Fiedler Audio gravitas MDS

Mix-Bus- und Mastering-Dynamik-Plug-In für Mehrkanalaudio

Autor: Peter Kaminski

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Fiedler Audio widmet sich sehr dem Thema Audio-Mehrkanaltechnik und speziell Dolby Atmos. Bekannt geworden ist Fiedler Audio durch sein Dolby Atmos Composer, der einfaches Produzieren und Mixen in Dolby Atmos ermöglichen soll. Mit dem gravitas MDS (was für Mastering Dynamic System steht) gibt es nun ein interessantes Plug-In von Fiedler Audio für die Dynamik-Mehrkanalbearbeitung, welches bereits seit Juni 2024 erhältlich ist.

Voraussetzung und Installation

gravitas MDS wird als Plug-In für macOS (ab Version 10.14) sowie Windows (ab Version 10) als VST3- und AAX-Plug-In angeboten sowie auch als AU-Plug-In für macOS. Darüber hinaus lässt es sich auch in dem Dolby Atmos Composer sowie in der Dolby Atmos Mastering Console von Fiedler Audio nutzen.

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Man kann bei dem Installationsprozess den Eintrag im Startmenü ändern aber ein Selektieren der verschiedenen Plug-In-Formate ist nicht vorgesehen. Die Software-Lizenzierung erfolgt über einen Freischaltungs-Code vom Hersteller, der nach dem Plug-In-Start einzugeben ist. Zwei Computer lassen sich freischalten.

Bedienung

Die Bedienoberfläche von gravitas teilt sich in drei Sektionen auf.

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Ganz oben findet man die Handhabung der Plug-In-Presets, Undo/Redo-Funktion, zwei temporäre Speicher (A/B) zum Vergleich von Einstellungen und ein Button für den Aufruf eines sogenannten "Link Editors" auf den wir noch später eingehen werden.

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Die nächste Sektion spiegelt den Signalbearbeitungsweg wieder. Hier findet man virtuellen Bargrafmetern am Ein- und Ausgang sowie Regler für die Eingangsverstärkung (In Gain) als auch für die Ausgangs-Aufholverstärkung (Makup), die sich über den Taster AUTO auch auf automatische Anpassung schalten lässt.

In dem zweiten Bereich werden Regler für den Einsatzschwellwert (Threshold), das Kompressionsverhältnis (Ratio), der Knee-Übergang sowie der Knee-Einsatz (Range) geboten. Diese Parameter lassen sich alle getrennt für den unteren und oberen Schwellwert einstellen. Unter der grafischen Darstellung der Dynamikbearbeitung gibt es dazu zwei virtuelle Tasten zum Umschalten. Bei Anwahl unterhalb des Schwellwertes werden die Regler lila und darüber gelblich dargestellt, wie auch die entsprechenden Kurven in der Kennliniengrafik. Wichtig zum Verständnis ist noch, dass sowohl der Einsatzpunkt der unteren als auch der oberen Schwelle über den Regler Threshold einstellbar ist.

Rechts daneben lässt sich ein Filter (Hoch/Tiefpass) einstellen und ggf. auch deaktivieren.

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Mit der Maus lassen sich die Grenzfrequenzen der beiden Filter einstellen. Über Klicken auf einen der beiden Labels unter und über dem Ein/Ausschalter öffnet sich jeweils ein Dialog zum Auswählen der Filtersteilheit zwischen 6 bis 36 dB/Okt. in 6-dB-Schritten. 

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Darunter sind Regler verfügbar, die je nach Eingangskonfiguration verschiedene Parameter anbieten. So lässt sich der, bzw. die LFE-Pegel anpassen. gravitas kommt auch mit mehreren LFE-Kanälen klar. Bei Stereobetrieb erscheint hier statt dem LFE-Regler eine M/S-Sektion (s. Abb. oben). Die MS-Bearbeitung lässt sich auch deaktivieren und der Side-Detektor-Level und Side-Level kann verändert werden.

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In der unteren Sektion geht es um die Detektorstufe und die Regelgrößen. Auch im Detektorpfad gibt es jeweils ein Hoch-/Tiefpassfilter, was sich so einstellen lässt wie das im Audiosignalpfad zuvor beschrieben wurde. Über das Icon rechts unter der Filtergrafik lassen sich die Filtereinstellungen von Signal- und Detektorpfad verlinken.

Rechts daneben gibt es Regler für die verschiedenen Zeitkonstanten Attack, Hold, Release und RMS Time. Weiter kann man eine Vorschauzeit wählen (Lock Ahead), die sich von der Einstellung über ein Icon mit der RMS-Zeit linken lässt. Die Vorschauzeit hat natürlich direkten Einfluss auf die Latenz des Plug-Ins. Im Mastering-Prozess ist das aber nicht von hoher Bedeutung.

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Über den Taster 3DET kann man statt einer Detektoreinstellung auch drei parallele Detektoreinstellungen aktivieren, deren Detektor-Input-Gain sich dann über den Regler "Det. Gain" Regler anpassen lässt. Die Regler, bzw. symbolisierten Werte, sind dann je nach angewähltem Detektor rötlich, grünlich oder bläulich und es werden dann auch die drei Detektoren-Pegelverläufe im Display angezeigt, wie auch die beiden im Signalpfad eingestellten Schwellwerte.

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Über das Icon unterhalb des Eingang-Bargraf-Meters lässt sich der Input Configuration Dialog aufrufen. Unten über den Input Selector aktiviert man die einzelnen Kanäle für die Dynamik-Bearbeitung. Ist hier ein Kanal nicht selektiert, so wird er in den Bypass-Modus gesetzt. Im oberen Bereich lassen sich die Eingangssignale über einen Mischer auf den Detektorkanal routen und im Pegel anpassen. Mit dem Taster "Listen" lässt sich der Ausgang des Mischers, bzw. Eingang der virtuellen Detektorstufe abhören.

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Eine weitere Besonderheit von gravitas ist das "Parameter Linking". Werden mehrere gravitas-Instanzen in einem Projekt genutzt, so lassen sich Parameter Instanz-übergreifend verlinken. Dazu wird eine oder mehrere Link Groups angelegt und die jeweiligen Instanzen einer Group zugeordnet. Welche Parameter in einer Gruppe verlinkt werden lässt sich über Parameterliste bestimmen, in dem man die gewünschten Parameter einfach selektiert.

Praxis

Wir testeten die Version 1.0.2 von gravitas MDS auf einer AudioKern B14 Workstation von Digital Audio Service unter Windows 11. Die Plug-In-Version (VST3) haben wir in Steinberg's Nuendo 13 genutzt. Das Plug-In benötigt natürlich schon einige Resourcen aber für einen moderner DAW-Rechner doch problemlos. Wir haben gleich mehrere gravitas in Bussen, bzw. Beds eingesetzt und dabei keine Resourcen-Probleme gehabt.

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Es lassen sich je nach Host-Software und Plug-In bis zu 128 Kanäle bearbeiten, wie zum Beispiel in Reaper. Bei Nuendo als VST3-Plug-In sind es maximal 64 Kanäle. Ein weiteres besonders erwähnenswertes Leistungsmerkmal ist der Einsatz als Modul im Dolby Atmos Composer von Fiedler Audio. So kann man dann mit gravitas MDS bis zu 128 Kanäle eines ganzen Dolby Atmos Mixes bearbeiten.

gravitas MDS ist ein Plug-In, was auch Spezialisten anspricht. So umfänglich mit den verschiedenen Schwellwert- und Detektoreinstellungen gibt es im Mehrkanalbereich zurzeit keine Alternative zu gravitas MDS. Es ist einer der flexibelsten Dynamik-Werkzeuge für den Mehrkanalbetrieb, besonders was das Mehrkanal-Mastering angeht. gravitas ist nicht nur mehrkanalfähig, sondern funktionell speziell auf die Bedürfnisse der Mehrkanalproduktionen abgestimmt. Das unterstreicht zum Beispiel der flexible Detektormischer im Input Configuration Dialog.

Allerdings ist gravitas auch nicht in allen Punkten selbsterklärend. Es gibt mehrere Demo-Videos auf dem YouTube-Kanal von Fiedler Audio, die die Funktion im Detail erklären sowie auch ein umfangreiches PDF.

gravitas MDS ist schon ein Produkt, was in die Hände von Experten gehört, wenn man auch die gesamte Funktionalität des Plug-Ins nutzen möchte. Die Ergebnisse sind absolut überzeugend sowohl im Bereich wo man leichte Korrekturen vornehmen möchte als auch bei extremen Eingriffen im Dynamikbereich, zum Beispiel bei Drums und Perkussion.

Fazit

gravitas MDS kostet ca. 300 Euro. Damit sind die Plug-Ins und die Freischaltung für die integrierte Nutzung im Dolby Atmos Composer sowie als Modul in der Mastering Console eingeschlossen. 

gravitas MDS bietet das, was vielen Mehrkanal-fähigen Plug-Ins fehlt. Es reicht eben nicht bei einem Dynamik-Werkzeug einfach die Anzahl der Kanäle zu erhöhen um den praxisgerechten Einsatz in einer Mehrkanalproduktionsumgebung zu gewährleisten. Hier ist gravitas MDS mit seinen Leistungsmerkmalen ein Schritt voraus.

https://fiedler-audio.com/