Austrian Audio Hi-X65 Kopfhörer

Test und Fotos: Peter Kaminski

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Nach den geschlossenen Kopfhörern Hi-X50 und Hi-X55 stellte Austria Audio im Mai 2021 mit dem Modell Hi-X65 seinen ersten akustisch offenen, ohrumschließenden Kopfhörer vor, den wir nun getestet haben. Austrian Audio ist ein noch junger Hersteller, der 2017 von dem ehemaligem AKG-Manager Martin Seidl gegründet wurde. Dreiviertel der Mitarbeiter sind frühere AKG-Mitarbeiter, was eine hohe Kompetenz im Bereich der Mikrofon- und Kopfhörerenwicklung  garantiert. Wer aber beim Hi-X65 nun glaubt, man habe die AKG-Kopfhörer kopiert und weiterentwickelt, der wird eines besseren belehrt, denn man hat hier neue Wege eingeschlagen.

Konzept und Handabung

Der Hi-X65 ist ein akustisch offener Kopfhörer mit dynamischen Wandlerprinzip und einer Nennimpedanz von 25 Ohm. Der Hersteller gibt bei 1 kHz ein Klirrfaktor von kleiner als 0,1 % an. Die Eingangsleistung beträgt 150 Milliwatt.

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Bei dem eingesetzten 44 Millimeter großen Wandler hat der Hersteller Wert darauf gelegt alle beweglichen Massen zu reduzieren. Es wird eine vergleichsweise lange Spule mit kupferbeschichteter Aluminiumdraht verwendet, die einen großen linearen Hub gewährleistet. Man hat hier ein für diese Preisklasse sehr starkes Außenmagnetsystem eingesetzt. Die Empfindlichkeit gibt der Hersteller mit 110 dB SPL pro Volt an. Darauf werden wir im Praxisteil noch näher eingehen. Das Wandlersystem ist ganz leicht geneigt verbaut.

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Das Audiokabel wird auf einer Seite eingesteckt und lässt sich mit einer Drehung arretieren (s. Abb. oben).

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Das Kopfband lässt sich auf jeder Seite um ca. drei Zentimeter verstellen, wobei zehn gerastete Positionen wählbar sind (s. Abb. oben).

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Das Kopfpolster ist in drei Segmente unterteilt und über ein Klettverschluss befestigt, so dass es sich leicht austauschen lässt. Auch die Ohrmuscheln lassen sich abnehmen und austauschen (über zwölf Punkte arretiert). Entsprechende Ersatzteile sind verfügbar.

Ausstattung und Lieferumfang

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Geliefert wird der Hi-X65 in einer Box, die neben dem Kopfhörer ein 1,2 und ein 3 Meter langes Anschlußkabel, sowie ein Adapter von 3,5-mm- auf 6,3-mm-Klinkenstecker, enthält.

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Im Lieferumfang befindet sich auch noch ein Stoffbeutel für den Transport des Hi-X65.

Praxis

Der Kopfhörer wiegt ohne Kabel 310 Gramm. Auf Aluminium-Applikationen oder Ähnliches hat man verzichtet, trotzdem macht der Hörer einen sehr wertigen und vom Design her modernen Eindruck. Die Verarbeitungsqualität ist ohne Frage als hoch einzustufen. Das innere Kopfband ist aus Metall gefertigt.

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Kommen wir zunächst zu zwei praktischen Punkten. Wer kennt es nicht, das Suchen nach dem Symbol für "Links" oder "Rechts" auf dem Kopfhörer - häufig gut versteckt. Beim Hi-X65  (s. Abb. oben) hat man das sehr deutlich und groß  gekennzeichnet. Der zweite Punkt ist, dass man den Hörer dank der Falttechnik gut auf dem Arbeitstisch ablegen kann (s. Abb. unten).

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Für den Transport lässt er sich auch zusammenfalten (s. Abb. unten) und passt so in den mitgelieferten Stoffbeutel. Das sind schon mal zwei ganz praktische Aspekte.

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Primär haben wir den Hi-X65 am SPL Phonitor 2 Kopfhörerverstärker und zwar im Vergleich zu diversen dynamischen und magnetostatischen Kopfhörern, getestet. Als erstes viel schon mal auf, dass der Hi-X65 ca. 6 bis 7 dB weniger Pegel benötigte um das gleiche Lautheitsempfinden zu verursachen, als der AKG K-702 oder der Audeze LCD-2 Classic. Damit lässt sich der Hi-X65 Kopfhörer auch sehr gut in Verbindung mit mobilen Endgeräten einsetzen.

Die Hörermuschel ist oval geformt und wirkt optisch etwas klein, was aber nicht der Fall ist. Das Ohr hat im Inneren der Hörermuschel viel Platz. Den Abstand zwischen Gehörgangeingang und dem Schallwandler würde ich als mittelgroß einstufen. Der Sitz ist fest und der Hörer verrutscht auch bei starker Kopfbewegung nicht. Der Sitz ist dabei aber extrem komfortabel und bei richtiger Einstellung des Kopfbandes bezogen auf die Kopfgröße gibt es auch bei sehr längem Tragen kein unangenehmes Gefühl. Im Gegensatz zu anderen Kopfhörern mit offener Akustik verfügt der Hi-X65 über eine relativ hohe Unterdrückung des Außenschalls.

Grundsätzlich ist es wichtig, dass man einen Kopfhörer vor einem vergleich erst einmal mit mittlerem Pegel mindestens 12 Stunden "einlaufen" lässt. Das hat sich beim Hi-X65 wieder bestätigt, denn insbesondere im Bass waren hier Veränderungen (im positiven Sinne) wahrnehmbar.

Einen ersten Unterschied wird man gegenüber vielen anderen Kopfhörern im Bassbereich feststellen. Das zum Teil überzogene Drönen im Bassbereich bei anderen Produkten wird man beim Hi-X65 nicht feststellen. Der Hi-X65 ist sehr präzise im Bassbereich, das heißt sehr konkret und nicht verwaschen. Besonders die Release einiger tieffrequenter Instrumente sind hier präziser. Das Transientenverhalten ist für einen dynamischen Kopfhörer exzellent. Perkussionsinstrumente auf dem Hi-X65 zu hören macht richtig Spaß. Die Mitten und besonders die Höhen sind sehr klar. Das heißt aber nicht, dass sie überpräsent sind. Sie leben vielmehr von der Impulstreue des eingesetzten Wandlers. Auch die räumliche Abbildung ist sehr präzise.

Der Haupteinsatzgebiet ist sicherlich die Musikproduktion und der Mischbetrieb, sowie auch auf jeden Fall als Monitorkopfhörer für Solo-Musiker, also da wo man auf die Außenschallunterdrückung verzichten kann. Auch für binaurale Produktionen ist der Hi-X65 aufgrund sehr geeignet.

Ein Punkt möchte ich nochmal herausstellen und zwar ist es die extreme Empfindlichkeit des Schallwandlers im Hi-X65. Viele Instrumente wie Synthesizer oder auch Audio-Interfaces verfügen eher über mäßig gute Kopfhörerverstärker. Das hat sich in den letzten Jahren zwar etwas verbessert aber die Qualität der hochwertigen Stand-Alone-Kopfhörerverstärker werden nie erreicht. Insbesondere tun sich die in Keyboards oder Audio-Interfaces integrierten Kopfhörerverstärker schwer bei hohen Pegeln. Und hier kommt wieder der Hi-X65 ins Spiel, denn besonders an den integrierten Kopfhörerverstärkern macht er dank seiner hohen Empfindlichkeit eine sehr gute Figur, denn die Kopfhörerverstärker müssen weniger Ausgangspegel erzeugen und somit in der Regel auch weniger Verzerrungsprodukt.       

Ich persönlich bin ein absolut bekennender Kopfhörer-Hörer. Die Details in der Wiedergabe die man mit einem hochwertigen Kopfhörer wahrnimmt lassen sich mit keinem Lautsprechersystem erreichen. Durch zunehmende Anzahl von binaural verfügbarer Produktionen nimmt die Bedeutung des Kopfhörers im Studio im Mischprozess zu. Da kommt der Hi-X65 genau zur richtigen Zeit, denn der Hi-X65 ist in seiner Preisklasse sicherlich einer der besten verfügbaren Kopfhörern. Hier spielt ja auch noch die individuell subjektive Wahrnehmung bei der Beurteilung eine Rolle. Für mich persönlich ist der Hi-X65 in einer Preisklasse bei den dynamischen, offenen Kopfhörern ein Referenzkopfhörer.

Fazit

Der Preis des Hi-X65 liegt bei knapp unter 350 Euro. Gerade für den Mischbetrieb ein idealer Kopfhörer, der durch seine Präzision eine gute Balancierung der Instrumente und Schallquellen im Mix ermöglicht und ein sehr detailtreues und analytisches Hören ermöglicht. Ein richtiges Multitalen für den Studiobetrieb. Es ist ein sehr analytischer Kopfhörer, bei dem aber auch das Musikhören Spaß macht.

Wir werden den Auszrian Audio Hi-X65 übrigens ab jetzt als Referenzhörer im Bereich der dynamischen Kopfhörer in der Preisklasse unter 500 Euro einsetzen und das hat seinen Grund ...

https://austrian.audio/