Adam Audio A77H
DSP-Studiomonitor für Midfield-Anwendungen
Test und Fotos: Markus Thiel
Mit dem Modell A77H schickt Adam Audio einen dedizierten Mittelfeldspieler auf den Platz, respektive in die Studio-Regie. Die Verwandtschaft der Drei-Wege-Lösung mit der beliebten A7V der Berliner Audiotechnik-Spezialisten findet sich nicht nur im ähnlichen Namen mit Hinweis auf die Anzahl der 7“-Tieftöner und die Aufstellempfehlung (H für horizontal – V für vertikal). Schauen wir uns das Konzept der großen Schwester einmal genauer an.
Konzept
Analog zur Serienfamilie basiert auch das deutlich voluminösere Gehäuse der A77H auf einer soliden MDF-Konstruktion mit edlem und zeitlos in Schwarz gehaltenem Vinyl-Finish. Nicht nur die Gehäusedimensionen sind mit 236 mm x 531 mm x 350 mm recht üppig geraten, mit 17,1 kg bringen die Systeme auch ein nicht unerhebliches Gewicht pro Stück mit die nach einem soliden Fundament verlangen.
Die Bassreflex-Modelle verfügen über jeweils 7“-MLM-Speaker (Multi-Layer-Mineral) ergänzt um einen bereits aus der S-Serie bekannten DCM-Mitteltöner (Dome Cone Hybrid – ein Hybrid aus Konus- und Kalottentreiber) aus laminiertem Kohlefaserverbundstoff und einen im Bedarfsfall um 90 Grad drehbaren X-Art-Hochtöner mit Adam-typischer Folienfaltmembran.
Die von einer Class-D/PWM-Endstufe angetriebenen Tieftöner arbeiten mit einer kombinierten Leistung von maximal 250 Watt (200 Watt RMS) ergänzt um Class-A/B-getriebene 70 Watt (55 Watt RMS) im Mitten- und 20 Watt im Hochtonbereich (15 Watt RMS). Die Übergabefrequenzen des im Rahmen von 34 Hz bis 45 kHz (-6 dB) agierenden Systems mit einem maximalen Schallpegel von 118 dB SPL liegen bei 400 Hz und 3 kHz. Die interne DSP-Hardware liefert eine A/D-Signalverarbeitung mit einer Wortbreite von 24-Bit bei einer Abtastrate von 96 kHz.
Rückseite
Wie bereits im Rahmen des Test zur A7V erwähnt, verfügt die A-Serie über eine insgesamt überdurchschnittlich gut ausgestattete Rückseite inklusive einer DSP-gestützten raumabhängigen EQ-Anpassung. Über vier Buttons lassen sich Presets für Bass (+2, 0, -2, -4 dB), Desk (0, -2, -4 dB), Presence (+1, 0, -1 dB) und Treble (+1,5, 0, -1,5 dB) auswählen. Der Wechsel zwischen zwei grundlegenden Klangcharakteristiken des Systems sowie eines extern via Raumeinmessung (in Kooperation mit Sonarworks) hinterlegbaren Presets ist über einen Taster namens Voicing möglich.
In diesem Zusammenhang steht das Setting „Pure“ für die grundlegende Klangabstimmung der aktuellen A-Serie, während „UNR“ sozusagen einen Legacy-Modus mit der klassischen Wiedergabekurve der abgelösten X-Serie aktiviert. Über das Setting Ext(ern) lässt sich ein mit der Raumkorrektur-Software SoundID Reference von Sonarworks erstelltes Profil laden. Dafür verfügt die A-Serie neben dem obligatorischen Gain-Regler (-12 dB bis +12 dB) und einem symmetrischen (XLR) sowie unsymmetrischen Eingang (Cinch) zusätzlich über eine RJ45-Netzwerkbuchse.
Für eine ausführliche Erläuterung der Einmessprozedur und der damit verbundenen Möglichkeiten verweise ich an dieser Stelle noch einmal auf den proaudio.de-Test des Schwester-Systems Adam Audio A7V.
Mehr Wege – besserer Sound?
Im Vergleich zur recht kompakten A7V steckt sich die dreiwege A77H nicht nur in puncto Gehäusedimension neue Ziele. Klanglich profitiert auch das Midrange-Modell von der neuen und deutlich neutraleren Basis-Abstimmung der A-Serie. Die landläufige Überzeugung, dass mehr Wege in einem System das Klangverhalten automatisch verbessern, steht natürlich die physikalische Tatsache entgegen, dass eine Punktschallquelle (wie es in Annäherung Koaxial-Systeme umzusetzen bemühen) dem phasengerechten Abhören deutlich näherkommt. Wenn also ein Drei-Wege-System einen besseren oder gleichwertig guten Job abliefert als das zweiwege Pendant, dann meist nicht wegen, sondern trotz der zusätzlich addierten Frequenzweiche.
Um es kurz zu machen: Bei der Entwicklung der A77H hat Adam Audio im Ergebnis wirklich sehr viel richtig gemacht. Das System arbeitet über den gesamten (hörbaren) Frequenzbereich angenehm neutral und ausgewogen und erlaubt eine präzise Beurteilung des wiedergegebenen Audiomaterials – und das auch bei höheren Schallpegeln.
Der Tieftonbereich fällt in diesem Zusammenhang besonders positiv auf, denn trotz eines deutlich fühlbaren Punch bis in den Grenzbereich, bleibt der Bass nach unten hin scharf abgegrenzt und fügt sich plastisch ins analytisch anspruchsvolle Gesamtbild ein. Auch wenn es unter Garantie den ein oder anderen Interessenten geben dürfte, welcher ohne Subwoofer-Erweiterung nicht glücklich wird, würde ich im Falle der A77V wahrscheinlich guten Gewissens darauf verzichten.
Insgesamt zeichnen sich die Systeme in der Wiedergabe durch eine wohl sortierte Bühnen- und Tiefenstaffelung als auch eine perfekt sitzende Phantommitte mit ausreichend großem Sweetspot aus (in dem auch mal mehr als eine Person Platz finden dürfte).
Fazit
Auch mit der A77H hält Adam Audio das qualitative Versprechen, welches mit Einführung der A-Serie gegeben wurde, ohne in irgendeinem Bereich zu enttäuschen. Wer ein (Projekt-) Studio mit wohl dimensionierter Abhörumgebung sein Eigen nennt, wird diese Monitore mit den nicht zu verhehlenden Leistungsreserven höchstwahrscheinlich in kürzester Zeit schätzen lernen. Zum Preis von knapp 1.200 Euro pro Stück bekommt man mit dem A77H ein flexibles, präzises und in Anbetracht von Leistungsumfang und Einsatzgebiet doch noch recht erschwingliches Arbeitsgerät.
Bevor ich es vergesse: Alles Gute zum 25. Geburtstag, Adam Audio!