GForce OB-1

virtuelle Reinkarnation eines Synthesizer-Klassikers und mehr ...

Autor: Peter Kaminski

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Bei den Simulationen von Vinatage-Oberheim-Synthesizern ist der englische Hersteller GForce Software quasi führend. Man pflegt dort auch eine Zusammenarbeit mit Oberheim um den Klangeigenschaften des Originals möglichst nahe zu kommen. Im Juli 2024 wurde ein weiteres Mitglied der Oberheim-Familie als virtuelles Instrument veröffentlicht und zwar der OB-1.

Wir haben in der Vergangenheit auch schon andere Oberheim-Synthesizer-Simulationen von GForce vorgestellt und zwar GForce Oberheim SEM und OB-E v2 und G-Force OB-X.

Das Vorbild

Das Vorbild wurde von Oberheim Electronics im Jahr 1978 vorgestellt. Ein Jahr später gab es dann den OB-1a, der im Wesentlichen bis auf eine andere Farbgebung, die mehr dem des polyphonen OB-X nahekam, identisch mit dem OB-1 ist.

Klanglich ging man mit dem OB-1 gegenüber den auf SEM-Modulen basierenden Oberheim-Synthesizer, andere technische Wege und hatte so die Möglichkeit sowohl klanglich als auch was die Speicherbarkeit von Presets anging, den nächsten Schritt zu gehen. Der OB-1 hatte so für damalige Zeiten den Komfort acht Presets zu speichern und abzurufen. Ein kleines Manko war die Tastatur. Für damalige Zeiten normal: die Tastatur nicht anschlagsdynamisch war. Qualitativ war die verbaute Tastatur leider eher als befriedigend zu bewerten.

Ein Merkmal innerhalb der Oberheim-Synthesizer war, dass man beim OB-1 für die Hüllkurvengeneratoren auf einen Curtis CEM 3310 gesetzt hat, der auch sehr kurze Zeiten für die Attack-, Decay- und Release-Phasen bot. Bei anderen Oberheim-Synthesizer in der Zeitepoche war das eher nicht der Fall. 

Bekannt wurde der Oberheim OB-1 unter anderem durch den Einsatz von Vince Clarke, Cabaret Voltaire sowie Rush oder der deutschen Krautrockband Eloy. Es gab einige Musiker, die wegen mit dem OB-1 ihren Minimoog ersetzten, der ja ab 1981 nicht mehr hergestellt wurde.

Voraussetzungen, Installation und Lizenzierung

Der OB-1 wird für Windows (ab Version 7) und macOS (Intel/Apple Silicon CPUs, ab Version 10.13) angeboten und zwar sowohl als Plug-In (VST2, VST3, AAX und auch AU für macOS) als auch als Stand-Alone-Software.

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Über die Installer-Software lassen sich die einzelnen Komponenten individuell installieren (s. Abb. oben).

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Die Freischaltung der Software-Lizenz erfolgt über eine Eingabe des bereitgestellten Freischaltungs-Codes, der nach dem ersten Programm-, bzw. Plug-In-Start abgefragt wird (s. Abb. oben).

Einstellungen

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Zunächst zu den Einstellungen. Interessant ist, dass sich die Oversampling-Rate einstellen lässt (2x, 4x, 6x) sowie auch ob bei einem Stopp der Wiedergabe in der DAW der Sound abgeschnitten wird oder nicht (s. Abb. oben).  

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Bei der Stand-Alone-Software-Version lassen sich die Audio-Interface-Treiber-Parameter einstellen. Auch ASIO-Treiber werden hier unterstützt (s. Abb. oben). 

Bedienoberfläche

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Die Bedienoberfläche orientiert sich vom Design her an der Original-Hardware. Man kann an dieser Stelle schon vorwegnehmen, dass es aber auch eine ganze Reihe von Funktionen gibt, die beim virtuellen GForce OB-1 zusätzlich gegenüber dem Original bereitstehen. Daher gibt es auch zwei verschiedene Darstellungsarten und zwar einmal die hier oben dargestellt ist und die erweiterte Darstellung mit Zusatzfunktionen, so wie sie am Eingang dieses Beitrags in der Abbildung zu sehen ist. Das Ausklappen der Zusatzfunktionen erfolgt über ein Icon oben rechts im Kopf der Bedienoberfläche.

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Eine interessante Option ist auch die Möglichkeit vier Makroparameter anzulegen und mir den Reglern dann diese zugeordneten Parameter gemeinsam zu verändern. Zum Koppeln wählt man mit der Maus das Plus-Symbol aus und schiebt es auf den gewünschten Parameter, bzw. Regler. Über die rechte Maustaste lässt sich auch eine Liste mit den zugeordneten Paremetern aufrufen. Wie wir später noch sehen werden kommt dem Macro 4 eine besondere Bedeutung zu.

Presets

Auch ein Preset-Browser ist implementiert, so wie man das von den anderen GForce-Produkten her kennt.

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Dieser gestattet es über eine alphanumerische Eingabe zu suchen oder nach bestimmten Klang-Kategorien. Auch eine Preset-Favoritenfunktion wird geboten.

Keyboard-Funktionen

Auf der linken Seite befinden sich, wie auch beim Original, die Einstellmöglichkeiten zu den Keyboard-Funktionen. 

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Oben kann man das Portamento einstellen und auch noch eine Oktave nach oben oder unten Transponieren sowie eine Tasten-Hold-Funktion aktivieren. Es gibt mit Mono, Legato und Poly drei verschiedene Spiel-Betriebsarten. Der GForce OB-1 ist im Gegensatz zum Original auch polyphon mit bis zu 16 Voices spielbar. Die Anzahl der Voices lässt sich manuell begrenzen.

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After Touch und Keyboard Velocity lässt sich individuell auf verschiedenste Parameter routen und zwar auch auf einen der vier Makros.

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Das virtualisierte Wheel ist auch dem Original nachempfunden, es bietet mehrere Betriebsarten und der Modulationsbereich lässt sich hier beim virtuellen Instrument auch begrenzen.

Signalkette

Die beiden VCOs sind ein primärer Teil des speziellen OB-1 Sounds. Es gibt dabei drei verschiedene Wellenformeinstellungen, die sich mit dem Parameter WAVEFORM kontinuierlich zwischen Dreieck und Sägezahn, Sägezahn und Sinus sowie zwischen Rechteckt mit kleiner und großer Pulsweite einstellen lassen.

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Auf Frequenz und Wellenform lassen sich LFOs oder Hüllkurvengeneratoren aufschalten. Zwischen Oszillator 1 und 2 ist eine Hard-Sync-Funktion möglich. Weiter gibt es auch eine Kreuzmodulation, die sich - auch im Gegensatz zum Original - nicht nur schalten, sondern kontinuierlich anpassen lässt.

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Als nächstes im Signalfluss ist ein Mischer vorhanden, bei dem sich neben den Oszillatoren und jeweils ein Sub-Oszillator und auch noch gefärbtes Rauschen hinzumischen lässt. Das Filter ist ein weiterer klanglich markanter Punkt beim OB-1. Auffällig ist hier, dass es neben dem Hauptfrequenzregler noch einen Regler für ein Fine Tuning gibt. Beim Original OB-1a hat man auf diesen Regler verzichtet. Das Tiefpassfilter lässt sich wie beim Original auf Zweipol- (12 dB/Okt.) oder Vierpol-Tiefpass (24 dB/Okt.) umschalten.

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Die beiden Hüllkurvengeneratoren lassen sich auch im Loop-Modus betreiben und zwar mit und ohne Retrigger bei Betätigung einer Taste.

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Über den Keyboard-Funktionen auf der linken Seite befindet sich auch noch ein LFO mit einstellbarer Wellenform und Retrigger sowie DAW-Sync-Funktion.

Optionen

Nun zu dem Panel mit den OB-1 Zusatzfunktionen.

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Es wird hier ein Extended LFO (XLFO) geboten der viele optionale Möglichkeiten wie eine Verzögerung beim Einsatz, verschiedene Wellenformen, Sample&Hold-Funktion, Phasenanpassung usw. Weiter gibt es auch ein Extended ADSR-Hüllkurvengenerator mit Sustain-Start und Sustain-Zeit. Damit kann man nach der Decay-Phase auch wieder einen Anstieg in der Sustain-Phase bis zur eingestellten Sustain-Zeit erreichen.

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Die Aufschaltung der XLFO/XADSR auf einen Parameter ist sehr einfach. Mit der Maus wird der Regler selektiert und der Parametername erscheint dann im Ausgabefeld SELECTED PARAMETER und man muss dann nur die entsprechenden Einstellungen vornehmen. Der Modulationsgrad lässt sich beim XLFO über den Schieberegler AMT und bei dem XADSR über den Regler ATT vornehmen. Der Modulationsgrad wird dann durch einen mehr oder weniger starken, roten Ring symbolisiert. Der ist auch sichtbar, wenn man den Extended-Darstellungs-Modus wieder verlässt.

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Auf der rechten Seite werden bei der erweiterten Darstellung vier Effekte geboten und zwar ein Hochpassfilter mit Keyboard-Tracking und 2/4-Pol-Umschaltung, ein Chorus, ein Delay mit Modulations-Möglichkeit sowie Hochpassfilter, Cross-Feedback-, und Sync-Funktion und natürlich auch einem Hall, auch hier mit Modulationsmöglichkeiten sowie fünf Preset-Modi (Slapback, Small, Medium, Large, Huge).

Arpeggiator und Sequencer

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Der GForce OB-1 verfügt auch über einen integrierten Arpeggiator und Step-Sequenzer (maximal 16 Schritte). Wenn der Parameter STATE auf CYCLE steht, wird der Sequenzer mit dem DAW-Tempo synchronisiert. Neben der Tonhöhe lässt sich pro Step die Velocity einstellen und in einer dritten Reihe lässt sich auch pro Step der Wert des MACRO 4 beeinflussen. Global für die ganze Sequenz kann man noch die Notenlänge und einen Glide-Wert einstellen.

Praxis

Getestet haben wir den OB-1 als Stand-Alone Software und als VST-3-Plug-In in Nuendo 13 auf einer AudioKern B14 Workstation von Digital Audio Service unter dem Betriebssystem Windows 11.

Die Nuendo-Performance-Anzeige steigt bei Nuendo bei unserem Test nach dem Laden des Plug-Ins auf ca. fünf Prozent. Je nach Preset, Effekteeinsatz und polyphoner Spielweise beträgt die Peak-Last bei 6-fachem Oversampling bis zu 55 Prozent. Bei 2-fachem Oversampling allerdings zeigt die Peak-Anzeige lediglich einen Wert von maximal 30 Prozent. Die Oversampling-Rate beeinflusst die erforderliche Rechner-Performance also durchaus erheblich. Klang-Qualitätsunterschiede sind zwischen der geringsten Einstellung mit 2- und der höchsten mit 6-fachem Ovbersampling zwar hörbar aber in relative geringem Maß. Ich würde in der Praxis maximal die Einstellung 4x Oversampling empfehlen.

GForce hat so mit der Zeit seine Bedienkonzepte entwickelt, die beim OB-1 auch wieder zu finden sind. Die Bedienung ist weitgehend selbsterklärend und lediglich bei den Makros oder dem Sequenzer muss man mal ins Handbuch schauen. Wer diesen Beitrag gelesen hat wird sich dies auch ersparen können.

Das Original kam ja später auf den Markt als der Mini Moog und weißt von der Bedienung her Fortschritte auf, wie zum Beispiel die Speicherung von Presets. Aber auch klanglich setzte der OB-1 in seiner Zeit Maßstäbe, denn er ist einmal für perkussive Sounds wegen seiner möglichen kurzen Anstiegszeiten sehr geeignet. Weiter sind sehr lebendige, organische Sounds durch die Modulation der eingestellten Wellenform möglich - eine Art Vorläufer des Sound Morphings. Bei vielen anderen Synthesizern in dieser Zeit war das ausschließlich nur bei der Pulsweite der Recheckwellenform möglich. Durch die Sync- und Crossmodulation-Möglichkeiten glänzt der OB-1 auch durch harsche und sehr kräftige Sounds. Die 320 Werks-Presets sind klanglich sehr breit aufgestellt und bieten eine gute Basis für eigene Sound-Kreationen.

Der Sequenzer ist mehr als Zugabe zu verstehen. Einfache Sequenzen sind damit schnell zu realisieren aber für komplexere Sequenzen muss man dann doch schnell auf andere Lösungen zurückgreifen. Das ist aber nicht so von negativer Bedeutung, denn Alternativen gibt es in einer DAW ja genügend. Die internen Effekte sind auch, wie man das so von GForce gewohnt ist, absolut nutzbar und passen perfekt zum OB-1. Schön, dass man hier auch einen Chorus eingebaut hat. Im polyphonen Modus mit Anschlagsdynamik wird der GForce OB-1 doch fast zu einem anderen Instrument. So mancher Nutzer des Original OB-1 hätte sich das gewünscht. Aber auch gegenüber den Anderen, besonders jüngeren Oberheim-Synthesizer, hat der OB-1 klangmäßig viele Alleinstellungsmerkmale. Die Filter im OB-1 klingen anders als die in den SEM-basierenden Synthesizern, die es ja auch bei GForce als virtuelle Instrumente gibt, aber klanglich eben nicht minder interessant. Sie haben ihren ganz eigenen Charakter.

Fazit

Bezogen werden kann der GForce OB-1 über Händler als auch über die Herstellerseite selbst. Der reguläre Preis beträgt dort ca. 120 Pfund.

Zusammenfassend ist der OB-1 nicht einfach ein weiterer Oberheim-Synthesizer von GForce mit Preset-Funktion, sondern er bietet auch einen anderes und vor allem sehr breit gefächertes Klangpotential und macht sich gut als Ergänzung zu den anderen Oberheim-Synthesizern.

https://www.gforcesoftware.com