Arturia FX Collection V4

Autor: Peter Kaminski

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Effekt und Audio-Bearbeitungs-Plug-Ins gibt es von Arturia schon seit vielen Jahren. 2020 gab es dann das erste FX Collection Bundle mit immerhin schon 15 Plug-Ins. Im Juni 2023 wurde nun die vierte Version der FX Collection mit mittlerweile schon 30 Plug-Ins vorgestellt. Wir möchten hier die Plug-Ins des Bundles vorstellen und werden auf die neuen Plug-Ins der Version 4 detailliert vorstellen.

Arturia kennt man Software-seitig sicherlich auch von der V Collection - einer Sammlung virtueller Instrumenten, die historische Synthesizer simulieren und das auf einem hohen und überzeugenden Niveau. Die Plug-Ins von Arturia dürften vielen aber noch nicht so bekannt sein. Grund genug einmal einen genaueren Blick auf das aktuelle FX Collection Bundle und seinen genauen Umfang zu richten, zumal wir das komplette Bundle bei uns noch nie vorgestellt haben. So langsam wird es also Zeit ...

Voraussetzung und Installation

Die Plug-Ins der FX Collection lassen sich auf einer Windows 10/11 DAW installieren als auch auf macOS-Rechner (auch mit Apple Silicon CPU) mit Betriebssystem ab Version 10.13. Voraussetzung ist eine OpenGL 2.0-kompatible Grafikkarte - heutzutage keine große Hürde. Die Plug-Ins stehen als VST 3, AAX, NKS und Audio Unit (nur macOS) für 64-Bit-DAWs zur Verfügung.

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Die Registrierung und Freischaltung erfolgt über das Arturia-Kundenkonto auf der Web-Site von Arturia (siehe Abb. oben), wobei man eine Seriennummer und ein Unlock Code eingeben muss, den man nach dem Kauf erhält.

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Die Installation selber erfolgt dann mit dem Programm "Arturia Software Center". Hierüber lassen sich die Plug-Ins auch aktualisieren. Übrigens lassen sich die Plug-Ins maximal in Stereo betreiben, sind also nicht Mehrkanal-fähig.

Delays

Kommen wir zur ersten Gruppe von Plug-Ins, den Delays. Die drei Delay-Plug-Ins, dass analoges Eimerkettenspeicher-Plug-In "Delay Brigade", das Tape-Delay "Delay Tape-201" sowie das modernes Digital-Delay-Plug-In "Eternity" haben wir bereits in einem eigenen Test vorgestellt: https://www.proaudio.de/de/tests/22951-arturia-3delays

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Daher verzichten wir hier auf eine weitere Vorstellung der drei Delay-Plug-Ins. Ein Blick in unseren früheren Test lohnt sich ...

Distortion

Kommen wir zur zweiten Gruppe von Plug-Ins rund um das Thema Distortion. Hier gibt es vier Plug-Ins im Bundle:

  • Dist OPAMP-21
  • Dist TUBE-CULTURE
  • Tape MELLO-FI
  • Dist COLDFIRE

Der "Dist OPAMP-21" ist eine Simulation des SansAmp Classic des US-Herstellers Tech 21, der wiederum über Operationsverstärkerschaltung eine Röhrenamp-Simulation bietet. Dabei geht der OPAMP-21 über die Möglichkeiten des Pedal-Vorbildes deutlich hinaus, wie viele Emulationen von Arturia. Dieses Plug-In dürfte Gitarristen besonders aus dem Havy- und Metal-Bereichen ansprechen.

Der "Dist TUBE-CULTURE" ist eine Emulation des Ultra Vulture Harmonic Distortion Processors von Thermionic Culture. Das Original ist ein zweikanaliges 19"-Studiogerät in mehrstufiger Röhrentechnik (drei Röhren pro Kanal) aus dem Jahr 1998. Es spielt mit den Parametern der Röhre, besonders mit der variablen Vorspannung und bietet eine Röhrensättigung bis hin zu kräftigen Verzerrungen. Behutsam eingesetzt wurde es auch im Mastering und viel in Summen bei der Mischung eingesetzt.

Mit dem "Tape MELLO-FI" wird ein Plug-In geboten, was die Sättigungs-Prozesse eines Tonbands simuliert. Beim Tape MELLO-FI ist hier der spezielle Sound des Mellotrons das Vorbild. Das erzielte Ergebnis ist bewusst mehr ein Effekt als eine "Veredelung". Es lässt sich auf verschiedenste Instrumente und auch Stimme/Gesang anwenden.

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Mit dem "Dist COLDFIRE" gibt es in der FX Collection V4 auch ein neues Distortion-Plug-In. Es ist keine Simulation eines Vorbildes, sondern ein sehr universelles Plug-In mit verschiedensten Effekten aus dem Bereich der Verzerrungen. Das Plug-In ist zweikanalig ausgelegt und die beiden Prozessoren lassen sich (s. Abb. oben) auf verschiedene Arten verschalten.   

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Geboten werden Modifikationen im digitalen Bereich über Bit Inverting sowie Bit Crusher und auch Wavefolding und Waveshaping sind möglich. Dazu kommen Gleichrichtereffekte, Übertragersättigung, Sättigung aus dem Bus FORCE Plug-In, Bandsättigung, Röhrensättigung sowie Sättigung von Germanium- und Silizium-Transistor-Vorstufen.

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Es lassen sich auch Filter zuschalten (s. Abb. oben).

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Über den Taster "Advanced" oben rechts klappt unten ein Bereich auf, in dem sich Parameter über LFOs oder auch über Sequenzer modulieren lassen. Damit lassen sich interessante rhythmische Modulationen generieren. Hier gibt es auch Möglichkeiten für zusätzliche dynamische Bearbeitung mit Kompressoren (auch Multiband) und Limiter.

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Es werden sehr viele Presets geboten und man erkennt auch an der Sortierung, dass die Möglichkeiten über die normale Verzerrungs-Plug-Ins weit hinaus gehen - mehr in Richtung kreatives, künstlerisches Sounddesign.

Preamps und Equalizer

Im FX Collection Bundle sind auch vier Emulationen von klassischen Equalizer, bzw. Pre-Amps mit Filterfunktionen enthalten.

Der "EQ SITRAL-295" ist eine Emulation des Siemens W295 Equalizer Moduls der Sitra-Modulserie, die Transistor-basierend und somit für damalige Zeiten sehr kompakt waren. Die Module dienten zum Aufbau von Mischsystemen und waren besonders im Broadcast-Bereich beliebt und geschätzt.

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Der "Pre 1973" (s. Abb. oben) emuliert den absoluten Klassiker Neve 1073 Mikrofon-Preamp, der wiederum auf dem Neve 1066 beruht, jedoch mit anderen schaltbaren Frequenzen.

Mit dem "Pre TridA" hat man einen weiteren Klassiker im Bundle und zwar den Preamp der Trident-Mischkonsolen der Produktreihe A. Wer eine der legendären Konsolen besaß durfte sich glücklich schätzen, denn es gab nur ein paar Stück davon. Charakteristisch war die Gain-Einstellung der vier Frequenzbänder über Schieberegler. Auf den Pulten entstanden auch legendäre Songs unter anderem von David Bowie und Queen.

Der "Pre V76" ist wieder ein Klassiker aus deutschen Landen und ist eine Emulation des Telefunken V76, der im Prinzip aus zwei V72 Preamps bestand aber mit höherer Verstärkung und zusätzliche Filtern. Der V72 wurde kurz nach dem zweiten Weltkrieg entwickelt. Der Arturia Pre V76 kombiniert den Preamp mit dem Telefunken V612 Summierverstärker und dessen Equalizer, also funktionell noch etwas umfangreicher als die Bezeichnung vermuten lässt.

Dynamics

Plug-Ins für die dynamische Pegel-Bearbeitung dürfen in so einem Bundle natürlich nicht fehlen. Auch hier gibt es verschiedenste Plug-Ins mit verschiedenen Bearbeitungsschwerpunkten - alles aber Emulationen von klassischen Vorbildern.  

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Mit dem "Comp DIODE-609" wird ein Kompressor nach Machart des Neve 33609 geboten - auch wenn Arturia das so nicht konkret benennt. Der Kompressor bietet klassische Kompression, die auch so in vielen Mischpulten zu finden ist, bis hin zum Brickwall Limiter.

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Mit dem "Comp FET-76" hat man auch einen FET-Kompressor nach Art des 1176 von Universal Audio im Programm, der bereits 1967 vorgestellt wurde. Der 1176 wurde auch als Hardware von vielen anderen Herstellern "nachempfunden". Ein absoluter und unverzichtbarer Klassiker und perfekt umgesetzt.

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Der "Comp TUBE-STA" ist ein Röhrenkompressor und als Vorbild diente hier der Gate STA-Level. Es gibt bestimmt einige, die diesen Kompressor, der in den 60er-Jahren besonders den Sound in der Radiolandschaft geprägt hat, nicht kennen. In Tonstudio war er nicht so häufig anzutreffen. Er ist einfach zu bedienen und super geeignet um einen Sound zu verdichten und er prägt mit seinen Röhren auch den Sound. Gegenüber dem Original bietet das Plug-In von Arturia auch ein paar zusätzliche Sidechain-Features und mehr. 

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Der "Comp VCA-65" ist ein auf VCAs basierender Kompressor und das Vorbild ist hier der dbx 165A, der im Original ein einkanaliger Kompressor, bzw. Limiter ist. Der Kompressor ist relativ einfach zu bedienen und sein Geheimnis ist die True RMS-Detektion für die Ansteuerung der VCAs.

Mastering

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Mit dem schon zuvor erwähntem "Bus FORCE" bietet man auch ein Kombi-Plug-In für die Bearbeitung von Summen oder dem Masterbus an, der Filter, EQ, Kompressor und auch Sättigung in einem Plug-In bietet. Das Signal wird in drei Audiopfade aufgeteilt und zwar den Direkt-Pfad (unbearbeitetes Signal) sowie dem Kompressor- und Sättigungs-Pfad. 

Filter

Kommen wir nun zu den Filtern, die eher der Effekt-Klangformung dienen und nicht der Korrektur wie parametrische Equalizer. Auch hier gibt es vier Plug-Ins die klassische Vorbilder aus dem Synthesizer-Bereich emulieren.

Der "Filter M12" ist dem Filter im Oberheim Matrix-12 nachempfunden. Natürlich darf auch der Filter des Mini Moog nicht fehlen der mit dem "Filter MINI" emuliert wird. Synchronisierbare LFOs, Sequenzer und ein Envelope Follower vervollständigen die Funktion des Filters. Mit dem "Filter SEM" hat man im FX Collection Bundle auch Zugriff auf eine Emulation der Filter des Oberheim SEM (Synthesizer Expansion Modul), der ja ursprünglich als Ergänzung für den Mini Moog gedacht waren.  

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Neu in der Version 4 der FX Collection ist das "Filter MS-20", unverkennbar eine Emulation des Filters aus dem Korg MS-20.

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Auch hier bietet man verschiedenste Modulationsmöglichkeiten des Filters an, wie die Steuerung über eine Envelope Follower (s. Abb. oben)

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Aber auch hier ist ein Step-Sequenzer implementiert, der sich natürlich auch mit der DAW temposynchronisieren lässt.

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Auch ein sehr flexibler Funktionsgenerator kann als Modulationsquelle dienen, der über die Möglichkeiten eines Standard-LFOs hinausgeht (s. Abb. oben).

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Auch in den Filtern gibt es immer sehr brauchbare nach Themen geordnete Werks-Presets.

Modulation

Nun zum Thema Modulation. Hier stehen fünf Plug-Ins in der FX Collection V4 bereit. Das "Chorus DIMENSION-D" ist dem Roland Dimension D mit Eimerkettenspeicher nachempfunden. Ein absoluter Klassiker aus dem Jahr 1979.

Und der nächste Klassiker folgt so gleich, nämlich mit dem "Chorus JUN-6" die Emulation des Roland Chorus im Juno 6. Beim Original konnte man da nur zwei Modi zuschalten. Beim Arturia Chorus JUN-6 lässt sich zudem Modulationsfrequenz, Tiefe und die Phase manuell anpassen.

Mit dem "Flanger BL-20" gibt es weiter eine Emulation des Bel BL-20 Flanger im 19"-Format, welches in den 70er Jahren in den professionellen Tonstudios sehr beliebt war. Besonders Yes und Phil Collins machten davon viel Gebrauch.

Mu-Tron stellte verschiedene Phaser-Pedale her, aber dass Bi-Phase ist sicherlich das bekannteste. So bekannt und geliebt, dass auch die Firma mit dem B im Namen eine Hardware-Kopie anbietet. Natürlich wird in der FX Collection mit dem "Phaser BI-TRON" auch eine Emulation dieses Klassikers geboten.     

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In der FX Collection V4 gibt es neu das "ROTARY CLS-222" Plug-In, welches eine Emulation des Dynacord CLS-222 Rotary Speaker Simulation darstellt, was noch bis 2003 hergestellt wurde und auf Leslies Rotary Cabinets Spuren wandert.

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Auch hier gibt es wieder eine Advanced-Sektion sowie viele Werks-Presets.

Reverb und Effekte

Und auch zum Themenbereich Hall hat die FX Collection V4 einiges zu bieten. Mit dem "Rev INTENSITY" gibt es eine Digital Hall Simulation, die aber weniger darauf abzielt ein bestimmtes Gerät zu emulieren. Die Standard-Bedienoberfläche lässt sich einfach und übersichtlich handhaben. Über die Advanced-Bedienung geht es dann richtig in die Tiefe.

Mit dem "PLATE-140" Plug-In kommt man auch in den Genuss einer Simulation der Hallplatte EMT 140 und das "Rev SPRING-636" bietet eine Emulation eines Federhalls - ähnlich dem in den Fender-Gitarrenverstärker.   

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Neu in der FX Collection 4 ist die mit dem Plug-In "Rev LX-24" die Emulation des Lexicon 224. Dies ist eine echte Bereicherung des Bundles.

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Die Remote Control des Lexicon 224 wird dabei in der Oberfläche nachempfunden. Auch die Grundprogramme des 224 stehen dort zur Anwahl bereit (s. Abb. oben).

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Wenn man die Advanced-Seite aktiviert wird es dann moderner und es geht ins Detail. Hier lassen sich eine ganze Reihe von zusätzlichen Parametern einstellen und eine grafische Darstellung visualisiert das Ergebnis. 

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An Firmen-Presets mangelt es hier auf keinen Fall, denn es sind insgesamt 100 die bereitstehen.

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Um zu sehen was man in dem Plug-In verändert hat gibt es eine History-Liste. Hierüber lassen sich auch einzelne Schritte wieder bei Bedarf rückgängig machen (s. Abb. oben).

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Nicht neu aber besonders interessant finde ich das Plug-In "Efx FRAGMENTS" das eigentlich ein Effekt basierend auf Granularsynthese bietet.

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Hier stehen auch Modulationsmöglichkeiten bereit, die auf verschiedenste Parameter des Plug-Ins wirken können.

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Die Sound-thematische Gruppierung der Werks-Presets gibt einen guten Überblick über die verschiedensten Anwendungen. Besonders beeindruckend finde ich die Anwendungen im Bereich Reverb, Delay und Pitch speziell für Synthis aber auch für Gitarre und Gesang ist da jede Menge dabei.

Praxis

Wir möchten hier in der Praxis gar nicht auf jedes Plug-In individuell eingehen, sondern das FX Collection V4 Bundle als Ganzes betrachten. Überwiegend legt man hier den Schwerpunkte auf die Emulation von historischen Vorbildern.

Mittlerweile stehen für die verschiedenen Bearbeitungsthemen mehrere Plug-Ins zur Auswahl bereit. Mit dem gesamten Bundle ist man schon relativ gut versorgt - weit über die Basisversorgung des Notwendigen hinaus. Das Niveau der Emulation ist sehr hoch. Die jahrelange Erfahrung die man auf dem Gebiet der Emulation von Synthesizer gewinnen konnte, macht sich natürlich auch im Bereich der Umsetzung von Effekt- und Bearbeitungs-Emulationen positiv bemerkbar. Plug-Ins wie das neue Rev LX-24 oder die verschiedenen Kompressor-Plug-Ins machen einen wirklich exzellenten Job.

Wer auf Emulation von klassischen Bearbeitungswerkzeugen setzt, der braucht nach dem Kauf des FX Collection 4 Bundles nicht viel mehr. Sicher gibt es da das eine oder andere was noch schön wäre, wie zum Beispiel die eine oder andere Emulation von SSL-Hardware. Viele moderne Werkzeuge wie Multiband-Kompressoren, Loudness-Werkzeuge oder phasenkompensierte Filter sind heutzutage schon Bestandteil der DAW-Software. Insofern ist das FX Collection V4 Bundle hier eine ideale Ergänzung.

Fazit

Der Preis des FX Collection V4 Bundles liegt bei 499 Euro für insgesamt 30 Plug-Ins. Das sind gerade einmal 17 Euro pro Stück im Mittel für ein Plug-In. Und das für Plug-Ins die man absolut als hochqualitativ ansehen muss. Zudem ist die Auswahl der Plug-Ins auch gut ausgewählt. Es sind immer, dank der Vielfalt und des Bundle-Umfangs, sinnvolle alternative Werkzeuge im Bundle verfügbar. Ich wüsste für diesen Preis kein Plug-In-Bundle für VST3, AAX oder AU welches mehr bietet Vintage-Sound bietet.

www.arturia.com
www.tomeso.de