Audio-Technica BP4071 / BP4071L
Lange Richtrohrmikrofone für den Broadcast-Einsatz
Der Mikrofonhersteller Audio-Technica bietet zurzeit fünf Richtrohrmikrofone für den Broadcast-Einsatz an. Die Stereo-Richtrohrmikrofone BP4029 und BP4027 haben wir bereits in einem Test vorgestellt. Mit dem BP4073 und den BP4071 (siehe Abbildung oben) sowie BP4071L befinden sich noch drei Mono-Richtrohrmikrofone in dem Produktangebot des japanischen Herstellers. Die letzten beiden möchten wir Ihnen mit diesem Test näher vorstellen und über unsere Erfahrungen berichten.
Größenvergleich oben kurzes Stereo-Richtrohr BP4029 (236 mm), BP4071 in der Mitte und unten die längere Version BP4071L.
Bei den Mono-Richtrohrmikrofonen BP4073 (Länge 233 mm), BP4071 (395 mm) und BP4071L (539 mm) handelt es sich um enge Verwandte, denn es wird der gleiche Kapseltyp eingesetzt, der Durchmesser beträgt 21 mm und es ist auch die gleiche Elektronik verbaut. Bei den Stereomikrofonen BP4029 und BP4027 sind die Mid-Kapseln an die Side-Kapseln angepasst. Das BP4073 entspricht von der Richtwirkung her ungefähr der Mid-Kapsel des BP4029. Wir möchten uns im weiteren Testbericht ausschließlich auf die Richtrohrmikrofone BP4071 und BP4071L beziehen.
Bei den Audio-Technica Richtrohrmikrofonen handelt es sich um Mikrofone nach dem Interferenzprinzip. Der Schall tritt dabei sowohl von vorne als auch durch die seitlichen Schlitze ein. Durch Überlagerung ergeben sich Phasenauslöschungen, die zu einer frequenzabhängigen Richtwirkung führen. Um solänger das Interferenzrohr umso höher ist die Richtwirkung und um so tiefer ist auch die Frequenz, bei der die Richtwirkung wirksam wird. Das mal zum Prinzip in aller Kürze.
Lieferumfang
Sowohl das BP4071 als auch das BP4071L werden in verschiedenen Ausstattungsvarianten angeboten. Standardmäßig wird das Mikrofon mit eine Mikrofonhalterung, einem Gewindeadapter sowie zwei Gummiringe und einem Schaumwindschutz in entsprechender Länge, in einer Kunststoffbox geliefert.
In der Ausstattungsvariante BP4071-F, bzw. BP4071L-F wird ein passender Fellüberzug für den Schaumwindschutz mitgeliefert. Die Version BP4071-W (siehe Abbildung oben), bzw. BP4071L-W wird zusätzlich zum Schaumwindschutz noch ein gekapselter Windschutz mit Fell (BPW-365, bzw. BPW-470) beigelegt, der ein noch höheren Windschutz gewährleistet und schließlich gibt es noch die Varianten BP4071-Z und BP4071L-Z mit einem Soft-Zep-Windschutz mit Griff für besonders hohe Anforderungen was den Windschutz angeht.
Handhabung
Die Richtrohrmikrofone BP4071 und BP4071L, als auch das kleine BP4073, verfügen über ein zuschaltbaren 80-Hz-Hochpassfilter (Filtersteilheit 12 dB/Okt.) sowie über einen schaltbaren 10-dB-Abschwächer. Die Miniaturschalter sind vertieft eingebaut und gegen versehentliche Betätigung sehr gut geschützt. Die Umschaltung erfolgt mit einem Miniaturschraubendreher oder einer Büroklammer etc. Am Ende des Mikrofonrohrs ist eine XLR-3-Buchse integriert und die Betriebsspannungsversorgung erfolgt über eine 48-Volt-Phantomspeisung (ca. 5 mA).
Praxis
Wir waren schon von den Stereo-Richtrohrmikrofonen sehr begeistert und haben schon seit langer Zeit ein BP4029 im Einsatz. jedoch handelt es sich dabei um ein Richtrohr mit maximal mittlerer Reichweite. Zudem ist es bei M/S-Mikrofonen so, dass der Side-Kanal doch viel früher Windempfindlich reagiert als die Kapsel des M-Kanals. Daher waren wir auf der Suche nach einem Mono-Richtrohr und haben die BP4071 und BP4071L im Außeneinsatz mit dem BP4029 verglichen.
Die Richtwirkung der BP4071 und 4071L ist deutlich höher als die des BP4029 (Mid-Kanal), was sich eher mit dem BP4073 vergleichen lässt, dass aber auch schon eine etwas höhere Richtwirkung bietet. Man darf sich durch die Angaben im Datenblatt des Herstellers nicht täuschen lassen. Die BP4071 und BP4071L klingen sehr ähnlich und es wird klanglich sofort deutlich, dass hier die gleiche Kapsel zum Einsatz kommt. Das gilt auch für die Höhen obwohl der Hersteller für das BP4071L einen Frequenzgang bis 18 kHz und beim BP4071 bis 20 kHz angibt. Die Herstellerangaben beim BP4071L sind als Understatement zu verstehen denn der Unterschied ist in der Praxis auf keinen Fall so groß wie es das Datenblatt angibt.
Grundsätzlich ist es - natürlich auch systembedingt - so, dass das BP4029 etwas heller vom Gesamteindruck klingt während die BP4071 und BP4071L etwas tiefer abgestimmt im Direktvergleich klingen. Die Ursache liegt hier aber nur zum Teil in dem Frequenzgang und akustischen Eigenschaften der Kapsel begründet sondern vielmehr in der frequenzabhängigen Richtwirkung. Schall der etwas außerhalb der Hauptrichtung einfällt wird eben deutlicher bedämpft. Wenn man aber eine frontale Hauptschallquelle aufnimmt ist der Klangunterschied jedoch gar nicht so groß.
Der Öffnungswinkel bei -6 dB bei einer Frequenz von 1 kHz liegt beim BP4029 bei ca. +/-65 Grad, beim BP4073 ein paar Grad weniger, beim BP4071 bei ca. 40 Grad und beimBP4071L bei lediglich ca. 20 Grad. Das erfordert schon eine sehr genaue Ausrichtung auf die Schallquelle. Nicht immer ist das Mikrofon mit der größeren Richtwirkung das Optimum. Besonders bei einem hohen Anteil von Ambient-Geräuschen außerhalb des Öffnungswinkels kann die Klangverfärbung störend wirken und ein BP4029 oder ein BP4027 unter Umständen die bessere Wahl.
Möchte man jedoch nah ein Objekt abbilden und den Hallradius bei Spracheaufnahmen reduzieren, dann empfiehlt sich das BP4071, was sich auch noch auf eine kleine Reportage-Kamera (siehe Foto oben, montiert auf einer Canon XF100 mit Rycote Softie Lyre Mount) mit entsprechendem Zubehör gut und sicher befestigen lässt. Selbst mit dem gekapseltem Windschutz kriegt man das Mikro auch noch im Weitwinkelbetrieb aus dem optischen Sichtbereich. Als Backupmikrofon für eine Funkstrecke, auch aus zwei bis drei Meter Abstand, ist es ideal. Wir haben es z. b. auch bei Aufnahmen mit Jets eingesetzt, wo man bei Airshows die Zuschauergeräusche/Gespräche wirkungsvoll unterdrücken kann. Die Färbung außerhalb der Hauptkeule macht sich hier eher positiv bemerkbar, da besonders Sprache klanglich durch den Höhenverlust in den Hintergrund rückt.
Das BP4071L muss man schon sehr gut ausrichten und empfiehlt sich eigentlich auf Grund seiner sehr starken Richtwirkung und Länge nur auf einem Stativ zu betreiben und das dann bei Klangquellen die sehr weit entfernt oder statisch sind. Aber auch zum Sound-Design im Sport-Aufnahmebereich ist es ideal, um z. B. bestimmte charakteristische Klänge oder Klanganteile einzufangen.
Noch ein Punkt zum Thema Windschutz. Die Sets BP4071-W und BP4071L-W sind sehr empfehlenswert für den Außeneinsatz. Im Praxistest war der Windschutz mit den gekapselten Windschützen von Audio-Technica sogar etwas höher als bei vergleichbaren Windschützen von Reycote.
Fazit
Die Standardversionen BP4071 und BP4071L von Audio-Technica kosten ca. 1.120, bzw. 1.260 Euro. Die Version mit dem gekapselten Windschutz BP4071-W, bzw. BP4071L-W liegen knapp 90 Euro darüber. Das sind akzeptable Preise für die sehr gute Ausführung und Qualität der Produkte.
Das BP4071 ist ein sehr universales Richtrohr für mittlere bis große Entfernungen während das 4071L schon ein sehr spezielles Mikrofon ist, was im Betrieb auch mehr Aufmerksamkeit bei der Ausrichtung erfordert, bei größeren Entfernungen zur Schallquelle aber sehr gute klangliche Ergebnisse bringt.
Technische Daten
Kapsel: Kondensator, ext. polarisiert
Frequenzgang: ca. 20 Hz bis 20 kHz
Empfindlichkeit: -29 dB (1 V, 1 Pa)
Eingangsschallpegel: max. 141 dB SPL (1 kHz, 1 % THD, ohne Pad)
Fremdspannungsabstand: 81 dB (1 kHz, 1 Pa)
Dynamikumfang: 128 dB (1 kHz)
Impedanz: 50 Ohm
Phantomspeisung: 48 V (typ. 4,8 mA)
Länge: 395 mm (BP4071), bzw. (BP4071L) 539 mm
Durchmesser: 21 mm
Gewicht: 136 g (BP4071), bzw. 175 g (BP4071L)