UAD-2 1176 Limiting Amplifier Plug-Ins

Autor und Abbildungen: Peter Kaminski

1176 ln legacy

Wir haben ja bereits den Limiter-Klassiker LA-2A für die UAD-2-Plattform vorgestellt. Der 1176 ist ebenfalls ein Limiter Amplifier und ein Klassiker zugleich, aber mit ganz anderen Eigenschaften und gerade deshalb möchten wir auch nicht versäumen, auch den 1176 vorzustellen.

Geschichte und Original

Der 1176LN wurde bereits 1968 von der Firma UREI vorgestellt, also sechs Jahre nach dem LA-2A. Entwickelt wurde er von Bill Putnam, der ja später Universal Audio gründete. Das war die Zeit, als viel Röhrentechnik durch Halbleitertechnik ersetzt wurde. So war denn dann auch der 1176LN der modernste Limiting Amplifier, da erstmalig in einem solchen Seriengerät Transistoren zum Einsatz kamen. Aber auch hier gibt es eine Besonderheit, denn für die dynamische Gain-Reduction-Regelung kam ein Feldeffekttransistor (FET) zum Einsatz, und nicht wie beim LA-2A ein elektro-optisches Regelelement. Auch wenn der Feldeffekttransistor vor dem bipolaren Transistor erfunden wurde, waren diese damals noch nicht so einfach zu fertigen und zudem empfindlich und daher nicht so weit verbreitet. Der FET wird in der Gain-Reduction-Regelung als variabler Widerstand in einer Spannungsteilung eingesetzt, um so das Signal über eine Kontrollspannung dynamisch abschwächen zu können.

Die Eingangssektion ist passiv ausgeführt und mit einem Übertrager ausgestattet. Das Aufholen des Pegels erfolgt mit der Ausgangsstufe, ebenfalls mit einem Übertrager versehen, die beim 1176LN aus einer Darlington-Schaltung und einem Klasse-A-Verstärker gebildet wurde - so viel für die, die es genau wissen wollen. Wie beim LA-2A gab es auch beim 1176 diverse Modifikationen und somit auch verschiedene Versionen, bzw. Revisions. Auf diese werden wir spezifisch bei der Vorstellung der verschiedenen Plug-Ins eingehen.

Eine weitere Gemeinsamkeit vom LA-2A und dem 1176 ist, dass Universal Audio beide Produkte heutzutage auch noch als Hardware-Gerät anbietet. Klar natürlich, dass die Erfahrungen die man mit den beiden Geräten und deren Fertigung gemacht hat, auch in die Simulation mit den Plug-Ins eingeflossen sind.

Plug-Ins

Die Plug-Ins werden alle in einer Mono- und in einer Stereo-Variante geboten. Die Bedienung, bzw. Bedienelemente ist bei allen fünf angebotenen 1176-Plug-Ins von Universal Audio (fast) identisch. Es gibt Regler für Ein- und Ausgangspegel. Wie zu der Zeit als die Originale entwickelt wurden üblich, ist der Einsatzregelpunkt fest vorgegeben und wird in der Praxis somit über den Eingangspegelregler verändert.

Gegenüber dem LA-2A bietet der 1176 deutlich mehr Regelmöglichkeiten und zwar eine regelbare Anstiegs- (0,02 bis 0,8 Millisekunden) und Abfallzeit (50 bis 1.100 Millisekunden), sowie ein Kompressionsverhältnis, was in vier Stufen wählbar ist - also für damalige Verhältnisse sehr komfortabel. Wichtig noch zu erwähnen ist, dass für kürzeren Zeiten, also schnellere Reaktion, der Regler nach rechts zu drehen ist. Die Zeiten sind nicht als absolute Werte beschriftet, denn die Werte variieren von Plug-In zu Plug-In und sind auch von der Wahl des Kompressionsgrades abhängig. Über vier Schalter lässt sich der Ausgangspegel in zwei Stufen (+4 und +8 dB bezogen auf 0 dB Anzeige) oder die Gain Reduction auf das Meter schalten. Über einen weiteren Schalter kann das Gerät deaktiviert werden.

Universal Audio bietet insgesamt fünf verschiedene 1176 Plug-Ins. Die beiden mit Legacy bezeichneten stammen schon von der ersten UAD-Plattform und wurden für den Einsatz auf der UAD-2-Plattform angepasst. Diese Lizenzen werden bei den UAD-2-Interface- und UAD-2-DSP-Produkten mitgeliefert. Die anderen drei werden als Bundle in der "1176 Classic Limiter Plug-In Collection" angeboten und wurden extra für die UAD-2-Plattform entwickelt und benötigen deutlich mehr Rechenleistung als die beiden Legacy-Plug-Ins, bieten aber eben auch eine genauere Simulation der Vorbilder.

Der 1176LN Legacy (s. Abbildung am Artikelbeginn) waren zusammen mit dem LA-2A Legacy, die ersten auf der UAD-Plattform verfügbaren Plug-In überhaupt. Damals zu Zeiten der UAD-1-Plattform war die Rechenleistung noch nicht so üppig vorhanden wie heute bei der UAD-2-Plattform. Daher hat man damals bei der Simulation Einschränkungen gemacht und man hat auf die Simulation des Eingangsübertragers und des nichtlinearen Verhaltens der Ein- und Ausgangsstufen verzichtet.

1176 se legacy

Der 1176SE Legacy (s. Abb. über dieser Textzeile), wobei "SE" für Special Edition steht, ist im Prinzip sehr ähnlich dem 1176LN Legacy, aber er benötigt noch weniger Rechenleistung, was man dadurch erreicht hat, dass die Simulation bei Extremeinstellungen nicht so präzise ist. Im nominalen Einstellbereich verhält sich der 1176SE Legacy aber sehr ähnlich wie der 1176LN Legacy. Eine Stereo-Instanz eines 1176LN Legacy benötigt ca. 4,5 % Leistung eines UAD-2-DSPs, während der 1176SE lediglich 2,0 % benötigt.

1176 Classic Limiter Plug-In Collection

Bei den drei Plug-Ins des 1176 Classic Limiter Plug-In Collection, die speziell für die UAD-2-Plattform entwickelt wurden, benötigt eine Stereo-Instanz etwas mehr als 16 % eines UAD-2-DSPs, also das Vier, bzw. Achtfache einer Legacy-Plug-In-Stereo-Instanz. Sie sind also deutlich leistungshungriger, was aber bei der heutigen Performance der UAD-2-DSP-Hardware kein Problem darstellt. Werfen wir nun einmal einen Blick auf die drei Plug-Ins der 1176 Classic Limiter Plug-In Collection.

1176 reva

Der 1176 Rev. A (s. Abb. oben) entspricht der ersten Version des 1176 aus dem Jahre 1967 mit den Seriennummern 011 bis 125. Man erkennt schon das er nicht lange am Markt war und wurde bald durch die Rev. AB und B (bis Seriennummer 1078) abgelöst. Er hat eine roten Indikator als Betriebsanzeige und wird wegen seinem Frontplatten-Design manchmal als "Bluestripe" bezeichnet. Er ist definitiv von allen Plug-Ins am ursprünglichsten.

1176 ln reve

Der 1176LN Rev. E stammt aus den frühen 70er Jahren. Die Bezeichnung "LN" steht für Low Noise - also rauscharm. Mit der Revision C aus dem Jahr 1970 wurde eine zusätzliche Schaltung integriert, die unter anderem für eine höhere Linearität, also weniger Verzerrungen sorgte. Diese Schaltung war dann auch bei späteren Revisions, wie eben auch bei der Rev. E, vorhanden. Ab der Rev. D war diese Schaltung dann direkt auf der Hauptplatine integriert. Bei der Rev. E war gegenüber der Rev. D nur das Netzteil verändert. Daher gave es keine großen klanglichen Veränderungen bei den Rev. C, D und E. Zu erwähnen ist noch, dass bei den Rev. A und Rev. E Plug-Ins noch eine Position OFF beim Attack-Regler gekennzeichnet ist (erreichbar über ein Klicken auf das Wort OFF). Wenn man den Attack-Regler auf OFF schaltet, wird die dynamische Bearbeitung abgeschaltet aber der Signalpfad ist noch eingeschliffen. Somit lässt sich der Basis-Sound des 1176 nutzen, ohne die Regelung aktiv zu haben.  

1176 ae

Das Plug-In 1176AE ist die Simulation der Universal Audio 1176 40th Anniversary Edition (daher also AE). Hatten wir doch am Anfang der Beschreibung noch gesagt dass die Bedienung bei den Plug-Ins fast identisch ist. Hier kommt der 1176AE ins Spiel denn dieser bietet eine etwas andere Abstufung der Kompressionsverhältnisse, nämlich statt 4, 8, 12 und 20 nun 2, 4, 8 und 20, also etwas feinfühliger im unteren Bereich, wo der 1176 als Kompressor arbeitet. Zudem gibt es beim Attack-Regler noch die Position "SLO", was für Slow steht. Damit schaltet man bei Rechtsanschlag die Attack auf 10 Millisekunden - also deutlich länger als bei den anderen Versionen, bzw. Plug-Ins.

Praxis

Die Stärke des 1176 ist seine schnelle Attack-Zeit. Überhaupt ist der 1176 mit seinem FET direkter als das Regelverhalten des trägeren LA-2A mit seinem elektro-optischem Regelmodul. Das ist aber nicht nur als positives Kriterium zu sehen, denn welches Regelverhalten man wünscht, hängt halt vom Programmmaterial, bzw. Art des Eingangssignals ab. Daher haben beide Limiting Amplifier ihre Berechtigung. Der 1176 ist im Verhältnis zum LA-2A feinfühliger in den Einstellungen, wobei man mit dem LA-2A meist schneller zum gewünschten Ergebnis kommt.

Der 1176 hat wie der LA-2A auch einen Eigen-Sound, der von dem dynamischen Verhalten unabhängig ist. Dieser wird im Wesentlichen beim Original durch die Übertrager und der Ausgangsstufe geprägt. Möchte man nur die reine dynamische Regelung mit einem möglichst neutralen Sound nutzen, so lässt sich dafür der 1176LN Legacy sehr gut nutzen. Der 1176SE Legacy hat eigentlich nur noch historische Bedeutung und ich setze ihn nicht mehr ein, weil doch schnell ein Eigenleben entwickelt, welches nicht den Originalen entspricht. Wenn man die Chance hat einen der 1176 Classic Limiter Plug-In Collection mit der Original-Revision zu vergleichen, so wird man den Unterschied nicht mehr wahrnehmen. Schon sehr erstaunlich was man heute mit Simulationen erreichen kann und die Plug-Ins der 1176 Classic Limiter Plug-In Collection setzen hier schon Maßstäbe.

Übrigens gibt es auch, wie beim Original, die Möglichkeit bei den Plug-Ins mehrere der RATIO-Tasten gleichzeitig zu drücken. Hier erhält man einen sehr kräftigen, direkten Klang und zum Teil einen leicht angezerrten Sound, der daher häufig auch als "British Mode" bezeichnet wird. Man ahnt schon warum. Der sogenannte "All Mode" bei dem alle vier RATIO-Tasten gedrückt sind, ist nur bei den beiden Legacy-Plug-Ins verfügbar.

Wie bei allen Plug-Ins gibt es auch eine Vielzahl von Presets von bekannten Produzenten. Der 1176 ist aber von der Bedienung nicht so komplex, so dann man schnell zu den richtigen eigenen Einstellungen findet. Wenn man nur eine leichte Kompression benötigt, so bietet sich der 1176AE mit seiner besonders feinfühligen RATIO-Kompressionseinstellungen an. Persönlich mein Liebings-1176-Plug-In, der sich auch sehr gut im Mastering einsetzen lässt.

Sehr schön finde ich den 1176 bei perkussivem Material wenn man die Attack und den Punch nicht abschwächen, bzw. verdecken möchte. Mit dem LA-2A erreicht man hier oft genau das Gegenteil und die Sounds werden etwas weicher. Der 1176 lässt sich auch problemloser als der LA-2A in einer Gruppensumme einsetzen, da er den Gesamtklang nicht so beeinträchtigt, wenn man es eben nicht so haben möchte. Der 1176 ist eben mehr Dynamik- als Sound-Prozessor. Trotz der klanglichen Unterschiede gibt es viele gemeinsame Einsatzbereiche, wie z. B. die Vocal- oder Gitarren-Bearbeitung. Hier kann es sogar mal Sinn machen, beide Prozessoren gleichzeitig zu nutzen, da sie eben ganz unterschiedliche Eigenschaften aufweisen und sich so bestimmte klangliche Merkmale eher mit dem LA-2A oder dem 1176 herausarbeiten lassen. Der 1176 hat eben mehr Möglichkeiten im Kompressorbetrieb als der LA-2A, der doch eher ein klassischer Limiter ist und auch vom technischen Konzept ja ursprünglich für ein ganz anderes Einsatzgebiet entwickelt wurde.

Fazit

Der Normalpreis für die drei Plug-Ins der 1176 Classic Limiter Plug-In Collection beträgt 299 Euro und das die Plug-Ins das auch wert sind, steht absolut außer Frage.

Die Frage ob LA-2A oder 1176 stellt sich ebenfalls nicht, denn die Prozessoren sind nicht nur komplett unterschiedlich in Punkto Ansatz und Wirkung, sie ergänzen sich auch oft optimal. Gerade aus dieser Erkenntnis heraus war es nach dem LA-2A Test klar, welches Plug-In von Universal Audio als nächstes getestet werden sollte. Man muss sie einfach beide haben und das unabhängig davon welche Musikrichtung man produziert.

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