Xaoc Devices Kamieniec

1977 Analog Resonant Phase Rotator

Autor und Fotos: Peter Kaminski

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Der polnische Eurorack-Modul-Hersteller Xaoc bietet mit dem "Kamieniec" (der Name stammt wohl von einem Ort in Polen) auch ein Phaser-Modul an, welche einige spezielle Möglichkeiten offeriert, die andere Module nicht bieten. Das Modul wird sowohl mit einer hellen Alu-Frontplatte (s. Abb. oben) als auch in Schwarz angeboten (s. weiter unten) und hat eine Breite von 9 TE mit lediglich 20 mm Bautiefe. Nun aber zunächst mal zum technischen Konzept.

Konzept

Der Kamieniec ist ein auf OTAs basierender Phaser. OTAs wandeln die Eingangsspannungsdifferenz im Gegensatz zu normalen Operationsverstärkern nicht in eine proportionale Spannung sondern in einen proportionalen Strom um. In der integrierten Schaltung in einem OTA kommen nur Transistoren und Dioden und keine Widerstände zum Einsatz. Das hat beim Aufbau von Filtern bestimmten Vorteile und war mit ein Grund warum man OTAs bei der Schaltungsumsetzung von analogen Phaser-Effekten eingesetzt hat. Die ersten OTAs wurden 1969 ausgeliefert und kamen auch bald in der Musikelektronik zum Einsatz.

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Soweit der Blick zurück. Beim Kamieniec kommen moderne OTAs sowie hochwertige und rauscharme Operationsverstärker zum Einsatz. Man sieht neben dem 16-poligen Stecker für die Spannungsversorgung noch zwei dreipolige Pfostenleisten am Rand, die dazu dienen, mehrere Kamieniec zu kaskadieren (Ein- und Ausgang). Die Kaskadierung ist aber nicht einfach eine Serienschaltung denn das phasenverschobene Signal wird an die weiteren Kamieniec geleitet und dort verarbeitet und dann erst dem Originalsignal wieder zugefügt. Damit ergibt sich auch ein anderer Effekt als wenn man einfach mehrere Module über die Klinkenstecker Ein- und Ausgänge in Reihe schalten würde. Weiter befindet sich in der Mitte der Platine noch ein Jumper für die Feedback-Betriebsart, der sich in zwei Positionen setzen lässt. Dazu gleich mehr.

In der technischen Umsetzung eines Phaser werden sogenannte Allpassfilter eingesetzt und zwar mehrere Stufen. Allpassfilter haben die Eigenschaft die Amplitude nicht zu verändern aber je nach Signalfrequenz das Signal in der Phase zu verschieben. Wenn man das Originalsignal nun mit dem Ausgang der Allpassfilter überlagert ergeben sich sogenannte Kammfilter. Das sind Filterkurven, die bei bestimmten Frequenzen eine Auslöschung haben. Umso mehr Allpassstufen, umso mehr Polstellen gibt es bei denen die Auslöschung auftritt. Der Unterschied zum Flanger ist übrigens, dass dort die Verzögerung gegenüber dem Originalsignal über alle Frequenzen identisch ist. Weiter sind beim Phaser die Frequenzabstände der Polstellen logarithmisch während sie bei einem Flanger linear sind. Meistens sind Abbildungen solcher resultierenden Frequenzgänge von einem Phaser mit einer logarithmischen Frequenzskala versehen und haben so grafisch wieder den gleichen Abstand zueinander.

Der Xaoc Kamieniec bietet wie die Phaser in den 70er-Jahren vier Filterstufen an und darüber hinaus noch zwei weitere, also sechs Stufen. Es gibt beim Modul auch getrennte Ausgänge mit vier oder sechs Filterstufen. Natürlich ist auch ein LFO zur Modulation integriert. Das LFO-Signal wird auch an einem Ausgang ausgegeben. Die Rate des LFOs lässt sich auch über einen CV-Eingang steuern. Über einen weiteren Eingang lässt sich auch ein externes Modulationssignal zuführen, welches mit dem internen LFO überlagert wird.

Bedienung

Das Modul lässt sich über vier Potis und einem Schalter bedienen. Der oberen, großen Regler dient zur Einstellung der Frequenz. Was wir bisher verschwiegen haben ist, dass der Kamieniec auch eine Resonanzmöglichkeit über eine Rückkoppelung des Ausgangssignals bietet. Die Stärke der Resonanz lässt sich mit dem roten Regler einstellen. Der Pegel der rückgekoppelten Signals lässt sich so stark eingestellt, dass unter Umständen eine Oszillation auftritt. Diese tritt kurz nach Mittelstellung auf. Über einen Schalter lässt sich wählen, ob das Signal mit den vier oder sechs Stufen zurückgekoppelt wird. Jetzt kommen wir noch auf den Jumper auf der Mitte der Platine auf der Modulrückseite zu sprechen. Hiermit lässt sich nämlich einstellen, ob die Rückkopplung in Phase (FEEDBACK) oder gegenphasig (NEG) erfolgen soll.

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Die unteren beiden schwarzen Regler dienen der Einstellung des LFOs und zwar einmal der LFO-Rate und dann der Modulationstiefe. Wenn ein externes Modulationssignal über EXT MOD zugeführt wird lässt sich mit dem DEPTH- Reglers auf Linksanschlag die Modulation des internen LFOs komplett unterdrücken, so dass nur noch das externe Signal die Modulation durchführt. Über eine LED wird der Pegel des internen LFOs angezeigt.

Praxis

Die Stromaufnahme des Kamieniec ist mit je 44 mA bei +12 V und - 12 V im Mittel und 47 mA in der Spitze sehr zurückhaltend.

Viele, die schon mal einen klassischen Phaser aus den 70er benutzt haben werden vielleicht empfinden, dass der Kamieniec nicht die Modulationstiefe hat wie die Vorbilder. Aber weit gefehlt. Die alten Phaser haben zum Teil sehr stark gerauscht und die sich verändernden Kammfilterstrukturen kann man an dem Rauschen sehr gut wahrnehmen. Der Kamieniec ist aber dank seiner modernen OTAs und Opamps sehr rauscharm. Wenn man in der gesamten Mischung dann mal einen Vergleich macht wird man diesen Effekt auch gar nicht mehr feststellen. Wer das Rauschen der alten Schätzchen liebt kann es ja einfach am Eingang über einen Mixer hinzufügen - muss aber nicht sein.

Der Kamieniec hat ja zwei Ausgänge und zwar mit vier und sechs Filterstufen. Diese beiden Ausgänge lassen sich durchaus auch als Stereoausgang missbrauchen in dem man den Vierfach-Ausgang auf die eine und den Sechsfach-Ausgang auf die andere Seite legt. Eine interessante Möglichkeit ist noch mehrere Module miteinander über Chain-Stecker zu verbinden und dann alle Ausgänge der verwendeten Module zum Beispiel in einem Surround- oder Immersive-Projekt zu verwenden. Hiermit lassen sich sicherlich sehr räumliche Effekte erzielen.

Man sollte auch einmal andere wxterne Modulationssignale nutzen, wie ein Zufallssignal oder auch mal probieren eine von der Tastatur oder Sequencer getriggerten AD-Hüllkurvengenerator-Ausgang auf den Modulationseingang zu legen. Da kommen sehr interessante Effekte zustande und zwar auch bei Überlagerungen mit dem internen LFO.

Es gibt ja auch einen LFO-Ausgang beim Kamieniec, den man zum Beispiel dazu nutzen kann die Pulsweite eines VCOs zu modulieren. Grundsätzlich ergeben übrigens PWM und Phaser zusammen sehr schöne breite Flächen. Ich bevorzuge da aber ein nicht mit dem Phaser synchronisierten, weiteren LFO die PWM zu überlassen, um so einfach noch komplexere Modulationsmuster zu erhalten.

Klangbeispiel

Wir haben ein kurzes Beispiel auf SoundCloud bereitgestellt (externer Link siehe unten). Zum Einsatz kommen drei Dopefer A-111-2 VCOs in Schwebung. Zunächst vier Stages ohne Modulation und dann mit zunehmender Modulation mit mittlerer Modulationsrate. Bei Erreichen des Modulationsmaximums dann auf sechs Stages umgeschlatet. Nun langsam Feedback immer mehr erhöht und dann Feeedback von WASTED auf STONED umgeschaltet. Zuletzt am Ende dann wieder Feedback zurück und dann Modulation auch wieder auf Null:

https://soundcloud.com/user-859867980/xaoc-kamieniec-beispiel-1

Fazit

Der Preis des Xaoc Kamieniec liegt bei knapp unter 250 Euro. Wie alle Module von Xaoc ist auch der Kamieniec sehr gut verarbeitet und daher ist der Preis absolut akzeptabel. Wenn der Händler des Vertrauens übrigens keine Kamieniec-Module mit schwarzer Frontplatte anbieten kann, so lässt sich beim Hersteller oder über diverse Verkausfplattformen im Internet auch einzelne Frontplatten in Schwarz nachbestellen. Das Tauschen der Frontplatte ist sehr einfach durchzuführen.

Der Kamieniec geht über seine Vorbilder aus den 70er-Jahren hinaus und bietet auch einen deutlich rauschfreieren Klangund eine hohe Flerxibilität die zum Experimentieren einläd. Die Anzahl der Filterstufen lässt sich durch die Verkettung mehrerer Module noch weiter erhöhen und bietet dann sehr komplexe Notch-Filter-Strukturen.

www.xaocdevices.com