Neumann MDH 30

offener Studiokopfhörer

Autor und Fotos: Peter Kaminski

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Zur NAMM 2019 präsentierte Neumann mit dem MDH 20 seinen ersten Kopfhörer. Es handelt sich um ein akustisch geschlossener Hörer, den wir auch bei uns schon getestet haben (Test Neumann NDH 20, veröffentlicht im Dez. 2019). Im Mai 2022 legt Neumann nun nach und kündigt den MDH 30, einen akustisch offener Kopfhörer, an.

Konzept

Als Wandler kommt zwar auch ein 38-mm-Wandler (Magnetmaterial Neodym) zum Einsatz, aber es ist nicht der gleiche wie beim MDH 20. Neumann setzt hier auf eine neuen Wandler.

Die Nennimpedanz beträgt 150 Ohm (120 Ohm beim MDH 20) und die Empfindlichkeit 104 dB SPL (114 dB SPL beim MDH 20). Als Übertragungsbereich gibt Neumann 12 Hz ... 34 kHz für den MDH 30 an (5 Hz ... 30 kHz beim MDH 20). Die Nennleistung liegt laut Hersteller bei 200 mW und die maximale Belastung beit 1 W (identisch beim MDH 20). Der Klirrfaktor ist mit 0,03 % (bei 1 kHz und 100 dB SPL) sogar noch besser als beim MDH 20 (0,1 %).

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Mechanisch gleichen sich da die beiden Hörer schon mehr. So sind Kopfhörerbügel und Kopfhörerschalen identisch, bis auf den Punkt das eine gelochte Abdeckung der Muscheln wegen der akustisch offenen Bauweise verarbeitet wird.

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Es wurden beim MDH 30, wie auch schon beim MDH 20, auch Metall verarbeitet (Federstahlband und Aluminium- als auch Kunststoff-Beschläge, s. Abb. oben). Die Klapp-Mechanik ist ebenfalls wie beim MDH 20 ausgeführt. Dazu später mehr.

Lieferumfang

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Geliefert wird der MDH 30 in einem Karton mit einem sehr hochwertigen, stoffummantelten, drei Meter langem Anschlusskabel sowie zwei Ersatz-Polsterbezüge für die Kopfmuscheln.

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Der Anschluss des Kabel erfolgt auf der rechten Seite des Hörers. Das Kabel lässt sich arretieren. Es gibt aber beim MDH 30 eine Besonderheit beim Kabel. So ist die Masseführung der beiden Stereokanäle getrennt und wird erst am Klinkenstecker auf der Geräteseite zusammengeführt. Der Klinkenstecker auf der Geräteseite ist als 3,5-mm-Klinkenstecker ausgeführt und es wird ein aufschraubbarer 6,3-mm-Klinkensteckeradapter mitgeliefert.

Praxis

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Der Anpressdruck des Kopfhörers beträgt 5,5 bis 6,8 Newton und ist identisch wie beim MDH 20. Überhaupt unterscheiden sich die Hörer vom Tragekomfort nicht. Der Tragekomfort ist exzellent und auch sehr lange Mix-Session stellen kein Problem dar. Die Polster umschließen die Ohren großzügig. Das Gewicht des MDH 30 beträgt 352 Gramm und er ist damit etwas leichter als der MDH 20 (390 Gramm).   

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Die Muscheln lassen sich um90 Grad drehen, so dass der Kopfhörer auf einer Ablagefläche mit den Polstern nach untern aufliegt (s. Abb. oben)

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Für den Transport lässt er sich auch ganz klein zusammenfalten (s. Abb. oben). Die Kennzeichnung der linken, bzw. rechten Ohrmuschel befindet sich etwas versteckt, bzw. unauffällig jeweils im unteren Bereich des Kopfbügels.

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Bei vielen Kopfhörern wird der Tausch des Polsters (s. Abb. oben) zur handwerklichen Herausforderung. Das ist beim MDH 30 nicht der Fall. Der Tausch gelingt aber beim Neumann MDH 30 problemlos innerhalb einer Minute.

Man nimmt beim Testhören sehr schnell war, dass der Kopfhörer nicht für den Hifi/Konsumer-Markt konstruiert wurde. Wir haben den Kopfhörer und Vergleichshörer wieder am SPL Phonitor 2 betrieben. Der Klang des MDH 30 ist sehr ehrlich und neutral. Sowohl Bässe als auch Höhen sind nicht angehoben sondern gut proportioniert, um eine genaue Beurteilung des abgehörten Materials zu gewährleisten. Mir persönlich gefällt der MDH 30 sehr gut speziell für den Bereich Mischen von Musikproduktionen. Die Stereo-Kanaltrennung ist dank des beiliegenden Kabels sehr hoch und subjektiv höher als beim MDH 20.

Die Transienten werden natürlich wiedergegeben und überzeichnen nicht. Der Klangcharakter ist eher als weich einzustufen, ohne dabei aber Dinge zu verschleiern. Der Übertragungsbereich bei den hohen Frequenzen auch etwas höher als beim MDH 20, was unter anderem an dem verwendeten Polymer-Blend-Membranmaterial liegen dürfte. Die dadurch höhere Steifigkeit des Membranmaterials dürfte dann wohl auch mit ein Grund dafür sein, warum mir die Transienten-Wiedergabe beim MDH 30 noch besser gefällt als beim MDH 20. Auch für das Erreichen des niedrigeren Klirrfaktors dürfte das Membranmaterial maßgeblich beteiligt sein. Überhaupt finde ich den MDH 30 für Mischen und Mastern besser als den geschlossenen MDH 20, der sich mehr als hochwertiger Kopfhörer für Musiker und Monitoring im Studio eignet.

Der Trend geht ja zu Kopfhörern mit relativ niedriger Impedanz. Die Impedanz des MDH 30 ist zwar mit 30 Ohm geringer als die des MDH 20 aber eher im mittleren Bereich der aktuellen Kopfhörer im Markt. Der Schalldruck ist deutlich geringer als beim geschlossenen MDH 20 und auch ca. 6 bis 7 dB geringer als beim akustisch offenen Austrian Audio Hi-X65. Das es sich aber um ein Studiokopfhörer handelt ist dies überhaupt kein Problem. Auch am Labtop angeschlossen produziert der MDH 30 noch genügend Schalldruck.

Auch unser Autor Raphael Thernuth hat den MDH 30 getestet und hier noch ergänmzend seine Aussagen: "Der direkte Vergleich zu meinem Neumann MA-1 System zeigt, dass sich dessen linearer Klangcharakter auch beim NDH 30 wiederfindet. Das Signal der Abhörmonitore ist lediglich durch Raumhall angereichert und der Subwoofer trägt im Bassbereich etwas voluminöser auf. Bei identischem Pegel kann es jedoch fast zu Verwechslungen kommen, so sehr gleichen sich die beiden Systeme. Die anderen offenen Kopfhörer in meinem Studio besitzen ihren eigenen Sound, was in der Arbeit für Unsicherheit sorgen kann, wenn man als Anwender nicht weiß, welchem System man wirklich vertrauen kann. Ein Wechsel zwischen dem NDH 30 und Monitoren, die mit dem MA-1 System optimiert wurden, wirft hingegen keine Fragen auf, sondern gibt die Sicherheit, dass das, was man hört, sich auch auf die Lautsprecher überträgt.". Das dürfte sicherlich auch Nutzer im mobilen Einsatz freuen, wenn Sie auch ein MA-1 System im Studio nutzen und unterwegs den MDH 30 nutzen.

Fazit

Der Preis liegt für den Neumann MDH 30 bei ca. 650 Euro, also schon deutlich über dem MDH 20. Das liegt aber auch daran dass der MDH 30 nicht einfach eine akustisch offene Version des MDH 20 ist, sondern vom Treiber her eine Neuentwicklung, was sich klanglich auch auf jeden Fall gelohnt hat, einen für die offene Akustik und deren Anforderungen optimierten Wandler zu entwickeln. 

www.neumann.com