Audeze MM-500
Kopfhörer mit magneto-statischen Treibern für Studio-Applikationen
Autor und Fotos: Peter Kaminski
Im Sommer 2022 kündigte der US-amerikanische Kopfhörerhörsteller Audeze (wir übrigens gesprochen wie: O|di|si) mit dem MM-500 ein neues Produkt vorgestellt, welches in Zusammenarbeit mit dem bekannten Produzenten und Toningenieur Manny Marroquin aus Los Angeles entstanden ist, der schon einige Grammy Awards verliehen bekommen hat. Er hat auch schon bei anderen Produkten mitgewirkt, wie bei seiner Waves Plug-In Signature Series.
Wir haben ja bereits eine ganze Reihe von Audeze-Kopfhörern aus der sogenannten Origins-Serie vorgestellt, wie den nicht mehr angebotenen LCD-1 und die offenen Kopfhörer LCD-2 und LCD-2 Classic sowie den geschlossenen LCD-2 Closed Back und weiter haben wir auch mit dem Firmengründer Sankar Thiagasamudram ein Firmenportrait in englischer Sprache gedreht.
Die Audeze-Kopfhörer teilen sich in verschiedene Produktgruppen. Da gibt es die schon erwähnte und sehr verbreitete "Origins Series", die "Reference Series", mit dem LCD-X sowie die "Flagship Series" mit dem LCD-5. Der MM-500 gehört keine dieser Serien an und ist eine eigene Serie und soviel hat uns Audeze schon verraten: es wird noch weitere Produkte der Manny Marroquin-Serie geben und der MM-500 ist eben das erste Produkt der Serie.
Treiber
Fangen wir mal beim Schallwandler an. Bei alle Audeze-Kopfhörern handelt es sich ja um Kopfhörer mit magneto-statischen Wandlern. Es gibt hier also keine sich bewegende Spule in einem Magnetfeld. Wer mehr zu dem technischen Prinzip erfahren möchte, dem empfehlen wir den Test LCD-2 Abschnitt Konzept und Technik zu lesen.
Hier zunächst ein paar technische Daten des Audeze MM-500. Der maximale Schalldruck liegt bei über 130 dB SPL, der Frequenzgang wird vom Hersteller mit 5 Hz bis 50 kHz angegeben und die Empfindlichkeit mit 100 dB SPL/1 mW. Die Impedanz beträgt lediglich 18 Ohm (70 Ohm beim LCD-2, 20 Ohm beim LCD-X) und die maximale Belastung 5 W RMS. Als Magnetmaterial kommt Neodym N50 zum Einsatz wie auch bei den anderen Audeze-Kopfhörern. Die Anordnung ist ebenfalls ähnlich mit dem Fluxor-Magent-Array und der sehr dünnen Uniforce-Folie.
Gegenüber den anderen Serien weißt der MM-500 eine ganze Reihe von Neuerungen auf und so auch beim Wandler, denn der ist mit 90 Millimeter Durchmesser kleiner als bei den anderen Serien, wo die Wandler zwischen 100 und 105 Millimeter groß sind. Durch die Verkleinerung und durch den Einsatz von Aluminium wurde auch Gewicht beim MM-500 gespart. Der Kopfhörer ohne Kabel wiegt 508 Gramm. Beim LCD-2 Classic sind es immerhin nach unserer Waage 552 Gramm, also immerhin ca. acht Prozent weniger.
Mechanische Ausführung
Auch mechanisch wurde der MM-500 gegenüber den anderen Serien deutlich überarbeitet und bietet eine optisch modernere Design-Sprache.
Man sieht das am deutlichsten im direkten Vergleich, zum Beispiel mit dem LCD-2 Classic (rechts). Es fällt auf, dass der MM-500 insgesamt kompakter ausgeführt ist. Die Schwingen an denen die Hörermuscheln befestigt sind, wurden deutlich kleiner konstruiert und nicht so breit ausgelegt. Weiter ist das Kopfband deutlich schmaler und nicht gelocht ausgeführt wie beim LCD-2 Classic.
Die Verbindung vom Kopfbügel zur Kopfhörermuschel ist auch überarbeitet worden.
Besonders auffällig ist, dass die bisher doch sehr pragmatisch ausgeführte Befestigungsschraube am Verbindungsbügel zur Muschel, jetzt vertieft im Bügel verschwindet. Bei so manchem Kopfhörer musste bei häufiger Benutzung diese Schraube auch mal nachgezogen werden. Das sollte bei der neuen Ausführung beim MM-500 nicht mehr der Fall sein.
Lieferumfang
Der Lieferumfang enthält auch ein Transportkoffer aus Kunststoff, der deutlich professioneller aufgebaut ist als den optionalen erhältlichen Koffer zum Beispiel für den LCD-2 Classic. Weiter wird das bei Audeze übliche verdrillte Kabel mit 6,3-mm-Stereoklinke und farblich markierte Mini-XLR auf der Kopfhörerseite mitgeliefert und es gibt auch noch ein Schutzstoffbeutel.
Praxis
Wir haben ja schon einige Punkte vorweggenommen, wie eben den besseren mechanischen Aufbau. Also ich nutze den LCD-2 schon sehr lange und ich hatte auch nach längeren Kopfhörereinsatz nie ein Problem mit dem Gewicht oder gar Druckstellen. Es ist aber so, dass die lediglich acht Prozent Gewichtsreduzierung beim MM-500 gegenüber dem LCD-2 sich trotzdem deutlich positiv bemerkbar machen. Unsere Hörtests haben wir übrigens wie immer mit einem SPL Phonitor 2 durchgeführt.
Die magneto-statischen Wandler sorgen Prinzip-bedingt für eine sehr präzise Wiedergabe. Weitere positive Merkmale der Kopfhörer von Audeze sind die sehr hohe Kanaltrennung und eine gute Außerkopflokalisation. Letzteres dürfte unter anderem auch an dem großen Abstand des Wandlers zum Gehöreingang liegen. Da macht auch der MM-500 keine Ausnahme.
Aber trotzdem gibt es natürlich Unterschiede zwischen den Audeze-Kopfhörern. Im Vergleich zum LCD-2 Classic und LCD-2 stellt man im Bass und unteren Mittenbereich eigentlich nicht sehr viel Unterschied fest, aber bereits in den oberen Mitten sind Unterschiede da. Der MM-500 vermittelt ein etwas klareres Bild in dem Bereich und die Mitten und Höhen klingen etwas mehr brillanter ohne dabei aber zu überzeichnen. Ich würde den Kopfhörer zwar durchaus als linear bezeichnen, aber er ist in den Mitten und Höhen "lebendiger" als der LCD-2 und LCD-2 Classic und hat noch mehr Power bei den Transienten. Der MM-500 ist zwar nicht mit einem HiFi-abgestimmten Kopfhörer zu vergleichen (zum Glück) - mit unnatürlich hochgezüchteten Höhen - aber mir ist aufgefallen, dass das normale Musikhören mit dem MM-500 irgendwie noch mehr Spaß bereitet, als mit dem LCD-2 oder LCD-2 Classic. Die klingen gegenüber dem MM-500 einfach etwas weicher.
Wenn man weiß, dass Manny Marroquin erst mit dem LCD-X und dann später mit dem LCD-4 und dann mit dem LCD-5 gearbeitet hat, dann ist auch die klangliche Abstimmung darüber herzuleiten, denn der MM-500 ist eine klangliche Brücke zwischen dem Audeze LCD-X und dem LCD-5. Auch gegenüber dem LCD-X hat der MM-500 im Bereich von zwei bis sechs Kilohertz etwas mehr Druck und Energie, was ich persönlich aber speziell beim Mischen als sehr angenehm empfinde. Vielleicht ist der LCD-2 und LCD-X noch etwas linearer, was den wahrgenommenen Amplitudengang angeht, aber ich finde, dass man mit dem MM-500 die klangliche Balance im Mix noch besser abstimmen kann. Ich persönlich würde ihn durchaus auch für das Mastering einsetzen und nicht nur für Mischungen.
Ein wichtiger Punkt fällt sofort im Hörvergleich auf. Der MM-500 bietet eine deutlich höhere Lautheit bei gleichem Eingangspegel, besonders gegenüber den LCD-2 mit ihrer deutlich höheren Impedanz. Die Pegeldifferenz sind so ca. vier bis fünf Dezibel. Damit ist auch sichergestellt, dass man den Hörer problemlos auch mal direkt an einer Kopfhörerbuchse eines Studioperipherie-Gerätes betreiben kann oder auch Mobil am Laptop etc.
Der MM-500 ist so optimiert, dass ich der Aussage von Manny Marroquin, die sicherlich auch eine Werbebotschaft ist, "Endlich ein Kopfhörer auf dem ich auch mischen kann." inhaltlich aber auch zustimmen kann. Prinzipiell bietet das Hören über Kopfhörer eine wichtige Eigenschaft: nämlich das die Studioakustik und deren negative Einflüsse auf die Wahrnehmung ausgeschaltet werden. Ein wichtiger Punkt. Ich habe mir beim Mischen und Mastern schon seit Jahrzehnten angewöhnt ständig zwischen Kopfhörer und Studiomonitore hin und her zu wechseln und wenn es detailierter wird, dann eher zum Kopfhörer zu greifen. Was man dazu braucht ist aber ein hochwertiger Kopfhörerverstärker und eben einen geeigneten und hochqualitativen Studio-tauglichen Kopfhörer - wo wir wieder beim MM-500 wären.
Fazit
Der Preis des Audeze MM-500 beträgt ca. 2.100 Euro. Somit ist der Kopfhörer preislich schon in der sehr gehobenen Preisklasse einzuordnen, aber eben auch qualitätiv in einer der oberen Klassen. Die Investition lohnt sich auf jeden Fall für mittlere und größere Studios.
Das Monitoring der Mischung über Kopfhörer wird immer wichtiger und man sollte daher dem Kopfhörer mehr Aufmerksamkeit schenken. Der Audeze MM-500 ist klanglich wirklich unglaublich gut. Ich bin persönlich absolut begeistert. Ich weiss nicht, ob das an der Einflußnahme von Manny Maroquin liegt - was eigentlich ja auch egal ist - aber die Abstimmung für den Studioeinsatz ist optimal gelungen.
Auch der LCD-2, LCD-2 Classic und LCD-X haben weiter ihre Berechtigung. Nicht jeder möchte diesen Betrag für ein Kopfhörer ausgeben und dann sind die genannten Kopfhörer eine exzellente und preisliche Alternative aber der MM500 ist schon eine extra Klasse.