Behringer Brains Eurorack-Modul

Autor und Fotos: Peter Kaminski

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Schon seit einiger Zeit bietet Behringer auch Eurorack-Module an. Bisher waren es im Wesentlichen Kopien von Vintage-Modulen wie dem Roland System 100 oder Moog Module. Man kann zu dem Kopieren stehen wie man will, aber Behringer hat damit Module verfügbar gemacht, in deren Genuss die die meisten Käufer sonst wohl nicht gekommen wären.

Vor langer Zeit wurde dann das Modul "Brains" angekündigt. Sehr viele Monate gingen ins Land, bis es dann auch endlich lieferbar war. Auch dieses Modul hat sein Vorbild allerding im Eurorack-Segment aber es geht über eine Kopie hinaus.

Konzept

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Brains ist ein 16 TE breites Modul mit einer Bautiefe von 45 mm. Die Buchsen und Potis sind auf einer Platine direkt aufgelötet und diese halten auch die Frontplatte. Eine übliche Konstruktion. An der Verarbeitung und den Bauelementen gibt es nichts zu beanstanden.

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Nun wieder zurück zum Thema Kopie. Wenn man die Funktionen so sieht, ist einem schnell klar, dass da das beliebte Macro-Oszillator-Modul "Plaits" von Mutable Instruments Pate gestanden hat. Sowohl der Firmware-Code als auch die Hardware ist von Mutable Instruments übrigens veröffentlicht worden und es werden daher auch alternative Firmware-Versionen für Plaits angeboten.

Plaits ist ein Modul, welches sowohl als Oszillator, als auch als komplette Synth-Voice arbeitet. Plaits bietet acht Synthesizer- und acht Percussion-Synthese-Modes, also insgesamt 16 verschiedene Betriebsarten in zwei Bänke. Einige der Modelle sind auch vom Modul Rings übernommen - quasi der Vorgänger von Plaits. Die Synthese-Betriebsarten sind aber auch nicht nur auf die Idee von Mutable Instruments basierend sondern zum Teil auch Ideen und Algorithmen, die in Papers frei veröffentlicht wurden.

Zudem sind vier neue Betriebsarten beim Behringer Brains hinzugekommen. Die Brains-Bedienelemente sind von der Funktion her sehr ähnlich dem Plaits aber die Anordnung ist eine etwas andere und man hat das Modul mit einem Mini-OLED-Display ausgestattet, in dem die aktuelle Wellenform dynamisch dargestellt wird und weiter verfügt das Modul über ein USB-Port auf der Frontplatte für Firmware-Updates.

Anschlüsse

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Die Ein- und Ausgänge sind von der Funktion identisch wie beim Plaits. Die vier Parameter Frequenz, Timbre, Harmonic und Morph (dazu später mehr) lassen sich auch über eine Steuerspannung kontrollieren und verfügen auch bis auf Harmonics über Abschwächer-Potis. Weiter gibt es Eingänge für V/Okt und Trigger sowie ein Eingang um die Simulationsmodus umzuschalten sowie eine Level-Eingang zur Akzentuierung, bzw. LPG-Beeinflussung. Es gibt wie beim Plaits zwei Audioausgänge die aber nicht mit OUT und AUX sondern OUT 1 und OUT 2 bezeichnet sind. Die Ausgänge sind kein Stereoausgäng, sondern der Audio-Ausgang 2 ist als Alternative zu dem ersten Ausgang zu sehen. Die Funktion des zweiten Ausgangs ist von der Synthese-Betriebsart abhängig. Bei einigen wenigen Synthesemodellen sind Ausgang 1 und 2 aber identisch.

Bedienung

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Die Bedienung bei der Anwahl der Bänke und Synthese-Modelle ist sehr ähnlich dem Plaits, nur das die Anordnung der Tasten und LEDs in der horizontalen Ebene ausgerichtet ist, damit oben noch Platz für den USB-Port und dem OLED-Display ist (s. Abb. oben).

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Nun einmal zu den einzelnen Modellen in den beiden Bänken A und B. Die LEDs zeigen das angewählte Modell und die Farbe der LED (rot/grün) die Bank an. Die Modelle sind etwas anders angeordnet als bei Plaits, da ja vier neue Synthesemodelle hinzugekommen sind.

In der Bank A sind folgende Modelle:

  • Virtual analog (zwei Oszillatoren mit Rechteck/Puls und Dreieck/Sägezahn)
  • Waveshaping (asymmetrische Dreieckwellenform mit Waveshaper/Wavefolder)
  • FM 2 operators (2 Oszillatoren wobei der eine den anderen frequenzmoduliert, mit Suboszillator auf Out 2)
  • Grains (Franular Format-Oszillator)
  • Additive (additive Synthese)
  • Chords (vierstimmige Akkord mit einstellbarem Akkordtyp und Wellenform)
  • Speech (Sprachsynthese)
  • Karplus strong (String Modeling, bei Plaits "Inharmonic string modeling" in Bank B)
  • Supersaw (bei Plaits nicht vorhanden)
  • Wavetable oscillator (je 4 Wavetable-Bänke vor und rückwärts)

Die Regler TIMBREe, HARMONICS und MORPH haben je nach angewähltem Modell unterschiedliche Funktionen. Bei dem Synthesemodell "Virtual analog" stellt man mit MORPH stufenlos die Wellenform von Dreieck über Sägezahn zu einem pulsartigem Sägezahn, mit TIMBRE die Pulsbreite des Rechteckoszillators und mit HARMONICS die Frequenzdifferenz zwischen den beiden Oszillatoren ein. Beim "Wavetable oscillator" wählt man mit HARMONICS die Wavetable Bank aus (links von 12 Uhr vorwärts, rechts dann rückwärtiges Abspielen) und mit TIMBRE und MORPH kann man zweidimensional die Position in der Wavtable verändern.   

In der Bank B gibt es folgende Modelle:

  • Rain (Name bei Plaits ist "Granular cloud")
  • Noise (gefiltertes Rauschen mit Hoch-/Tief- und Bandpass)
  • Dust (Particle Noise - rauschen gefiltert mit Allpass- und Bandpass-Filter)
  • Modal string (Resonator)
  • FM drum (nicht vorhanden in Plaits)
  • Bass drum
  • Snare drum
  • Hi-hat
  • Cowbell (nicht vorhanden in Plaits)
  • Toms (nicht vorhanden in Plaits)

Es gibt bei Plaits auch einen nachgeschalteter Low Pass Gate - also eine Kombination aus VCA und Filter. Wenn man den Taster für die Bankanwahl länger drückt, dann bekommen die Regler TIMBRE und MORPH eine andere Funktion und zwar lässt sich mit TIMBRE stufenlos das Filter in der Intensität beeinflussen. Das heißt Linksanschlag VCA+VCF und Rechtsanschlag nur VCA ohne Filter. Mit MORTH lässt sich die Ausklingzeit der Hüllkurve (Decay) einstellen. Wenn man in diesem Mode ist, wird über die LEDs die Filterwirkung und Decay-Time als Bargraf über jeweils vier der LEDs angezeigt.

Bei langem Drücken der Taste MODEL und regeln an HARMONICS kann der Anwender den Frequenzbereich, bzw. die gewünschte Oktave einstellen. Komischerweise sind diese Funktionen nicht in der Anleitung des Behringer Brains dokumentiert, obwohl sie exakt vom Plaits übernommen wurde.

Firmware-Update

Im März 2023 präsentierte Behringer das erste Firmware-Update (Version 1.1) für Brains mit einigen Erweiterungen und betonte, dass es nicht das letzte Update sein wird. Brains bietet also noch einiges an Potential. Brains basiert ja auf der Idee und dem Code von Plaits und auch Mutable Instruments hatte für Plaits vor kurzem noch ein Firmware-Update mit neuen Sound-Modellen bereitgestellt. Diese Ergänzungen sind aber nicht identisch mit dem Brains. Hier geht man andere Wege.

Neben den 20 Sound-Modellen, aufgeteilt in zwei Bänken, gibt es bei Brains mit der Version 1.1 nun eine dritte Bank. Die Model-Selektions-LED leuchtet bei Anwahl der neuen Bank gelb, statt rot (Bank 1) oder grün (Bank 2). Es stehen vier weitere Sound-Modelle, und ein Modus wo das Display als reiner Oszillograf arbeitet (Eingang  über V/OCT), zur Verfügung. Im OLED-Display wird nun auch der Name des jeweiligen angewählten Instrumentes ausgegeben um Verwechselungen auszuschließen.

Die vier neuen Sound-Modelle sind:

  • BX7 eine Simulation des DX7 mit 32 anwählbaren Sounds (über Regler HARMONICS),
  • BASSLIONE TD-3 mit einer Simulation von Rolands TB-303
  • WAVE GENERATOR mit diversen Wellenformen und einstellbare Abtastrate und einem Bit-Crasher
  • und VOX, einer Vocal-Simulation mit Einstellungen von Formanten-Shift, Resonanz und Vokal-Überblendungen.

Das Update selbst erfolgt übrigens über die Software SYNTHTRIBE, die es für Windows, MacOS, iOS und Android gibt. Diese wird auf Windows-Rechnern ohne Installer direkt aufgerufen. Wir haben das Update über Windows 10 durchgeführt, was extrem einfach funktioniert.Das Modul wird über ein USB-Kabekl mit dem PC/Tablet verbunden. Ein AUsbau des Moduls ist nicht erforderlich, da die USB-Buchse sich auf der Vorderseite des Moduls befindet. Wenn das Modul erkannt wird, ließt es mit der Software automatisch den Versionsstand aus und bietet ggf. das Update an, das man dann auslösen kann und fertig. Also ich würde mir wünschen, alle Eurorack-Hersteller würden eine so komfortable Update-Lösung anbieten. Mit der Software lassen sich übrigens auch andere DX7 Sound in Brains laden.

Praxis

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Wir konnten folgenden Betriebsstrom messen und zwar für +12 Volt 101 mA, bzw. 129 in der Spitze, -12 Volt : 4 mA, bzw. 5 mA in der Spitze.

Mitgeliefert wird übrigens eine mehrsprachige Kurzanleitung, Schrauben für die Montage sowie das Kabel für die Betriebspannungs-Speisung. Den Name "Kurzanleitung" darf man wörtlich nehmen und man kann Anwender des Behringer Brains auf jeden Fall empfehlen auch die Anleitung von Mutable Instruments Plaits herunter zu laden denn die ist deutlich umfangreicher und beschreibt auch die Funktion des Low Pass Gates.

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Zu nächst einmal zu dem Punkt: Klingt denn Brains wie Plaits? Die Synthesemodelle, die auch in Plaits vorhanden sind, klingen auch wie in Plaits. Durch die Poti-Widerstandstoleranzen muss man da im A/B-Vergleich leicht korrigieren aber es lässt sich der gleiche Klang einstellen. Zudem gibt es ja noch vier zusätzliche Modelle, wobei "Super saw" und auch "FM drums" sicherlich am interessantesten sind. 

Allgemein muss man sagen, dass das Brains extrem vielseitig ist von Drums/Percussion hin zu Solostimmen und Chord-Sounds, die sich besonders gut für Sequencen einsetzen lassen. Gerade bei kleineren und kompakteren Eurorack-Systemen macht das Modul Brains Sinn. Schade ist, dass man dem Modul nicht auch noch MIDI spendiert hat. Das man keine zusätzlichen Regler für die LPG Filter- und Decay-Einstellungen spendiert hat kann ich nachvollziehen, denn dann wäre das Modul sicherlich von der Frontplatten-Breite deutlich größer geworden. Das spendierte OLED hilft bei einigen Einstellungen um die Wellenform visuell zu kontrollieren. Der Mehrwert hält sich aber in Grenzen.

Fazit

Das Behringer Modul Brains kostet ca. 160 Euro und daher ca. 70 Euro weniger als das Plaits von Mutable Instruments. Aber das ist nicht das einzige Kriterium. Wichtig ist, dass Brains einige funktionelle Dinge mehr bietet wie, USB-Update-Funktion, OLED und vor allem vier zusätzliche Synthesemodelle und den Klang der Plaits-Synthesemodelle. Zudem gibt es viele Anwender, die schwarze Module im Vintage-Style bevorzugen. Vieles spricht also für das Behringer Brains.

www.behringer.com