Rupert Neve Design RMP-D8

Achtkanal Mikrofonvorverstärker mit Dante

Autor: Erol Ergün | Fotos: Peter Kaminski, Erol Ergün (1)

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Nicht ohne Grund erfreut sich die vom australischen Unternehmen Audinate entwickelte Audionetzwerkschnittstelle Dante wachsender Beliebtheit. Basierend auf einem IP-Netzwerkprotokoll lassen sich mittels Ethernet-Schnittstelle unkomprimierte Audiosignale mit niedriger Latenz über ein einziges CAT5e, CAT6 konformes oder optisches Netzwerkkabel übertragen. Vorbei also die Zeiten, wo kilometerlange Multicore-Kabel im Studio oder auf der Bühne mit all den einhergehenden Nachteilen einer analogen Verkabelung aufwendig verlegt werden mussten. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass es mittlerweile eine Vielzahl von Software- und Hardware-Produkten mit integrierter Dante-Schnittstelle gibt, die von namhaften Herstellern für unterschiedlichste Einsatzzwecke entwickelt wurden. Auch Rupert Neve Designs ist nun illustres Mitglied der wachsenden Dante-Audionetzwerkgemeinde und präsentiert mit dem RMP-D8 erstmalig einen hochwertigen Mikrofonverstärker mit Digitaltechnik für den Bühnen- und Studioeinsatz.

Konzept

Der RMP-D8 beherbergt in zwei Höheneinheiten gleich acht diskret aufgebaute Vorverstärker mit bis zu +60 dB Gain für Line- oder Mikrofoneingänge inklusive 48-Volt-Phantomspeisung. Die Vorverstärker basieren auf Class-A-Schaltungen aus der eigenen Entwicklung, die für den berühmten Rupert Neve Sound verantwortlich sind und bereits in unzähligen Grammy-Produktionen Klanggeschichte schrieben. Ergänzt wird der analoge Aufbau durch einen von Rupert Neve Designs optimierten A/D-Wandler mit 24 Bit Wortbreite und bis zu 192 kHz Abtastrate, der das integrierte Dante-Audiointerface mit digitalen Daten versorgt und mittels Dante-Controller-Software fernsteuerbar ist.

Aufbau und Bedienung

Das 19-Zoll-Gehäuse ist für den alltäglichen Bühneneinsatz konzipiert, besteht aus in schwarz gehaltenem, robustem Stahlblech und ist mit 560 mm Breite, 467 mm Tiefe, 230 mm Höhe und ca. acht Kilogramm Gewicht wie alle Produkte von Rubert Neve Designs hochwertig, sauber und solide verarbeitet.

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Frontseitig präsentiert sich der RMP-D8 für den FOH-Einsatz aufgeräumt. Alle für den Live-Betrieb wichtigen Funktionen besitzen einen eigenen Schalter. Links unten befindet sich der Ein-/Ausschalter. All diejenigen, die jemals Geräte mit rückseitig angebrachten Netzschaltern beim Soundcheck oder während Sessions nutzen mussten, werden dieses praktische Detail zu schätzen wissen. Hell leuchtende LEDs zeigen rechts daneben aktive Netzwerkverbindungen, den Netzteilstatus sowie den aktuellen Status der Abtastrate an. Dank des flexiblen Wandler-Designs und des Dante Protokolls sind neben 44.1, 48.0, 88.2, 96.0, 176.4, 192.0 kHz auch Pull-Up sowie Pull-Down softwareseitig einstellbar und werden je nach Einstellung mit jeweils eigenen LEDs übersichtlich angezeigt. Etwas rechtseitig abgesetzt befinden sich Schalter mit LED-Indikator für 48-Volt-Phantomspeisung, Polarität der Phase und Hochpassfilter (12 dB/Oktave) bei 80 Hz gegen Trittschall, die für den jeweils ausgewählten Kanal individuell konfiguriert werden können.

Mittig dominiert das LED-Pegelmeter mit acht Segmenten zur Anzeige von anliegenden Audiosignalen von -60 bis 0 dB. Direkt darunter befinden sich acht LED-Schalter zur Auswahl des zu bearbeitenden Audiokanals.

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Da alle LED-Schalter zwar selbst im Dunkeln gut sichtbar sind, aber sich die Funktion mangels Licht nicht automatisch erschließt, befindet sich rechts neben der Pegelanzeige ein gut lesbares OLED-Display. Hier werden die aktuellen Einstellungen des ausgewählten Kanals wie Phantomspeisung, PAD, Polarität, Hochpassfilter, Pegel sowie Lock-Status angezeigt. Darüber hinaus können mittels darunter positioniertem LED-Schalter weitere Menüs wie Netzwerk IP-Adresse, Systeminfos über Gerätetemperatur, anliegende Volt, Domains sowie Firmware aufgerufen werden. Zur Bearbeitung von Parametern am Gerät dient der rechtsseitig platzierte Drehregler aus Leichtmetall, mit dem sich schnell und präzise Werte in den jeweiligen Menüs ändern lassen.

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Auf der Rückseite dominieren rechtseitig neben den obligatorischen acht Kombo-Eingänge für Mikrofon-/Line-Signale noch vier AES-Ausgänge in Form von stabilen XLR-Buchsen für die digitale Ausgabe der Kanäle 1 bis 8. Linksseitig befinden sich gleich zwei Netzanschlüsse für Wechselstrom mit 100 bis 240 Volt. Ohnehin bei vielen Sendeanstalten und Festinstallationen vorgeschrieben, sorgt diese zweifache Stromversorgung im hektischen Live-Betrieb für zusätzliche Sicherheit. Rechts daneben sind zwei solide Ethernet-Anschlüsse für das primäre und sekundäre Dante-Netzwerk integriert und unterstreichen den professionellen Einsatzzweck des RMP-D8. Ungewöhnlich für Rupert Neve Produkte, aber dem digitalen Fortschritt geschuldet: ein USB-A-Anschluss, der allerdings nicht für den Austausch von Audiosignalen konzipiert ist, sondern ausschließlich das Einspielen gerätespezifischer Firmware-Updates erlaubt.

Praxis

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Der Anschluss des RMP-D8 an ein Dante-Netzwerk erfolgt mittels obligatorischer Dante-Controller-Software unkompliziert und schnell, ohne dass tiefgreifendes Fachwissen über Netzwerktechnologien notwendig ist. Im Test verwendeten wir neben dem Gerät einige Dante Avio-Adapter in einem kleinen Dante-Netzwerk, an denen Lautsprecher und analoge Kompressoren wie dem Fearn VT-7 oder der Kemper Profiler angeschlossen waren.

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Zwar ließen sich wichtige Parameter wie Polarität, Trittschallfilter und Pegel am Gerät selbst ändern, die Bedienung mit OLED-Display gestaltete sich aufgrund des statischen Menü-Steppings etwas fummelig. Je nach Menüwahl mussten mehrfach den Konfigurationsschalter betätigt werden, um dann mittels Drehgeber den gewünschten Parameter zu ändern. Die Verarbeitung der Bedienelemente frontseitig ist einwandfrei. Allerdings sind die verwendeten LED-Schalter recht nah beieinander platziert und nur für kleinere Finger zielsicher aktivierbar. Bei ungünstigen Lichtverhältnissen, wie zum Beispiel auf der Bühne, ist die Beschriftung der Parameter gerade für Geräteunkundige schwer lesbar, weswegen die Geräteeinstellungen besser via Software vorgenommen werden sollten.

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Die geballte Vielfalt der Funktionseinstellungen kam erst durch die Software-Fernsteuerung zum Tragen, die auf der Website des Herstellers kostenlos herunterladbar ist. Nach der reibungslosen Installation auf unserer Xi-Machines Audioworkstation und Verkabelung mit POE-Router gelang die Anmeldung am Dante-Netzwerk schnell und problemlos. Die Software erkannte das Gerät automatisch und die Bedienung ließ sich software-seitig komfortabel fernsteuern. Das Frontend ist Design-technisch altbacken und etwas spröde sowie auf 4K-Monitoren aufgrund nicht skalierbarer Parameterbeschriftung schwer lesbar umgesetzt, aber funktional. Wünschenswert wäre hier die Konfigurierbarkeit mittels MIDI-Lern-Funktion, um Controller oder Tastaturen direkt mit eigenen Tastaturbelegungen nutzen zu können, statt mit der Maus fummelig in kleinen Menüs und Tabellen arbeiten zu müssen. Das Reaktionsverhalten bei Einstellungsänderungen über das Netzwerk selbst mit Giga-Bit-Anbindung und fünf mittels Dante Avio-integrierten analogen Geräten war recht träge. Für schnelles Arbeiten während des Soundchecks besteht hier noch Optimierungsbedarf.

Die redundant ausgelegte Stromversorgung funktionierte im Test nahtlos und ermöglicht auch den Einsatz bei Rundfunkanstalten und Bühnen, die diese Funktion zur Ausfallsicherheit zwingend voraussetzen. Die Simulation eines Stromausfalls bestand der RMP-D8 mit Bravour. Selbst das Abschalten des Stromanschlusses A während der Gesangsaufnahme sorgte für keinerlei Unterbrechungen, das Umschalten auf den Stromanschluss B erfolgte unhörbar.

Bei einem Gerät, das den Namen von Rupert Neve trägt, ist die Erwartungshaltung bezüglich Klang und Abbildung entsprechend hoch. Um den als studiotauglichen angepriesenen Mikrofonvorverstärker klanglich beurteilen zu können, haben wir diesen im Tonstudio mit unterschiedlichen Mikrofonsets bei Aufnahmen für Akustikgitarre, Gesang und Handpan verglichen.

Der Klangcharakter mit unterschiedlichen Mikrofonen wie gematchtes Paar Rode NT-5 sowie Neumanns U87 war stets präsent und trotzdem luftig. Akustische Gitarren wurden druckvoll mit unaufdringlich seidigen Transienten abgebildet. Der vierstimmiger Chorgesang wurde mehrfach aufgezeichnet und klang selbst bei leichten Übersteuerungen aufgrund der hohen Dynamik einzelner Spuren überraschend analog ohne hörbare digitale Verzerrungen. Perkussive Aufnahmen mit dem Handpan überzeugten durch authentischen Tieffrequenz- und Mittenanteil. Festzustellen war auch das gute Rauschverhalten des RMP-D8, was ihn auch für den Studioeinsatz prädestiniert.

Fazit

Mit dem RMP-D8 ist Rupert Neve Designs ein fulminanter Einstieg in die Welt des Dante-Audionetzwerkes gelungen. Dank der umfangreichen Dante-Integration ist der RMP-D8 vielfältig sowohl in kabelintensiven Studiosetup als auch im täglichen Bühneneinsatz, insbesondere für Drums/Percussion, Gesang und Gitarren-Setups mittels eigener Software vollständig fernsteuerbar. Zu einem Preis von ca. 6.000 Euro erhält man analoge Class-A-Spitzentechnik mit hochwertiger digitaler Einbindung für einen praxistauglichen Einsatz inklusive redundanter Netzteile und Netzwerkanbindung sowie geringen Latenzen innerhalb des Dante-Netzwerks. Der Mikrofonvorverstärker wird somit in der Tat der Ankündigung gerecht, druckvollen und präsenten Rupert Neve Sound auch für Live-Sound bereitstellen zu können.

www.rupertneve.com
www.megaaudio.de