Wacken 2015 mit Riedel Intercom und Sicherheitssysteme
Autor: Peter Kaminski
Fotos: Peter Kaminski und Archiv
Zum 26. Mal fand Anfang August 2015 das Wacken Festival statt. Riedel stattete in den letzten fünf Jahren das Festival mit Funk, drahtgebundener Kommunikationstechnik sowie mit Video und Netzwerktechnik aus. Wir möchten an dieser Stelle also einmal nicht über Beschallungskonzepte u. ä. berichten, sondern über die Umsetzung dieses Sicherheitskonzeptes und wie man sehen wird, ist das ein sehr komplexes und zudem spannendes Thema. Was Festivals angeht sicherlich weltweit eines der am weitesten entwickelsten Systeme die es in der Branche gibt.
Wacken gehört mit 75.000 Besuchern weltweit zu den größten Festivals und dementsprechend groß sind auch die technischen Voraussetzungen. Rund 9.500 weitere Personen von Rettungs- und Sicherheitskräften, Behördenvertretern, Technikern und VIPs kommen noch zu der Besucherzahl hinzu.
Für die, die Wacken nicht Kennen hier kurz einige Informationen. Es gibt beim Wacken Festival zwei nebeneinanderliegende Hauptbühnen mit einem gemeinsamen FOH-Platz. Da die Bands ihre eigenen Mischpultsysteme mitbringen erfolgt die Anbindung an das FOH noch auf traditionellem analogem Weg. Der Weg zum Beschallungs-Equipment auf und hinter der Bühne erfolgt über Glasfaser. Es gibt zudem neben den Hauptbühnen noch eine ganze Reihe von kleineren Bühnen die parallel bespielt werden.
Besonderen Wert wird bei den Veranstaltern auf das Sicherheitskonzept gelegt, welches eine veranstaltungsweite Funkabdeckung umfasst. Man hat das Thema Sicherheit beim Veranstalter schon sehr früh sehr ernst genommen und zwar noch bevor rechtliche Bestimmungen, z. B. ELA-Anlagen für Durchsagen etc., erforderlich machten.
Als Technik kam Tetra zum Einsatz mit mittlerweile über 60 Funkgruppen und ca. 700 Funkgeräten. Als Handfunkgeräte kommen Motorola MTP850S und für die Fahrzeuge Mobil-Transceiver von Motorola vom Typ MTM800E zum Einsatz.
Es war eine Forderung des Veranstalters, dass der Produktionsleiter Thomas Hess mit einem Knopfdruck jedes Funkgerät auf dem Veranstaltungsgelände erreichen kann. Über die Notruffunktion lassen sich Rundmeldungen an alle Geräte absetzen, was besonders für eventuelle Evakuierungsszenarien wichtig ist. Es werden vier Frequenzpaare genutzt und so stehen bei den vier Basisstationen, die in einer Funkzelle arbeiten, 15 gleichzeitige Übertragungswege bereit (ein Kanal zur Systemsignalisierung). Das System ist aus Redundanzgründen mit zwei Site-Controllern ausgestattet.
Man kommt in Wacken ohne Funk-Repeater aus. Das Schwimmbad in Zentrum von Wacken, welches quasi auch ein Veranstaltungsort ist, da man es mit einer Wacken-Fastival-Eintrittskarte nutzen kann, liegt allerdings in einer Senke. Die Antennen für die Funkkommunikation sind auf dem Wacken-Turm installiert, der das höchste Gebäude in ein paar Kilometer Umkreis darstellt (s. Abb. oben). Dort sind drei Antennen installiert. Eine Antenne ist eine Yagi-Richtantenne die auch eine Funkverbindung zum Schwimmbad gewährleistet.
Empfänger und Sender sind über ein Duplexer kombiniert und es gibt eine zwei Rundstrahlantenne für den Diversity-Empfang. Die Basisstation wird für bis zu 15 Minuten USV-versorgt und zudem ist noch ein Notstromaggregat für den Fall der Fälle im Einsatz. Der BOS-Funk (Behörden) hat übrigens eine eigene festinstallierte Basisstation die völlig autark betrieben wird.
Besonders interessant ist ein Positions-Tracking über GPS-Daten. Die Tetra-Geräte der mobilen Sicherheitsstreifen senden zyklisch Ihre Position aus. Das ist besonders wichtig auf dem Camping-Gelände wo eine verbale Positionsbeschreibung schwierig ist. Die Positionen wird dann auf am Dispatcher-Platz in einer Software auf eine Karte projiziert. Über eine Anbindung via Riedels RiFace können alle Kanäle auch an die Intercom übergeben werden. Im Falle eines Vorfalls wird der gesamte Funkverkehr aufgezeichnet.
Eine weitere Forderung ist, dass das gesamte Veranstaltungsgelände visuell überwacht werden soll. Hierfür wurden im Innenbereich 26 Dome-Überwachungskameras von AXIS mit Schwenk-Neige-Zoom-Funktion (PTZ) installiert, die über das MediorNet-Glasfasernetzwerk verbunden sind. Eine Forderung ist auch, dass die Kameras müssen über eine gute Restlicht-Auflösung verfügen. In einem Kontrollraum werden die Bilder dann ausgewertet.
Zusätzlich wurde von der Polizei fünf Kameras zusätzlich im Innenbereich angemietet, um Taschendieben auf die Spur zu kommen, deren Bild dann auch ständig aufgezeichnet wird. Die Extrakameras sind erforderlich, da hier Details sichtbar sein sollen, wogegen bei den normalen Überwachungskameras mehr die Übersicht über dem ganzen Geschehen im Fokus steht. Bei diesen Kamerapositionen sind immer zwei Dome-Kameras übereinander angeordnet (s. Abb. oben), also eine für die Polizei und eine für den Veranstalter.
Die zentrale Technik und Leitstellen für Funk-Kommunikation und Video-Überwachung sind in mehreren Containern, etwas abseits der Hauptbühnen untergebracht (s. Abb. oben). Wie komplex und vernetzt die ganze Technik ist deutet dieser Übersichtsplan des Geländes an (s. Abb. unten).
Die Installationsarbeiten beginnen schon ca. zwei Wochen vorher dem Festival-Start. Die Riedel-Crew für das Projekt umfasste ca. 20 Mitarbeiter für Planung, Aufbau und dann später für den Betrieb. An vielen Punkten gibt es feste, stationäre Verteilerkästen mit Verkabelung inklusive Glasfaser. Im zentralen Bereich müssen die Kabel aber immer jedes Jahr neu verlegt werden. Die Glasfaser ist aus redundanzgründen als Ring ausgeführt. Es gibt zwei Ringe und zwar einer für das Infieled und einen für den oberen Teil.
Die Übertragung der Videosignale erfolgt mit dem Riedel MediorNet, auf dem sich unterschiedlichste Signal parallel praktisch verzögerungsfrei in Echtzeit transportiert lassen. Transportiert wird über Glaserfaser-Singlemode (4,25 GBit/s pro Kabel) und hier werden sechs Links pro MediorNet-Frame genutzt. Die maximal mögliche Entfernung wäre bis zu 40 km. Bei Wacken mussten die Signale künstlich gedämpft werden, damit die Empfänger nicht übersteuert werden. Die längste Glasfaser-Strecke auf dem Gelände sind ca. 1,5 km.
Alle LED-Wände die auf dem Gelände stehen sind in das Evakuierungskonzept eingebunden. Im Falle eines Notfalls werden dort entsprechende Grafiken eingespielt. Es finden also im Notfall nicht nur akustische Warnung über die Durchsageanlage statt sondern auch noch eine visuelle Warnungen, bzw. Aufforderungen statt.
Neben den LED-Wänden an den Bühnen gibt es auch noch sogenannte Infotainment-LED-Wände für allgemeine Hinweise für die Festivalbesucher. Auch diese Wände sind in das Evakuierungskonzept eingebunden. Über das MediorNet werden nicht nur die Dome-Kameras angebunden, sondern alle Videosignale, wie z. B. die Einspielungen auf den Bühnen-LED-Wänden als auch Audiosignale werden darüber verteilt.
Es gibt übrigens für die Generierung von Bildern mehrere Videoregien. Für die Fernsehproduktion hat TVN mehrere Ü-Wagen auf einem Vorplatz platziert (s. Abb. oben). Die Bilder der Regie werden auch für die Videowände genutzt.
In einem der Container ist auch die Steuerzentrale für die Einspielung auf das Entertainment-System untergebracht (s. Abb. oben).
An einem Platz in einem anderen Container erfolgt die Programmierung des Artist-Intercom-Systems von Riedel (s. Abb. oben).
In den gleichen Raum befinden sich auch die Kontrollplätze für die Funk und MediorNet-Kontrolle sowie ein Racks für die zentrale Technik. Im Rack befinden sich unter anderem zwei MetroN-Frames sowie im rechten Rack (s. Abb. oben) noch weiter zwei MediorNet-Frames und auch noch RockNet-Equipment.
Raspberry Pi Minirechner (s. Abb. oben) werden genutzt, um bestimmte Audio/Video-Signale auszuspielen. Diese werden von der Intercom getriggert. Das Videosignal wird über HDMI ausgegeben.
Das Programmbild was auf den LED-Wänden zugespielt wird, geht über Hardware-Umschalter, die auch in den zentralen Racks untergebracht sind. Im Evakuierungsfall werden die Infotainment-Signale getrennt und über Hardware-Schalter die Warn- und Hinweissignale für den Evakuierungsfall aufgeschaltet. Dies überlässt man also nicht der Netzwerktechnik.
Zusammenfassend kann man sagen, dass das Besondere sicherlich darin liegt, dass Riedel Communications ein quasi schlüsselfertiges System an den Kunden übergibt, also IP-Netzwerk, inklusive Kameras, Videoanbindung und Funknetzwerk. Durch das umgesetzte Konzept der Sicherheitstechnik ergibt sich auch ein Mehrwert, der dann auch über das Sicherheitskonzept hinaus nutzbar ist. Hier sind es z. B. Videobilder der Sponsoren, die mit über das Videoverteilsystem distributiert werden.