Baby Audio Atoms

Physical Model Synthesizer

Autor: Peter Kaminski

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Wir haben schon einiges an Plug-Ins von Baby Audio vorgestellt wie: I Heart NY, Audio Parallel Aggressor, Spaced Out, Comeback Kid Delay, Crystalline und IHNY-2. Mit "Atoms" hat man nun nach dem BA-1 im Februar 2024 sein zweites virtuelles Synthesizer-Instrument vorgestellt.

Voraussetzung und Installation

Atoms gibt es für die Betriebssysteme macOS (ab 10.11 einschl. Apple Silicon) und Windows (ab Windows 10). Das Instrument wird sowohl als Stand-Alone-Software als auch in den Plug-In-Formaten VST2, VST3, AAX und AudioUnit (nur macOS).

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Die Installation erfolgt über ein Installer-Programm, in dem man auch die verschiedenen Installations-Pfade angeben kann und die einzelnen Plug-In-Formate lassen sich als 32- oder als 64-Bit-Software installieren.

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Nach der Installation und erstem Aufruf der Software oder einer der Plug-Ins wird die Seriennummer zur Freischaltung abgefragt. Man kann Atoms auch im Demo-Modus betreiben, wobei dann eine fünf Sekunden lange Stummschaltung pro Minute erfolgt.

Konzept

Es gibt verschiedene Arten wie Physical Modelling arbeiten können. Bei Atoms basiert die Simulation auf Basis von virtuell verbundenen Massen und Federn mit veränderbaren Eigenschaften und Größen, die ein Schwingungssystem bilden, die von einem virtuellen Bogen angeregt werden - ähnlich einem realen Saiteninstrument. Das Konzept bietet verschiedenste Änderungen bzw. Fluktuationen der Parameter. Die Sechs-Hauptparameter lassen sich auf verschiedenste Arten modulieren. Zufallsgrößen, die sich in ihrem Wertebereich verändern lassen, gehören mit zum Konzept von Atmos.

Bedienung

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Die Bedienoberfläche ist sehr strukturiert. Es gibt eine Kopfzeile, einen Bereich für die Synthese mit der Darstellung der Massen und Verbindungen sowie den sechs Hauptparametern und eine weitere Sektion unten, die der Tonmodifikation des Synthesesystems dient.

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In der Kopfzeile links hat man die Möglichkeit Einstellungen über Zufall zu generieren. Mit dem Würfel wir eine zufällige Parametereinstellung gewählt. Mit dem nächsten Icon lässt sich diese leicht abwanden und mit dem Schloss-Icon kann die Einstellung von einer Zufallsveränderung komplett ausgenommen werden. Mit dem Pfeil-Icon kann die Zufallswahl auch wieder rückgängig gemacht werden, falls das Ergebnis nicht den Vorstellungen entspricht.

In der Kopfzeile rechts gibt es globale Konfigurationsmöglichkeiten. Auch MPE wird unterstützt (wenn aktiviert) und man kann das Voicing auf monophon oder polyphon umschalten. Die Tonhöhe lässt sich in Cent-Schritten um +/-50 Cent verändern und das GUI-Design lässt sich auf hell oder dunkel umschalten. Weitere Funktionen sind hier Aktivierung von Mouse-Over-Tooltipps sowie eine Rücksetzung der Voices bzw. der Wiedergabe.

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In der Mitte der oberen Leiste lassen sich Presets umschalten und der Preset Browser (siehe Abb. oben) lässt sich aufrufen. Einzelne Sound Pakete lassen sich hier ein- und ausblenden und es können auch selber Pakete angelegt werden. Auch eine Namenssuche ist möglich. Die MPE-fähigen Presets sind mit einem entsprechenden Symbol gekennzeichnet.

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Statt einem Favoriten-Flag gibt es die Möglichkeit jedem Plug-In eine von drei Markern zuzuweisen (gelb, orange und rot) um zum Beispiel Wichtigkeit, Klangcharakter oder Projektzugehörigkeit zuzuweisen (s. Abb. oben). Da ist man ganz flexibel.

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Nun zu den sechs Hauptparametern. "Chaos" nimmt Einfluss auf Nicht-Linearitäten im virtuellen Masse/Federn-System. Wenn der Wert für Chaos größer wird stoßen die Federn gegeneinander und erzeugen so Tonhöhenschwankungen bzw. Glides Mit "Order" hat der Anwender Einfluss auf das Dämpfungsverhalten des Masse/Feder-Systems. Mit zunehmendem Wert wird die Systemdämpfung erhöht. Mit "Force" wird die Kraft des anregenden virtuellen Bogens beeinflusst. Über "Overtones" lässt sich die Position wo der Bogen die Federn anregt verändern und man hat so Einfluss auf das Obertonverhalten. "Drive" ist ein Parameter für ein harmonisches Clipping über ein Waveshaping mit dem man sehr komplexe Harmonische erzeugen kann. Als letztes gibt es noch den Parameter "Filter", ein modulierbares Tiefpassfilter mit Resonanz. 

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Jeder dieser Parameter lässt sich modulieren und zwar über eine Sinus- oder Dreieck-Wellenform oder eine Quasi-Random-Signal (s. Abb. oben). Die Modulationsfrequenz kann fest in Herz, Beats oder über Host-Synchronisation erfolgen. Es gibt drei LFO-Modi und zwar freilaufend, Noten-retriggert oder Hold bei dem nach einem Zyklus der LFO stoppt. 

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Ganz unten im Bereich sind weitere Parameter wie "Root" für den Oktavbereich (+/- 2 Oktaven), eines von vier "Profile" für bestimmte Anordnungen des Massen/Feder-Systems, die "Attack" die den virtuellen Bogenanstrich beeinflusst, "Release" für die Ausklingzeit des schwingenden Systems, "Movement" für Stärke und Geschwindigkeit des Bogenanstrichs, "Modulation" für Modulationen im Schwingungssystem, "Vibrato" für eine Pitch-Modulation und "Reverb in Form eines XY-Feldes für Hallstärke und Raumgröße. Über "Output" lässt sich der Ausgangspegel einstellen. 

Praxis

Ausgeliefert wird Atoms mit zwei Sound-Packs und zwar dem Werks-Pack (fast 200 Presets) sowie einem Pack namens "Radioactive" (über 60 Presets). Es sollen weitere Packs angeboten werden.

Eigentlich halte ich nicht viel von Zufallsfunktionen aber beim Atoms kommen dabei durchaus brauchbare Basisklänge heraus, was daran liegt, dass es relativ wenig Parameter gibt, die Einfluss nehmen, diese aber durchaus eine große Bandbreite von Klängen ermöglichen. Durch das vorgegebene Synthesekonzept auf Basis von Physical Modeling sind "ganz schräge" Sounds auch eher ausgeschlossen. Der Parameter Chaos hat sehr viel Einfluss auf Tonhöhenveränderungen. Bei vielen Sounds in den vorgegebenen Presets oder Random-erzeugten Einstellungen sind mir die Glitches etwas zu viel des Guten. Wenn man hier nachsteuert, in dem man den Wert des Parameter Chaos mindert, dann bekommt man auch musikalischere Klänge hin. Wenn man den Parameter auf 0 setzt wird es aber auch schnell langweilig, denn die Sounds leben auch im Wesentlichen von den Modulationen.

Die möglichen Klänge sind breit gestreut. Es lassen sich wirklich einzigarte Bässe erzeugen aber auch interessante Pads sowie Solo-Klänge bis hin zu extremen Effekten, die auch viele Sounddesigner ansprechen dürften. Atoms ist aber nicht nur ein Synth für Filmmusik oder Sounddesign sondern lässt sich auch bei vielen anderen Dingen einsetzen.

Fazit

Der reguläre Preis beträgt ca. 100 Euro. Mit Atoms hat Baby Audio ein Synthesizer entwickelt, der sich durch das sehr spezielle Synthesekonzept klanglich von anderen Synthesizern unterscheidet und so eine Bereicherung für das eigene Synthersizer-Portfolio im Studio darstellt, wenn solche Klänge in dem Genre in dem man tätig ist interessant sind, was im Bereich Filmmusik oder Ambient keine Frage ist. Durch das durchdachte Bedienungskonzept gestattet Atoms wirklich sehr schnell eigene Sounds zu kreieren und lädt zum Experimentieren ein.

www.babyaud.io