Universal Audio UAD-2 AKG BX 20 Spring Reverb Plug-In

Autor und Abbildungen: Peter Kaminski

akg bx20

Mit der UAD Software Version 8.3, die seit August 2015 verfügbar ist, wurde unter anderem das AKG BX 20 Plug-In für die UAD-2-Plattform bereitgestellt. Das Plug-In ist eine Simulation des AKG BX 20 Federhallsystems für Studioanwendungen und ist auch von AKG lizenziert.

Technik Hallspirale

Um Vintage-Geräte richtig einzusetzen, ist es immer erforderlich, sich auch mit der grundsätzlichen Technik vertraut zu machen. Daher möchten wir erst einmal prinzipiell auf das Konzept des Federhalls eingehen.

Reverbs nach dem Hallspiralen-, bzw. Hallfedern-Prinzip waren in der Frühgeschichte der Audiotechnik, neben aufwendigen Plattenhallsystemen, die einzige Möglichkeit einen dichten Hall zu erzeugen. Auch in Gitarrenverstärkern waren und sind Sie wegen ihrem speziellen Sound beliebt. Die Klangqualität von Federhallsystemen geht aber weit auseinander. Aber zunächst einmal zum technischen Prinzip des Federhallsystems.

Das Prinzip ist eigentlich sehr simple. Es wird eine metallische Feder in einem Rahmen relativ locker eingespannt. An den Enden der Feder befindet sich je ein Übertrager für die Ein- und Ausgangssignale. Die Sekundärseite dient zur Anregung (Geberspule), bzw. auf der anderen Seite zur Aufnahme (Nehmerspule) der Schwingungen der Feder.

Wird durch ein anliegendes Signal die Feder durch das Magnetfeld der Geberspule angeregt, so setzt sich das Signal mechanisch über die Schwingungen der Feder fort und wird von der Nehmerspule wieder in elektrische Signale umgeformt. Das Ganze ist also ein Elektromechanischer-Wandler von elektrischer in mechanische und wieder zurück in elektrische Schwingungen, bzw. Signale. Da die mechanische Ausbreitung auf der Feder eine Zeit dauert, ergibt sich eine Verzögerung des Signals. Weiter wird das Signal am Ende zurück zum Anfang reflektiert und startet dann quasi vom Anfang erneut in Richtung der Nehmerspule. Dies erfolgt mehrfach mit abnehmender Amplitude des Signals und sorgt somit für den Halleffekt. Die Hallzeit wird durch die Länge der Feder bestimmt. Für große Hallzeiten braucht man sehr lange Federn, so dass diese häufig in den Systemen gefaltet wurden, um sie auf ein kompaktes Maß zu reduzieren.

Federhallsysteme ohne zusätzliche Maßnahmen klingen hier sehr metallisch, was manchmal - gerade bei Federhallsystemen in Gitarrenverstärkern, durchaus gewollt ist. Für allgemeine Studioanwendungen klingt ein Federhall aber ohne zusätzliche Maßnahmen nicht rund und dicht genug. Daher fügt man u. a. auf den Federn bewusst mechanische Störstellen hinzu, an denen die Welle nicht erst am Ende sondern von dieser sogenannten Stoßstelle zurückreflektiert wird. Diese Stoßstellen werden ungleichmäßig verteilt, um eine gewisse Unregelmäßigkeit zu erzielen, die man für die Dichte des Halleffekts benötigt. Ausgeführt werden die Störstellen durch Einkerbung/Verformungen oder durch Einätzungen an der Feder. Auch die Anwendung von mehreren Federn in einem System wird genutzt, um den Klang Dichter zu gestalten.

Ein Problem ist auch, dass man durch die Feder es mit einem resonierenden System zu tun hat. Die Resonanzeigenschaften lassen sich durch Federspannung, Materialbeschaffenheit und Länge beeinflussen oder auch durch Schaltungsmaßnahmen in der Elektronik. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass pulshafte Signale und Transienten durch die Trägheit des Federsystems verändert werden und somit zu dem metallischen Grund-Sound beitragen. 

Weitere Nachteile ist bei den Vorbildern die mechanische Empfindlichkeit, d. h. stößt man gegen den Rahmen der Hallspirale so gibt es Störgeräusche mit hohem Pegel. Daher sind die Rahmen in der Regel auch mechanisch schwingend aufgehängt und so entkoppelt. Aber solch eine Entkopplung hat auch ihre Grenzen. Zudem sind die Übertrager empfindlich bezüglich elektromagnetischer Einstreuungen.

Das Vorbild

Eigentlich ein ganz einfaches und simples Prinzip aber die Tücke steckt im Detail und so kommt es eben dazu, dass die Federhallsysteme zum Teil sehr unterschiedlich klingen. Das AKG BX 20 wurde 1970 von AKG vorgestellt. Interessant ist, dass zurzeit der Markteinführung mit dem EMT 144 auch schon das erste Digital Reverb verfügbar war. Die Entwicklung des BX 20 hatte neun Jahre gedauert. Man brauchte alleine ein Jahr um eine Lösung für den sicheren Transport des Gerätes zu erarbeiten. Alle Systeme der BX-Serie nutzen das patentierte Dual Tank Torsional Transmission Line (TTL) Prinzip.

Das BX 20 war in Kühlschrankgröße und mit über 50 kg Gewicht der erste Federhall der BX-Serie von AKG. Danach kamen noch kompaktere Systeme wie das BX 15, BX 10 oder das BX 5, welches sogar in einem 19"-Rack-Gehäuse untergebracht war. Das BX 20 gab es in verschiedenen Versionen und zwar als BX20, BX20E und BX20E1. Als Fernbedienung gab es eine kleine kabelgebundene Box, mit denen drei Parameter fernbedient werden konnten. Das UAD-2 BX 20 Plug-In hat das BX20E1 als Vorbild aber wir möchten hier bei der Modell-Bezeichnung BX20 bleiben.

Es wurde auch später noch ein AKG BX25 entwickelt, dass an das BX20 heranreichen sollte und dass bei kompakteren Abmessungen. Alle Spezialisten sind sich aber einig, dass das BX20 klanglich von allen anderen Modellen der BX-Serie nicht mehr erreicht wurde und daher das beliebteste und begehrteste Produkt der Serie wurde, auch wenn das BX25 sogar über längere Hallspiralen verfügte.

Das BX 20 schränkt wie alle Federhallsysteme den Übertragungsbereich stark ein. So liegt der Übertragungsbereich im Bearbeitungspfad bei 20 Hz bis 8 kHz (+/- 5 dB). Besonders der untere Bereich ist interessant denn der Übertragungsbereich bei vielen kleineren Federhallsysteme fängt deutlich höher an.

Es gibt zwar auch Gebrauchtgeräte am Markt aber ein sehr gut erhaltendes BX 20 zu bekommen ist nicht ganz so einfach und die Preise für solche Geräte liegen bei einem Vielfachen des Plug-In-Preises. Zudem streuen die BX20 klanglich je nach Zustand. In den Geräten befinden sich einige Trimmer, um Pegel und Frequenzgang etc. entsprechend einzustellen und somit auch Streuungen und Alterungserscheinungen bei den Geräten zu kompensieren.

Bedienung

Das BX 20 Plug-Ins steht sowohl in einer Stereo- als auch in einer Mono-Version zur Verfügung. Die Bedienung des Original BX 20 war viele eingeschränkter und so bietet man einige neue Möglichkeiten und auch eine Tone Control, die vom Modell BX 10 stammt, wird nun geboten. Die Bedienung ist in zwei Gruppen von Bedienelementen aufgeteilt.

oben

Oben befindet sich eine Stereo/Mono-Schalter sowie rechts ein Schalter für die Anwahl des Tanks. Beim Original wurde je ein Tank für einen Stereokanal genutzt. Neben dieser mit A/B gekennzeichneten Betriebsart kann man dank der digitalen Simulation auch den Tank A oder den Tank B auf beiden Kanälen im Stereobetrieb einsetzen - je nachdem ob man mehr Wert auf eine gute Abbildung des Stereoimage im Effektkanal oder mehr auf einen Stereoeffekt legt.

Mit dem Taster "direct" lässt sich das Eingangssignal auf den Ausgang schalten. Darunter befindet sich die Tone Control mit Bass (+/-8 dB bei 150 Hz) und Höhen Anhebung/Absenkung (+/-4 dB bei 5 kHz) sowie Hochpassfilter (80 Hz, 12 dB/Okt.).

Darunter kann man über den Regler "dry/wet" den Anteil des Halleffektes einstellen sowie ein Pre-Delay von bis zu 250 Millisekunden. Über den Taster "wet solo" kann man, unabhängig von der Einstellung des Regler dry/wet den Halleffekt Solo-abhören. Das ist sehr geeignet um am Halleffekt im Detail zu arbeiten und dann per Knopfdruck - also Solo aus - auch immer schnell das Gesamtresultat abrufen zu können. Der Regler dry/wet ist sehr gespreizt und hat bei Mittelstellung einen Hallanteil von 15 %. Dementsprechend schnell geht es dann auf der rechten Seite des Regelbereichs zu. Allerdings wird man sich so in der Regel maximal 20 % Hallanteil gönnen, so dass man für den Normalbereich durch die Spreizung eine sehr feine Regelung zur Verfügung hat.

unten

Das Decay lässt sich, wie beim Original, von 2 bis 4,5 Sekunden einstellen und das für jeden Kanal einzeln oder über den Button "link" für beide Kanäle zusammen (s. Abb. oben). Pegel und Panorama lässt sich ebenfalls pro Kanal individuell einstellen. Über den Button "power" oder über Anklicken des Power-On-Indikator kann man das Plug-In auch schnell auf Bypass schalten.

presets

Am unteren Ende des Plug-Ins lässt sich über das kleine Ordnersymbol ein Menü für die Verwaltung der Presets aufrufen und so Presets speichern oder laden (s. Abb. oben).

Praxis

Interessant ist in der Praxis, dass man mit dem AKG BX 20 Plug-In in den Genuss des Sound des Federhalls kommt aber zugleich die Nachteile wie mechanische Empfindlichkeit, Alterungserscheinungen und Streuung sowie Empfindlichkeit was elektromagnetische Einstreuungen und auch die Rückkopplungsgefahr angeht, durch die elektronische Simulation eleminiert hat.

Auch wenn das Federhallsystem keine Raumsimulation darstellt, hatten die Entwickler zu der damaligen Zeit den Klang einer Konzerthalle vor Augen. Aus heutiger Sicht ist man sicherlich davon weit entfernt geblieben. Trotzdem ist es mit dem BX20 gelungen ein Reverb zu bauen, dass sich von vielen anderen Federhallsystemen deutlich unterscheidet.

Wer den Federhall-Sound eine preiswerten Gitarrenverstärkers mit dem des BX 20 verbindet, der liegt völlig falsch, denn das BX 20 klingt sehr warm, hat nicht dieses typische, metallische Scheppergeräusch der billigen Federhallsysteme und ist besonders im unteren Frequenzbereich sehr weich und vor allem sehr voluminös. Es verleiht dem Eingangsmaterial einen etwas dunklen Sound der alles andere als technisch oder synthetisch klingt, aber auch nichts von einer Raumsimulation hat. Gerade diese Eigenschaften machen den BX 20 so interessant.

Das BX 20 Plug-In lässt sich exzellent bei Percussion oder Schlagzeug einsetzen sowie natürlich auch bei Einzelinstrumenten wie Gitarre oder Tasteninstrumente. Wer auch ein Mellotron, eine Hammond Orgel oder eine Rhodes Piano sein eigen nennt - sei es in Form des Originals, Samples oder virtueller Instrumente - der sollte unbedingt mal ein BX 20 drauflegen. Mehr Vintage geht nicht. Selbst bei Vocals bekommt man durch die starke Färbung des Hallanteils sehr interessante Sounds zustande. Das BX 20 ist zudem auch das einzige Federhallsystem, was ich auch in Gruppensummen einsetzen würde. Je nach Musikstil und Wunschergebnis kommt auch eine vorsichtige Anwendung auf dem Master in Frage.

Universal Audio liefert auch ca. 50 Presets mit von bekannten Künstlern wie Patrick Carney, Vance Powel usw. mit, die sehr brauchbar sind und schnell zum gewünschten Ergebnis führt, bzw. eine sehr gute Grundlage für eigene Kreationen darstellt.

Häufig bekomme ich bei Tests immer die Frage gestellt: klingt das Plug-In den auch so wie das Original oder wie nah ist man klanglich am Original. Die Frage lässt sich gar nicht so einfach beantworten, denn durch Streuung und Alterung klingen die Originale untereinander schon unterschiedlich. Man hat für die Simulation ein BX 20 des Producers Jon Brion genutzt, das sich in einem exzellenten Zustand befand. Aus meiner Sicht ist die Simulation und die Abbildung der Klangspezifika des BX 20 sehr gut gelungen.

Fazit

Der Preis von 199 Euro für das UAD-2 AKG BX 20 Plug-In ist im Verhältnis zu einem gut erhaltenen original ein Schnäppchen. Man hat von Seiten Universal Audio eine sehr gute Simulation realisiert aber zu dem auch darüber hinaus Dinge umgesetzt, die über das Original hinausgehen. Das Plug-In ist mehr als eine Alternative zu Raumsimulations-Plug-Ins und bietet eine ganz andere klangliche Prägung - interessant nicht nur für Vintage-Sound-Fans.

www.uaudio.com