Hexinverter Mindphaser
Compexer Oscillator im Eurorack-Format
Autor und Fotos: Peter Kaminski
Der französischen Herstellers Hexinverter beendet ja seine Tätigkeit und Erica Synths hat sich einiger Module angenommen, die technisch überarbeitet und neu aufgelegt wurden und nun auch von Erica Synths vertrieben werden. Eines der interessantesten Module ist dabei sicherlich der Mindphaser, den wir hier im Detail vorstellen möchten.
Technik
Der Mindphaser zeigt mit einer Breite von 30 TE deutliche Präsenz in einem Eurorack. Die Einbautiefe beträgt 33 mm ohne und 42 mm mit Stecker (mit dem mitgeliefertem Kabel). Die Frontplatte besteht, wie mittlerweile bei vielen Herstellern, aus Glasfasermaterial welches man auch von der Leiterplattenfertigung her kennt. Optisch macht das Modul, wie man sieht, einiges her. Der Mindphaser wurde von Erica Synths überarbeitet, um ihn besser fertigen zu können.
Technische Daten und Bedienung sind absolut identisch mit dem Originalmodul von Hexinverter. Die Stromaufnahme beträgt bei +12 Volt in der Spitze 190 mA und bei -12 Volt 115 mA. 5-Volt-Spannungsversorgung wird nicht benötigt.
Konzept
Der Mindphaser (wie der gleichnamige Titel eines Songs vom Front Line Assembly Album Reclamation) ist ein sogenannter "Complex Oscillator". Die Idee dazu stammt von Buchla. Im Gegensatz zu Konzepten wie bei Moog wird die dynamisch Klangformung nicht durch nachgeschaltete Filter erreicht sondern aktiv mit dem Oszillator selbst. Das Konzept des Complex Oscillator ist aber auch nicht von Buchla erfunden worden, sondern es ist vielmehr ein klassisches Konzept aus der Nachrichtentechnik: man nimmt einen Träger-Oszillator und amplituidenmoduliert diesen durch eine Quelle, wie bei einem AM-Sender. Dabei entstehen neben dem Trägersignal zwei Seitenbänder die sich aus der Differenz zwischen Träger- und Modulationsfrequenz ergeben. Anders als bei einem klassischen AM-Sender ist bei dem Buchla Complex Oscillator die Modulationsfrequenz nicht deutlich niedriger als die Trägerfrequenz sondern unter Umständen sogar höher.
Ein typischer Vertreter dieses Konzeptes ist der Buchla 261 Complex Waveform Generator. Auch der Twisted Waveform Generator 259 von Buchla verfolgt dieses Konzept. Es gibt viele andere Module die die Complex Oscillator Idee nachempfunden und auch erweitert haben, besonders was die Nachbearbeitung mit Wavefoldern und anderen Effekten angeht. Einer dieser Vertreter ist sicherlich der Complex Oscillator von Verbos, Cš-L von Instruo, Make Noiose DPO und eben auch der Mindphaser von Hexinverter, auf den wir nun zu sprechen kommen.
Bedienung
Der Name Complex Oscillator ist Programm wie man schnell beim ersten Blick auf die Modul-Frontplatte erkennt: jede Menge Regler und CV und Audio-In- und Outputs. Im Prinzip gibt es vier Sektionen und zwar: Träger-Oszillator, Modulations-Oszillator, Wavefolder und True-Zero Phase Modulation Bus.
Schauen wir uns als erstes einmal den Trägeroszillator näher an. Hier lässt sich die Frequenz grob und fein über zwei Regler einstellen. Es gibt eine V/Okt.-Eingang sowie zwei regelbare Frequenzmodulationseingänge (linear und exponetiell). Zudem stehen die Wellenformen Sinus, Rechteck, Sägezahn (umschaltbar mit steigender oder abfallender Flanke) und Dreieck des Träger-Oszillators auf vier Buchsen zur Verfügung. Auch ganz praktisch um den Oszillator zu tunen was sonst bei den ggf. komplexen Frequengemischen am Ausgang nicht so einfach ist. In dem Bild oben sieht man auch schon ein Teil des Modulationsbusses. Mit dem Regler Index kann der Modulationsgrad des Modulations-Oszillators angepasst werden. Über eine Buchse kann man auch eine externe Quelle zur Modulation aufschalten.
Nun einen Blick auf den linken Teil mit dem Modulations-Oszillator. Auch hier kann man die Frequenz über zwei Regler einstellen und über den Doppeltaster RANGE lässt sich der Frequenzbereich in Oktavschritten in weiten Grenzen anpassen. Wenn der Frequenzbereich aus dem Hörbereich heraus ist, wird dies durch ein LFO-Indikator angezeigt. Es gibt auch hier in der Modulations-Oszillator-Sektion einen V/Okt.-Eingang sowie wieder zwei FM-Eingänge. Über den Sync-Taster lässt sich der Modulations-Oszillator von dem Träger-Oszillator synchronisieren. Über eine Buchse oben kann der Anwender auch den Träger-Oszillator fremdsynchronisieren. Die Modulationswellenform kann über einen Schalter von Rechteck auf Sägezahn und Sinus umgeschaltet werden. Bei Rechteckwellenform ist über den PW-Eingang auch eine Pulsweiten-Modulation möglich. Auch beim Modulations-Oszillator sind die vier Wellenformen Rechteck, Sägezahn, Dreieck und Sinus auf Buchsen herausgeführt.
Über einen Taster neben den beiden Reglern für das Tuning lässt sich die Einstellen wie das Wavefolding erfolgen soll mit Dreieck- oder Sägezahn-Faltung. Das wird auch farblich über LEDs signalisiert. In der Waveshaper-Sektion lässt sich über den Regler AMPLITUDE der Waveshaper-Ausgangspegel beeinflussen, bzw. modulieren. Man hat im Wavefolder also bei Bedarf auch eine VCA-Funktion.
Über einen Schalter kann ein Clipping zugeschaltet werden. Der wirkt aber - entgegen der Beschriftung auf der Frontplatte - immer und unabhängig von der Amplitude-CV-Eingangsspannung. Mit Fold lässt sich der Klang über den Wavefolder verändern und es gibt im Wavefolder auch ein einstellbares Feedback. Jeder dieser Parameter kann über eine CV-Eingangsbuchse gesteuert werden. Über kleine Trimmer lässt sich der Modulationsgrad einstellen und über kleine Taster ist auch eine Invertierung pro CV-Eingang möglich.
Der True-Zero Phase-Modulation-Bus ist eigentlich auch ein Teil des Wavefolders. Er verfügt auch über einen Index-Regler. Per default ist hier der Sinusausgang des Modulationsgenerators aufgeschaltet. Über eine Buchse kann der Anwender aber auch eine externe Signalquelle aufschalten. Auch hier lässt sich über einen CV-Eingang der TZ-PM-Modulationsgrad steuern. Die Buchse OUT stellt dann das Audio-Ausgangssignal bereit.
Praxis
Der Mindphaser bietet extrem viele Einflussnahmen und Regelmöglichkeiten - auch über CV-Steuerung. Dank der Flexibilität lässt sich das Modul auch als zwei Einzeloszillator einsetzen - aber wer will das schon bei dem Klangpotential was das Complex Oscillator Konzept mit Träger- und Modulationsoszillator bietet.
Die Gestaltung der Front und Anordnung der Bedienelemente ist sehr gelungen wie ich finde. Was ich vermisse ist entweder ein gemeinsamer V/Okt.-Eingang oder ein Schalter zum Verbinden. So muss man bei Bedarf das V/Okt.-Signal ggf. über ein Multiple-Modul beiden Oszillatoren zuführen. Wenn der Modulationsoszillator dem Trägeroszillator nicht folgt wird es klanglich sehr dissonant. Man sollte als erstes mal den Modulationsoszillator nahe an der Frequenz des Träger-Oszillators oder mal eine Quarte oder Wutinmte höher oder tiefer probieren und das auch mal eine oder mehrere Oktave höher oder tiefer. Das führt schon mal zu klanglich harmonischen Ergebnissen. Statt dem Folgen über den V/Okt.-Eingang kann aber auch eine interne Synchronisation mit dem Trägeroszillator interessant sein. Klanglich bekommt man hier natürlich andere Resultate, aber in beiden Fällen eher musikalisch verwertbar. Aber auch oder vielleicht sogar gerade bei dissonanten Einstellungen sind die Resultate, je nach Genre ind em man sich bewegt, äußerst interessant.
Die potentiele Klangbandbreite des Mindphaser ist sehr groß. Auch brutal kräftige und dissonante Sound sind möglich und wie ich finde auch die Stärke des Mindphaser. Musiker im Bereich des EDM, Techno oder Acid etc., und auch mit experimenteller Neigung oder Sound Designer, werden sicherlich schnell Freunde des Mindphasers. Gegenüber den anderen Complex Oszillatoren ist der Mindphaser halt noch einmal eine Spur komplexer und flexibler. Bei den Modulationseingängen sollte man nicht nur mit LFOs arbeiten sondern auch mal Hüllkurvengeneratoren nutzen, um extrem dynamische Klänge zu generieren. Da lassen sich auch extrem fette Bässe generieren.
Fazit
Der Preis des Hexinverter Mindphaser liegt bei ca. 550 Euro, also schon im mittleren bis gehobenen Preisbereich für ein Eurorack-Modul. Ich finde den Preis aber absolut noch angemessen. Bezogen auf Complex Oscillator der Mitbewerber könnte man den Preis bei dem Leistungsumfang sogar als sehr preiswert bezeichnen.
Der Mindphaser ist sicherlich von den Möglichkeiten her der komplexeste Complex Oscillator und wird nicht unbedingt jeden Eurorack-Anwernder ansprechen, denn er ist nicht in allen Punkten selbsterklärend, fordert etwas Beschäftigung mit dem Konzept aber er verleitet einen auf jeden Fall zum Experimentieren.