Sennheiser ew100 G4 Instrument Set

Drahtlosset für Gitarre

Autor und Fotos: Peter Kaminski

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Wir sind ja schon in einem Test auf die Sennheiser evolution wireless 100/300/500 G4 Serien eingegangen, haben dabei aber den Tischempfänger und das Instrument Set nur kurz erwähnt. Im Rahmen einer Testserie über Gitarren-Recording-Produkte möchten wir das nun nachholen, und speziell auf die Anforderungen und Bedürfnisse von im Zusammenhang mit E-Gitarren eingehen. Unser Fokus liegt dabei auf die ew 100 G4 Serie. Wer mehr generelles zu der G4-Serie lesen möchte, dem sei der zuvor erwähnte Test an Herz gelegt.

Hier noch einmal eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten technischen Fakten der ew 100 G4-Serie. Es handelt sich um analoge UHF-Funkstrecken. Es gibt die Sender und Empfänger sowohl für lizenzpflichtigen Frequenzbereichen (A1: 470 ... 516, A: 516 ... 558, G: 566 ... 608 und B: 626 ... 668 MHz) und in zwei lizenzfreien Bereichen und zwar im von Sennheiser genanntem E-Band (welches 823 ... 832 und 863 ... 865 MHz abdeckt) als auch eine Version für das 1G8-Band von 1.785 bis 1.800 MHz. Professionelle Anwender im Touring-Segment werden eher die lizenzpflichtigen und die kleine Bands zum Beispiel für Club-Touren oder im Studio eher die beiden lizenzfreien Bänder nutzen. Bei letzterem hat man im 1,8-GHz-Band sicherlich die beste Sicherheit vor anderen Nutzern aber auch eine etwas geringere Reichweite u. a. durch die höhere Körperdämpfung bei Funkabschattung durch die deutlich höhere Frequenz. Bei geringen Abständen von wenigen Metern zum Empfänger kann man das allerdings völlig vernachlässigen.

Zu beachten ist, dass sich die Sender in den lizenzpflichtigen Bereichen von 10 auch auf 30 Milliwatt Sendeleistung hochschalten lassen. Im E- und 1G8-Band sind grundsätzlich nur 10 Milliwatt zugelassen. Für große Bühnen ist das auch das ein Argument für die lizenzpflichtigen Bänder. Das A1- und A-Band ist wohl die beste Wahl um eine langfristige Nutzung zu gewährleisten. Man muss aber natürlich beachten, dass eine Frequenzkoordinierung in den Bändern erforderlich ist, da auch starke TV-Sender in diesem Bereich arbeiten.

Die 100er-Serie bietet innerhalb der Kanalbänke bis zu zwölf intermodulationsfreie Kanäle - das heißt im gleichen Band lassen sich ohne Probleme zwölf Sender gleichzeitig nutzen, wenn die vorgegebenen Frequenztabelle des Herstellers im Sender genutzt werden. Wer mehr Ausgangsleistung (50 mW) und mehr gleichzeitige Sender benötigt (bis zu 32 in einer Kanalbank), der muss auf die teurere und leistungsfähigere Serie ew 500 G4 ausweichen.

Instrument Set ew 100 G4-Ci

Das sogenannte Instrument Set besteht aus einem Tisch/Rack-Empfänger EM100 G4 mit externem Netzteil, einem Taschensender SK 100 G4, einem Instrumentenkabel Ci 1-N, einem RJ-10-Datenkabel (dazu später mehr), sowie diverse Metallteile für die Montage im Rack (Ohren und Montageplatte und Schrauben).

Empfänger EM 100 G4

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Der Empfänger hat eine Breite von 1/2 19". Für das Aufstellen als Tischempfänger liefert Sennheiser vier selbstklebende Gummifüße mit, die unten an vorgegebenen Stellen aufgeklebt werden können. Auf der Geräterückseite befinden sich neben Netzteilanschluss und je einem symmetrischen (XLR-Buchse) und unsymmetrischem (6,3-mm-Klinkenbuchse) Audioausgang zwei Antennenbuchsen (BNC-Buchsen). Die passenden Antennen liegen dem Set natürlich bei. Über die Data-Buchsen lassen sich bis zu zwölf Empfänger kaskardieren und gemeinsam steuern.

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Werfen wir einmal einen Blick auf die Front des EM 100 G4 Diversity-Empfängers. Neben dem Ein-/Ausschalter gibt es je einen Up/Down-Taster für die Menü- und Parameter-Anwahl, bzw. Einstellung, einen ESC-Taster zum Verlassen des jeweiligen Menüpunktes sowie einen Set-Taster zum Setzen, bzw. Speichern des aktuellen Wertes. Über den Taster SYNC lassen sich Sender und Empfänger via Infrarot synchronisieren.  

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Das Display gibt Aufschluss über alle wichtigen Parameter wie Empfangsfeldstärke, Welcher Empfängerpfad (I/II) gerade aktiv ist, Audiopegel, Frequenz bzw. Kanalbank und Kanal, Streckenname, Pilottonstatus und auch der Zustand der Batterie im Sender (s. Abb. unten).

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Über die Up/Down-Taster kann man direkt aus dem Hauptmenü einen Soundcheck-Modus (zur Reichweiten- und Funkabdeckungsüberprüfung) sowie den integrierten Gitarren-Tuner aufrufen (s. Abb. unten).

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Durch kurzes Antippe des Ein/Ausschalters geht ein Dialog auf, mit dem sich das Audio stummschalten, bzw. aktivschalten lässt. In das Konfigurationsmenü gelangt man über den Taster SET.

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Hier lässt sich der Streckenname (s. oben), ein Kanal aus den vorgefertigten Kanallisten, den Empfangs-Schwellwert ab wann Audio stummgeschaltet werden soll (Squelch in drei Schritten Low/Mid/High, siehe unten) sowie der Ausgangspegel (-24 bis +18 dB) einstellen. Über den Menüpunkt Easy-Setup kann man einen automatischen Frequenz-Scan aktivieren. Über den Menüpunkt "Auto Lock" lässt sich die automatische Tastensperre aktivieren.

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Weiter gibt es auch noch eine Equalizer-Funktion (s. Abb. unten) mit der man je einen Hoch- und Tiefpassfilter zuschalten kann, was mehr für die Anwendung mit einem Drahtlosmikrofon gedacht ist.

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Für erfahrende Anwender gibt es das Menü "Advanced", wo man weitergehende Einstellungen vornehmen kann.

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So lässt sich dort auch eine konkrete Frequenzeinstellen und man ist nicht an die vorgegebenen Frequenztabellen gebunden (s. unten).

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Auch lässt sich hier der Pilotton aktivieren. Der Pilotton ist ein Ton außerhalb des hörbaren Bereichs, der dazu dient bei ausgeschaltetem oder nicht erreichbarem Empfänger das Audio stummzuschalten, also sozusagen eine erweiterte Rauschsperre.  

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Auch lassen sich hier noch Parameter einstellen wie der Referenzton des Gitarrentuners (s. Abb. unten).

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Weitere Advanced-Menüpunkte sind die Abfrage der Firmware-Version und des Display-Kontrastes.

Taschensendersender SK 100 G4

Die Antenne ist beim Taschensender fest verbaut. Der Taschensender benötigt entweder zwei Stück Batterien der Größe AA oder den Sennheiser Akku BA 2015. Auf der Oberseite befindet sich ein kleiner Schalter zum Stummschalten de Audio. Auf der Front des Taschensenders gibt es einen LED-Indikator als Betriebsanzeige mit Akkuwarnung (blinkt dann) und eine zweite LED für Audio-Spitzen/Übersteuerung. Auch hier befinden sich alle wichtigen Parameter, wie Audiopegel, Frequenz, Streckenname und Batteriezustand im LC-Display. Bei Aktivierung einer Taste schaltet sich die Hintergrundbeleuchtung des Displays an.

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Nach Öffnen des Batteriefachs hat man Zugriff auf den Ein/Ausschalter, der so vor versehentliches Betätigen geschützt ist, sowie der Set-Taste, mit der man Menüs auswählt und Parameter setzt. Das Durchschreiten der Menüstruktur erfolgt mit den von außen zugänglichen Up/Down-Taster.

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Über den Set-Taster gelangt man vom Hauptmenü in das Konfigurationsmenü. Hier lassen sich Streckennamen, Kanalbank/Kanal, Audioempfindlichkeit (-60 bis 0 dB) sowie Auto-Lock-Funktion einstellen. Wie beim Empfänger gibt es auch hier das Advanced-Menü für Experteneinstellungen. Auch hier lässt sich die Betriebsfrequenz frei einstellen sowie den Stummschaltungsmodus (Audio-Mute oder Hochfrequenzübertragung wird ausgeschaltet) und die Pilottonaktivierung. Weiter lässt sich der Grad einer Kabelemulation in vier Stufen einstellen von Minimum über Low, Medium und High. Je nach der Kabelkapazität gehen bei der Übertragung auf einem Kabel die Höhen verloren. Dies wird mit dieser Funktion simuliert.

Praxis

Man muss das im Instrument Set beiliegende Ci 1-N für den Anschluß an die Gitarre nutzen, denn damit wird der 3,5-mm-Klinkeneingang des Senders als Line-In geschaltet und bietet dann auch eine für Gitarrentonabnehmer erforderlich hohe Eingangsimpedanz von ca. ein Megaohm. Das Kabel ist lediglich 1,2 Meter kurz und verfügt an der Senderseite über einen Überwurf zum Arretieren des Kabels am Sender. Wir haben einmal die Kabelkapazität nachgemessen und diese betrug ca. 288 pF. Das ist für ein so kurzes Kabel relativ viel und entspricht normalerweise einem Kabel mit einer Länge von drei bis vier Metern. Die Flexibilität des Kabels liegt im mittleren Bereich. 

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Wenn man häufiger die Gitarre zur Seite legen möchte, dann ist es natürlich immer etwas lästig den Taschensender immer abzunehmen und zur Seite zu legen. Hier gibt es für ca. 55 Euro ein ganz interessantes Gadget von Richter-Leder GmbH (www.richterstraps.com) und zwar eine passende Tasche für den Sennheiser ew 100/500 G3/G4 Taschensender, die an dem Gitarrengurt befestigt wird und zu guter Letzt gibt es dort auch ein vielfältiges Angebot an Gitarrengurte - auch individualisierte - in ausgezeichneter Qualität. Die Tasche für den Sennheiser Sender ist direkt bei Hersteller über die Web-Site beziehbar. Das mal so am Rande als Tipp. Zum Ein- und Ausschalten muss man den Sender natürlich aus der Tasche nehmen, da der Ausschalter ja unter der Batterieabdeckung liegt. Die Batterielaufzeit beträgt gut acht Stunden. Ständiges Ein- und Ausschalten ist also nicht erforderlich.

Wichtig ist die richtige Einstellung der Empfindlichkeit am Sender, wobei man immer noch etwas Headroom lassen muss. Ab Werk ist diese für Lavalier-Mikrofone eingestellt und zu hoch. Für E-Gitarre für Single-Coil-Tonabnehmer liegt die Empfindlichkeit im Bereich von -24 bis -30 dB und für aktive und Humbucker-Tonabnehmer bei -45 bis - 30 dB Empfindlichkeit.  Man sollte erst mal -30 dB einstellen und dann die Aussteuerungsanzeige am Sender überprüfen und ggf. den Pegel anpassen. Bei der von uns eingesetzten Steinberger Spirit passten die -30 dB sehr gut.

Wir nutzen für den Test die Version E-Band mit maximal 10 mW Sendeleistung. Dies reicht aber selbst für großzügige Bühnen aus. Reichweitenprobleme gab es im Test überhaupt keine.

Die Qualität der Funkstrecke haben wir mit dem Originalsignal verglichen und zwar an einem Audiointerface mit 96 kHz Abtastrate und entsprechender Eingangsimpedanz (gleich/größer 1 Megaohm) sowie einem sehr hochwertigem Kabel (Fender FG10BSL, 3 m, ca. 250 pF Kabelkapazität) - also Idealbedingungen. Auch beim direkten Vergleich ist Rauschen der G4-Funkstrecke kein Thema. Der Dynamikumfang des ew 100 G4 ist mehr als ausreichend für die Übertragung. Überrascht waren wir von dem guten Dynamikverhalten, trotz Kompander (HDX) werden Transienten gut wiedergegeben. Bei allen analogen Drahtlossystemen ist der Einsatz eines Kompanders erforderlich, um Dynamikumfang und geringes Rauschen des Systems sicher zu stellen. Das ist auch gelungen. Beim direkten Vergleich mit dem Kabel nimmt man in bei den Höhen, je nach gewähltem Pick-Up und Tone-Einstellung, eine leichte Abschwächung war, so als würde man den Tone-Regler der Gitarre leicht nach links drehen. Wiederum ist es aber auch so, dass wenn das Ton-Poti deutlich heruntergedreht ist, man den Unterschied kaum noch wahrnehmen kann.

Das ist natürlich von Gitarre zu Gitarre auch unterschiedlich und wir haben ja zum Test ganz bewußt, wie zuvor schon erwähnt, ein kurzes und hochwertiges Kabel für den Test eingesetzt. Bei Kabellängen von 6 oder mehr sieht das schon wieder anders aus, besonders wenn man eben nicht so hochwertige Kabel einsetzt. Da ist ein Unterschied dann kaum noch hörbar oder das Kabel ist sogar schlechter als die Funkstrecke. Daher würde in diesem Fall eine Drahtlosübertragung mit dem ew 100 G4 dem Kabel auf jeden Fall vorziehen und sechs Meter Kabellänge zum Amp ist ja auf der Bühne schnell erreicht.

Die Kabelsimulation im Sender macht eigentlich nichts anderes die Kabelkapazität zu simulieren und die Höhen zu bedämpfen, was ja durch die Strecke sowieso schon etwas passiert. Was dabei eigentlich simuliert wird ist aber eher ein sehr schlechtes Kabel. Die Empfehlen ist daher die Einstellung der Kabelsimulation immer auf "Minimum" einzustellen und die Klangbalance ggf. mit dem Tone-Regler an der Gitarre vorzunehmen. Bei sehr höhenlastigen Gitarren kann man unter Umständen die erste Stufe der Kabelsimulation zuschalten.

Die Abschließende Beurteilung ist so, dass das ew 100 G4 Instrument Set einen sehr hochwertiges Drahtlossystem ist. Die leichte Höhendämpfung im Vergleich mit kurzen Kabeln ist systembedingt und in der Praxis wird man auf der Bühne mit längeren Kabeln arbeiten und dann ist der Vorteil des Kabels schnell dahin und der Unterschied zur Drahtlosstrecke gering bis nicht mehr vorhanden. Zudem genißt man den Vorteil der Bewegungsfreiheit auf der Bühne und dann fällt die Entscheidung schnell zugunsten der Drahtlosstrecke.

Fazit

Der Preis des ew 100 G4-Ci Instrument Set liegt bei deutlich unter 600 Euro. Beim ew 100 G4 hat man hier einen sehr guten Kompromiss was Audioqualität angeht. Auf der Bühne wird man sicherlich eher zu einem guten Drahtlossystem - wie eben dem ew 100 G4 - tendieren, als am Kabel hängen zu wollen. Der Mehrwert der Mobilität überwiegt bei einer solchen Audioqualität einer Drahtlosstrecke, denn die Qualität ist für eine Drahtlosübertragung in dieser Preisklasse ohne Frage als sehr gut zu bewerten. Die Handhabung ist einfach und stellt auch Anwender ohne Drahtlostechnik-Vorkenntnissen vor keine unlösbaren Aufgaben.

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