 70 x 60 Grad eine fast symmetrische Abstrahlcharakteristik bietet. Zudem erreicht man eine hohe Bündelung und über das Waveguide wurde die Empfindlichkeit im Mitteltonbereich angehoben.
Die Weiche ist passiv (Filter 2. Ordnung) und durch eine optimale Abstimmung auf die Treiber kommt man ganz minimalistisch mit lediglich fünf Bauelementen aus. Zu erwähnen ist noch, dass die beiden Tieftöner etwas nach hinten versetzt sind um so eine Laufzeitdifferenz zwischen Hoch- und Tieftöner zu vermeiden.
Das Gehäuse aus Hartintegralschaum (flammhemmend) ist von der Geometrie so geformt, dass es sich mit 25 oder 55 Grad Monitorwinkel aufstellen lässt. Die Oberfläche ist mit einer schwarzen oder weißen Strukturlackierung versehen. Auf Anfrage sind aber auch Sonderlackierungen in RAL-Farben erhältlich. Das Frontgitter lässt bei Bedarf sich leicht wechseln. Hinter dem Gitte befindet sich schwarzer Akustikschaum. Durch das Design mit den vielen glatten Flächen und den in die Rückwand eingelassenen Stecker tritt der Lautsprecher selbst optisch in den Hintergrund. Boden- und Deckenfläche sind um fünf Grad geneigt, so dass sich der Lautsprecher nach hinten verjüngt. Soviel einmal zum mechanischen Aufbau und Design.
Aufhängung
Kling & Freitag hat unter anderem für die Passio ein spezielles Befestigungssystem entwickelt. Das VariPoint ist eine Befestigungsmöglichkeit mit M10-Innengewinde oder über eine einfache Montage mittels eines Kugelsperrbolzen, bzw. einer Kugeltragöse, die ohne Werkzeug erfolgen kann.
Der Lautsprecher lässt sich so schnell mit einer Flugöse versehen bzw. für den Festinstallationsbereich über das M10-Gewinde montieren. Neben einem Schwenkbügel gibt es als Zubehör noch eine Stativhülse und Rohrklemme sowie einen Mini-TV-Zapfen und einen Gelenkadapter - z. B. für die Befestigung an einer Traverse. Neumann & Müller hat für seine eigene Anwendung eine andere Lösung entwickelt, die speziell Neumann& Müller zur Verfügung steht.
Subwoofer
Als Subwoofer bietet Kling & Freitag ergänzend zur Passio den Nomos LS (565 x 435 x 510 mm, 25 kg) an, auf den wir hier kurz noch eingehen möchten. Es handelt sich um ein Single-15"-Chassis mit doppelt zentrierter 75 mm Schwingspule. Die Übernahmefrequenz für den Zweiwegebetrieb gibt Kling & Freitag mit 100 Hz an, die untere Grenzfrequenz mit 40 Hz (- 3 dB). Die Belastbarkeit liegt bei 400 W (Nennbelastung), bzw. 800 W (Programm).
Lars Heinrich zu dem Nomos LS: "Wir haben bei der Entwicklung darauf geachtet, dass sich ein musikalischer Bass ergibt. Es kommt eine leichte Membrane zum Einsatz, die keine große Antriebsenergie erfordert. Die Membrane reagiert daher sehr schnell und dadurch haben wir auch weniger Interferenzen im Chassis. Der Bass ist dadurch sehr präzise in der Klangwiedergabe."
Praxis
Ein Blick auf die grafische Abbildung des Frequenzgangs offenbart, dass zwischen 200 Hz und 5 kHz lediglich eine Welligkeit von einem Dezibel festzustellen ist. Der Hersteller gibt den Übertragungsbereich (+/- 3 dB) mit 110 Hz bis 28 kHz an.
Hier noch das vertikale und horizontale Abstrahldiagramm (gemessen vom Hersteller):
Bei den Hörtests unterstrich die Passio ihre hohe Neutralität, die sofort auffällt. Überhaupt hinterlässt die Passio einen akustischen Gesamteindruck, der in vielen Punkten an typische, hochwertige Studiomonitore erinnert. Hier seien besonders die hohe Präzision und Abbildung der Tiefenstaffelung erwähnt. Ein kleiner Tribut an die hohe Neutralität der Passio ist, dass man für basslastige Musik unbedingt die Unterstützung eines Subwoofers empfehlen muss. Wir haben das System auch mit Nomos LS angehört, der ebenfalls voll überzeugt und sehr gut zur Passio passt. Auch er ist besonders neutral, klar und überzeichnet nicht, wie das leider bei vielen Subwoofern der Fall ist, die dann den Instrumentensound z. T. auch verändern.
In der Praxis sind es viele Details, die überzeugen. Oft nur Kleinigkeiten aber in der Praxis von hoher Bedeutung wie die Geometrie mit Ihren Aufstellmöglichkeiten und auch die Gehäusebreite von 180 mm. Diese Breite ermöglicht es z. B. die Passion in eine Treppe problemlos einzubauen, da sie quer auf eine Standardtreppenstufe passt (s. DIN 18065). Nicht zuletzt ist die pfiffige und mit ihrem Zubehör flexible Aufhängung zu erwähnen.
Fazit
Die Passio wurde unter anderem schon bei einigen Projekten eingesetzt: im Opernhaus Hannover, an der Oper am Dom, der Bühnen zu Köln sowie in der VIP Lounge der Mercedes Benz Arena. Das System besticht durch ihre Kompaktheit und geringem Gewicht bei gleichzeitiger hoher Ausgangsleistung, bzw. Schalldruck. Klanglich überzeugt sie durch ihre sehr hohe Neutralität und zusammen mit dem Nomos LS ist sie eine perfekte Lösung für die Musikbeschallung.
Technische Daten
Übertragungsbereich
+/- 3 dB: 110 Hz ... 28 kHz
0/-10 dB: 75 Hz ... 31 kHz
Abstrahlwinkel
horiz.: 70 Grad
vert.: 60 Grad
Nennbelastung: 200 W (Pink Noise 40 Hz .... 5 kHz)
Programmleistung: 400 W (Pink Noise mit Puls/Pausenverh. 50 %)
Schalldruck: 92,5 dB SPL (@ 1 W/1 m)
max. Schalldruck: 121,5 dB SPL (@ 1 m)
Nominalimpedanz: 12 Ohm
Minimalimpedanz: 8 Ohm
Anschlußbuchse: 2 x Speakon NL4MP (In/Out)
Abmessungen: 180 x 515 x 173 mm (B x H x T)
Gewicht: 5,2 kg