Audio-Technica AT5040

Innovatives Studiomikrofon mit Nierenrichtcharakteristik

Autor und Fotos: Peter Kaminski
Fotos: Peter Kaminski und Archiv (1)

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Auf der AES in San Francisco im Oktober 2012 präsentierte Audio-Technica mit dem AT5040 das erste Mikrofon seiner neuen 50er Studiomikrofon-Serie und man betritt damit ein das Marktsegment der High-End-Studiomikrofone.

Technik

Wenn man sich das letzte Jahrzehnt der Entwicklungen im Studiomikrofonsegment anschaut, dass sind technische Innovationen doch nur in einigen Details zu finden. Es hat sich eine gewisse Gleichförmigkeit bei den Produkten entwickelt. Scheinbar ist man an dem Punkt angekommen, an dem man weiß, wie ein optimales Studiomikrofon auszusehen hat und auf welchen Weg man die technischen Vorgaben erreicht.

Aber genau bei diesem Punkt geht das neue AT5040 von Audio-Technica andere Wege. Wie es dazu gekommen ist, werden wir später noch klären. Hier zunächst einen Überblick über das technische Konzept. Wenn man einen Blick in das Innere des Mikrofons wagt, dann fällt sofort das Kapseldesign auf. Im Gegensatz zu den traditionellen Kapseln kommt im AT5040 ein Array bestehend aus vier Kapseln mit rechteckigen Membranen zum Einsatz. Der Einsatz von rechteckigen Kapseln ist zwar eher selten aber nicht absolut neu. Pearl und Milab haben solche Kapseln schon seit vielen Jahren im Programm. 

Technisch gesehen ist eine rechteckige Kapsel aber in vieler Hinsicht eine Herausforderung. So ergeben sich im Gegensatz zu Kapseln mit runder Membran durch die unterschiedlichen Kantenlängen auch mehrfache Resonanzen die es gilt in den Griff zu bekommen. Neu beim AT5040 ist aber der Einsatz von vier Kapseln, wobei die linken und die rechten in Serie geschaltet sind. Die Fläche ist in etwa doppelt so groß wie eine typische ein Zoll große Membran. Durch die große Fläche erzielt man unter anderem einen großen Signal/Störabstand.

Durch den Einsatz von vier kleinen Kapseln mit entsprechend leichten Membranen, die ein großes Array bilden, ergeben sich wiederum Vorteile beim Transientenverhalten gegenüber einer einzelnen Membran mit gleicher Wirkfläche. Jedes Kapselpaar ist an einem identische FET-Preamps angeschlossen und zwar einer normal und einer mit invertierter Polarität. Somit erhält man gegen die elektrische Bezugsmasse je ein positives und negatives Signal ohne den Einsatz eines Übertragers oder elektronischen Symmetrierverstärkers.

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Der innere Mikrofonaufbau ist von der äußeren Hülle über Gummiteile (oben an dem Array und unten über der Verstärkerplatine) akustisch entkoppelt. Der technische Aufbau ist sehr puristisch denn sowohl ein schaltbares Dämpfungsglied als auch ein zuschaltbares Trittschallfilter sucht man vergebens. All diese Maßnahmen tragen dazu bei, dass man den Störabstand hoch hält und die Verzerrungen minimiert.  

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Auch bei der mitgelieferten elastischen Mikrofonhalterung hat man einen neuen Weg beschritten. Der Halterungsteil, der das Mikrofon umschließt wird über Magnete in der Position arretiert in der er das Mikrofon fixiert. Mehr dazu im Praxisabschnitt. 

Interview

Wir haben uns mit Alexander Lepges, Produktmanager bei Audio-Technica, unterhalten, um noch mehr Details über das AT5040 zu erfahren.

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proaudio.de: Ein Mikrofon dieser Preisklasse ist ja eigentlich nicht das Marktsegment in dem Audio-Technica zu Hause ist. Wie kam es denn zu der Entwicklung.

Alexander Lepges: Als wir in den 90er Jahren mit Studiomikrofonen angetreten sind, war es eine kleine Sensation, dass wir mit unserem Produkt unter 1.000 Dollar lagen. Das hat sich aber grundlegend gewandelt. Ein Preis von 700 Euro würde heute nicht als sonderlich niedrig empfunden. Die Preisspirale ging über die Jahre immer mehr nach unten und auch der Einsatz von Material und damit verbunden auch die Qualität. Wir wollten das nicht mitmachen und haben uns bereits 2008 entschlossen, eine 50er Serie ins Leben zu rufen. Zunächst war die Idee hochwertige Mikrofone in verschiedenen klassischen Sparten anzubieten. Doch schon bald in den Diskussionen eröffnete sich ein anderer Weg. Wir sagten unseren Entwickungsingenieuren: baut einfach euer Traummikrofon und zwar egal was es kostet. Es sollten keine Kompromisse gemacht werden. In der Einschätzung was denn daraus wohl entstehen sollte lagen wir vom Management ziemlich daneben denn unsere Ingenieure entfachten ein Feuerwerk von Ideen und Innovation. Das erste Ergebnis ist nun das AT5040, was in über drei Jahren Entwicklung entstanden ist.

proaudio.de: Sowohl das Design als auch die eingesetzte Technologie fällt ja sofort ins Auge.

Alexander Lepges: Genau das sind auch die entscheidenen Punkte. Mit dem Design hat es einen relativ einfachen Grund. Die Reinheit des Klangs stand im Vordergrund und das wollten wir auch mit dem Design unterstreichen.

proaudio.de: Warum hat man auf rechteckige Wandler gesetzt?

Alex Lepges: Wenn man einen guten Signal/Rauschabstand erreichen möchte, ist ein Weg ein großes Signal mit einer großen Fläche zu erzeugen. Wenn man sich ein Mikrofon von der Seite anschaut, dann sieht man als Fläche ein Rechteck. Nun sind die Membranen üblicherweise rund. Damit nutzt man diese Fläche aber nicht optimal aus. So entstand die Idee die Membranfläche der Gehäuseform anzupassen und so wurde ein rechteckiger Schallwandler eingesetzt. Da eine Membrane zu groß ist, um sie in der Herstellung und im Betrieb exakt kontrollieren zu können, wurde eben ein Array von vier rechteckigen Wandlern eingesetzt. Eine kleine Membran bietet ja z. B. bei der Transientenaufnahme auch Vorteile. Eine Herausforderung war auch oben die scharfe Kante im Korb in der Produktion zu erreichen. Das hat einige Kopfschmerzen bereitet. Metallleisten an der Seite sorgen für Stabilität des Korbs.

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proaudio.de: Wie erreicht Ihr die Genauigkeit bei den Kapseleigenschaften?

Alexander Lepges: Bei der Anwendung von zwei in Serie geschalteten Kapselpaaren ist unter anderem die Membranspannung ein Schlüssel zum Erfolg. Hier liegt die handwerkliche Kunst das entsprechend den Vorgaben zu fertigen und hier hat Audio-Technica auch ein sehr hohes Know-How. Entscheidend ist, dass die Spannung über die gesamte Fläche eben nicht gleich ist, dies allerdings in einer sorgfältig gewählten und kontrollierten Art und Weise. Wenn man z. B. an ein Bettbezug denkt dann stellt man ja auch fest, dass an den Ecken sich Falten ergeben und die Spannung dort eine andere ist. Diese Falten gilt es zu vermeiden.

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Genau das gleiche ist auch bei einer rechteckigen Mikrofonmembran. Das geschieht nicht nur über die Klebetechnik sonder auch über den Einsatz des Double Wave Diaphragm  - einer entsprechend Prägung der Membranfolie (s. Abb. oben). Dadurch erreich man eine sehr hohe Homogenität der Spannung und verhindert auch hier das die Membran in höheren Moden aufbricht. Ich bin mir sicher, dass das Mikrofon in der Fachwelt auf Grund des technischen Designs zu Diskussionen führen wird.

proaudio.de: Und warum hat man kein Quadrat für die Fläche genommen?

Man hätte zwar auch ein Quadrat nehmen können aber durch die kleinere Abmessung in der horizontalen ergeben sich nochmals technische Vorteile bei hohen Frequenzen. Die Richtwirkung ist zwar in der horizontalen und vertikalen Ebene nicht identisch aber das spielt keine Rolle. Das Mikrofon wird ja meistens stehend betrieben.

proaudio: Und wird es weitere Mikrofone in der Serie geben?

Es ist geplant, bzw. wird daran gearbeitet, ein weiteres Mikrofon mit einem rechteckigen Element zu entwickeln. Wie es aber genau mit der 50er Serie weitergeht wird die Zeit zeigen. Da ist es noch viel zu früh für nähere Angaben.

Praxis

Wir haben das AT5040 natürlich auch ausführlichen, praktischen Tests unterzogen und zwar einmal im Hamburger Boogie Park Studios, in dem Inhaber Herbert Böhme sich im Studio 1 selber ein Bild von den Klangeigenschaften machen wollte und dann noch in der Post-Production, im Bereich Sprachaufnahme. Dabei haben wir eine Vielzahl von Mikrofonen zum Vergleich genutzt. Im Studio haben wir neben Sprach- und Gesangsaufnahmen auch Aufnahmen mit Gitarre und einem Flügel sowie Perkussion durchgeführt. Das war auch gut so wie wir noch sehen werden.

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Das Referenzmikrofon gibt es aus meiner Sicht nicht. Da auch in dieser Preisklasse alle Mikrofone ihr Eigenleben und individuellen Klangcharakter aufweisen, wollen wir hier nicht die subjektiven Unterschiede zu den einzelnen Typen aufzeigen, denn das würde keinem Mikrofon gerecht - auch nicht den Vergleichsmikrofonen.

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Zunächst einmal zur Handhabung. Da es keinerlei Einstellmöglichkeiten am Mikrofon gibt beschränkt sich diese Bewertung auf das Gehäuse und auf die elastische Halterung. Das Gehäuse und der Korb sind einmal sehr robust aber auch die Fertigung ist dem Preisbereich mehr als würdig. Wirkllich die allerbeste Verarbeitung.

Die elastische Halterung ist erst mal gewöhnungsbedürftig aber letztendlich eine pfiffige Lösung denn ein Vorteil ist, dass sich das Mikrofon im eingesetzten Zustand auch noch ausrichten, bzw. drehen lässt. Eine endgültige Arretierung erfolgt mit einem kleinen Hebel auf der Rückseite der Spinne (s. Foto oben).

Wie immer stellt sich auch die Frage nach dem Frequenzgang und der Richtcharakteristik. Wir möchten dazu einmal ein paar Dinge sagen. Ein gemessener Frequenzgang eines Mikrofons ist natürlich auch von einigen physikalischen Dingen abhängig und kein absolutes Mittel den Übertragungsbereich technisch zu beschreiben. Dem AT5040 liegt natürlich ein individueller Messschrieb bei, so wie man das bei einem Mikrofon dieser Klasse erwartet. Wichtig ist bei der Beurteilung eines Messdiagramms ist aber auch die Umstände und Rahmenbedingungen zu kennen. So werden bei Audio-Technica Messungen von Mikrofonen in einem Abstand von 50 Zentimeter gemessen. Bei dem AT5040 kommt hierbei schon der Nahbesprechungseffekt zum Tragen, so dass man im unteren Bereich eine leichte Anhebung sieht. Durch Raummoden, die es in jedem Messraum mehr oder weniger gibt, ergibt sich im oberen Frequenzbereich des Diagramms auch eine leichte Erhölhung, die so in der Praxis je nach Aufstellort und Raum nicht vorhanden ist.

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Aus diesem Grund verzichten wir hier einfach mal auf die Abbildung des Frequenzgangs. Das Richtdiagramm in der horizontalen Ebene möchten wir hier zeigen (s. Abb. oben) aber auch dazu ist etwas zu sagen. Durch das Array mit den nebeneinander angeordneten Kapselpaaren ergeben sich in der vertikalen und in der horizontalen unterschiedliche Richtdiagramme in den Ebenen. Um nun zur Beschreibung und Bewertung des Klangs zu kommen, muss man sagen, dass man dies, je nach Raum und besonders Mikrofonabstand, auch akustisch wahrnehmen kann. So klingen Räume bei leisen Schallquellen in einem entsprechenenem Mikrofonabstand anders, bzw. werden unter Umständen deutlicher wahrgenommen als mit anderen Mikrofonen. Das ist aber in der Praxis nicht störend, da eine solche Aufnahmesituation eher nicht die Regel darstellt und zweitens man als geschulter Tonmann ja solche akustischen Verhältnisse über den Mikrofonabstand selbst beeinflussen kann. Man muss es nur wissen - ein Manko ist es auf keinen Fall.

Kommen wir nun einmal Grundsätzlich zu dem Thema Klang. Da Audio-Technica das Mikrofon als Studio Vocal Microphone betitelt, lag es natürlich nahe erst einmal Stimme und Gesang aufzunehmen. Die Ergebnisse sprachen für sich. Einen spontanen Kommentar eines Anwesenden im Studio möchte ich mal hier als Zitat wiedergeben: "Das klingt ja so, als wäre das hier im Studio und nicht im Aufnahmeraum." Mir schoss dazu sofort der Begriff Natürlichkeit in den Kopf. Das gesamte Klangbild ist sehr ausgeglichen aber dabei keinesfalls langweilig, wenn wir diesen Terminus mal aus künstlerisch, ästhetischer Sicht verwenden wollen.

Dazu kommt das eine unglaubliche Energie transportiert wird ohne dass bestimmte Frequenzlagen undifferenziert klingen. Häufig erfolgt ja gerade diese empfundene Energie über eine Angebung der Bässe oder Höhen. Das Mikrofon hat keinen überdurchschnittlich ausgeprägten Nahbesprechungseffekt aber wie schon erwähnt muss der Toningeneur bei dem Mikrofon auch mit dem Abstand spielen und ggf. eine sehr nahe Besprechung verhindern. Was den absoluten Pegel angeht kommt ordentlich Dampf aus der XLR-Buchse und so muss man am Pult auch schon mal im Verhältnis zu anderen Mikrofonen den Gain-Regler um einige dB nach unten korrigieren.

Ein besonders positiver Punkt an dem Mikrofon offenbarte sich bei den weiteren Tests mit Gitarre und Flügel. Auch hier ist diese Natürlichkeit und hohe Detailauflösung sofort präsent. Man hat hier nicht das Gefühl groß am Equalizer rumschrauben zu müssen. Der gesamte Frequenzbereich ist sehr gut balanciert. Auch mit Transienten kommt das Mikrofon sehr gut klar, wie eine Aufnahme mit Percussions zeigte. Auf Grund der Hörtests könnte ich mir zwei AT5040 Mikrofone auch sehr gut als Hauptmikrofonierung für Orchester vorstellen. Das Mikrofon kann man als sehr universell bezeichnen und es als reines Vocal Microphon abzutun wäre eine totale Fehleinschätzung. 

Die Klangeigenschaften des Mikrofons zusammenzufassen ist nicht ganz einfach. Ich sehe den klanglichen Vorteil auch gar nicht so sehr in bestimmten Details sonder es ist das akustische Ganze was dieses Mikrofon ausmacht. Ich kann es nur noch mal wiederholen, die Natürlichkeit mit der das AT5040 Instrumente aufnimmt überzeugt einfach, egal wie dies auch zustande kommt oder welche technischen Zusammenhänge sich dafür verantwortlich zeigen.    

Fazit

Der Preis des AT5040 liegt bei ca. 3.500 Euro. Geliefert wird das Mikrofon in einem Koffer, zusammen mit der elastischen Aufhängung AT8480. Damit spielt Audio-Technica nicht nur preislich in der oberen Liga der Mikrofone mit.

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Der Untertitel "Studio Vocal Microphone" in der Herstellerbroschüre ist eher Understatement. Das AT5040 ist ein universell einsetzbares High-End-Studiomikrofon für verschiedenste Anwendungen und ohne Frage eines der besten Mikrofone, die im Moment verfügbar sind. Herausragendes Merkmal ist neben den technischen Parametern wie extrem geringes Rauschen und ein gigantischer Dynamikumfang besonders die Natürlichkeit mit der das AT5040 die Instrumente erfasst. Audio-Technica setzt mit diesem Studiomikrofon einen neuen Maßstab in Punkto Klang.

Technische Daten

Richtcharakteristik: Niere
Übertragungsbereich: 20 Hz ... 20 kHz
Impedanz: 50 Ohm
Empfindlichkeit ohne Last: -25 dB bzw. 56 mV (re 1 V @ 1 Pa)
maximaler Schalldruck: 142 dB SPL (1 kHz @ 1 % THD)
Rauschen: 5 dB SPL
Dynamikumfang: typ. 137 dB (1 kHz @ max. SPL)
Signal/Rauschverhältnis; 89 dB (1 kHz @ 1 Pa)
Phantomspeisung: 48 V, 3,8 mA typ.
Gewicht: 582 g
Anschluss: 3-pol. XLR-M  

www.audio-technica.de