UAD-2 SSL 4000 E Channel Strip Collection

Autor und Abbildungen: Peter Kaminski

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Die SSL 4000 E-Serie Konsole, die 1979 erschien, waren ein Meilenstein in der Musikproduktion. Auch die Basis für den wirtschaftliche Erfolg von SSL in den Achtziger-Jahren war der Konsole zuzuschreiben. Basierend auf die 4000 E entstanden viele andere Konsolen-Varianten und es gehörte für Top-Produzenten im wahrsten Sinne des Wortes zum guten Ton mit einer SSL 4000 E zu produzieren.

Ein Schlüssel zum Erfolg war der Klang des Channel Strip SL 611, der in der SSL 4000 E-Serie zum Einsatz kam. So gibt es auch verschiedenste Hard- und Software-Lösungen, um von diesem Sound auch in der heutigen Zeit profitieren zu können. Von SSL selbst werden 500er-Serie EQ- und Dynamic-Rack-Module angeboten. Auch andere Software-Hersteller bieten Lösungen in Form von nativen Plug-Ins an.

Es gibt eine ganze Reihe von klangbestimmenden Elementen im 4000 E Kanalzug, wie der SSL 001 Preamp in Zusammenhang mit den Jensen-Eingangsübertrager, die dbx VCA-Sektion, und die markanten Filtercharakteristiken sowie die Dynamics-Schaltung mit der automatischen Attack-Zeit-Anpassung, um mal die Wichtigsten zu nennen.

Universal Audio hatte bisher auch ein SSL E Channel Strip im Angebot aber es war eine frühe Version, die schon unter der ersten UAD-Hardware-Plattform verfügbar war und lediglich die auf UAD-2-Plattform adaptiert wurde. Mit der UAD-2 stehen aber ganz andere DSP-Leistungen zur Verfügung, so dass man nun sich dem Plug-In angenommen hat und den SSL 4000 E Channel Strip entwickelte, der seit der UAD Version 9.1 verfügbar ist (erschienen im März 2017). Das bisherige SSL E Channel Strip Plug-In hat nun die Bezeichnung "Legacy" zur Unterscheidung bekommen. Angeboten werden beide Versionen zusammen in einem Paket.

Wenn man die beiden Plug-Ins mal vergleicht, dann gibt es im ersten Eindruck auf der Bedienoberfläche nicht so viele Unterschiede zwischen dem SSL E Channel Strip Legacy (Abb. unten, mit dunkler Mastersektion) und dem neuen SSL 4000 E Channel Strip (Abb. oben am Artikelanfang, Mastersektion hellgrau).

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Aus diesem grund werden wir uns gleich die Bedienoberfläche des neuen SSL 4000 E Channel Strip näher anschauen und dort ggf. auf die Unterschiede eingehen.

SSL 4000 E Channel Strip

Der Channel Strip wurde im Plug-In in drei Segmente unterteilt und diese nebeneinander angeordenet, damit er überhaupt auf den Bildschirm passt. Kommen wir gleich zu einem Unterscheidungsmerkmal zwischen dem Legacy und dem neuen 4000 E Channel Strip. Als erste Untersektion befindet sich dort nämlich eine Eingangssektion mit Reglern für Line- und Mic-Pegel, Eingangswahlschalter (Flip), Jensen-Übertrager-Simulationsschalter (XFMR), eine Phasenumkehrung und ein 20-dB-Abschwächer sowie auch eine Overload-Indikator-LED.

Hier muss man noch herausstellen, dass das SSL 4000 E Channel Strip Plug-In auch die Unison-Technologie der Apollo Audio-Interfaces von Universal Audio unterstützt. Das Lagacy Plug-In tut dies nicht. Die Eingangsparameter wie Gain, Pad und Phasenumschalter lassen sich daher sowohl am Interface als auch über die Plug-In-Oberfläche synchron bedienen. Von den Apollo-Interfaces wird auch die zum SSL 001 Preamp passende Impedanz den angeschlossenen Quellen geboten und auch die Gain-Staging-Funktion wird unterstützt. Näheres zur Unison-Technologie findet man unter anderem in unserem Test des Apollo Twin USB Audio-Interfaces.

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Weiter ist in der linken Sektion die Dynamikeinheit bedienbar und ganz unten das Hochpass-/Tiefpaßfilter, welches sich beim Legacy Plug-In ganz oben befindet. Es gibt also auch marginale Unterschiede bei der Bedienoberfläche der beiden Plug-Ins. Beim Filter gibt es die Möglichkeit über zwei Schalter es in den Sidechain einzufügen oder vor der Dynamikeinheit zu schalten.

Bei der Dynamik-Einheit lassen sich Kompressor und Expander gleichzeitig bedienen. Über den Select-Taster kann man die Expandereinheit auf Expander oder zwei unterschiedliche Gate-Betriebsarten umschalten. Die Betriebsart G2 entspricht vom Verhalten her neueren Versionen der E-Konsole. Expander und Gate lassen sich über drei Schalter einzeln oder zusammen aktivieren und deaktivieren. Über den Link kann man im Stereobetrieb die beiden Kanäle der Dynamikeinheit verlinken. Die Attack-Time für Kompressor und Expander wird automatisch  eingestellt. Es gibt aber auch den Fast-Attack-Mode (F.ATK) für Kompressor und Expander wo dann die Zeiten fest auf den schnellsten Wert eingestellt werden. Um diesen zu aktivieren oder deaktivieren klickt man auf die betreffende LED oder eines der F.AKT-Label.

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In der Mitte befindet sich die Filtersektion mit zwei vollparametrischen (LMF und HMF) und zwei halbparametrischen Filtern (LF und HF). Letztere lassen sich über den Schalter BELL auf Shelf- oder Glocken-Filtercharakteristik umschalten. Über drei Schalter kann der EQ in den Signalweg oder Sidechain eingeschliffen und auch vor der Dynamik-Einheit gesetzt werden.

Wichtig ist noch zu erwähnen, dass es zwei Unterschiedliche EQ-Betriebsarten mit unterschiedlichem Klangverhalten gibt und zwar "Black" und "Brown" und das auch beim Legacy Plug-In. Es gab beim Original zwei unterschiedliche Ausführungen, die an den Kappen (Braun oder Schwarz) auf den EQ-Low-Reglern erkennbar waren. Das ist auch der Grund warum beim Wechseln der EQ-Betriebsart sich die Farbe der virtuellen Low-Regler entsprechend ändert. Es ist aber so, dass sich nicht nur die Klangcharakteristik des Low-Filters ändert sondern alle EQ-Filter sind von der Betriebsartumschaltung betroffen. Der Brown-Modus ist etwas weicher und "musikalischer" während der Black-Modus sauberer und "präziser" klingt. Grundsätzliche Klangeigenschaften der EQ-Sektion bleiben aber erhalten. Wir sprechen hier aber trotzdem von gut wahrnehmbaren Unterschieden.

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Als dritte, ganz rechte Sektion ist beim SSL 4000 E Channel Strip die Ausgangssektion mit Fader und Meter sowie einem Ausgangspegel-Trimmer. Beim Legacy Plug-In gibt es kein Fader sondern einen Input-Regler und die Phasenumkehrung ist auch in dieser Sektion zu finden. Das SSL 4000 E Channel Strip Plug-In verfügt darüber hinaus noch um eine zuschaltbare Peak-Hold-Funktion (drei Sekunden Haltezeit) für das Meter.

Praxis

Ich hatte zum Test (leider) keine SSL 4000 E Konsole zum Vergleich, aber ich kenne sowohl das Original, als auch die SSL 500er Module und die Plug-In-Konkurrenz. Was das Regelverhalten und den Klang angeht ist man wirklich sehr nah am Original und wie ich finde das absolut beste Simulations-Plug-In der SSL 4000er E-Serie. Auch der Unterschied zum Legacy Plug-In in der Plug-In-Collection ist deutlich hörbar.

Da nimmt man gerne in Kauf, dass das SSL 4000 E Channel Strip Plug-In mehr DSP-Leistung benötigt. Die im Control Panel angegebenen Resourcen-Werte sind für ein SSL 4000 E Channel Strip DSP: 70,1 % und PGM: 38,6 %. Beim Laden eines zweiten Channel Strip wird daher auch gleich ein neuer DSP-Chip belegt (s. Abb. unten).

control panel

Die Lagacy-Version ist damit DSP: 11,0 % und PGM: 24,7 % doch deutlich zurückhaltend in der Resourcen-Belegung und es lassen sich daher pro DSP immerhin drei SSL E Channel Strips laden. Das ist aber auch nicht verwunderlich, denn die Präzision bei der Simulation beim neuen SSL 4000 E Channel Strip ist doch auf einem deutlich höheren Niveau und wie das so bei den Simulationen ist, kommt man an einen Punkt, wo jede kleinste weitere Verbesserung eine deutlich höhere DSP-Leistung erfordert.

Mit dem SSL 4000 E Channel Strip lassen sich sehr schöne kräftige, punchy Sound kreieren. Jetzt stellt man sich vieleicht auch die Frage, auf welchen Kanälen und Instrumenten setzte ich denn einen SSL 4000 E Plug-In sinnvoller Weise ein? Eigentlich ist die Frage leicht zu beantworten: wenn man den Sound mag auf allen. Wegen der Resourcen muss man sich da aber leider etwas beschränken und entscheiden. Was sich sehr schön bearbeiten lässt, sind auf jeden Fall Drums und Perkussion und Gitarren wegen der VCA-Simulation und auch Gesang. Es sind auch schon eine ganze Reihe von gelungenen Werks-Settings aufrufbar, die als Basis eigener Sound-Vorstellungen sehr gut geignet sind.

Fazit

Der Preis ist mit 299 Euro für die SSL 4000 E Channel Strip Collection doch sehr erschwinglich. Ein Hardware 500er-Modulset oder ein gebrauchter 611-Kanalzug kostet ein Vielfaches. Selbst im Verhältnis zu den Plug-In-Mitbewerbern darf man das als günstig einstufen, auch wenn natürlich beim UAD-2 Hardware erforderlich ist. Die Bewertung des Preis/Leistungsverhältnis fällt nicht schwer: nämlich sehr gut. Der neue SSL 4000 E Channel Strip ist zwar sehr Resourcen-hunrig aber beim dem positiven  klanglichen Ergebnis absolut akzeptabel. Der SSL 4000 E Channel Strip ist eine absolute Bereicherung des immer größer werdenden UAD-2-Plug-In-Angebots.

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